73. Der Grund seines Grinsens
Lily
So langsam wurde das alles wirklich Realität. Nicht nur die Tatsache, dass auf Hogwarts nun das neue Schuljahr ohne uns begonnen hatte, sondern auch der Fakt, dass wir uns täglich dem Orden widmeten. Ganz zu schweigen von den letzten Ereignissen zwischen James und mir. Meine Eltern wussten schon Bescheid, meine Mutter war vor Freude ausgeflippt. James Eltern hatten mich warmherzig in die Arme geschlossen und sogar James Großmutter hatte mir wieder für James peinliche Geschichten aufgetischt, als sie erfahren hatte, dass er endlich seine Liebe des Lebens heiraten würde. Doch so sehr mich all das freute und auf jegliche gute Laune traf, so sehr wurde mir nun bewusst, was noch unklar war. Doch hielt uns der Alltag von all diesen wichtigen Gesprächen ab. So langsam kannte ich schon recht viele im Orden. Doch das was heute geschah, würde ich nie vergessen. Es war ein normaler Einsatz. Arthur und ich hatten wieder einmal eine Nachmittagsrunde aufgetragen bekommen. Doch dieses Mal lief alles anders. Von anderen aus dem Orden hatten wir schon mitbekommen, dass die Todesser deutlich öffentlicher vorgingen als noch zuvor. Bisher waren es immer nur Erzählungen. Warnungen, dass die Duelle mit den Dienern Voldemorts ein anderes Kaliber waren. Doch heute, hatte es mich selbst getroffen.
Nichts ahnend waren der junge Mann und ich durch die Gassen gelaufen. Bis wir etwas hörten, was ganz sicher einem Apparierknall entsprach. Und kurz darauf war auch schon Geschrei zu hören. Doch so weit verbreitet die Todesser auch waren, ebenso waren wir als Mitglieder des Ordens überall. Das Adrenalin schoss durch meine Adern, als ich Arthur fragend, geschockt und durchaus mit einem mir unbekannten Kribbeln in den Fingern anschaute. Ich wollte handeln. Und das schon seit Ewigkeiten. Doch dies nun tun zu dürfen, zu sollen, leben zu retten, dass versprühte eine Aufregung, Angst und Erwarten zugleich.
Zügigen Schrittes liefen wir der Geräuschkulisse nach, liefen dem kleinen Menschenstrom entgegen und schauten uns zu allen Seiten um. Am Ende der Gasse, den Zauberstab in den Händen haltend, schien es mir, als würde mein Herz bezwängend in meiner Brust schlagen. Ein Herzschlag und dann noch einer. Ein bedrückendes Gefühl im Halse und dann noch stärker. Es schien, als würde sich all meine Furcht und Erwartung in Energie umwandeln, von der ich nicht genau wusste, ob sie in diesem Ausmaße richtig war.
„Hör zu Lily. Die Todesser sind dort drüben, sie sind in unser Café gestürmt. Egal was passiert, wir dürfen uns nicht aus den Augen verlieren. Wir gehen da jetzt rein und werden uns erst einmal einen Überblick verschaffen. Handle ja nicht unüberlegt! Die anderen werden uns bestimmt gleich zur Hilfe kommen. Bis dahin sind wir auf uns allein gestellt.", sprach Arthur zu mir, schaute mich bedeutend an und machte sich nach einem Nicken von mir entschlossen auf den Weg zur Problemstelle. Vielleicht hätte ich unter normalen Umständen darüber gelacht, dass er dieses Café als unseres bezeichnete, weil wir dort des Öfteren gesessen hatten. Doch jetzt faszinierte es mich nicht einmal, dass der Rotschopf vor mir geschwind einen Eil-Patronus an alle anderen Mitglieder schickte. Viel zu sehr kribbelte es in meinen Fingerspitzen und viel zu sehr stand mein Körper unter der aufsteigenden Aufregung. Es war für mich nicht verständlich, weshalb man gerade Muggeln solch einen Schreck einjagen musste. Sie verstanden gar nicht worum es ging, geschweige denn erkannten was los war. Und das machte mich so rasend vor Wut, dass ich hoch erhobenen Hauptes hinter Arthur das Café betrat und es im nächsten Augenblick wieder bereute.
Zischend stieß ein Zauberspruch neben mir in die Tür und ließ mich zusammenzucken. Reflexartig duckte ich mich, kam nun in das hier und jetzt zurück. Im Nachhinein konnte ich nicht einmal wirklich behaupten mitbekommen zu haben, was ich selbst getan hatte. Es war wie eine Erinnerung, die an mir vorbei glitt, sich jedoch nicht so anfühlte, als hätte ich sie erlebt.
Erschrocken schaute ich zu Arthur, welcher sich jedoch nicht wie ich hinter einem umgefallenen Tisch versteckte. Er stand in einer Nische und schien die Lage zu analysieren. Zaubersträhle zischten in seine Richtung, doch brachte ihn das nicht aus dem Konzept. Er war geübt. Tja, und wozu war ich da, wenn ich nichts tat?
Schwer atmend schloss ich kurz die Augen und versuchte die aufsteigende Panik hinunterzuschlucken. Ich wollte das hier. Egal wie bescheuert es klang mich selbst in ein Duell zu stürzen. Ich wollte helfen. Diesen idiotischen Todessern klar machen, dass auch sie sich zu fürchten hatten.
Deutlich ermutigter öffnete ich die Lider wieder und begegnete dem fragend, nickendem Blick des Weasley's. Eine Frage des Befindens. Und ich nickte. Das reichte aus. Ernst hob er die Finger. Fünf. Es müssten fünf der Handlanger Voldemorts hier sein. Nun gut. Zwei gegen fünf. Eine Aufgabe die man durchaus bewältigen konnte. Nun war es an mir, mich zu beweisen.
Entschlossen nickten wir uns ein letztes Mal zu, und dann begann die Schlacht.
Sachte schaute ich um die Ecke, erkannte die maskierten Gestalten, wie sie unermüdlich Flüche auf uns abfeuerten, ehe ich mich aufrappelte, aus der Deckung kam und das Duell begann. Drei der Todesser waren mit den restlichen Gästen beschäftigt, die sich gut zu schlagen schienen, wie ich es aus dem Augenwinkel zu sagen vermochte. Arthur war mit dem vierten beschäftigt. Tja, und ich? Ich wusste nicht wirklich was ich hier veranstaltet, aber auf alle Fälle hatte ich die Flüche meines Gegners bisher abgewehrt.
Es war ein reiner Kampf ums überleben. Viel zu schnell schossen sie auf mich ein, als das ich auch nur einen Gedanken fassen konnte, wie ich zurückschlagen könnte. Ich wusste, dass ich es ändern müsste. Ich musste endlich aus der Defensive heraus, sonst wurde das hier nichts.
„Depulso!", kam es mir geschwind über die Lippen, ohne das ich auch nur daran gedacht hatte, diesen Zauber zu verwenden. Doch kurz danach, war ich wieder einmal dabei die Flüche meines Gegners abzuwenden. Es war ein zäher Kampf. Doch ich kam immer mehr in das Duell hinein. Fasste vertrauen, Glaube daran, dass mein Unterbewusstsein diesmal überlegen war. Ich sollte mich endlich darauf verlassen, was ich konnte, was abgespeichert war und mein Körper selbst ausführte. Die Flüche die mein Zauberstab abgab, vermochte ich erst dann zu realisieren, als sie eine Wirkung auf den Todesser zeigten. Ich war selbst erstaunt. Doch schien ich nun in der Offensive. Flipendo, Stupor, Depulso, Confirgo. Alles schoss mir durch den Kopf.
Bis es zu Ende war. Als ich seinen Zauberstab in der Hand und seine Gestalt regungslos und durch Incarcerus mit Seilen gefesselt auf dem Boden liegen sah. Verblüfft blickte ich auf meine Hand, die den Zauberstab des Widerlings hielt. Hatte ich gerade das erste mal ein Duell gegen einen Todesser gewonnen?
Gegen einen von vieren, ja.
Ach bei Merlin! Dich gabs ja auch noch! Wobei, shit! Fünf.
Hektisch drehte ich mich um die eigene Achse. Arthur war mit seinem ersten fertig, auch er lag regungslos am Boden. Und die anderen drei...sie lagen auch am Boden?
Verwirrt schaute ich mich weiter um, mein Herzschlag nun deutlich beruhigter. Um den ganzen gefesselten Todessern standen sie. Remus, Ann, Arthur, und deren Begleitperson. Sie hatten wohl auch gerade ihr Duell beendet.
„Lily! Bei Merlin bin ich froh das es dir gut geht. Glaub mir, hätte der dir was getan, ich hätt ihn eigenhändig umgebracht. Du warst unglaublich!", riss mich James Stimme aus dem Gestarre. Automatisch wandte ich mich um, zu der Stimme. James stand dort, vor dem Café mit Hestia und schien gerade angekommen zu sein. Zügig kam er auf mich zu und riss mich in seine Arme. Fast zerquetscht wurde ich durch sein Festhalten, seine innige Umarmung.
„Du hast keine Ahnung was mein Herz veranstaltete hat, als es hieß du und Arthur wärt in einen Angriff verwickelt.", murmelte er an mein Ohr, während ich spürte, wie all die Erleichterung von mir Besitz ergriff. Erleichterung, Befreiung, Erschöpfung und Freude. Ich hatte es geschafft. Ich hatte gegen einen Handlanger Voldemorts gesiegt. Allein. Komplett allein.
„Da kann ich ihm nur zustimmen. Du warst großartig. Es tut gut zu wissen, dass man solch einen guten und verlässlichen Partner hat.", mischte sich die Stimme des Weasleys ein, ließ James Arme um mich verschwinden und mir die Hand reichen. Lächelnd ergriff ich diese, blickte in das erschöpfte und von dem Chaos beschmutzte Gesicht meines Begleiters. Und egal wie harmlos diese Geste rüber kam. Sie bedeutete mir so viel.
„Ich bin froh, dass du mir nicht hast durchgehen lassen am Anfang auszuflippen vor Angst. Wärst du unruhig geworden, wäre wohl auch ich nicht sonderlich hilfreich gewesen.", lachte ich und fand mich kurz darauf in Gruppengelächter wieder. Ja, die Erleichterung überwog momentan wirklich. Mehr als alles andere. Und der Stolz. Stolz diejenige zu sein, die man sein wollte.
„Ich würde sagen für heute haben wir unser Soll erfüllt. Die anderen beiden haben sich dazu bereit erklärt das Chaos zu beseitigen und die noch hier Anwesenden zu oblivieren. Ruh dich aus. Das erste Duell wird immer das anstrengendste sein.", nickte er mir zu, schenkte auch James und Hestia nochmals ein Lächeln, ehe er aus dem Café trat und kurz darauf auch schon verschwunden war. Er hatte recht, wir hatten wohl unser Soll erfüllt. Und nach Ruhe sehnte ich mich tatsächlich.
„Und das machen wir jetzt auch. Ich lass dir Badewasser rein. Das hat alles ganz schön Staub aufgewirbelt. Bei Merlin bin ich stolz auf dich.", grinste James mich über beide Ohren an, als wäre ich ein Baby, das gerade laufen gelernt hatte. Und egal wie sehr mich seine Worte auch freuten, bei diesem Vergleich musste ich selbst wieder einmal nachdenken. Würde er bei den ersten Schritten unserer Kinder auch so stolz sein? Würde es diese Schritte überhaupt geben? Das heute hatte mir irgendwie schon gezeigt, dass es auch anders hätte ausgehen können. Der Fluch ganz zu Anfang, hätte mich treffen können. Und dann wäre ich nicht der Grund für sein grinsen gewesen.
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