110. Eventualität

Lily

Und ein weiteres Mal in dieser Woche hing ich über der Kloschüssel meiner besten Freundin. Der verkennbar bittere Geschmack von Erbrochenen überströmte meine Geschmackszellen und ließ mich sogleich noch ein weiteres mal würgen. Mit pochendem Herzen und das Gefühl kompletter leere hielt ich mich an der Kloschüssel fest, während ich merkte wie mir mein Sabber am Kinn entlang lief.
Ich wusste nicht woher es kam, das mir seit geraumer Zeit schlecht wurde. Es war schon das zweite mal diese Woche, dass ich mich erbrach. Doch konnte ich es dieses Mal nicht auf den Alkohol schieben. Denn heute hatten Hestia, Ann und ich nur einen entspannten Mädelsabend gemacht, weil die Jungs den Vollmond wieder ausleben wollten. Während sie also wie kleine Kinder im Wald rumtollten, hing ich hier halb lebend, halb sterbend über der Toilette meiner besten Freundin, während eben diese mir erneut die Haare hoch hielt.

„Sicher das du dir nicht vielleicht doch was eingefangen hast Lil? Schon letzten Freitag hat es nicht am Alkohol gelegen, will ich meinen. Du hast ja kaum was getrunken.", bemerkte Anna, als sie mit einem Glas kaltes Wasser ins Bad kam und es mir warm lächelnd reichte. Dankend nahm ich es entgegen und trank bald das gesamte Glas leer. Doch wurde mein gieriges Wasser zu mir nehmen von jemand anderem unterbrochen.
„Vielleicht ist sie auch einfach schwanger.", haute Hest wie selbstverständlich heraus, als wäre nichts dabei. Sie klang nicht genervt, aber auch nicht gerade erfreut. Kein Wunder, ich hatte uns erneut eine unserer seltenen Mädelsabende versaut. Doch schockierte mich der Inhalt ihrer Worte viel mehr. So sehr, dass ich mich an dem kühlen Getränk verschluckte, hustete und sogleich wieder über der Schüssel hing. Es war an sich ganz gut, dass ich erneut kotzen musste, so konnte ich die Worte Hestia's recht gut als überhört darstellen. Doch fand ich das Gefühl des Übergebens nicht sehr toll.

„Sie hat sich bestimmt nur was eingefangen. Es gibt viele Muggel-Krankheiten wo man erbricht Hestia.", erinnerte Ann sie jedoch, sobald ich das Glas schließlich leer getrunken und mich als fit betitelt hatte, wieder aufzustehen. Ich unterstütze es, dass Ann so überzeugt von ihrer These war. Zumal es von mir selbst ablenkte. Mich beschäftigte Hestia's Überlegung nämlich noch immer. Es war möglich, dass ich schwanger war. In Anbetracht meiner Symptome war es sogar sehr wahrscheinlich, dass ich schwanger war. Doch wusste ich nicht recht was ich nun davon halten sollte. Es hatte mich regelrecht überrumpelt, so lang wie ich daran nicht mehr gedacht hatte.
„Also meinst du ihr erhöhtes Essverlangen oder eher ihre Heißhungerattacken, der Schwindel letztens und ihre permanente Müdigkeit kommen nur von einer dieser Muggel-Krankheiten?", protestierte Hestia vehement und sah Ann ungläubig entgegen. Ehrlicherweise machte es mir Angst das Hestia das mitbekommen hatte. Ich selbst hatte das alles erst in dem Moment wo sie es aufgezählt hatte zusammengezählt. Aber es passte.
„Möglich wäre es. Kreislaufprobleme sind üblich bei einem Infekt. Es muss doch nicht alles sofort auf eine Schwangerschaft hindeuten.", entgegnete Remus Freundin, während ich mich immer mehr fehl am Platz fühlte. Selbst zeitlich würde es genau passen. So unrecht hatte Hestia bei ihrer Vermutung gar nicht.

„Und wie erklärst du es dir, dass sie Stimmungsschwankungen wie eine launige Alraune hat oder sich vor drei Tagen erst über das Schmerzen ihrer Brüste beklagt hat?", erwiderte Hestia nun wirklich bald mit den Nerven am Ende. Verwirrt runzelte ich die Stirn und machte mich auf den Weg zur Küche, um mir das Glas erneut aufzufüllen. Ich hatte einmal kurz das Gesicht verzogen, als sie mit etwas gegen meinen Busen gekommen war. Was anderes hatte ich gar nicht gemacht, höchstens erwähnt das mein Busen momentan etwas wehtat.
„Das sind auch übliche Probleme von Frauen während ihrer Periode. Das kennst du ja wohl selbst.", ließ Anna nüchtern verlauten. Es war minimal absurd das die beiden gerade um meinen Zustand diskutierten. Zumal sie ja alle beide so hochklassig ausgebildete Heiler waren.

„Lily, hast du gerade deine Periode?", wandten sich nun auf einmal beide Augenpaare mir zu und erwarteten eine Antwort. Doch wusste ich nicht recht was ich antworten sollte. Denn eigentlich hätte ich sie gestern bekommen sollen. Doch war ein Tag Schwankung normal. Zudem wollte ich ungern das die zwei jetzt schon, eben dadurch von James und meinem Kinderwunsch erfuhren. Es sollte James sein, dem ich zu aller erst meine Vermutung mitteilte.
„Ja, ja natürlich. Es wird nur ein kleiner Infekt sein. Alles gut, mir gehts jetzt schon wieder viel besser. In ein paar Tagen ist das wieder weg. Lasst uns doch jetzt lieber den Film weiter schauen.", versuchte ich die Bögen zu glätten, erkannte jedoch wie vollkommen von ihrer Meinung überzeugt Anna Hestia einen Blick schenkte der so viel bedeutete wie Siehst-du? Jedoch wohl nicht weiter streiten wollend, blieben sie beide still und schauten interessiert den Film weiter. Während ich in Gedanken ganz woanders war.

„Alles gut bei dir? Du siehst so blass aus heute. Wer von uns war gestern Nacht nochmal mit einem Werwolf spazieren?", grinste James mir fröhlich entgegen. Gestern Nacht war er recht spät zurück gekommen. Oder eher sehr spät am frühen Morgen. Das hatte ich sehr gern ausgenutzt und war auch länger liegen geblieben. Nicht zuletzt, weil ich gerade überhaupt kein Frühstück essen konnte.
„James. Können wir reden?", murmelte ich und griff nach seinem Unterarm, der neben mir im Bett ruhte. Seine Augen fokussierten mich, während der Ausdruck in ihnen sich von spaßig zu Ernst änderte. Er schien zu merken das mich etwas beschäftigte.
„Ja klar, worum gehts?", hakte er nach und griff nun nach meiner Hand auf seinem Unterarm, um diese miteinander zu verschränken. Ich machte keinen Hehl daraus, wollte nicht lange drum herum reden. Wir waren keine kleinen Kinder mehr. Es betraf uns beide.

„Als wir in der Hütte am See waren, ich glaube wir hatten da so viel Spaß, dass mir nun seit einiger Zeit schwindelig und übel ist. Ich hab mich gestern, und das letzte Mal als ich mich mit Hestia und Ana getroffen hab übergeben. Ohne erkennbaren Grund.", hielt ich kurzzeitig inne und überlegte wie ich fortfahren sollte. Doch das brauchte ich nicht. Das Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück, ebenso wie die Worte.
„Du denkst du bist schwanger?", hinterfragte er sicherheitshalber, während er mich mit seinem Grinsen ansteckte. Allein diese pure Vorfreude oder diese alleinige Möglichkeit das es so wäre, machte ihn so überglücklich, dass selbst ich breit grinsen musste.
„Ich glaube schon ja. Ich hab aber noch keinen Test gemacht.", meinte ich nun wieder etwas ernster, was jedoch rein gar nichts brachte. Wie von einem Drachen gejagt durchzuckte ihn ein Ruck und er hielt mich fest in seinen Armen. Allein diese Euphorie ließ mein Herz erwärmen.
„Das muss gefeiert werden.", grinste er verstohlen und stahl sich einen Kuss von mir. Leicht aber fordernd bewegten sich seine Lippen auf den meinen, während seine Hand meine wirren Haare beiseite schob.
„Ich habe aber noch keinen Test gemacht, es ist nur eine Vermutung.", erinnerte ich ihn lachend, als er seine Lippen von den meinen gelöst hatte. Doch er ignorierte meine Worte schon fast, bevor er selbst erneut zu sprechen ansetzte.
„Das muss trotzdem gefeiert werden. Ob mit oder ohne Würmchen dort unten in deinem Bäuchlein, jetzt können wir das noch feiern.", erwiderte er und küsste meinen Unterbauch einige Male spielerisch. Grinsend über das Verhalten meines kindischen Mannes gab ich ihm schließlich recht und feierte diese kleine Eventualität mit ihm. Noch ging das ja einwandfrei. Da hatte er nun mal recht.

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