33. Angst

James

„Und? Habt ihr euren Eltern schon die super Nachricht mitgeteilt?", fragte uns Ann, als wir gemeinsam beim Abendessen saßen und über die Zukunft redeten. Naja, bisher eher über unsere letzten Tage auf Hogwarts. Doch jetzt wurde das Gespräch auf etwas anderes gelenkt. Gespannt schaute ich unsere Freunde an, doch statt ihnen, antwortete Lily sogleich fröhlich.
„Jap.", war ihre schlichte, strahlende Antwort, als ich mein Gesicht verblüfft zu ihr wandte. Auch wenn wir beschlossen hatten zusammenzuziehen, hatten wir nie darüber geredet wie, geschweige denn wann wir es unseren Eltern mitteilen würden. Doch ließ diese schlichte, und völlig freudige Aussage mein Herz Hüpfer machen. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Lily es ihren Eltern persönlich sagen wollte. Doch diese Entschlossenheit in ihrer Stimme ließ meinen Körper wieder verrückt spielen.
„Echt?", rutschte es mir verwundert raus. Eigentlich sollte das nicht so überrascht klingen, doch war das durch meine aufgeregte Stimme nicht gerade unüberhörbar geblieben. Lily grinste breit und nickte kurz darauf kräftig.
„Und wie haben sie reagiert?", mischte sich Hestia interessiert ein, während ich noch immer dabei war Lily verliebt zu mustern. Bei Merlin, mich hatte es echt erwischt. Aber so schlecht fand ich das jetzt gar nicht.
„Naja, meine Mutter war entzückt. Die liebt dich ja sowieso schon.", lachte Lily herzlich und blickte mich wieder amüsiert an. Auch auf meinen Lippen erschien er stolzes und erfreutes Grinsen. Immerhin unterstützte sie es. Doch der Gedanke an ihren Vater ließ mich nicht los. Um ehrlich zu sein war auch er bisher der einzige gewesen, der mir richtig Angst einflößen konnte.
„Und dein Vater?", fragte ich vorsichtig nach. Es war kein Geheimnis, das er mir gegenüber recht skeptisch war. Doch konnte ich ihn auch irgendwo verstehen. Selbst wenn ich mir wünschte, dass ich es bei Lily's Familie leichter hätte.

Interessiert musterte ich Lily, welche ihren Blick unangenehm berührt etwas senkte. Mir war klar, dass ich damit die Stimmung runter zog, doch wollte ich es einfach wissen. Es wäre auch blödsinnig vor allen freudig zu tun, wenn ihr Vater komplett dagegen wäre. Schon allein das sie so lang still blieb ließ mich die schlimmsten Szenarien ausmalen.
„Naja, er hatte sich nicht besonders in dem Brief dazu geäußert. Er meinte ja schon als ich gemeint hatte wir wären zusammen, dass du mal zum Essen vorbei kommen sollst. Er meinte halt er freue sich für uns. Aber keine Ahnung.", zuckte sie mit den Schultern und schenkte mir einen entschuldigenden Blick. Tatsächlich war Lily's Vater schon ein Wunder Punkt. Das die Blicke der anderen auf mir lagen, wusste ich auch schon so. Besonders Sirius Blick konnte ich mir gut vorstellen. Denn entgegen unserer Erwartungen kam er mit Hestia's Vater besser klar, als ich mit Lily's. Und irgendwie schmerzte dieser Gedanke.
„Aber im Endeffekt ist es doch egal was er sagt. Er wusste von Anfang an, dass ich nach Hogwarts, besonders für meine Ausbildung, ausziehen würde. Zumal ich nicht glaube, dass er irgendwas dagegen hätte. Er kennt dich eben noch nicht richtig. Aber er weiß, dass ich dich mag und das du mir gut tust. Also bleib mal ganz ruhig. Dad ist kein Unmensch. Wenn ihr euch kennengelernt habt, werdet ihr euch genauso gut verstehen wie du und meine Mum. Denn Dad liebt Quidditch, obwohl er noch nie etwas davon gesehen und nur meine Beschwerden gehört hat. Also kannst du ihn besonders damit beeindrucken. Alles was ich gegen Quidditch habe, befürwortet er.", erklärte sie mir zum Ende hin belustigt, was auch mir ein Grinsen auf die Lippen zauberte. Lächelnd schaute ich auf und blickte in die Mutspendenden Augen meiner Freundin. Sachte nickte ich, halbherzig über ihre Erklärung lachend, was auch die anderen mit einstimmen ließ.

„Und du?", fragte Lily mich wieder, bevor sie sich eine weitere Gabel des Kartoffelbreis in den Mund schob. Lächelnd schaute ich wieder zu ihr und erkannte das Interesse in ihren Augen. Sie war süßer als es überhaupt möglich war. Und ich wusste nichtmal wieso schon wieder.
„Meinen Eltern war von vornherein klar, dass ich dich garantiert zu niemand anderen ziehen lassen würde. So überraschend kam die Nachricht nicht für sie. Beide meinten, dass wir anfangs auch noch zu ihnen können, ehe wir was gefunden hätten.", meinte ich glücklich, meine Bedenken bezüglich Lily's Vater beiseite schiebend. Grinsend begegnete ich dem Strahlen in Lily's Augen, ehe sich ihr Lächeln jedoch etwas verzog. Man, ich hätte ihr das nicht vor unseren Freunden sagen sollen. Sowas klärte man allein?
„Wie cool! Dann wohnen wir vier ein paar Wochen zusammen!", kommentierte Tatze den ungünstigen Moment. Doch mein Blick hob sich nicht zu ihm. Noch immer waren meine Augen strickt auf Lily's geheftet.
„James. Du weißt das ich sowieso schauen muss wie wir das machen. Mir waren die paar Tage die ich deiner Familie auf den Taschen gehangen habe so schon unangenehm. Ich möchte nicht, dass du das alles aufbringst.", erwiderte sie sachlich, mir bittend in die Augen blickend. Bei Merlin, ich hätte das hier nicht ansprechen sollen. Schon allein bei der Tatsache, dass ich meinte, ich könnte die Wohnung zahlen war sie komplett dagegen gewesen.
„Lily, du weißt das mir und meiner Familie das egal ist. Meine Eltern freuen sich wenn du kommst. Zumal ich dir schon mal gesagt habe, dass das kein Problem für mich ist. Ich hab genug. Und du gehörst zu mir. Also ist es mir total egal, ob du die Wohnung mit bezahlst oder nicht.", erwiderte ich schon fast verzweifelt. Unsere Freunde waren still geblieben und sagten zum Glück nichts dazu. Mir war es so schon unangenehm das vor ihnen zu besprechen.
„James, ich...können wir das wann anders klären?", fragte sie mit dumpfer Stimme. Auch ihr war es nicht ganz angenehm. Zumal sie dazu eine andere Meinung vertrat. Ich wusste, dass sie darauf gern etwas erwidert hätte, doch wollte sie das nicht vor unseren Freunden klären. Konnte ich auch total verstehen. Wollte ich ja auch nicht.

Sachte nickte ich und wandte mich mit einem milden Lächeln wieder ab, um das Gespräch fortzuführen. Die Stimmung musste wieder normal werden. Das war unser Problem und nicht das unserer Freunde.
„So. Und ihr? Wisst ihr schon wo ihr hinzieht?", versuchte ich das Gespräch aufzulockern und blickte meinen besten Freund fragend an. Zum Glück ließen alle anderen die Situation zuvor unkommentiert und sahen dieser Frage zufrieden entgegen.
„Ne noch nicht ganz. Aber Hestia's Eltern fanden es an sich ganz schön, dass sie mal raus kommt.", grinste mich Tatze verschmitzt an, wohwissend, dass er dafür einen empörten Schlag seiner Freundin kassieren würde. Lächelnd betrachtete ich die beiden, welche sich empört und lachend anblickten. Noch immer war es für mich schwer zu glauben, dass Sirius eine richtige Beziehung führte.
„He! Nur weil meine Eltern einverstanden waren heißt das noch lange nicht, dass sie mich loswerden wollen! Dad meinte nur, dass es mir guttun würde, wenn ich nicht ständig in unserem alten Dorf wäre. Damit ich mich voll und ganz auf meine Pläne fokussieren könnte.", erwiderte Hestia und ließ uns alle herzlich lachen. „Zumal meine Mum mich ungern wegziehen lässt!", hing sie trotzig ran, was nun schlussendlich auch sie mit ins Lachen einsteigen ließ. Wenn ich eins wusste, dann, dass Hestia ihre Eltern nur vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Mich würde es sogar nicht wundern, wenn die beiden schon eine Wohnung gefunden hätten. Kaum zu glauben, aber die Stimmung war wieder gut. Auch wenn ich wusste, dass vor mir und Lily noch ein zähes Gespräch stand.

Lily

„Äh...Lily?", vernahm ich eine nervöse Stimme hinter mir. Interessiert, aber doch mit einem Lächeln auf den Lippen, wandte ich mich um und blickte in die vertrauensseligen Augen Remus'. Verlegen kratzte er sich am Kopf und machte die wenigen Schritte auf mich zu. Es schien ihn etwas sehr doll zu beschäftigen. Wahrscheinlich die Sache, die Sirius mit ihm besprochen hatte. Noch immer blickte ich ihn fragend an, während ich mich um uns herum nach Menschen umschaute. Sirius und James waren nochmals eine Runde mit dem Besen unterwegs, während An und Hest Sancks für heute Abend besorgten. Ich wollte einfach mal wieder an die frische Luft und mich gemütlich an den See setzen, um ein Buch zu lesen. Anscheinend hatte Rem die selbe Idee gehabt. Das gefiel James wahrscheinlich mehr als man denken mochte. Er war vorhin nämlich überhaupt nicht der Meinung gewesen, dass es gut wäre, wenn ich allein zum See gehen würde. Möglicherweise flogen die beiden deshalb auch die ganze Zeit nur hier herum. Manchmal war James einfach zu überfürsorglich.
„Ja?", fragte ich den mir nun direkt gegenüberstehenden Jungen, welcher noch immer kein Wort verloren hatte. Stattdessen blickte er nervös auf den Boden und schien mit sich zu Ringen. So wie es aussah wollte er wirklich darüber reden, was ihn seit Tagen beschäftigte. Ann und sein pelziges Problem.

„Weißt du, ich...ich wollte es Ann sagen. Also...dass ich ein Werwolf bin. Nur, nur weiß ich nicht wie.", brach es schließlich aus ihm heraus. Noch immer blickte er stur zu Boden und hatte seine linke Hand im Nacken zu liegen. Ein kleines schmunzeln legte sich auf meine Lippen, als ich seine noch immer anhaltende Unsicherheit bemerkte. Ich konnte irgendwie schon verstehen, dass Anna Remus sehr gern hatte.
„Sag's ihr einfach Remus. Ann ist kein Unmensch. Ihr seid sehr gut befreundet. Und wenn du es ihr sagen möchtest, weil du der Meinung bist für weitere Schritte alle Karten offen zu legen, dann tu das. Sie wird dich verstehen. Bestimmt wird es sie anfangs ein wenig schocken. Doch wird auch ihr es egal sein, dass du dich zu Vollmond eben nicht komplett auf sie konzentrieren kannst, weil du andere Pflichten hast.", erwiderte ich und schaute den größeren, doch in sich zusammengesunkenen, Jungen vor mir genauer an. Sein blondes Haar war wie so oft vor Vollmond verblasst und entsprach der Blässe deines Gesichts. Lediglich die rosa Narben waren stärker zu erkennen. Es belastete ihn unglaublich. Besonders der Teil, wo er eigentlich dazu bereit war bei einem Mädchen aufs Ganze zu gehen, doch etwas im Wege stand. Ich verstand ihn komplett. Man wollte keine mögliche Beziehung eingehen, wenn man etwas riesiges vor dem Partner verheimlichte. Deswegen war ich auch stolz auf Remus. Er hatte sich für das richtige entschieden. Er wollte es Ann sagen.

„Aber...ich weiß nicht. Das hört sich so leicht an...nur ist es das nicht. Bisher haben es meine Freunde immer selbst rausbekommen. Da musste ich es nie irgendwem Beichten. Und dann kommt ja auch noch Hestia dazu. Wenn es alle außer ihr wüssten, wäre das doch total unfair. Nur...ich hab Angst. Ich will es weder Ann, noch ihr und Hestia zusammen allein sagen. Ich...ich weiß nicht.", erzählte er und blickte nun schüchtern in meine Augen. Bedauern breitete sich in mir aus. Wenn ich sagte, ich könnte es mir vorstellen, wie es ihm erginge, wäre das komplett falsch. Das konnte ich nicht. Ich konnte es lediglich erahnen. Doch auch das war wahrscheinlich zu wenig.
„Remus. Es ist normal das du Angst hast. Es ist schließlich ein Geheimnis, das es bisher immer galt zu verstecken. Aber das musst du nicht mehr. Nicht vor deinen Freunden und schon gar nicht vor Anna. Ich habe kein Ahnung wie das sein muss. Das will ich nicht im Ansatz behaupten. Aber es ist ein Anfang sich einzugestehen, dass es nicht anders geht. Ich weiß nicht wann du vor hast es den beiden zu sagen. Aber ich könnte dir anbieten, dass wir das heute Abend alle gemeinsam machen. James und Sirius wären davon bestimmt begeistert. Du wärst nicht allein und könntest es den anderen beiden erklären. Wir alle möchten dich unterstützen. Weil du uns wichtig bist. Du bist unser Freund und hast Rückhalt verdient. Und wenn du diesen braucht, dann sind wir da. Wobei ich bezweifle, dass dieser nötig wäre.", lächelte ich ihn milde an und wartete auf eine Reaktion. Heute wäre der perfekte Tag dafür. Denn morgen wäre Vollmond. Deswegen wollten wir heute einen gemeinsamen Abend verbringen. Zumal ich die beiden dann nicht bezüglich des Verschwindens der Jungs anlügen müsste. Sie hatten alle beide die Wahrheit verdient. Vor allem Ann. Sie fragte schon seit Ewigkeiten, weshalb es Remus oft so schlecht ging.

„Heute?! Ich weiß nicht Lily. Ist das nicht zu früh? Ich weiß nicht ob ich dazu bereit bin.", entgegnete mein gegenüber prompt und mit Panik in den Augen. Schmunzelnd musterte ich Remus' angstverzerrte Gesichtszüge. Es war schrecklich wie viel er sich aus den Meinungen anderer machte. Besonders wenn es sein pelziges Problem beinhaltete. Er sollte selbstbewusst damit rüber kommen. Zeigen, dass selbst sowas ihn nicht klein bekam.
„Aber Remus. Wann denkst du denn ist der richtige Zeitpunkt? Wenn sie's selbst herausgefunden haben? Denkst du nicht, dass sie sich dann verarscht und hintergangen vorkommen würden? Es wird nie den richtigen Zeitpunkt geben. Aber du musst über deinen Schatten springen und die Zeit nutzen, die dir noch bleibt. Wer weiß was morgen kommt? Wer weiß was passiert, sobald wir Hogwarts verlassen? Du solltest beginnen glücklich zu sein und aufhören dir wegen etwas, wofür du nichts kannst, dein Glück zu verderben. Dir selbst im Wege zu stehen.", erklärte ich mit Nachdruck und blickte ihn auffordernd an. Langsam schrumpfte er unter meinem Blick, doch erkannte ich, dass ihm klar wurde, dass es stimmte was ich sagte. Er konnte sich nicht ewig dahinter verstecken. Besonders nicht, wenn ihm wirklich so viel an Anna lag, wie er meinte. Wie er es zeigte.

„Remus. Wir sind da. Alle. Wir stehen hinter dir und unterstützen dich. Niemand wird dich verurteilen. Es ist verständlich, dass du Angst hast. Aber die brauchst du nicht haben.", verdeutlichte ich ihm nochmals, als er still geblieben war. Ihm sollte bewusst sein, dass wir bei ihm blieben. Dass wir ihn unterstützten und den Rücken stärkten, egal was andere sagten oder dachten. Er war einer von uns. Und da war es egal, ob er sich zu Vollmond verwandelte oder nicht. Er war genauso viel Wert wie wir alle anderen auch. Da sollte er aufhören sich irgendetwas anderes einzureden.
„Du hast recht.", murmelte er schließlich, sachte nickend. Lächelnd blickte ich ihn an, als er bedröppelt aufschaute. Er schien es begriffen zu haben.
„Erzähl mir mal was neues.", erwiderte ich schmunzelnd, ihm nun auch ein mildes Lächeln ins Gesicht zaubernd. Es trat wieder der amüsierte Ausdruck in seine Augen. Auch, wenn noch immer der ängstliche vorhanden war.
„Ihr helft mir heute Abend?", fragte er nochmals nach. Kräftig nickte ich ihm zu. Wir würden hinter ihm stehen und zur Not den beiden ihr Gehirn waschen. Da konnte er sich auf uns verlassen.
„Natürlich.", stimmte ich ihm zu und blickte in seine etwas erleichterten Augen. Auch wenn wir sogleich wieder über etwas anderes reden konnten, sah ich ihm noch immer die Nervosität über den bevorstehenden Abend an. Doch diese brauchte er nicht haben. Anna und Hestia waren die beiden verständnisvollsten Menschen auf der Welt. Hestia würde es wahrscheinlich sogar cool finden, einen Werwolf zu kennen.

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