70. Der Bacon oder etwas anderes
Lily
War es zu früh? Was würden meine Eltern sagen? Unsere Freunde? Der Orden? Ich mein, es war ja nun nicht normal mit achtzehn verlobt zu sein. Vor allem nicht, wenn man nicht einmal ein Jahr zusammen war. Vielleicht hatte ich zu überstürzt gehandelt? Immerhin war es von jedem jungen Mädchen ein Traum einen Antrag zu bekommen. Und dann auch noch am Wasser beim Sonnenuntergang mit der süßesten Liebeserklärung auf Erden. An sich war es ein total romantischer Antrag. Da konnte man diese eine Frage nur mit Ja beantworten. Aber nachgedacht hatte ich nicht wirklich. Ich mein, verlobt zu sein bedeutete viel. Sehr viel. Es hieß, dass man bald heiraten würde. Für diesen Schritt bereit war. Reif dafür war. Doch waren wir das? Ich wusste ja nicht einmal alles über ihn. Sollte man in solch einem Stadium der Beziehung nicht wissen wie der Partner zu gewissen Dingen stand? Beispielsweise zu Kindern. Was wäre wenn ich unerwartet schwanger wurde und er gar keine Kinder wollte. Am Ende wäre ich allein. Auch wenn ich ihn so nicht einschätzen würde. Aber als junger Mensch handelte man oft aus der Emotion heraus. Hatte ich das gestern auch getan?
Seufzend legte ich mich bequemer hin. Mein Arm zog ich nach oben, platzierte nun auch ihn auf der nackten Brust James', welcher noch immer friedlich schlief. Und wie sollte es anders sein? Nachdem ich den Ring an meinem Finger wieder sah, wusste ich, dass all meine Bedenken total irrsinnig waren. Ich war recht früh wach geworden. Und in dieser Stille konnte man nicht anders, als nachzudenken. Doch so, wie auch die letzten drei Male heute morgen, brauchte es nur einen Blick auf meinen Ringfinger, und ich wusste, dass es die richtige Antwort am gestrigen Abend gewesen war.
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen an die Erinnerung von James auf den Knien vor mir. Er konnte so süß sein. Und das es mich berührt hatte, dass er sich so sicher war und genau mich heiraten wollte, musste ich wohl schlecht erläutern. Immerhin waren gestern einige Tränen vor Glück über meine Wangen geronnen. Und auch wenn ich wusste, dass meine Zweifel und Fragen durchaus berechtigt waren, hieß es ja nicht gleich, dass ich James nicht kannte. Jeder wusste das wir uns liebten. Immerhin war unsere Vergangenheit nicht nur an unseren Professoren vorbeigegangen. Zumal wir all solche Fragen noch klären konnten. Es gab viele Themen die wir aufgeschoben hatten. Doch diese würde ich in den nächsten Wochen klären wollen.
„Guten Morgen mein Engel.", griff James Hand nach meiner auf seiner Brust liegende, und und führte sie zu seinen Lippen. Kurz küsste er den schimmernden Ring an meinem Finger und ließ mich überrascht aufschauen. Ich sagte ja, er konnte unglaublich süß sein. Lächelnd blickte ich zu ihm auf, während er meine Hand wieder zurück legte, mit meinem Ring spielend.
„Guten Morgen. Gut geschlafen?", murmelte ich ihm fröhlich entgegen, während ich in seine haselnussbraunen Augen blickte. Jap, es war eindeutig richtig gewesen. Ein Blick in diese Augen und ich wusste, dass ich nichts sehnlicheres wollte. Und dieser Ring am Finger bedeutetet nun, dass wir uns auf ewig so entschieden hatten.
„Nach so einer Nacht gar nicht anders möglich. Und aufwachen kann man auch nicht besser, als mit dem Blick auf dein strahlendes Gesicht auf den Ring.", verwebte er unsere Hände ineinander und ließ mich teils amüsiert, teils von seinem Kompliment überfordert, auflachen. Seine so unverschämten Komplimente gehörten einfach zu ihm. Doch bewirkte er so vieles mit ihnen, dass es mir noch immer Herzflattern bescherte.
„Schleimer.", murmelte ich und stützte mich etwas auf, um meine Lippen auf deine zu drücken. Und schon fühlte ich mich an den gestrigen Abend zurück versetzt. Nach zwei Wochen ohne ein gewisses etwas auch kein Wunder. Ebenso wenig, dass James das jetzt ausnutzen wollte und uns umdrehte. Doch nicht mit mir. Jetzt jedenfalls nicht. Zumindest nahm ich mir das vor.
„Findest du nicht das sich das warten schon gestern Abend des Öfteren gelohnt hatte?", lachte ich, von seinen Berührungen gekitzelt auf, während seine Lippen über meinen Hals huschten. Er war gerade erst aufgewacht und schien schon wieder voller Motivation. Und das wo ich dachte, dass er sich gestern schon genügend ausgepowert hatte.
„Gelohnt hatte es sich durchaus. Aber warum sollte man das nicht noch mehr auskosten?", entgegnete er und grinste mich dümmlich an , ehe er seinen Kopf auch schon wieder etwas weiter zu mir hinunter beugte.
„Oder hat die kleine versaute Lily es sich heute morgen schon selbst gemacht?", triezte er und grinste mich schelmisch an, sich bewusst seiend, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Denn das ließ ich nicht auf mir sitzen. Er schien es zu lieben darauf anzuspielen. Und das nur, weil es mir einmal rausgerutscht war. Dem würde ich nochmal irgendwas sagen.
„Na warte, dir zeig ich's du Idiot. Nur weil du niemals genug hast.", schüttelte ich den Kopf, mich durchaus in meinem Stolz verletzt. Im Nachhinein würde ich mich wahrscheinlich selbst Ohrfeigen ihm das gegeben zu haben, was er wollte. Aber in diesem Moment war nun mal mein Temperament aufgetaucht.
„Soll ich den Bacon machen?", umarmte mich James von hinten, während ich am Herd unser Rührei zubereitete. Leicht lehnte ich mich gegen meinen Freund und Verlobten. Innerlich verfluchte ich ihn mal wieder, dass er es nicht einmal geschafft hatte sich ein Shirt überzuziehen. Aber gut, es sollte mir egal sein, solange er mich nicht wieder auf seine spezielle Art verführte. Es war in meinen Augen nämlich ein Wunder, dass er noch kein Rührei hatte.
„Von mir aus. Solang ich nachher in Ruhe frühstücken kann. Das wollte ich nämlich schon vor einer Stunde.", schritt ich ein Stück zur Seite, machte am Herd Platz und schaute zu ihm auf. Egal wie gut es vielleicht mal wieder war, sollte er wissen, dass er nicht mit fairen Mitteln gespielt hatte. Nur war es James der mir gegenüber stand. Ihn störte das recht wenig. Denn er grinste mich stattdessen wieder frech an und ließ meinen Puls wieder in die Höhe schießen. Doch wenn ich jetzt was sagen würde, dann würde ich ihm nur einen Gefallen tun. Denn dann würde er wieder irgendeinen süßen Spruch bringen und mein Standpunkt wäre wieder untergraben.
„Wenn du jetzt schon fertig bist, wie soll denn das dann in der Hochzeitsnacht aussehen?", entgegnete er amüsiert über meinen Ärger, dass ich wieder eingeknickt war und schmiss den Speck in die zweite Pfanne. Bei Merlin, der wusste echt auf alles immer irgendeine blöde Antwort. Hier ging es viel eher darum, dass ich mich wieder hab überreden lassen.
„Bei dir wäre das wohl eher ein ganzer Tag nach der Hochzeit.", meinte ich und suchte eine Schüssel für das fast fertige Rührei heraus. Manchmal fragte ich mich ob James noch menschlich war. Besonders von Hestia hatte ich all die Jahre gehört, dass die Männer länger zum erholen brauchten. Ich mein, stimmte auch irgendwo. Aber James hatte eine Ausdauer... naja gut, jahrelang geübt.
„Du vergisst die Flitterwochen meine Liebe.", wies er mich zurecht und wendete den Bacon in der Pfanne. Ja und was sollte das jetzt heißen? Das unsere Flitterwochen, von denen ich zu diesen Zeiten nebenbei gar nicht erst ausgegangen war, nur im Bett stattfinden würden? Also eigentlich würde ich da schon gern was anderes machen. Zum Beispiel auch mal was unternehmen oder so.
„Also wenn du jetzt darauf hinaus willst, dass wir bis zur Hochzeit wieder auf Sex verzichten, damit du genügend gespart hast, dann geb ich dir den Ring doch lieber wieder zurück.", entgegnete ich und stellte die Pfanne beiseite, als ich das Ei in die Schüssel getan hatte. So wie sich dieses Gespräch nämlich wieder entwickelte, gefiel mir das gar nicht. Denn wenn Wetten solche Ausmaße annahmen, befürwortete ich das dann doch nicht so sehr.
„Keine Sorge Lily, das wollte ich nicht andeuten. Viel eher, dass du aufhören solltest ständig alles durchzuplanen und an deinen freien Tagen das machen kannst worauf du, oder wir, gerade Lust haben. Ganz einfach. Das verbietet uns niemand. Und schon gar nicht, wenn wir verlobt oder sogar verheiratet sind. Zumal du mir nicht Weißmachen brauchst, dass das vorhin nur wegen mir war. Ich kann schon behaupten dich mittlerweile so gut zu kennen, dass ich weiß, wenn meine Freundin etwas braucht.", wollte er mir erklären. Jaja, dass ich vieles durchplante wusste ich selbst. Aber das war oftmals auch ganz praktisch. So hatte ich weniger Stress. Jedenfalls oftmals. Und jetzt wollte er es wieder so darstellen, dass ich diejenige war, die den anderen dazu überredet hatte. Mein Gott, wie war er denn heute bitte drauf?
„Man Lily, jetzt sei doch nicht gleich wieder beleidigt. Was ist denn los? Du weißt wie ich das meine. Ich liebe dich. Sonst hätte ich dir gestern keinen Antrag gemacht. Und du solltest es auch nicht so auffassen, dass es etwas schlechtes wäre, wenn ich gern mit dir intim bin. Bitte hör auf so bedient zu schauen. Ich mach doch nur Späße. Und für gewöhnlich lachst du dann auch immer so schön. Ich hab dich vorhin ja wohl zu nichts gedrängt, oder?", schaute er ernst auf mich hinab und schien nach einer vernünftigen Antwort auf meine Laune zu suchen. Doch wusste ich selbst nicht so richtig wieso ich so drauf war. Ich mein, er hatte nichts falsch gemacht. Und heute morgen war ich ja jetzt nicht mies gelaunt. Zumal er mich zu nichts gezwungen hatte. Das würde er nie tun. Ich war nicht abgeneigt gewesen. Das einzige was mich heute morgen eben beschäftigt hatte, waren all die Fragen. Nur wollte ich das nicht auf meine Laune auswirken lassen.
„Keine Ahnung James. Tut mir leid. Ich war heute nur recht früh auf und musste mal wieder nachdenken.", schüttelte ich verzweifelt den Kopf und deckte den Tisch. Ich schämte mich schon irgendwie die Stimmung so runter zu ziehen. Immerhin hatten wir uns gerade verlobt und sollten die glücklichsten Menschen auf Erden sein. Das wollte ich auch. Nur war das alles etwas schief gelaufen.
„Zweifelst du an deiner Entscheidung?", kam diese einzelne Frage hinter mir und ließ mich schlecht fühlen. Es war eine normale Frage. Normal gestellt. Nüchtern und abwartend. Doch kannte ich James nun gut genug um zu sagen, dass er enttäuscht wäre, wenn es so wäre. Nur war es nicht so. Ich war mir seit heute morgen sicher, dass es keine falsche Entscheidung war. Es gab einfach nur ungeklärte Dinge.
„Was? Nein James. Nicht im geringsten. Ich habe mich riesig gefreut und würde immer wieder die selbe Antwort geben. Das einzige was mich beschäftigt sind die Dinge die wir noch nicht geklärt haben. Wir haben so viele Themen aufgeschoben. Und dann weiß ich nicht wie die anderen alle darauf reagieren werden. Ich mein wir sind achtzehn. Das ändert nichts an meiner Liebe für dich. Und auch nicht an meiner Entscheidung. Ich will nur nicht das uns irgendetwas im Weg steht.", wandte ich mich ihm zu. Die wenigen Meter zwischen uns waren zwar nur ein paar Schritte. Doch kamen sie mir wie Meilen vor die mich von ihm trennten. Ich wollte dieses Gespräch nicht schon heute führen. Oder irgendwelche Unklarheiten streuen. Nur konnte ich das nicht abstellen. Ich hasste es doch selbst immer gleich so viel zu überlegen und über folgende Dinge nachzudenken. Und das musste mir immer wieder im Wege stehen.
„James, ich liebe dich. Und nur weil es manches gibt was noch nicht klar ist, heißt das nicht das ich diese Entscheidung anzweifle, oder deinen Antrag zu früh fand. Ich möchte das auch bitte nicht alles jetzt besprechen. Wir haben doch noch ein wenig Zeit. Da wird sich bestimmt ein Moment finden über sowas zu reden. Ich möchte den Tag heute einfach nur noch genießen. Ok?", ging ich auf ihn zu. Mit wachen Augen blickte ich zu ihm auf, als ich direkt vor ihm stand. Ich wusste nicht was dieser Ausdruck in seinen Augen bedeutete. Doch hoffte ich inständig, dass er mich verstand und jetzt nicht derjenige war, der miese Laune schob. Ich wusste nicht, wie ich es ihm sonst hatte anders erklären können.
„Ich liebe dich auch.", murmelte er, ehe er mir sanft einen Kuss auf die Lippen hauchte und mich tatsächlich leicht anlächelte. Erleichtert grinste ich ihm entgegen und blickte in seine so vertrauenswürdigen Augen.
„Ein Problem haben wir aber schon geklärt. Dein Vater hatte mir seinen Segen gegeben. Und deine Mutter hat hoffentlich wenig dagegen?", murmelte er milde lächelnd, meine Reaktion abwartend. Doch ich brauchte etwas Zeit, um seine Worte nachvollziehen zu können. Mein Vater wusste es? Er hatte ihm seinen Segen gegeben? Warte...James hatte bei meinem Vater um meine Hand angehalten?
„Du hast um meine Hand angehalten?", entfuhr es mir verblüfft, noch immer überrumpelt von seinen Worten. Doch sein eindeutiges Nicken bestätigte mir, dass James tatsächlich solch ein aufrichtiger Mann war, wie er schon immer rüber gekommen war. Er hatte wirklich um meine Hand angehalten. Bei meinem Vater. Dem wohl größten Zweifler an James.
„Bei Merlin, ich glaube mein Vater liebt dich langsam mehr als ich. Nicht mal Vernon hat das bei Tuni gemacht. Du...mein Gott ich liebe dich!", umarmte ich James stürmisch, noch immer verblüfft von der Tatsache an sich. Wie süß konnte dieser Junge eigentlich noch werden?! Das war doch schon fast krank. Genauso krank wie dieser Geruch der uns gerade umhüllte.
„Und wegen mir gibts jetzt kein Bacon zum Frühstück. Bei Merlin, wie sehr kann ich diesen Morgen noch versauen?", löste ich mich aufgeregt aus der innigen Umarmung, damit die Küche nicht bald in Feuer stehen würde. Naja, immerhin hatte James was zu lachen. Und die Stimmung war auch irgendwie wieder besser.
„Ist egal. Solang du da bist.", wurde ich auch schon wieder von hinten umarmt und an die Brust meines Freundes gedrückt. Ja, solange wir uns hatten, wäre alles andere egal. Egal ob es nun der Bacon oder etwas anderes war.
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