105. Normalität

Lily

Nach Ewigkeiten, wie es sich für uns zwei angefühlt hatte, betraten wir endlich wieder unsere Wohnung. Doch das Gefühl nach Heimat, Sicherheit und Schutz blieb aus. Als ich die Tür mit dem Wohnungsschlüssel öffnete und die Tür aufschlug wusste ich nicht recht wohin mit uns. Es waren zwar noch immer die selben Räume mit vielen Erinnerungen. Und auch die durchwühlten Schubladen konnten diesen Fakt nicht ändern. Doch nach zu Hause fühlte es sich eben nicht an. Viel eher wie ein vertrauter Film, den man sich noch so gern anschaute, jedoch nicht das eigene Leben war.

„Lass uns das wichtigste zusammen räumen. Dumbledore meinte doch er hätte sich um alles andere gekümmert.", murmelte James an meinen Haaransatz. Ja das hatte er. Tatsächlich war er gestern vorbei gekommen und hatte uns kurz mitgeteilt was er vor habe. Offensichtlich waren wir nun so sehr in Gefahr, dass er uns einen neuen Wohnort zuwies und uns ab sofort dorthin verfrachtete. Ehrlicherweise war ich wirklich gespannt darauf. Doch hatten wir uns hier, in dieser fremd vertrauten Wohnung erst richtig eingelebt gehabt. Allein der schöne Sonnenuntergang von der Couch aus, oder der kleine Park direkt vorm Haus. Irgendwie wollte ich hier nicht bleiben, aber auch nicht weg. Es war das reinste durcheinander.

„Kommst du Schatz? Wir sollten uns vielleicht beeilen. Ich traue dem ganzen hier nicht mehr.", sprach James und blickte mich auffordernd an, nachdem er mich in unsere kleine aber feine Wohnung geschoben und die Tür hinter uns geschlossen hatte. Mit Kloß im Hals nickte ich ihm zu, auch wenn ich noch immer nicht recht wusste.

Nach einer guten halben Stunde des tüchtigen Einräumens und Aussortierens  waren wir tatsächlich schon fertig und apparierten nach einem schweren letzten Gang durch unser altes zu Hause. Ich wusste das Dumbledore es nur gut meinte und sicher auch keinen schlechten Geschmack hatte. Nur war ich mir trotz dessen nicht sicher, ob uns unser neues zu Haus wirklich so sehr gefallen würde wie dieses es hier einmal getan hatte. Nicht zu vergessen war noch immer der eine, unangesprochene Punkt, von dem nicht einmal unsere Freunde wussten. Ob in unserem neuen Zuhause genügend Platz für drei wäre?

Holprig landeten wir auf der abgemachten Stelle mit lediglich einer kleinen Tasche um die Schulter, wo alles was wir mitnehmen wollten durch einen Schrumpfzauber hinein passte. James' Hand fest in meiner blickte ich auf und sah schon Dumbledore wie immer verschmitzt lächelnd vor uns stehen. Wie sonst auch trug er seinen Geliebten Zaubererumhang mit Halbmondbrille. Er wirkte jedoch älter, als noch vor ein paar Jahren. Nie war es mir so aufgefallen wie heute. Er wirkte erschöpft, müde, älter. Doch trotzdem so humorvoll und sorglos wie immer. Es war sicher nicht leicht Hogwarts zu schützen, aber zeitgleich auch noch den Orden im Blick zu haben. Wir alle bauten auf ihn. Das war sicher keine einfache Last.

„Wie schön meine zwei stärksten Kämpfer wieder auf den Beinen zu sehen! Ich hoffe ihr konntet euch im Krankenhaus etwas erholen?", fragte der alte Zauberer an uns gewandt und musterte uns erneut mit seinem tiefgründigen Blick. Als könne er uns direkt in die Seele schauen.
„Es war gut zur Genesung Ja. Vielen Dank das du auf uns geachtet hast.", fand James mal wieder zu erst die Worte und lächelte unserem alten Schulleiter warm entgegen. Sie beide kannten sich sowieso schon viel länger. Kein Wunder also das er die besseren Worte fand. Denn so hart es klang, zwischendurch hatte ich an der Beteiligung Dumbledores gezweifelt.
„Auch wenn ich nicht immer zu spüren bin, ich achte auf jeden meiner Mitglieder. Aber nun lasst uns los. Ich zeige euch euer neues zu Hause. Es sollte euch gefallen. Dort ist auch mehr Platz als nur für euch zwei.", zwinkerte Dumbledore uns zu, wobei sein Blick eine Sekunde länger auf mir hängen blieb. Und wieder einmal hatte ich das Gefühl, dass er Dinge wusste, die er gar nicht wissen konnte. Die noch nicht einmal erneutes Thema in James und meiner Ehe geworden waren.

Doch tatsächlich musste ich gestehen, dass in unserem neuen Haus, es war tatsächlich eines, genügend Platz für mehr als ein Kind war. Nach einem fünf minütigem Spaziergang durch ein Wald bis hin zu einer verlassen aussehenden Straße waren wir auch schon angekommen und hatten vor unserem neuen Haus gestanden. In Gordic's Hollow. Wie Dumbledore erklärt hatte eine Ruine für die wenigen Muggel die hier lebten. Es war ein Dorf wo wohl sowohl Muggel, als auch Zauberer leben sollten.
Ja und das Haus war wirklich schön. Ich musste Dumbledore zugestehen, dass er wieder einmal ins Schwarze getroffen hatte. Er war nicht mehr allzu jung, doch wusste jedes Mal aufs Neue was in Mode war und was den jungen Leuten gefiel.

„Es wäre wirklich genügend Platz für drei.", meinte ich an James gewandt, als wir erneut unser Haus sichteten, sobald Dumbledore mit dem Versprechen, er käme morgen wieder um den Rest zu organisieren, das Gebäude verlassen hatte. Es war eine gewagte Aussage. Natürlich waren wir zwei uns bewusst das es wieder Thema werden musste, doch wusste ich auch, dass es keiner von uns zwei in naher Zukunft von allein angesprochen hätte.
„Sogar für vier.", lächelte mir James warm entgegen. Und so sehr ich sein Lächeln und diese Bemerkung auch mochte, wich er damit nur erneut dem Thema aus. Was bedeutete, das ich nun anfangen müsste Klartext zu reden.

„James Spaß beiseite. Es ist ein wunderschönes Haus und wird sicher schnell unser zu Haus werden. Doch hatten wir vor der Entführung schon ein Thema welches wir bereden wollten. Eines was unweigerlich mit unserem Kinderwunsch zutun hat.", blieb ich während unserer Besichtigung stehen. Gerade hielten wir uns in unserem möbliertem Wohnzimmer auf, als ich James mit so viel Fraglichkeit und Sorge anblickte. Bisher hatte ich mich immer vor diesem Thema gesträubt, vor allem nach dem Tod meiner Eltern.

„Und diesen Kinderwunsch habe ich noch immer. Genauso wie der Wunsch dir wieder nahe zu sein. Es war nicht einfach, das verleugne ich gar nicht. Und mental geht es dir, sowie nun auch mir wieder gut. Also was stünde uns denn im Wege einfach wieder zurück zur Normalität zurück zu kehren?", hatte sich James auf die Couch gepflanzt und mich von dort aus fragend gemustert. Auch wenn ich verstand was er meinte, war ich nicht der Meinung das ein Kinderwunsch zur Normalität gehörte. Diesen Wunsch hatte ich bald seit einem halben, dreiviertel Jahr.
„Ich finde den Vorschlag von Normalität nicht schlecht. Aber bisher hatten wir noch keinen Tag Normalität in unserer Ehe. Zumal ich unseren Kinderwunsch ehrlich nicht als normal in unserem Alter oder was auch immer ansehe. Ich weiß einfach nicht wie wir ‚das zurück zur Normalität' machen sollen.", setzte ich mich verzweifelt neben ihn und blickte ihn weiterhin forschend an. Ich wollte Kinder. Und ich wollte auch wieder mit ihm schlafen. Das war klar. Doch wusste ich nicht wie wir das anstellen sollten. Es war so viel passiert und irgendwie würde ich mich bei allem was in die Richtung tat hinterfragen.

„Aber Lily, wo ist denn das Problem? Wir lieben uns, sind verheiratet und haben nicht allzu leichtes durchgemacht, ja. Aber das was zählt ist doch das  wir uns lieben. Und das schon länger als unsere Ehe andauert. Mehr brauchen wir doch nicht. Wir lassen es genauso auf uns zukommen wie wir es davor gemacht haben. Oder hast du schon die vielen leidenschaftlichen Momente vergessen? Das eine mal wo uns unsere liebreizenden Freunde den Morgen danach beobachtet haben, oder der eine morgen wo wir sogar zu spät zum Frühstück gekommen sind? Ganz zu schweigen von unserer Flitterwoche. Ich denke kaum das wir das verlernt haben.", lächelte mich mein Mann freudig an, mit noch immer der selben spitzbübischen Frechheit in den Augen. Eigentlich hatte er ja recht. Wir beredeten irgendwo einfach zu vieles oder dachten das wir das alles nur schafften wenn wir darüber diskutierten. In gewisser Weise war das an machen Stellen nicht schlecht. Doch erkannte ich nun auch das Unnütze bereden.
„Ja du hast ja recht. Nur...ich war mir unsicher. Unsicher ob du wieder so fit bist und ja. Ich mein du kannst dich zwar langsam wieder an vieles erinnern, doch kommt noch immer nach und nach einiges hoch. Ich wollte dich nicht bedrängen. Das wolltest du damals beim Tod meiner Eltern ja auch nicht. Ich...ach man mich nervt das einfach nur das wir irgendwie nichts geschissen bekommen seitdem wir verheiratet sind. Es ist wie ein Fluch. Nichts scheint normal zu laufen.", sank ich in die Couch und blickte ihn bald genervt an. Automatisch hatte er nach meiner Hand gegriffen, die auf meinem Oberschenkel lag und sie einfach nur festgehalten. Ich sah wie er überlegte was er sagen sollte. Ich hätte es ehrlich auch nicht gewusst.
„Was ist denn jemals wirklich normal bei uns gelaufen?", lachte er schließlich auf und lehnte sich ebenso zurück. Und irgendwie musste ich mit Lachen. Ich hatte es vermisst seine Lache zu hören. Sein Lachen und dieses Lächeln. Seit dem Tod meiner Eltern vor einigen Wochen, bald Monaten hatten wir nicht mehr gemeinsam gelacht. Es tat einfach gut.

„Ich liebe dich Lily. Und da wird auch eine schwere Zeit die du durch machst oder eine Entführung mit brutaler Gefangenschaft nichts dran ändern.", flüsterte er mir zu, nachdem wir still dagesessen hatten, um das Lachen ausklingen zu lassen. Automatisch hatte ich zu ihm geblickt, spürte nun seine weiche Hand an meiner Wange und seinen warmen Daumen der sanft über diese strich.  Auch das hatte ich vermisst. Die Stille nach dem Spaß. Die Lieblichkeit.
„Und ich liebe dich dafür erst.", murmelte ich zurück und spürte kurz darauf seine Lippen auf meinen. Es war ein so intimer und zärtlicher Moment den uns nun wirklich keiner zerstören konnte. Seit Wochen hatte ich nun das Gefühl mich endlich mal wieder fallen lassen zu können. Das wir das beide konnten. Umso mehr spürte ich nun wie sich sowohl meiner, als auch James Körper genau danach sehnten. Nach dem bedenkenlosen fallen lassen, der Zärtlichkeit und Lieblichkeit. Der puren Hingebung und Liebe. All das, was wir uns nun schenkte.

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