87. Herzliches Beileid

Lily

„Ach Lily! Schön dich zu sehen. Ich freu mich so für euch. Mein herzliches Beileid jedoch.", begrüßte uns Molly mit mildem Lächeln. Anfangs hatte sie noch freudestrahlend vor uns gestanden. Nun blickte sie jedoch mit traurigen Augen auf uns hinab. Es schien für sie ebenso schwierig zu sein uns ihre Freude über unsere Vermählung auszusprechen, gleichzeitig jedoch den Tod meiner Eltern im Hinterkopf zu haben. Doch wollte ich mich nun nicht dran aufhängen. Ich bin mit James zu diesem Ordenstreffen gekommen, um endlich wieder etwas zu machen, ins Leben wieder einzusteigen.
„Danke Molly. War viel los die letzten Wochen?", versuchte ich ein überzeugendes Lächeln aufzusetzen, während ich die sanfte Hand James' an meiner Hüfte sehr gern annahm. So sehr er sich auch freute das ich Fortschritte machte, selbst er meinte, ihm wäre die viele Aufmerksamkeit nicht geheuer.
„Leider ja. Es wird schlimmer. Ich war durch Ron ja noch auf keinem weiteren Auftrag, doch erzählt Arthur viel.", nickte sie uns betrübt zu, während sich die Longbottoms zu uns gesellten. Die beiden hatten wir auch schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Es war gut endlich mal wieder andere Gesichter um sich zu haben.
„Ja. Du-weißt-schon-wer taucht immer öfter auf. Es gibt immer mehr Großeinsätze. Doch glücklicherweise konnten wir bisher viele Muggel aus dem ganzen raushalten.", stimmte Frank der erneut frisch gebackenen Mutter trübe zu. Egal wie schlecht diese Nachrichten auch sein mochte, es tat unendlich gut auf dem laufenden gehalten zu werden. Selbst den Tagespropheten bekamen wir nicht mehr. Es bestand so schon zu viel schlimmes um uns herum. Da brauchten James und ich nicht auch noch die schrecklichen Schlagzeilen der Zeitung.
„Unser herzliches Beileid Lily. Ich bin sicher sie waren wundervolle Eltern.", kam Alice schließlich auf mich zu und schloss mich in die Arme. Ich hatte es ihr angesehen. Angesehen wie sie mit sich gerungen hatte. Ob sie es ansprechen sollte oder nicht. Es war schon erschreckend wie schnell der Tod meiner Eltern die Runde gemacht hatte.
„Danke Alice. Sie waren wunderbar.", versuchte ich das Lächeln auf meinen Lippen aufrechtzuerhalten. Mich würden heute wahrscheinlich noch viele darauf ansprechen. Ich würde da durch müssen.
„Und vielen Dank für euer Geschenk. Es hat uns sehr gefreut.", spielte James wohl auf eines der vielen Pakete an, die uns zugesendet wurden. Ich war ehrlicherweise froh, dass er das übernommen hatte. Ich wusste nicht einmal, dass wir eines von den Longbottoms erhalten hatten. Desto dankbarer war ich James. Was er die letzten Tage alles allein gemacht hatte war nicht wenig. Ich wusste nicht wie ich ihm das je wieder zurück geben konnte.

„Wie gehts Ron? Hat er sich schon an seine großen Brüder gewöhnt?", lenkte ich das Thema wieder um, als Alice nur lächelnd abgewunken hatte. Es waren noch ein paar Minuten ehe die Ordenssitzung begann. Bis dahin würde ich mich wenigstens nach dem kleinen rothaarigen erkundigen können.
„Ach dem gehts prächtig. Er ist ganz fasziniert von den Spielchen die George und Fred anstellen. Mal sehen ob das Haus noch steht wenn wir zurück kommen. Aber ich denke William wird das meistern. Er hat ja darauf bestanden das er auf seine Brüder aufpassen könnte.", plauderte Molly fröhlich und ließ mich lächeln. Es musste schön sein so eine aufgeweckte Familie zu haben. Natürlich auch sehr anstrengend, doch durchaus schön. Besonders wenn die Kinder so jung waren.
„Na das hört sich schön an. William müsste doch auch bald nach Hogwarts oder?", schätzte ich das Alter des ältesten der Weasley's. Schnell erntete ich ein kräftiges Nicken. Sie schien voller Stolz ihren Sohn auf die Schule schicken zu dürfen.
„Oh ja. Das kommende Jahr sogar. Er ist wirklich aufgeregt. Als Kompromis gehen wir nächste Woche in die Winkelgasse um ihm schon einmal vieles zu besorgen. Schon jetzt redet er von nichts anderem.", erklärte sie mir mit fast der selben Aufregung wie ihr kleiner Sohn. Es musste wunderbar sein sein Kind so aufblühen und aufwachsen zu sehen. Immer mehr merkte ich, wie sich auch bei mir dieser Wunsch nach diesem Stolz entwickelte. Tja, und als schließlich Dumbledore mit seiner Rede begann, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

„Nun denn! Es freut mich euch alle wieder hier versammelt zu sehen. Die letzten Wochen waren von guten, wie auch von schlechten Zeiten geprägt. Doch bin ich sicher, dass es nur aufwärts gehen kann. Meinen Berichterstattungen zufolge werden es immer mehr Anhänger Voldemorts. Jedoch kann auch ich voller stolz behaupten, in diesem Endjahr Zuwachs gefunden zu haben. Nicht zuletzt die Longbottoms haben ihr Leben in unseren Dienst gestellt. Ebenso wie viele weitere, welche heute jedoch schon ihre erste Mission verfolgen. Hinsichtlich der Vorkommnisse und Vorgehensweisen des Dunklen Lords habe ich einen Vorschlag vorzubringen. Bisher standen wir immer in der Defensive. Doch müssen wir uns nun leider eingestehen, dass die Todesser-Anzahl schneller steigt als die unsere. Wir sind in Unterzahl. Hinblickend darauf, möchte ich vorschlagen nun selbst in die Offensive zu gehen. Jedoch möglichst unauffällig wie sich versteht. Darunter könnte man beispielsweise das Infiltrieren verstehen. Nicht all unsere Mitglieder sind bekannte Gesichter für die Todesser. Dementsprechend wäre es praktisch, wenn sich welche dazu bereit erklären würden, solch riskante Missionen zu erfüllen. Doch möchte ich nichts festlegen oder jemanden dazu zwingen. Deshalb würde ich bis heute Nachmittag gern von jedem Mitglied seine Zustimmung oder Ablehnung in schriftlicher Form erhalten. Des Weiteren wäre es hilfreich wenn sich freiwillige melden würden. Ich weiß es ist ein riskantes Vorgehen mit welchem viele Gefahren einhergehen, doch sehe ich es momentan als die beste Lösung. Wenn es Fragen geben sollte stehe ich wie immer zur Verfügung um diese zu beantworten. Für diejenigen die ich dann heute nicht mehr sehen sollte: Genießt den Tag! Morgen wird wieder angegriffen.", hielt Dumbledore seine übliche, kurze Rede. Schon die letzten Male ist es so knapp ausgefallen. Der Grund? Je länger sich so viele Zauberer anhäuften, desto auffälliger wurde es. Es mochte unpersönlich rüber kommen, doch war er für jeden da. Nur ich gerade nicht für ihn. Seinen Worte schenkte ich recht wenig Aufmerksamkeit. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, was in meinem inneren momentan ablaufen könnte.

„Hey, alles gut? Behagt dir der Vorschlag nicht? Wollen wir nochmal nachfragen? Oder ist es dir gerade zu viel?", sprach mich James warme Stimme von der Seite an, und war es, die mich aus meiner Trance holte. Schon fast erschrocken blickte ich zu ihm auf, schaute in seine vertrauenswürdigen Augen und fragte mich selbst, ob er die letzten Tage daran gedacht hatte, dass in meinem Bauch etwas heran wachsen könnte. Ob er vielleicht sogar enttäuscht war wie sehr mir dieses Thema entfallen war.
„Nein, alles gut. Können wir zu Hause vielleicht reden? Über das hier und anderes? Mir ist nur wieder was eingefallen.", erklärte ich und erntete das einverstandene Nicken meines Mannes. Mit mildem Lächeln schob er mich kurz darauf zum Ausgang, weg von den vielen Menschen. Im momentan war es mir egal das wir unsere Freunde nicht begrüßt hatten oder den anderen nicht tschüss gesagt hatten. Viel zu viel wirbelte in meinem Kopf gerade umher.

„So, über was wolltest du denn reden, mein Engel?", setzte sich James mit zwei Tassen neben mich auf das Sofa. Eine Tasse mit Kaffee für ihn, eine mit Kakao für mich. Wie auch immer man dieses Getränk mit dem vielen Koffein trinken konnte.
„Naja, über...über uns.", zögerte ich und entschied mich dazu einen Schluck meines Getränks zu nehmen. Doch hatte ich mir die dadurch erhoffte Reaktion anders vorgestellt. Ich wusste nicht recht wie ich seine Gesichtszüge einordnen sollte. Einerseits Überraschung, andererseits glaubte ich doch sogar ein wenig Ängstlichkeit in seinem vertrauten Braun zu erkennen.
„Wie meinst du das Lily?", griff er Nähe suchend zu meiner freien Hand. Irgendwie tat es mir schon leid, dass ich ihn so zappeln ließ. Nach den ganzen Tagen und Wochen wo ich nichts getan hatte kam ich jetzt mit sowas um die Ecke. Doch wusste ich einfach nicht wie ich das Thema aussprechen sollte.
„Weißt du James, ich liebe dich unheimlich und ich bin dir so unendlich dankbar dafür, was du die letzten Wochen für mich getan hast. Ganz zu schweigen von der wunderbaren Flitterwoche. Das war sie, wunderbar. Und das ist wegen all des anderen Blödsinns leider etwas zu kurz gekommen. Nur, nun ja, als ich Molly vorhin habe reden hören, ich will nicht sagen eingefallen, das hört sich so an als hätte ich es vergessen, aber kam mir wieder in den Sinn, dass ich eigentlich auch andere Pflichten gehabt haben könnte in den letzten Wochen. Also...bei Merlin ich weiß nicht wie ich das sagen soll. Ich habe keinen Test gemacht. Aber den würde ich wenn dann gern mit dir gemeinsam machen. Und selbst wenn es in dieser einen Woche nicht geklappt haben sollte, möchte ich nicht aufgeben oder sowas. Geschweige denn, dass du wegen mir zurück steckst. Ich mein...Ich weiß nicht ob ich jetzt schon wieder so ins...Eheleben zurück kann. Aber wenn nach der Beerdigung in zwei Tagen ein wenig Zeit vergangen ist dann...", stotterte ich umher und wusste selbst nicht ganz wo ich mit meinen Augen hinschauen sollte. Ich war keine sechzehn oder siebzehn mehr, wo ich dieses eine Wort nicht in den Mund nehmen wollte. Aber irgendwie bekam ich es nun nicht über die Lippen. Ich konnte James nicht einmal anschauen.
„Ich hab's verstanden Lily. Alles gut. Nach der Beerdigung, wenn alles wieder normal wird. Und den Schwangerschaftstest kann ich heute Nachmittag auch beim einkaufen holen wenn du möchtest. Außerdem liebe ich dich auch.", schaute er mit einem belustigten Lächeln auf mich hinab. Jaja, so war das. Ich stellte mich wie ein Kleinkind an und er fand es so süß, dass er mich halb auslachte. Wenigstens war das nicht verschwunden.
„Ja...und bitte warte aber nicht wie zu Anfang unserer Beziehung darauf das ich irgendwas sage. Das...wäre nur noch seltsamer und das würde wieder so ein komisches Gespräch bedeuten und total abturnend sein. Und...egal du weißt was ich meine.", lachte ich, während ich mich mit roten Wangen an die Schulter meines Mannes lehnte. Einerseits um seinem breiten Grinsen und vor Schalk Getränken Augen zu entgehen, andererseits, weil ich seine Nähe gerade einfach brauchte. Der Tod meiner Eltern war nicht lang her, die Beerdigung wäre in zwei Tagen, doch freute es mich ungemein, dass ich es schaffte mit James zu lachen. Das würde ich ohne ihn nicht können.

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