75. Ein Hühnchen zu rupfen
Lily
Die Wochen verstrichen und der Winter kündigte sich so langsam an. Mittlerweile war es schon Mitte November. Doch das hielt uns nicht im geringsten auf, den aufsteigenden Voldemort aufzuhalten. Zwar ist er meiner Freundesgruppe und mir noch nicht begegnet, doch tauchte er immer öfter auf. Bisher hatten wir jedoch schon alle des Öfteren mit den berühmt berüchtigten Todessern Bekanntschaft gemacht. Doch egal wie sehr wir immer wieder aus solchen Duellen lernten, so lernten auch sie dazu. Mittlerweile wurde es immer schwieriger einen von den Anhängern Voldemorts zu fassen. Sie verpufften viel eher in Luft, wenn sie bemerkten, dass sie nicht gewinnen konnten. Es mochten durch uns zwar viele Anschläge gemildert, oder sogar verhindert worden sein, doch waren wir nicht viele. Wir versuchten unser bestes, konnten jedoch nicht überall sein. Egal wie sehr unsere Erfolgsquote also stieg, ebenso rapide stieg die der Todesser. Voldemort bekam immer mehr Anhänger. Sie könnten sogar unsere Nachbarn sein, so weit verstreut und vertrauenswürdig waren die Menschen um uns herum mittlerweile. Doch egal wie beängstigend es sein konnte, weder James noch ich hatten die Zeit darüber nachzudenken. Neben all den Aufträgen und Treffen mit Freunden, waren wir schon mitten in der Planung unserer Hochzeit. Auch wenn wir, wie mit Dumbledore abgesprochen, eine kleine Feier veranstalten wollten, um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, milderte es die Vorbereitungen nicht. Wir waren froh, dass wenigstens ein Termin feststand, den jeder unserer Freunde und Verwandten wahrnehmen konnte. Es würde im Mai sein. Ende Mai um genau zu sein. In der Hoffnung, dass bis dahin etwas Zeit bliebe, um es genießen zu können. Die Neuigkeit, dass James und ich verlobt waren, hatte sich tatsächlich schneller herumgesprochen als geahnt. Wir hatten immerhin nicht damit gerechnet, dass sich überhaupt noch jemand aus Hogwarts für unsere Beziehung interessierte. Doch schon kurz nach der Verkündung im Orden, hatten uns in der Winkelgasse ehemalige Schulfreunde gratuliert. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass auch Voldemort und seine Anhänger davon Wind bekamen. Wir hatten zwar selbst noch nichts von ihnen hören dürfen. Doch hatte man uns gesagt, dass bei Auseinandersetzungen mit Voldemort höchstpersönlich unsere Namen gefallen waren. Sowohl James, als auch ich sind, ohne abgehoben zu klingen, die besten unseres Jahrgangs gewesen und dementsprechend nicht unbegabt in der Zauberei. Zumal mein Name wohl sehr weit oben auf Voldemorts Liste zu Prangern schien. Dass sich nun also James als Reinblut, mit mir als Muggelgeborene verlobt hatte, stieß nicht überall auf Zustimmung. Doch das hielt weder James, noch mich auf, für unsere Überzeugungen zu kämpfen. Es machte uns geradezu stärker, so kam es mir vor. Dumbledore war so nett und hatte James und mich auf gemeinsame Aufträge geschickt. Zusammen hatten wir uns gegen recht viele Todesser durchsetzen können und waren dementsprechend nicht sehr unbekannt. Das war vielleicht auch ein Grund, weshalb Voldemort uns seine Aufmerksamkeit schenkte. Doch ob das nun gut, oder schlecht war, mochte ich nicht zu beurteilen.
„Sicher, dass ihr das noch immer machen wollt? Anna empfindet das vielleicht doch als etwas zu kindisch.", bemerkte James neben mir, während Hest und ich dabei waren den Kuchen zu verzieren. Egal wie viel los war in den letzten Wochen und Monaten. Das war Pflicht. Erst recht, wenn wir diese lebensnotwendige Nachricht erst drei Tage später erfahren hatten. Kaum zu glauben, aber Anna hatte uns in gewisser Weise schon irgendwie hintergangen.
„Das ist mir so egal James. Wir haben uns geschworen das bei jedem zu machen. Da musste ich durch, da musste selbst Lily durch. Und dann wird auch Ann einen Kuchen geschenkt bekommen. Egal wie unangenehm ihr das sein sollte.", erklärte Hestia meinem Verlobten strickt, während sie mein geschriebenes Virgin mit roter Farbe durchstrich. Ja, auch unsere Liebe, unschuldige Anna hatte es geschafft. Und Remus natürlich auch. Aber die Jungs waren da auch etwas langweilig. Bei denen gab es solche Bräuche ja nicht. Die sollten uns nur machen lassen. Anna hatte sich so oder so verdient einen extra großen Kuchen zu bekommen, wenn sie uns diesen Fakt verschweigen wollte. Bisher hat sie es uns noch nicht einmal selbst gesagt. Wir hatten das durch Sirius und James erfahren. Die durfte sich eindeutig etwas anhören.
„Außerdem James, müsst ihr ja nicht mitkommen. Ihr könnt ja mal einen Termin bei der Schneiderin ausmachen. Immerhin brauche nicht nur ich was zum Anziehen bei der Hochzeit.", drehte ich mich frech grinsend um, wohl wissend, dass James das garantiert nicht machen würde. Da würden die beiden es eindeutige vorziehen mit uns zu Ann und Remus zu stapfen.
„Oh vergiss es Lily. Von mir aus Trag ich auch diesen Kuchen.", deutete Sirius auf das säuberliche ‚Gekrakel' wie er es noch vor fünf Minuten beschrieben hatte. Tja, ich wusste es eben. Auch wenn ich nicht ganz verstand, weshalb die beiden es nicht so toll fanden Anzüge auszusuchen. Aber gut, es war ja noch etwas Zeit. Und das hier ging allemal vor.
„Was macht ihr denn hier?!", wurde uns auch schon entgegnet, als die Tür aufschwang und uns eine verblüfft dreinblickende Ann anschaute. Also das nannte ich ja mal eine höfliche Begrüßung. Als wären wir Fremde und dürften unsere Freundin nicht in ihrer Wohnung besuchen. Mal ganz nebenbei, wenn Mädelsabende anstanden trafen wir uns aus Prinzip bei ihr, weil sie noch allein wohnte.
„Na so wird man ja immer gern begrüßt. Ist Remus da? Ich hatte nicht vor an der Tür zu streiten.", kam Sirius auch gleich auf den Punkt. Also einerseits hatte er ja schon recht. Wobei ich nicht behaupten würde, dass wir streiten wollten. Bisher hatte sie den Kuchen ja noch nicht mal gesehen, weil ich Hestia noch vor Ann's Blick versperrte. Dementsprechend bedient schaute ich auch zu Sirius und James, welcher gleich hinter seinem Freund stand und auf Remus erscheinen in der Tür hoffte. Na das waren mir ja Freunde.
„Ann? Wer ist denn an der Tür?", hörte man auch schon Rem durch die kleine Wohnung zur Tür stapfen, ehe er mit neugierigen Augen hinter Ann hervor trat. Ja und sofort quetschten sich die beiden Jungen neben Ann durch den Türrahmen hindurch.
„Moony! Wie gehts dir? Komm wir gehen mal rein. Habt ihr was zu trinken da?", zog James den Werwolf auch schon wieder weg, ohne das er uns auch nur begrüßen konnte. Also die waren mir mal welche. Wir hatten vielleicht ein Hühnchen mit Anna zu rupfen, doch hieß das ja wohl nicht, dass wir uns gegenseitig umbringen würden.
„Also, um deine Frage zu beantworten: Feiern.", trat Hest aus meinem Schatten und grinste die etwas überrumpelt dreinblickende Ann breit an, während sie ihr den Kuchen entgegenstreckte. Der blondhaarigen schien ein Lichtlein aufzugehen. Ja, naja immerhin das.
„Woher wisst ihr...?", stotterte sie, als Verlegenheit und Reue in ihre Gesichtszüge trat. Ja, das war ja auch berechtigt. Uns, ihren besten Freunden einfach nichts davon zu erzählen. Sachen gabs.
„Wir sind mit den beiden besten Freunden deines festem Freundes zusammen. Glaubst du ernsthaft sowas würden wir nicht mitbekommen?", verschränkte ich die Arme vor der Brust und musterte die junge Thicknesse kritisch. Wir waren vielleicht nicht allzu nachtragend, doch würden wir ihr hierbei durchaus deutlich machen, dass uns das nicht allzu gut gefiel, im Dunkeln gelassen worden zu sein.
„Ähm...nein. Aber kommt erstmal rein. Ich hol Geschirr für den Kuchen raus.", trat sie betreten beiseite und deutete uns an, in ihre Wohnung zu schreiten. Nickend traten wir ein, ehe wir gefolgt von Anna den Kuchen in der Küche abstellten. Ich dachte ja schon immer, das ich verklemmt gewesen wäre oder beziehungsweise bin. Egal. Aber Ann hob das ganze gerade auf ein anderes Level. Schweigend und von uns angestarrt, suchte sie Teller und Besteck heraus, grübelnd ob sie etwas sagen wollte.
„Ich wusste nicht wie ich euch das sagen sollte.", begann sie, als Hestia fast der Kragen geplatzt wäre und zu einer Frage ansetzen wollte. Doch stattdessen haftete unsere Aufmerksamkeit nun vollkommen auf unserer Freundin.
„Keine Ahnung. Es hatte sich bisher einfach nicht ergeben das zu erzählen. Zumal ich es nun nicht mehr als ein so großes Ding sah, wie noch vor einem Jahr. Ihr wisst doch, dass ich bezüglich der Beziehung mit Rem noch nie so viel erzählt hab. Ich bin da eben nicht so offen. Tut mir leid wenn ihr euch hintergangen gefühlt haben solltet. Das wollte ich nicht.", hob sie schließlich den Kopf und blickte uns beide fragend an. Bei Merlin, hatten wir wirklich den Eindruck gemacht stinkwütend zu sein? Wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätten wir ihr den Kuchen ins Gesicht geschmissen.
„Entschuldigung akzeptiert. Deine Reaktion war trotzdem der Hammer.", lachte Hestia und ging auf Ann zu, um sie herzlich in die Arme zu schließen. Das Geplapper unserer Freunde im Hintergrund, grinste auch ich die blonde an, ehe ich sie fest umarmte. Anna war schon ne Nummer. Mein Gott, ist sie manchmal verschlossen. Aber gut, so war sie schon immer. Und schlussendlich war es ja auch eine Sache zwischen ihr und Remus. Es musste ja nicht jeder über sein Liebesleben sprechen.
„So, damit wäre das dann auch geklärt. In diesem Sinne: Ich hoffe du weißt was du daran hast. Egal ob du uns jetzt Einzelheiten erzählen möchtest oder nicht. Der Kuchen sollte schmecken. Sirius hat den Kuchen nicht angerührt.", grinste ich ihr entgegen und griff auch schon nach dem Geschirr um zu den Jungen zu gehen. Das Anna dabei eine leichte rosa Färbung auf ihren Wangen hatte, musste ich sicher nicht erwähnen. Um ehrlich zu sein, verstand ich nun endlich, was Hestia früher daran immer so toll fand. Ich liebte es einfach. Da müsste Ann nun auch durch.
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