71. Wenn ich Nein gesagt hätte
James
Grinsend traten Lily und ich am Abend wieder in unsere Wohnung und konnten wohl nicht glücklicher sein. Ich konnte das jedenfalls nicht. Mal ganz abgesehen davon, dass der gestrige Tag der wohl schönste in meinem bisherigen Leben gewesen war, war der Tag heute ebenso wunderschön gewesen. Wir hatten die Verlobung irgendwie gefeiert. Die Sonne hatten wir genossen, das warme Wasser und nicht zuletzt die Zeit zu zweit. Doch sobald wir die Türschwelle überquerten, kam es mir so vor, als wäre mein bester Freund im Raum.
„Bei Merlin James! Ignorierst du mich oder bist du schon getötet worden?! Ich versuche dich schon seit gestern Abend zu erreichen!", kam uns aus dem Schlafzimmer entgegen. Stirnrunzelnd blickte ich zu Lily, welche mich ebenso fragend anschaute, als ich die Tür hinter uns schloss. Wenn Tatze hier wäre, dann würde ich ihn eigenhändig umbringen. Unter anderem wegen des Umstands, dass er unseren Zweitschlüssel für sowas gebraucht hatte. Nur würde er dann auch vor mir stehen. Unkonzentriert lief ich in unser Schlafzimmer und stellte auf dem Weg meine Taschen ab und blickte verwirrt in den Raum. Niemand war hier, doch Pads Stimme drang noch immer zu meinen Ohren.
„Hestia ich glaub ich geb's auf. Die sind vom Erdboden verschwunden. Oder dieser Blödmann hat seinen blöden Spiegel verloren.", kam es seufzend von meinem besten Freund, während Lily sich verwundert neben mich stellte. Doch als Sirius den Spiegel erwähnte kam mir ein Geistesblitz. Hastig lief ich zu meinem Nachtisch und schob die Schublade auf, wo ich den Zweiwegspiegel aufbewahrte. Geschickt fischte ich ihn heraus und ließ mich auf unser Bett fallen.
„Du gibst ja wohl nicht auf Pad. Wozu hat Hestia dich nur gemacht?", grinste ich in die Scherbe und begegnete kurz darauf den Gesichtern Sirius' und Hestia's. Neben mir senkte sich das Bett leicht und ließ mich wissen, dass Lily sich neben mich gesetzt hatte.
„Ach da seid ihr ja! Ihr wisst was ich hören will. Und wehe du sagst mir James, dass du gekniffen hast! Dann bring ich dich durch den Spiegel hindurch um, ich schwöre dir.", reagierte Tatze auch sogleich euphorisch und schien ernsthaft zu glauben, dass ich einen Rückzieher gemacht hätte. Naja, also so dumm war das gar nicht. An sich eine recht begründete Vermutung. Immerhin hatte ich des Öfteren gekniffen sie nach einem Date zu fragen. Neben all den anderen Fragen war der Wunsch nämlich noch öfter in mir aufgekommen.
„Naja was denkt ihr denn?", hob meine Verlobte ihre Hand und hielt sie grinsend vor den Spiegel. Und auch auf meinen Lippen zeichnete sich wieder das größte Grinsen auf Erden ab. Besonders nachdem ich Hestia's erfreutes quietschen wahrnahm und Sirius Glückwünsche. Zwar hatte ich mir das anders vorgestellt es ihnen mitzuteilen, aber da mein bester Freund nun mal nicht der geduldigste war, musste das auch so gehen. Zumal Hestia den Ring ja schon begutachten konnte.
„Und James? Wieso die ganzen Zweifel? Ich hab dir vorher gesagt, dass sie bei so einem Ring nur Ja sagen kann!", entkam es Hest, die sich wirklich sehr für uns zu freuen schien. Bei Merlin, ob sie bald die nächste wäre die einen Antrag bekäme? Wobei, bei Pad recht unwahrscheinlich.
„Du hast sie vorher auch eingeweiht?", entfuhr es meiner Freundin neben mir, welche mich nun verblüfft anschaute. Naja und irgendwie wusste ich nicht recht was ich davon halten sollte. Also von ihrem Gesichtsausdruck. Fand sie das jetzt gut oder schlecht? Hatte ich ihr ein Wunscherlebnis weggenommen?
„Ja?", hinterfragte ich vorsichtig, in der Hoffnung sie würde mir nicht gleich den Kopf abreißen. Aber gut, vielleicht wäre Klartext jetzt ganz praktisch?
„Sie sollte mir sagen ob der Ring so gut ist. Meine Eltern wollte ich vorher fragen, weil sie mir so an sich immer recht viel im vornherein ansahen, Pad hat's halt auch erfahren und ist nebenbei bemerkt halb ausgeflippt. Und halt dein Vater wegen des Segens...zu viel?", schaute ich verunsichert auf sie hinab, blickte direkt in ihre grün schimmernden Augen. Doch egal wie viel Liebe sie ausstrahlten, im Moment ängstigte mich ihre Reaktion viel mehr. Schließlich waren es nicht wenige die von meinem Vorhaben Bescheid wussten. Und sicher war ihre Antwort nun auch nicht gewesen.
„Und was wäre gewesen, wenn ich nein gesagt hätte?", entgegnete sie zweifelnd und dachte in meinen Augen schon wieder über zu vieles nach. So war es nicht gewesen und laut ihr wollte sie sich nicht nochmal umentscheiden. Doch berechtigt war ihre Frage schon. Nur wusste ich darauf keine Antwort. Ich hatte bis hierher nur immer daran gedacht wie sehr ich am Boden zerstört wäre, wenn sie meinen Antrag ablehnen würde. Doch nie hatte ich einen Gedanken daran verschwendet zu überlegen, was die anderen von ihr halten würden, wenn ich es ihnen mitteilte.
„So ist es ja nicht gekommen und ihr seid jetzt verlobt. Bei Merlin! Meine beste Freundin ist verlobt! Sie wird heiraten! Meine Güte ich hab eure Hochzeit schon direkt vor Augen!", sprudelte es aus Lily's bester Freundin heraus und ließ unsere Blicke voneinander abwenden. Sie wusste echt wann man ein neues Gesprächsthema benötigte. Aber gut, es gab so oder so noch vieles zu klären. Das hatte Lily mir vor allem heute morgen klar gemacht. Und ich war mir sicher, all ihre Fragen aus der Welt schaffen zu können. Und zwar gemeinsam. Daran ging kein Weg vorbei.
„Jetzt übertreib mal nicht Hest. Wir sind erstmal verlobt. Und eigentlich hättet ihr das auch erst die nächsten Tage erfahren. So, aber das Wochenende war anstrengend und ich bin hundemüde. Seid uns nicht böse, aber ich will nur noch schlafen.", lächelte Lily herzlich in den Spiegel. Doch egal wie sehr mich diese Sorgen plagten, was sie nun dachte, ein spitzbübisches Grinsen konnte ich mir bei ihren Worten nicht unterdrücken. Immerhin war das Wochenende mit einigen Strapazen belastet gewesen. Mit guten Strapazen. Sehr guten.
„Jaja ich kann mir schon denken was, wenn Krone so schaut. Naja, dann schlaft gut. Aber so, dass ihr morgen beide noch laufen könnt!", verabschiedete sich Padfoot lachend von uns und ließ Lily's Blick zu mir schnellen. Ja, vielleicht hatte ich bei der Erinnerung zu sehr gegrinst. Und zu verdächtig geschaut. Aber verurteilen konnte sie mich dafür nicht. Auch sie musste zugeben, dass die Strapazen wirklich gut waren.
„Du Idiot!", schlug mir Lily lachend gegen die Schulter, ehe ich auch schon den Spiegel beiseite legte. Sie war einfach knuffig, wenn sie sich aufregte, aber gleichzeitig selbst lachen musste. Ernst konnte sie in meiner Gegenwart schon lange nicht mehr bleiben.
„Liebe dich auch.", küsste ich sie auf die Wange, ehe ich aufstand und mich meiner Kleidung entledigte. Eine Dusche wäre jetzt dringend nötig. Vor allem, wenn man müde war. Und erschöpft. Aber das Thema hatten wir gerade erst.
„Ich geh duschen. Wollen wir dann noch einen Film schauen oder bist du zu kaputt und willst schlafen?", grinste ich Lily an, als ich mein Shirt gerade ordentlich in meinem Schrank verstaute. Doch sie lag schon eingekauert im Bett, wie ein kleines Mädchen, dass nichts anderes wollte, als zu schlafen. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Gesichtszüge entspannt und das markante Schmatzen, wenn sie schlief war wieder zu vernehmen. Egal wie stark sie rüber kam, wie selbstbewusst und meinungskräftig. In solchen Momenten wurde mir bewusst, wie sensibel sie sein konnte. Wie zart sie doch war und wie viel Liebe sie doch verdiente. Eingekuschelt in mein Kissen, noch immer auf meiner Betthälfte liegend, lag sie dort und schlief so friedlich wie schon lang nicht mehr. Und bei diesem Anblick kam ich nicht umhin zu lächeln. Ich hatte die entspannte, ruhige und glückliche Lily am liebsten. Und gerade war sie es. Glücklich, friedlich, entspannt. So, wie sie es nur noch bei mir konnte. In unserer Wohnung, in meiner Nähe. Seit langem ist uns beiden bewusst, dass wir immer auf der Hut sein mussten. Egal wo und egal wann. Doch jedes Mal wenn wir die Nähe des anderen bei uns wussten, war es unvermeidlich sich zu entspannen und sicher zu fühlen. Und so sicher, wie ich mich bei ihr fühlte, so beschützt fühlte sie sich bei mir. Und nur deswegen war es ihr wohl möglich so unaufmerksam in den Schlaf zu gleiten. Doch war es für mich keine Beleidigung, dass wir wohl keinen Film mehr sehen würden. Es war das größte Kompliment, dass sie mir geben konnte. Meine Verlobte.
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