74. Probleme und Wünsche des anderen

James

„So hier, ich hab dir noch Schlagsahne rauf gemacht.", reichte ich Lily ihre heiße Schokolade, welche frisch geduscht auf unserer Couch saß. Sie sah noch immer fertig aus. Kein Wunder bei einem Duell mit einem Todesser. Und egal wie riesig meine Sorgen gewesen waren. Als ich sie habe kämpfen sehen, hätte ich nicht stolzer sein können. Wie sie diesen miesen Typen fertig gemacht hatte, es ihm gezeigt hatte. Das erfüllte mich jetzt noch mit stolz.
„Danke James.", lächelte sie mir entgegen, als ich mich neben sie auf die Couch pflanzte und mit ihr aus der Fensterfront den Sonnenuntergang anstarrte. Stille erfüllt den Raum. Doch keine hundertprozentig angenehme Stille. Ich wusste nicht weshalb, aber Lily machte auf mich den Eindruck, als würde sie etwas beschäftigen. Es war nicht nur der Tag den sie aufzuwühlen schien.

„Wir müssen reden James. Ich...würde gerne reden.", meinte sie schließlich und stellte ihren Kakao auf den Couchtisch vor uns ab. Gespannt blickte ich zu ihr. Ich wusste nicht recht worüber sie reden wollte. Natürlich gab es, wie sie schon gemeint hatte, Themen, die wir besprechen mussten. Doch wusste ich nicht recht, wie ich ihre Worte deuten sollte. Geschweige denn ihren Gesichtsausdruck.
„Okay. Dann fang an, mein Engel. Was liegt dir auf dem Herzen?", wandte ich mich näher zu ihr und blickte gespannt in ihre grünen Augen, in denen ein Sturm der Gefühle tobte. Und ich wollte wissen was sie beschäftigte. Es würde nichts geben, was wir beide nicht aus der Welt schaffen könnten. Da war ich mir sicher. Auch, wenn die Gespräche vielleicht beängstigend werden könnten.

„Über das Thema Kinder, James. Wir sind jung, ja. Aber wir heiraten bald und da sollten wir schon voneinander wissen, was der andere möchte.", begann sie und griff sanft nach meiner Hand, ehe ich sie mit ihrer verwebte. Einerseits war es logisch, dass es darauf hinaus laufen würde. Doch hatte ich es, nun ja, verdrängt. Nicht, weil ich keine Kinder haben wollte. Sondern weil es ein Thema war, was viele Paare zerstört hatte. Und das wollte ich nicht. Nicht im geringsten.
„Ok. Was möchtest du wissen?", antwortete ich ihr gesprächsbereit. Vielleicht auch, weil ich mich selbst beruhigen wollte. Mir war klar, dass ich Kinder haben wollte. Am liebsten eine ganze Schar. Für mich gäbe es nichts schöneres. Doch wusste ich, dass immer zwei dazu gehörten, wenn es ums Thema Kinder ging.

„Möchtest du Kinder haben?", begann sie und blickte mich fragend, schon fast ängstlich an. Doch meinte ich durchaus, dass sie diese Antwort schon kannte. Jedenfalls war ich dieser Auffassung. Nur befürchtete ich bei ihrem Gesichtsausdruck, irgendetwas falsches zu sagen.
„Ja. Möchtest du welche?", hing ich auch sogleich die Frage an sie ran. Wie gesagt, eigentlich dachte ich, ich wüsste was die Antwort auf diese Frage war. Es war immerhin nicht so, dass wir uns nicht im geringsten kannten. Wenn ich sie nicht kennen würde, hätte ich nicht um ihre Hand angehalten.
„Ja James, natürlich. Was...also wie viele fändest du denn gut? Also wie viele möchtest du?", knabberte sie wiedermal an ihrer Unterlippe und ließ mich bei ihrer milden Verlegenheit leicht schmunzeln. Und egal wie sehr mich ihre Antwort freute, so langsam hatte ich das Gefühl, dass es ihr nicht nur darum ging.
„Lily, keine Ahnung. Ich fand zwei oder drei Kinder immer ganz schön. Aber wenn du das nicht möchtest, dann finden wir eine Lösung. Was ist denn wirklich los Lily? Ich seh doch das dir irgendetwas auf dem Herzen liegt.", sprach ich aus und hoffte, dass Lily endlich zum Kern ihres Bedürfnis reden zu wollen, kam. Ich hasste es, wenn sie etwas beschäftigte und sie nicht wusste, ob sie mit mir darüber reden konnte. Sie konnte mir vertrauen, ich wäre nicht wegen irgendetwas sauer oder wütend auf sie. Wir konnten doch wie normale Menschen über unsere Gedanken sprechen.

„James. Weißt du...ich wollte immer Kinder haben. Auch jetzt noch. Aber nie so unglaublich früh. Ich hab das schon als Kind alles durchgeplant. Nur...ich weiß nicht James. In den letzten Wochen hat sich was getan. Ich hab oft darüber nachgedacht. Und das einzige was ich wissen möchte ist, wann du Kinder haben möchtest? Bitte gib mir eine ehrliche Antwort darauf und ich erklär dir, warum ich gerade jetzt mit diesem Thema anfange.", schaute sie mir flehend in die Augen und gab mir regelrecht das beklemmende Gefühl nur etwas falsches sagen zu können. Ich wusste, dass Lily viel über solche Sachen nachdachte. Nur hatte ich mir diesbezüglich noch nie wirkliche Gedanken gemacht. Ich wollte welche, mit ihr. Aber wann genau, das wollte ich immer auf mich zukommen lassen.
„Lily, ich weiß nicht was du von mir hören willst. Ich hab mir nie so einen Kopf darum gemacht. Du hast recht, wir heiraten demnächst und sowas erwartet man von uns vielleicht. Aber ehrlich gesagt? Mir wäre es egal. Ich weiß, dass ich Kinder mit dir haben möchte. Doch weiß ich auch, dass ich uns momentan noch nicht wirklich bereit für so ein kleines Wesen sehe. Wobei es auch schwer zu sagen ist, ob man es überhaupt jemals sein wird.", erklärte ich ihr meine Gedanken und griff nun auch zu ihrer anderen Hand, um diese mit meiner zu vereinen. Mir behagte das alles gar nicht. Ihr ging es nicht gut und sie schien alles an meiner Antwort aus zu machen. Innerlich fragte ich mich, ob sie das Thema heute auch angesprochen hätte, oder ob es der Schock war, der noch in ihren Knochen saß.

„Okay James. Wie gesagt, ich habe darüber eine Zeit nachgedacht. Besonders nach deinem Antrag. Und ich weiß selbst nicht wie ich auf diese Idee gekommen bin, aber...ich habe den Wunsch in nächster Zeit ein Kind zu bekommen. Und bitte hör jetzt nicht auf mir zuzuhören. Wie gesagt, ich habe selbst keine Ahnung wie ich auf sowas wahnwitziges kommen kann. Aber der Wunsch ist da und ich möchte dir das nicht vorenthalten. Ich...ich weiß aber auch nicht was ich mit diesem Gespräch bezwecken wollte. Der Punkt ist einfach, dass wir 18 sind, heiraten und eigentlich viel zu jung für diesen ganzen Kram.", gestand sie mir und musterte mich hah genau. Doch ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Es dauerte eine Weile, ehe ich ihre Worte verstanden hatte. Sie wünschte sich ein Baby. Kein unnormaler Wunsch. Aber wir waren 18, richtig. Und sie hatte nur ein paar Wochen darüber nachgedacht. Wobei ich nicht abgeneigt wäre. Nicht im geringsten. Nur überrumpelte mich das durchaus ein wenig. Es war ja nun auch nichts kleines mal so eben ein neues Leben in die Welt zu setzen.

„Lily...ich, also ich bin froh das du mir das gesagt hast. Du hast recht, wir sind viel zu jung für diesen Kram. Aber wahnwitzig finde ich diesen Wunsch jetzt nicht. Wir sind beide erwachsen, Lieben uns und werden heiraten. Ich habe dir gesagt, dass mir der Zeitpunkt recht egal ist. Mir ist es auch egal was andere über uns denken mögen. Wir verfolgen unsere Ziele. Doch will ich ehrlich zu dir sein. Ich sehe uns momentan, jetzt in diesem Moment, nicht wirklich bereit dazu. Das bedeutet aber nicht, dass ich mich mit dem Gedanken nicht anfreunden könnte. Mir ist nur wichtig, dass wir uns beide dann zu hundert Prozent sicher sind. Ein Kind zu zeugen ist wahrscheinlich nicht schwer, aber eines aufzuziehen ist eine ganz andere Nummer. Ich würde dir etwas vorschlagen Okay? Ohne Verpflichtungen oder sowas. Wir wollen heiraten. Ende Frühling, Anfang Sommer wahrscheinlich, wie wir es ausgemacht hatten. Und das sind noch ein paar Monate. Hör zu, wenn du diesen Wunsch auch noch bis dahin hast, dir über alles diesbezüglich bewusst bist und auch ich mich mit diesem Gedanken richtig anfreunden konnte, sähe ich nichts was dem im Wege stehen würde. Lass es uns so machen: Wenn all das auch nach unserem Ja-Wort der Fall sein wird, können wir von mir aus die gesamten Flitterwochen damit verbringen aus uns zweien drei zu machen. Das einzige was ich möchte ist, dass wir uns beide darüber im Klaren sind, was es mit sich bringt. Wir können darüber die ganze Zeit reden. Du sollst nicht das Gefühl haben nicht mit mir darüber sprechen zu können. Wir können über alles reden. Egal was dir auf dem Herzen liegt. Wir müssen uns nur im Klaren sein, was das alles ändern kann.", schaute ich bedeutend zu ihr hinunter und fühlte mich während des Sprechens durchaus in der Lage leicht lächeln zu dürfen. Ich persönlich fand diesen Kompromiss fair. Mehr als das. Zumal es uns beiden genügend Zeit gab darüber nachzudenken. Ich wusste das sie so etwas von mir nicht gefordert hatte. Doch waren wir zusammen. Wir hatten Probleme und Wünsche anzugehen die der andere hatte. Zumal dies ein Wunsch war, der mehr als berechtigt war. In meinen Augen. Das wichtigste war nur die Sicherheit. Und so wie es schien, war Lily damit auch eindeutig einverstanden. Jedenfalls würde ich das ihrem Lächeln, was nun auf ihren Lippen erschienen ist, entnehmen.

„Danke James. Du weißt gar nicht wie erleichtert ich bin. Ich finde den Vorschlag super. Ich bin mir ja selbst gar nicht so sicher, wieso ich das jetzt möchte. Und die paar Monate bis zur Hochzeit sind mehr als passend für das darüber reden und nachdenken.", wurde ihr Lächeln breiter, ehe sie mir schon fast in die Arme fiel. Sie sah deutlich entspannter aus. Es schien, als wäre ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Und mir auch. Auch, wenn es mir Momenten noch ein beklemmendes Gefühl bereitete, dass wir schon mit 18 über so etwas redeten. Ein Kind zu haben machte mir keine Angst. Sondern die Verantwortung die wir dann zu tragen hatten.
„So seh ich das auch. Aber jetzt hör auf so angespannt zu sein und freu dich endlich darüber, dass du so einen miesen Todesser besiegt hast. Außerdem hast du noch was in deiner Tasse, von meinem ach so genialen Kakao.", schlang ich fest meine Arme um ihren zierlichen Körper und spürte schon, wie sie leicht lachen musste. Kurz hauchte ich einen Kuss auf ihren Haaransatz. Ich liebte dieses Mädchen, und daran würde kein Problem der Welt etwas ändern können.
„Ich liebe dich auch du Idiot mit deinem Kakao.", lachte sie und löste sich grinsend aus der Umarmung, nur um kurz darauf einen Kuss auf meine Lippen zu hauchen. Tja, und das ließ mich nun wirklich wie einen Idioten grinsen. Es war aber auch fies bei so einem Mädchen. Da konnte man nicht anders, als sich so zu verhalten.

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