111. Diese Euphorie

James

„Und auf ein neues.", bemerkte meine Frau mit einem verschmitzten Lächeln, ehe sie im Bad verschwand. Geduldig wartete ich vor der Tür, mit pochendem Herzen und Glück erfüllten Adern. Seit der Äußerung ihrer Vermutung waren bisher zwei Tage vergangen. Zwei Tage in denen ich dieses Dauergrinsen nicht von meinen Lippen bekam. Und das, obwohl nicht mal sicher war, ob wir wirklich Eltern werden würden. Ehrlicherweise verspürte ich dieses dumpfe Gefühl in der Magengegend, wenn ich daran dachte, dass ich vielleicht etwas vorschnell gewesen war. Lily hatte mich zwar immer etwas am Boden gehalten, doch erfüllte mich diese Vorstellung so sehr mit Glück, dass ich es gar nicht anders in Erwägung gezogen hatte. Lily war die Frau meiner Träume. Nicht grundlos hatte ich sie geheiratet. So konnte ich es eben auch nicht abwarten mit ihr Kinder zu bekommen. Die Vorstellung einer kleinen Klugscheißerin Lily 2.0 oder eines frechen James 2.0 waren zu lebhaft. Ich wünschte mir nichts sehnlicheres. Und ich glaubte das Lily und ich auf einem guten Weg waren unseren kleinen Traum einer süßen Familie zu erfüllen.

„So, und ab jetzt heißt es etwas warten. Wollen wir vielleicht schon mal mit dem Tomaten Schneiden anfangen?", riss mich Lily aus meinem Gedanken, als sie die Badtür wieder öffnete und mich verunsichert anlächelte. Aufbauend blickte ich in ihre grünen Augen, bevor ich sie kurz in den Arm nahm und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen hauchte. Ihre Nervosität stand ihr ins Gesicht geschrieben. Doch das musste sie nicht. Natürlich war das Ergebnis dieses Tests entscheidend. Nur würde auch ein negativer Test nicht dazu führen, dass wir es aufgaben.
„Ja klar. Und welche Nudeln möchtest du heute? Ich hätte Penne, Fusilli und Farfalle.", gingen wir gemeinsam in die Küche, während ich ihren Blick auf meinem Rücken spürte. Mein Ziel war es eindeutige sie abzulenken und zu beruhigen. Denn wenn sie schwanger wäre, dann sollte sie sich sicher nicht aufregen. Das wäre weder gut für meine Frau, noch für unser ungeborenes Wunder.
„Also italienisch beherrsche ich tatsächlich noch nicht. Zeig mal her.", lachte sie herzlich über meine Nudel-Fachkenntnisse, welche ich mir als kleiner Junge beigebracht hatte. Ich hatte Nudeln geliebt. Sie mit 6 Jahren vergöttert. Meine Mutter musste jedes Mal eine andere Sorte Nudeln kochen. Ich fand es interessant. Mal waren sie gedreht, mal länglich, mal platt, mal kurz, mal dünn. Mir war bewusst das sie alle gleich schmeckten. Doch das Auge aß nun mal mit. Und so gab es immer eine gewisse Auswahl an Nudel-Formen. Jedenfalls dort wo ich lebte oder gelebt hatte.
„Ja, ich wäre für diese kleinen Schleifchen hier.", meinte sie und deutete auf die Farfalle. Grinsend schnappte ich mir die Packung der kreuzartigen Nudeln und stellte sie neben den Herd, wo ich Wasser für die Nudeln aufkochen ließ.
„Die Farfalle sind eine sehr gute Wahl. Ich habe sie früher geliebt, weißt du? Die konnte man immer so leicht auf den Löffel packen und sich in den Mund schaufeln.", teilte ich mit ihr meine lebhaften Kindheitserinnerungen, in der Hoffnung, dass unser kleines Wunder diese auch einmal machen würde. Ich konnte das Testergebnis kaum noch abwarten.

„Das glaub ich gerne. So wie du immer alles essen in dich hinein stopfst, als würde es dir jemand wegnehmen wollen.", amüsierte sich meine Geliebte, während sie konzentriert die Tomaten schnitt. Lächelnd schaute ihr dabei zu, wie sie mit dem Rücken zu mir stand und die einzelnen Tomaten fokussierte. Interessiert blickte ich zur Uhr und entschied mich, mich kurz auf den Weg zu machen, um auf den Test zu blicken. Das Ergebnis müsste nun sicher sein.

„Du wirst eine wundervolle Mutter für unser kleines Wunder sein.", umarmte ich sie schließlich überglücklich von hinten, als sie fertig war all die Tomaten klein zu schneiden. Verwirrt drehte sie sich zu mir um, nur in mein strahlendes Gesicht zu blicken.
„Ich hab den Test ganz vergessen. Ist er positiv Ja?", fiel es ihr plötzlich wieder ein, als auch ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht erschien. Mit glänzenden Augen blickte sie mir entgegen, vor Freude bald eine Träne verlierend. Allein das Gefühl, dass sie so überglücklich schien ließ mein Herz dreimal so schnell in meiner Brust schlagen.
In dem Blick ihrer Augen gefangen nickte ich. Ihre Augen wurden größer und die Liebe und Zuneigung darin nur noch mehr. Diese pure Freude erwärmte mein inneres und ließ mein Äußeres wie ein bescheuerter Drache Grinsen.
Die darauf folgende Umarmung war auch wohl eine der ehrlichsten die wir uns zwei bisher geschenkt hatten. Jedenfalls kam es mir so vor. Wir ließen unsere Freude nicht mehr so lauthals aus uns heraus platzen. Diese Stille, dieses Stille genießend. Die Freude des anderen und die Nähe die uns verband sagten so viel mehr aus. Uns war beiden bewusst, dass mit diesem Testergebnis viel einher ging. Sehr viel sogar. Doch überwog die Vorfreude und die Vorstellung auf ein kleines wunderbares Lebewesen momentan.

„Du wirst ein wundervoller Dad sein. So fürsorglich und herzlich wie du bist. Und es wird großartige Großeltern und eine bezaubernde Urgroßmutter haben.", murmelte sie an meine Schulter, mich noch immer glücklich umarmend. Und auch wenn ihre Worte noch so banal schienen, ich kam nicht aus dem Grinsen heraus. Ihre Worte rührten mich ehrlich. Ich wusste wie wichtig auch ihr Familie war. Nicht zuletzt weil sie gerade unter dem Tod ihrer Eltern so sehr wie noch nie gelitten hatte. Vielleicht erwähnte sie auch gerade deshalb meine Seite der Familie. Und sie hatte recht. Sie würden dieses kleine Wunder so sehr verwöhnen und lieben, dass es gar nicht auf die Idee käme es würden Menschen fehlen.
„Und du eine wundervolle Mutter, mit witzigen und aberlustigen Geschichten von den Großeltern des kleinen Würmchens dort drinnen.", küsste ich sie auf die Stirn und spürte ihre ehrliche Dankbarkeit für meine Worte. Ich wusste das es ihr noch immer nicht leicht fiel darüber zu sprechen. Doch würde es besser werden. Ein zurück denken und erinnern war dafür nötig und keinenfalls falsch. Wir konnten  immer darüber reden. Das wusste sie.

„Und wann sagen wir's den anderen?", raffte sie sich wieder auf uns setzte ein Lächeln auf, welches sich von Sekunde zu Sekunde zu einem echten veränderte. Diese Ablenkung vom Thema begrüßte ich vielleicht nicht zu hundert Prozent, doch akzeptierte ich, dass sie nun nicht darüber sprechen wollte. Zumal die Freude über unser gemeinsames Glück noch immer überwog.
„Ich weiß nicht. Magst du ihnen jetzt schon davon erzählen? Ich meine ich hätte nichts dagegen. Nur, soweit ich weiß, hört man immer man solle es nicht überstürzen weil es bis zu einem gewissen Punkt noch immer wieder, nun ja, verschwinden kann. Und wenn jetzt schon all das Getutter anfängt ist dir glaube ich auch nicht geholfen, oder?", meinte ich und lehnte mich, sie noch immer um die Hüften haltend, an den Rand der Küche. Interessiert musterte ich ihre Mimik, in der Hoffnung nichts falsches gesagt zu haben. Ich wollte unser Glück gerade zu in die Welt hinaus schreien. Aber in Hinblick auf die momentane, weltliche Situation wusste ich nicht, ob gerade dass das richtige wäre.
„Nein, nein. Du hast schon recht. Gerade wenn man überlegt was die Todesser machen würden, wenn sie davon erfuhren. Und Hestia und Anna wären sicher auch übelst anstrengend. Ich denke du reichst mir erstmal mit all deinen Worten ‚Sei vorsichtig. Musst du das denn machen?' oder ‚Willst du dich nicht lieber ausruhen?'.", lachte sie mir entgegen und schien nicht eines meiner Worte falsch aufgefasst zu haben. Einverstanden damit zog ich sie wieder näher zu mir und küsste freudig ihre weichen Lippen. Wir schwebten auf Wolke sieben. Nichts und niemand würde uns jetzt aus dieser Euphorie reißen können. Rein gar nichts.

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