Jily Oneshot#18: Nachhilfe
Mit leicht gerunzelter Stirn überflog Lily Absatz um Absatz. Ihre grünen Augen huschten dabei mit schwindelerregender Geschwindigkeit hin und her. Ihre Nase zuckte als eine rote Locke diese streifte. Ungeduldig strich Lily sie hinter die Ohren. Die rot lackierten Fingernägel trommelten leicht im Takt eines Liedes, welches nur sie hören konnte, auf den Tisch. Wenn sie etwas nicht sofort verstand zogen ihre Brauen sich kurz zusammen und sie beugte sich konzentriert etwas weiter nach vorne. Die nicht trommelnde Hand tastete blind nach einem Stift, bis ihr wieder einzufallen schien dass er in ihrem hastig festgesteckten Knoten steckte.
All diese kleinen Dinge die sonst niemand vernommen hätte, faszinierten James. Er könnte den ganzen Tag damit verbringen-
„Solltest du nicht ebenfalls ein Buch über Umkehrflüche lesen?", fragte Lily ohne aufzublicken.
„Das mach ich doch!", protestierte James ertappt und deutete auf das aufgeschlagene Buch vor ihm,
Lily warf einen schnellen Blick darauf.
„Das ist 'Quidditch im Wandel der Zeiten'. Hast du denn gar keine Sorge die UTZs nicht zu bestehen?"
„Überhaupt nicht.", konterte James betont gleichgültig. „Ich kann den Kram ohnehin."
„Nur weil du die Praxis beherrschst, heißt das nicht dass die Theorie ein Kinderspiel wird. Und ich habe absolut keine Lust meine Aurorenausbildung bloß mit Sirius durchzustehen, also lerne endlich!"
„Aha! Du willst also auch noch nach Hogwarts-"
Lily knallte ihm ein Buch auf den Tisch um ihn zum Schweigen zu bringen.
„Das Kapitel über Umkehrflüche von schwarzer Magie ohne Hilfe von Zaubertränken. In 15 Minuten erwarte ich eine mündlich detaillierte Zusammenfassung welche dir die Höchstpunktzahl eibringen würde."
„Was bekomme ich wenn ich es schaffe?"
„Sind ein guter Abschluss und Aussicht auf deinen Traumjob denn nicht genug?"
„Naja, ein Sieg gegen die Ravenclaws nächste Woche wäre noch besser."
„Das kann ich zwar nicht beeinflussen, aber wenn du lernst, verspreche ich dir, dass ich beim Spiel dein selbst gedichtetes „Potter ist der Größte"-Lied mitsinge wenn ihr gewinnt."
„Abgemacht.", grinste James. „Wäre morgen ein neuer Besen drin?"
„Den kannst du dir sonst wo hinstecken.", erwiderte Lily mitleidlos.
James seufzte theatralisch, machte sich jedoch tatsächlich an die Arbeit.
Das gab Lily die Möglichkeit ihn ungestört zu beobachten. Ohne dass er versuchte cool oder charmant zu wirken, sondern einfach nur er selbst war. Natürlich kippelte James noch immer gefährlich weit mit dem Stuhl und fuhr sich durch die Haare, aber es waren unbewusste Angewohnheiten. Nichts aufgesetztes, sondern bloß kleine Macken die einen Menschen interessant machten. Zudem hatte er sich in den letzten Wochen und Monaten ziemlich verändert. Nicht nur, dass er es schaffte mit ihr befreundet zu sein, sondern auch äußerlich. Nach einem erneuten Wachstumsschub musste er sich tief über den Tisch beugen um Notizen zu machen. Dabei rutschte ihm die Brille immer wieder ein Stückchen die Nase hinunter, ehe er sie wieder energisch an ihren Platz rückte, bis seine langen Wimpern das Glas streiften. Zwischendurch kaute er an seinem Lakritzstift den Lily ihm aus Hogsmead mitgebracht hatte nachdem er diesem Tag nachsitzen musste. Obwohl McGonagall durch die Jahre mir den Rumtreibern schon abgehärtet worden war, ging das Versperren aller Büros der Lehrer doch zu weit. Vor allem wenn die Türklingen beim Versuch von gewaltsamen Eintreten Schimpfwörter ausspuckten für die Lily heute noch Hausarrest bekommen würde.
In Gedanken versunken lächelte sie leicht bei der Erinnerung daran und bemerkte daher zu spät dass James' braune Augen inzwischen auf sie gerichtet waren. Räuspernd wandte Lily sich ab um so zu tun als würde sie ihre Notizen sortieren. James' leichtes Lächeln entging ihr dennoch nicht. Doch er sagte nichts, sondern konzentrierte sich wieder auf den Text vor ihm.
Als Lily ihn zehn Minuten später abprüfte wusste er tatsächlich alles.
„Tja Lils, ich hoffe du kannst das Lied auswendig."
Lily streckte ihm bloß die Zunge heraus, ärgerte sich jedoch nicht weiter. So ging das Lern-Belohnungssystem weiter. Es machte wirklich Spaß und spätestens als James ihm Merlin als Urheber des Rückkehrzaubers für Gedächtnisverlust nannte, obwohl dieser erst zwanzig Jahre nach dessen Tod erfunden wurde, und infolgedessen Lilys immense Nagellacksammlung nach Farbe sortieren musste, war das Lied vergessen.
Es wurde immer später, die nächtlichen Lernstunden wurden immer wieder von Gesprächen, Abstechern zur Küche und Spaziergängen durch das stille Schloss unterbrochen, ehe die beiden zu den Räumen der Schülersprecher zurückkehrten und abermals die Bücher aufschlugen oder Zaubersprüche übten. Trotz der Pausen kamen sie so schnell voran wie noch nie und sie schafften es durch die Gesellschaft des jeweilig anderen sogar eine Geschichtslektion unterhaltsam zu finden.
Dennoch begannen Lilys Augenlieder um drei Uhr morgens unerträglich schwer zu werden. Resolut schlug sie ihr Astrologiebuch zu und setzte sich auf die nebenstehende Couch um mithilfe eines Kaffees wieder etwas wacher zu werden. Allerdings versagte ihr Wundermittel diesmal und bewirkte durch die Menge an Zucker, welche sie stets hinzufügte um das Gebräu erträglicher zu machen, eher das Gegenteil.
James sah dies als Gelegenheit ebenfalls eine, seiner Meinung nach längst überfälligen, Pause einzulegen und setzte sich neben sie. Müde fuhr er sich über das Gesicht und legte sich mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt auf den Rücken.
„Hey", protestierte Lily und stupste ihn an. „Wir sind mit Astronomie noch nicht fertig."
"Man kann so doch viel besser lernen.", erwiderte James. Als Lily zweifelnd eine Augenbraue hochzog, klopfte er auf den freien Platz neben sich. Nach kurzen Zögern folgte sie seiner stummen Aufforderung. James vergrößerte mithilfe eines Zaubers auf das Dachfenster über ihnen. Zusammen suchten sie den Himmel nach Sternenbildern und Konstellationen ab. Es war wirklich ein besserer Weg für Prüfungen zu pauken, vor allem wenn der Halbmond vom wolkenlosen Himmel auf sie hinabschien.
James' Stimme, die weiche Couch und späte Stunde machten Lily immer schläfriger. Bevor sie „Gute Nacht" sagen konnte war sie bereits eingeschlafen.
James redete noch ein wenig weiter, bis er die tiefen Atemzüge neben ihm wahrnahm. Lächelnd betrachtete er Lilys schlafendes Gesicht dass sie wie so viele Menschen im Schlaf jünger und schöner aussehen ließ. Der Mond zeichnete Konturen auf ihr Gesicht. Ihre dichten Wimpern berührten beinahe ihre Wange auf der selbst im fahlen Licht der Nacht Sommersprossen zu sehen waren. Ihre offenen Locken lagen um ihrem Kopf herum ausgebreitet da.
Es dauerte nicht lange, da übermannte auch James der Schlaf.
Lily öffnete blinzelnd die Augen um sie danach sofort zusammenzukneifen. Strahlendes Sonnenlicht fiel durch das Fenster. Unter halb geschlossene Lidern beobachtete sie noch im Halbschlaf funkelnde Staubpartikel die durch die Luft schwebten. Dann wurden ihr mit einem Schlag viele unangenehme Details bewusst. Erstens, ihr Kopf lag auf James' Schulter, eine Hand war eingeschlafen, die andere lag quer über seinem Bauch, während seine Arme um sie geschlungen waren. (Sorry für die Klischees, ich musste das einfach mal unterbringen xD) Zweitens stand die Sonne schon verdächtig hoch am Himmel und drittens...es war Freitag. Das bedeutete...Unterricht.
„Verdammt!", fluchte Lily lauter als beabsichtigt. James fuhr aus dem Schlaf hoch. In voller Alarmbereitschaft tastete er hastig nach seiner Brille und seinem Zauberstab. Sofort waren seine zuvor verschlafenen Augen hellwach, die Hand mit dem Zauberstab kampfbereit erhoben. Lily lachte im Angesicht seiner Verwirrtheit und abstehenden Haare auf, wurde jedoch sofort wieder ernst.
„Unterricht.", meinte Lily knapp.
„Verdammt!", wiederholte James Lilys Ausruf.
Ohne Zeit zu verlieren sprang Lily auf und schulterte ihre Tasche die vor ihr auf dem Boden stand. Die von James warf sie unsanft in seinen Schoß und packte ihn ungeduldig an der Hand als er Anstalten machte wieder einzuschlafen.
Gehetzt sprinteten die beiden durch die Gänge, welche abermals verlassen vor ihnen lagen. „Wir sind Jahrgangsbeste und Schülersprecher, was ist dabei wenn wir einmal eine Stunde verpassen?", schnaufte James neben ihr. Lilys Luft reichte bloß für einen strafenden Blick und einem gekeuchten „McGonagall." Morgensport war noch nie ihr Ding gewesen. Das reichte für James allerdings um ebenfalls endlich die Beine in die Hand zu nehmen. Wenige Minuten und gefühlte zehn Kilometer später stolperte er hinter Lily in das Klassenzimmer. Sämtliche Schüler und die Hauslehrerin drehten sich zu ihnen um. Da Lily erst einmal zu Atem kommen musste realisierte sie zu spät warum ihre Klassenkameraden verhalten grinsten. „Es ist nicht das wonach es aussieht!", protestierte Lily halb genervt, halb peinlich berührt. „Ich war nur beschäftigt...mit...Dingen."
„Und ich bin Dinge.", versuchte James die Situation mit einem Witz zu retten, machte es dadurch allerdings bloß noch schlimmer. Trotz des schlechten Versuches musste Lily lachen während sie sich neben James auf einen freien Tisch fallen ließ. Daraufhin folgte ein unvorteilhafter Schluckauf. Als hätte sie heute nicht schon genug Aufmerksamkeit auf sich gezogen! Unbeholfen klopfte James ihr auf den Rücken bis es aufhörte. Danach ließ er die Hand wie nebenbei um ihren Schultern liegen und schrieb mit der anderen - vermutlich zum ersten Mal in diesem Jahr - mit. Lily protestierte nicht und McGonagall beschloss dieses eine Mal auf eine Runde Nachsitzen zu verzichten.
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Kommentiert mit „Zauberstab" wenn ihr es bis hier geschafft habt.
Sorry für das verspätete Update, wenn ich den OS gestern schon raufgeladen hätte wäre er viel kürzer geoworden.
Hoffentlich verwirren euch die Sichtwechsel nicht, es ist so irgendwie einfacher zu schreiben weil ich die Gedanken von beiden unterbringen kann.
Kritik ebenfalls in die Kommentare. <3
-Ginny
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