Jily Oneshot#22: Der alltägliche Wahnsinn
Zum ersten Mal seit langem wurde James nicht durch das Geschrei eines Babys geweckt. Die Alternative war allerdings fast genauso schlimm. Im einen Moment schlummerte er noch friedlich vor sich hin, im nächsten saß er kerzengerade im Bett da ein lautes Bellen, gefolgt von einem noch viel lauteren Schrei einer verängstigten Katze durch das Haus hallte. Lily murmelte noch im Halbschlaf leise:"Drei...Zwei...Eins..."
Kaum war die letzte Silbe ausgesprochen, da kreischte Harry schon wie am Spieß los. Geschlagen ließ James sich wieder aufs Bett fallen. „Es ist Freitag. Deine Schicht. Lily, ich weiß dass du nicht schläfst."
Ein genervtes Stöhnen war die Antwort. „Wenn du zu ihm gehst mache ich dir Schnatzpfannkuchen zum Frühstück."
Während James noch überlegte ob er den Kompromiss eingehen sollte, wurde die angelehnte Tür schon aufgestoßen und ein großer schwarzer Hund kam herein. Vorsichtig legte er Harry, den er an seinem Schlafanzug zwischen den Zähnen gepackt hielt, zwischen James und Lily, ehe er es sich selbst am Fußende des Bettes gemütlich machte. Als er dies das erste Mal getan hatte, hatte Lily den Hund mit einem Tritt in die Ecke befördert – nachdem sie ihr Kind aus seinen Fängen befreit hatte. Allerdings gefiel es Harry unglaublich so getragen zu werden, sodass er danach immer sofort still wurde. Nachdem James sie davon überzeugt hatte, dass Tatze ihm dabei nicht wehtat, war es zu einem beinahe täglichen Ritual geworden.
James nahm den inzwischen wieder lächelnden Harry auf den Arm um ihn hin und her zu wiegen da Lily damit beschäftigt war Tatzes Ohren zu kraulen. „Du wirst Izzy früher oder später noch einen Herzinfarkt verpassen wenn du das weiterhin machst."
„Ach, die ist einiges gewöhnt. Und selbst wenn, dann können wir uns immerhin eine Katze mit einem vernünftigen Namen anschaffen. Oder einen Hund, Tatze verzeiht uns das noch immer nicht ganz.", nahm James seinen Freund in Schutz.
Lily seufzte geschlagen und streckte stattdessen die Hände in Richtung Harry aus, der sofort begann an ihren langen roten Locken zu ziehen und gluckerte glücklich als Lily zu lachen anfing. James nutzte die Gunst der Stunde um sie schnell zu küssen, ehe er mit seinem besten Hirschblick fragte:"Schnatzpfannkuchen?"
„Dann musst du wickeln und umziehen."
„Deal.", grinste James. Es gab keinen besseren Start in den Tag...bis auf die stinkenden Windeln die er bald entsorgen musste. Doch ehe er es sich anders überlegen konnte, war Lily schon zur Tür hinaus.
Im Gehen steckte Lily ihre Haare zu einem Dutt zusammen, schaltete den Radio laut ein um Harrys Geschrei – er hasste wickeln – zu übertönen und begann summend damit Pfannkuchen zuzubereiten. Mit Magie wäre das zwar viel schneller gegangen, doch es gab Dinge die sie wohl immer als Muggel tun würde, einfach weil sie es so gelernt hatte und es eine Tradition war. Wie zum Beispiel den Christbaum zu schmücken – auch wenn James ihn dabei beinahe in Flammen aufgehen ließ - , Harrys Zimmer zu streichen – da es zwischendurch zu einer Farbschlacht gekommen war landete mehr Farbe auf ihr und James als auf den Wänden –, oder einkaufen gehen – James war nach wie vor von den Scannern an der Kasse begeistert.
Inzwischen brutzelte der erste Pfannkuchen vor sich hin. Lily legte inzwischen einen kleinen Tanz ein während sie Teller, Besteck, Brötchen und Marmelade auf den Tisch schweben ließ. Beinahe wäre die Butter auf dem Boden gelandet als James plötzlich hinter ihr auftauchte und begann sie durch die Küche zu wirbeln. Es musste zwar ziemlich affig aussehen, machte aber umso mehr Spaß. Nach einigen Minuten wurde es allerdings von Sirius' belustigter Stimme unterbrochen, der seine Animagusform inzwischen abgelegt hatte:"Ihr seid so klischeehaft dass es wehtut."
„Pass auf was du sagst, oder ich lasse die Hundeklappe zumauern.", konterte Lily gespielt streng während sie Sirius' Teetasse „versehentlich" gegen seinen Kopf stießen ließ.
„Oh, du hast es nicht anders gewollt, Potter.", rief Sirius bevor er die Mehlpackung neben Lily mithilfe seines Zauberstabes über ihrem Kopf ausleerte.
„Immerhin kann ich mich ohne Zauberei wehren.", sagte Lily, schnappte sich ein Ei und ließ es mit einem gezielten Schuss in seinen sorgfältig gestylten Haaren zerplatzen.
James stand einfach daneben und lachte über sie, bis er sich genug gefangen hatte um die Butter, welche Sirius auf Lilys Gesicht abgeworfen hatte aufzuhalten und zu fragen:"Wo ist eigentlich Harry?"
„Ähmm...lustige Geschichte...ich habe ihm deinen Unsichtbarkeitsumhang zu Spielen gegeben während ich nach seinem Schuller suchen wollte und als ich wiederkam war er irgendwie weg."
„Irgendwie?", wiederholte Lily mit alarmierter Stimme.
Sirius kratzte sich verlegen am Nacken. „Nun ja...er kann anscheinend schon schneller krabbeln als ich gedacht habe."
„Willst du mir damit sagen, dass du einem Baby ein magisches unsichtbarmachendes Tuch gegeben hast und dich auch noch wunderst, dass es weg ist?" Lilys Gesicht hatte eine gefährlich rote Färbung angenommen.
Vorsichtshalber warf James sich in die Schusslinie vor Sirius und legte ihr beruhigend die Hände auf die Schultern. "Beruhig dich Lil, er kann doch nicht weit sein."
„Sag mir nicht, dass ich mich beruhigen soll wenn mein Kind verschwunden ist!"
„Also erstens: unser Kind, zweitens müssen wir nur-"
„Morgen Leute. Wusstet ihr, dass Harry durch die Hundeklappe krabbeln kann? Und warum hat er deinen Umhang bei sich?", ertönte Remus' Stimme von der Tür. Erleichtert drehte James sich um und erblickte seinen Freund mit Harry auf dem einen und seinem Umhang auf dem anderen Arm.
„Merlin sei Dank.", seufzte Lily und schloss ihn in ihre Arme, vergas dabei jedoch nicht Sirius anzufunkeln, der so tat als würde er es nicht sehen und stattdessen Remus dabei half die Küche wieder auf Vordermann zu bringen und verkohlte Pfannkuchen wegzuwerfen.
Wenig später saß James zufrieden essend am Tisch während er Lily dabei half Harry zum Essen zu bewegen und Remus Sirius von seiner Patrouille letzter Nacht berichtete.
Ein Klopfen am Fenster verriet James, dass die Post da war. Schnell sprang er auf und öffnete das Fenster für ihre Schneeeule Mercurius. Gleich nach ihm sprang auch Izzy mit einem kleinen Vogel im Mund herein und spazierte mit gesträubten Nackenhaaren und gebührendem Abstand an Sirius vorbei.
Lily hatte es inzwischen aufgegeben Harry davon überzeugen zu wollen, dass Spinatbrei lecker war und widmete sich ihrem Kaffee und der Post. Da Harry jedoch sofort unruhig wurde nahm Sirius ihn auf den Schoß um mit ihm „Hoppa-Hoppa-Quidditchspieler" zu spielen.
„Irgendetwas Interessantes?", erkundigte sich James und schnappte sich den Tagespropheten mit einem triumphierenden Lächeln vor Remus.
„Peter kommt heute doch nicht vorbei da er kurzfristig für den Orden einspringen musste, Marlene schreibt, dass sich ihre Schwester auf dem Weg zur Besserung ist, die Longbottoms laden uns zu Nevilles Taufe ein und Dumbledore setzt für 16:00 Uhr eine Vollversammlung an."
„Schreibt Marlene sonst noch was?", fragte Sirius verdächtig beiläufig.
„Kümmere dich um dein Liebesleben selbst.", antwortete James vor Lily. „Die wichtigere Frage ist, wer auf Harry aufpassen soll wenn wir alle zum Ordentreffen müssen."
„Schei-...benkleister!", korrigierte Lily sich schnell mit einem Seitenblick auf Harry. „Meine Eltern sind im Urlaub und alle anderen die als Babysitter in Frage kommen sind dort."
„Nehmt ihn doch einfach mit.", warf Sirius ein.
„Du bist wirklich der schlechteste Pate aller Zeiten.", stellte Lily kopfschüttelnd fest.
„Ist doch keine blöde Idee. Er versteht ohnehin nicht worum es geht und wenn er weint geht einer von uns eben kurz raus. Mit ein bisschen Glück ist er sogar müde genug um alles zu verschlafen."
„Außerdem brennen alle darauf ihn endlich wieder einmal zu Gesicht zu bekommen. Lenkt vielleicht von der düsteren Weltuntergangsstimmung ab.", kommentierte Remus trocken.
„Stimmt, McGonagall fragt mich jedes Mal wie es ihm geht.", warf Sirius ein.
Zufrieden lächelte James Lily an:"Drei zu eins."
„Wir nehmen also ein Baby zu einem geheimen Kriegsrat mit.", fasste Lily zusammen.
„Genau! Ist doch perfekt, er kann nichts ausplaudern.", grinste Sirius und damit war die Sache beschlossen.
Bis es Zeit war loszugehen verbrachten sie den Tag so unbeschwert wie sie es bis vor kurzem noch in Hogwarts getan hatten...mit dem Unterschied, dass sämtliche Runden Zauberschach, gemütliche Stunden vor dem Kamin oder der Ausflug in die Winkelgasse von vollen Windeln unterbrochen wurde.
Der Tag war schon beinahe zu schön um ihn im versteckten Quartier des Ordens zu verbringen und wäre Lily nicht gewesen, hätten die Jungs es vermutlich tatsächlich sausen lassen. Doch kurz vor vier Uhr stand Lily resolut auf, zog Remus energisch das Buch aus den Händen, warf Sirius vom Sofa und unterbrach James' Versuch Harry einen Rentierstrampelanzug anzuziehen. So standen sie wenig später vor dem kleinen Haus, versiegelten es sicher mit diversen Zaubersprüchen und legten einen Schlafzauber auf Harry damit er von dem unangenehmen Apparieren nichts mitbekam. Ohne sich nach Sirius oder Remus umzusehen, ergriff James Lilys Hand und die Familie verschwand im Nichts, um einen Bruchteil einer Sekunde später auf einem scheinbar weiten verlassenen Feld erneut aufzutauchen, welches von scheinbar willkürlich angeordneten Findlingen gesäumt war. Aus der Vogelperspektive ergaben sie jedoch eine Flamme um den immer wiederkehrenden Aufstieg des Guten zu symbolisieren...wie der Phönix aus der Asche. Während Sirius und Remus mit einem leisen Plopp auftauchte, ging James zu dem Stein der die Spitze des Feuers darstellte, setzte seinen Zauberstab darauf und schrieb seinen Namen darauf. Wie Tinte floss eine Flüssigkeit darauf um kurz aufzuleuchten, ehe es verschwand und einen Treppenabgang unmittelbar davor freigab. Er ließ die anderen vor ihm passieren, bevor der Eingang sich hinter ihm schloss.
Es war als würden sie ein unterirdisches Schloss betreten. Doch James hatte in solchen Momenten keine Augen für die Schönheit des Ortes, sondern beobachtete Lily dabei wie sich die Kristalllüster in ihren Augen spiegelten. Obwohl sie schon oft hier gewesen war, staunte sie jedes Mal und blieb vor dem Eingang zu einer Art Ballsaal stehen um alles in Ruhe zu betrachten. Harry rieb sich staunend die Augen und deutete erfreut auf sein Spiegelbild, welches ihm von den verspiegelten Wänden entgegenblickte.
Flankiert von ihren Freunden stieg die kleine Familie die ausladenden Treppen hinab, von welchen man den großen Saal überblicken konnte. An einem gewaltigen runden Tisch hatten sich sämtliche Mitglieder des Ordens versammelt, die bereits über Aufzeichnungen, Pläne und Berichte gebeugt saßen, welche den Tisch bedeckten. Deshalb wurden sie erst bemerkt als Dumbledore lächelnd aufblickte und stumm auf die leeren Sitze zu seiner Linken deutete, den Rechten hatte bereits Professor McGonagall eingenommen, deren Augen – wie die aller anderen – auf Harry gerichtet waren, der freundlich in die Runde der Dutzenden fremden Gesichter starrte. Stolz keimte in James auf und er stellte sich kaum merklich näher an Lily heran. Normalerweise hätte sie den Augenblick so genossen wie er, doch stattdessen suchte sie hektisch die vollbesetzten Stühle ab. Als sie gefunden hatte was sie suchte, drückte sie James ihren Sohn in die Hände, ehe sie losstürzte um sich in Marys Arme zu werfen.
Sie und ihr Bruder waren auf eine geheime Mission in Albanien unterwegs gewesen. Dort wurden sie in einen Kampf verwickelt bei dem ihr Bruder ums Leben gekommen war, Mary war schwerverletzt nach Großbritannien zurückgekehrt. Tagelang hatte Lily um ihr Leben gebangt und seit der erlösenden Nachricht, dass sie die Chancen gut stehen würden nichts mehr von ihr gehört, da von dem Auftrag nichts nach außen dringen durfte. Mary löste sich nach einiger Zeit aus Lilys Umklammerung, wischte sich die Tränen von der Wange, straffte die Schultern und kam lachend auf James zu, während Sirus sich einen Sitz neben Marlene sicherte und Remus in ein Gespräch mit Frank verwickelt wurde. Darauf bedacht Harry nicht zu erdrücken umarmte James sie linkisch.
„Hallo Harry", sagte Mary in Richtung des Kindes. „Schön dich auch einmal kennenzulernen. Ich bin Tante Mary und werde dafür sorgen, dass dir niemand ein Haar krümmt."
Mit dem Daumen im Mund blickte Harry ernst zu ihr auf, als wüsste er wovon sie sprach.
Zusammen gingen sie zu ihren Plätzen, wo alle Probleme vergessen waren da alle den kleinen Sonnenschein in ihrer Mitte begrüßten. Etwas nervös sah Lily dabei zu wie er herumgereicht wurde, seine kleinen Hände in Dumbledores Bart vergrub, Marlenes Zauberstab in seinen winzigen Fäusten hielt und auf McGonagalls smaragdgrünen Umhang sabberte, wo er auch beschloss zu bleiben. Die Professorin tätschelte ihm etwas unbeholfen den Rücken, während Dumbledore das Treffen eröffnete.
Je länger es dauerte, desto mulmiger wurde James zumute. Keines der Themen welche bis jetzt besprochen worden waren kamen ihm wichtig genug vor um eine Vollversammlung einzuberufen. Normalerweise eröffnete Dumbledore solche wichtigen Themen sofort. Wenn sogar er es hinauszögerte, musste seine Nachricht wirklich erschütternd sein.
James warf den anderen Rumtreibern und Lily einen Blick zu. Ihre Mienen sagten ihm, dass sie einem ähnlichen Gedankengang folgten. Lily, die den inzwischen schlummernden Harry zurückgewonnen hatte, nahm James' Hand unter dem Tisch und drückte sie zweimal. Es war ihr stummes Zeichen für „ja wir stecken ziemlich in der Scheiße, aber wir packen das schon."
Mit der Zeit hatten die beiden viele solcher Gesten entwickelt, meist ungeplant und ohne lange darüber nachdenken zu müssen.
Ein Druck der Hand bedeutete zum Beispiel „Ich will hier weg.", dreimal „Ich muss mit dir reden.", oder ein Tipp auf die linke Schulter „Gefahr, Zauberstab raus!" . Das neueste Zeichen war das Berühren der rechten Schulter, welches signalisierte, dass etwas mit Harry nicht stimmte oder der andere nach ihm sehen sollte.
Dumbledore räusperte sich vernehmlich, bis James' Blick sich wieder klärte und er dem Direktor erneut seine volle Aufmerksamkeit zuwandte.
„Zuletzt", begann der Professor, sichtlich bedrückt, „möchte ich noch einmal über Marys und Max' Auftrag sprechen. Der Grund weshalb selbst ein Großteil des Ordens nicht eingeweiht wurde liegt daran, dass die beiden und ihr Team sich auf den Weg nach der wohl wichtigsten Waffe gegen Voldemort gemacht haben."
Alle Mitglieder schiene gleichzeitig den Atem anzuhalten. Lily blickte zu James auf, Hoffnung schimmerte in ihren smaragdgrünen Augen. Doch wenn es scheinbar eine gute Nachricht war, wieso sollte Dumbledore die Verkündigung davon dann so lange hinauszögern?
„Lass mich raten, die Todesser waren schneller.", meinte Sirius düster. Wie so oft teilten er und James dieselben Gedanken.
„Nein, die Todesser wissen nicht einmal etwas davon, genauso wenig wie Voldemort. Sie haben sich unseren Leuten bloß in den Weg gestellt, weil es offensichtlich war wie wichtig diese Sache ist. Allerdings konnte keine von beiden Seiten das begehrte Objekt finden. Doch es war mir möglich sie auf eine andere Weise zu erhalten."
„Was ist nun die Waffe?", fragte James ungeduldig. Er hatte genug von den kryptischen Worten.
Dumbledore ließ seinen Blick mitleidvoll über Alice, Frank und die Potters schweifen. Schlussendlich ruhten seine Augen auf Harry. Der Schmerz in seiner Miene war unverkennbar und tief.
„Eine Prophezeiung."
Harry schlug seine blitzend grünen Augen auf, starrte in Dumbledores Gesicht und begann zu schreien.
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
Wieder ein düsterer Jily-OS. Ich kann diese emotionale Last nicht länger tragen und werde deshalb in Zukunft wieder mehr unbeschwerte, kitschige und „Was wäre wenn...." Kapitel schreiben.
Vielleicht dürft ihr euch sogar auf ein Weihnachtsspecial freuen ;)
-Ginny <3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top