93. Mit großen Augen schaute er auf

Lily

Es war wieder Abendbrotzeit, was bedeutete die anderen würden essen gehen und James würde wieder mit mir reden. Irgendwie freute ich mich schon jedes Mal darauf.
Vorhin hatten sie Remus und An die Ereignisse mitgeteilt, was sie ebenso glücklich stimmte. Ich war genauso glücklich wie alle anderen.
Selbst Peter schien dagewesene zu sein. Jedoch nur kurz wie es schien. Aber das konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, ich sah ja nichts...

Wiedermal strich James Hand an meinem Arm entlang. Jedesmal breitete sich ein Gefühl von Wärme aus, wenn er meine Haut berührte. Ich genoss es einfach. Es strahlte Ruhe und Gelassenheit aus. Ich wollte noch Kraft tanken um heute noch aufwachen zu können. Ich wollte es, unbedingt. Das hatte ich mir vorgenommen

„Du hast keine Ahnung wie froh wir alle sind. Wir könnten platzen vor Glück. Du sollst dir aber Zeit lassen ja? Wir wollen nicht, dass du kurz die Augen auf machst und dann wieder umkippst.", erzählte er leise, meinen Arm noch immer streichelnd. Ich musste wiedermal innerlich lachen. Trotz der Situation verlor er weder seine Hoffnungen noch seine witzige Art. Damit verlieh er mir oftmals selbst Zuversicht.
„Vielleicht sollte ich dir was vorlesen. Mal sehen. Ich glaube die Geschichte des Brunnens des wahren Glücks würde dir gefallen.", vernahm ich und glaubte, er würde dabei lächeln. Ja, eine Geschichte wäre jetzt toll. Irgendwie wirkte seine Stimme immer so aufmunternd und unbehindert von allem.

„Also. Der Brunnen des wahren Glücks von Beedle dem Barden.
Hoch auf einem Hügel in einem verzaubertem Garten, umgeben von hohen Mauern und geschützt durch starke Magie, sprudelte der Brunnen des wahren Glücks.", begann er und ich konnte es mir gerade zu bildlich vorstellen. Wie wir in dem Garten saßen und er die Geschichte, neben mir sitzend, lächelnd vorlas.
„Einmal im Jahr, am längsten Tag, zwischen der Stunde des Sonnenaufgangs und der des Sonnenuntergangs, bekam ein einziger Unglücklicher die Möglichkeit, sich bis zu dem Brunnen durchzukämpfen, in seinem Wasser zu Baden und für immer wahres Glück zu empfangen." Ich hörte ihn umblättern und lauschte weiter interessiert der Geschichte. Seine Hand, löste sich dabei nicht einmal von meiner, was mein Bild der Geschichte noch mehr vervollständigte.

Schon einige Seiten weiter, fühlte ich mich so gut, dass ich versuchen wollte meine Augen zu öffnen. Ich wusste, dass es schwer werden würde, aber die Vorstellung und die sanfte Stimme James' hatten mich so sehr in Entspannung versetzt, dass ich mich nun kräftig genug fühlte, es zu versuchen.
„Die Schlingpflanzen zerrten die drei Hexen durch den Spalt in der Mauer, und der Ritter wurde von seinem Ross und hinter ihnen hergezogen." Ich bündelte all meine Kraft und versuchte die unglaublich schweren Lider zu öffnen. Jetzt schon spürte ich die Erschöpfung und Schmerzen bei diesem Versuch, doch tat ich es für meine Freunde, für James.
„Die wütenden Schreie der enttäuschten Menge stiegen in die Morgenluft empor und verstummten schließlich, als die Gartenmauer sich wieder versiegelte.", vernahm ich, als ich mit aller Anstrengung meine Augen öffnete.

„Asha und Altheda zürnten mit Amata, die versehentlich den Ritter mitgebracht hatte.", vernahm ich nun laut und deutlich die sanfte Stimme James'. Das grelle Licht blendete mich zu aller erst, wodurch ich öfter blinzeln musste. Diesmal viel mir das heben meiner Augenlider jedoch unbeschwerter als zuvor. Ich lauschte weiter der Geschichte. Wie er mit rauer, aber liebevoller Stimme vorlas.
„>Nur eine kann in dem Brunnen baden! Es wird schwer genug sein, zu entscheiden, welche von uns das sein soll, da brauchen wir nicht noch einen!<...", machte er die Frauen im Buch nach, was mich zum amüsierten Lächeln brachte. Nun hatte ich mich an das Licht gewöhnt und erkannte James, welcher noch immer für mich aus dem Buch vorlas und nicht bemerkt hatte, dass ich wach war. Stets las er mit Freude und Überzeugung vor. Es war so schön. Ich fragte mich, weshalb ich das nicht schon eher mitbekommen hatte.

„Sir Luckless, wie der Ritter in dem Land draußen vor den Mauern genannt wurde, bemerkte nun, dass dies Hexen waren, und weil er weder magische Kräfte besaß noch sonderlich großes Talent im Lanzenstechen oder im Schwertkampf noch sonst irgendwas, das den nichtmagischen Mann auszeichnete, war...", las er weiter vor. Nun gut, ich wollte, dass er meine geöffneten Augen sah. Ich bewegte meinen Finger, was diesmal unglaublich leicht von statten ging. Ich musterte dabei genau sein Gesicht. Er machte eine ganz kurze Pause und schaute breit lächelnd auf meine Hand. Es schien ihn glücklich zu machen. Als würde er einen Lichtblick sehen. Doch kurz drauf las er weiter.
„...er sich sichern dass für ihn keine Hoffnung bestand die drei Frauen auf dem Weg zum Brunnen zu überflügeln. Er erklärte deshalb,...", wieder blätterte er um und schaute mich nun kurz lächelnd an, ehe sich sein Blick wieder senkte. Nicht wirklich sofort realisiert zu haben, dass ich wach war und ihn anschaute, las er kurz weiter. Ich musste amüsiert grinsen. Schon ganz süß, wie er es nicht bemerkt zu haben schien.
„...dass er sich wieder nach draußen...", nun schaute er mit großen Augen auf. Ich lächelte ihn an und konnte nicht anders, als noch breiter zu grinsen, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. Seine Augen waren geweitet und sie glänzten vor Freude und Erleichterung. Hatte er Tränen in den Augen? Sein Grinsen war über groß und er schien irgendwas sagen zu wollen, fand nur keine Worte. Das alles realisierte ich innerhalb einer Sekunde und kurz darauf legte er das Buch achtlos aufs Bett und umarmte mich stürmisch. Schon wollte ich überrumpelt anfangen zu lachen, doch ich, nicht damit rechnend, gab einen kleinen Laut von mir, weil meine Knochen immer noch schmerzten. Augenblicklich löste er sich ein Stück und schaute mich besorgt an.
„Tat das weh? Oh, das tut mir so leid! Ich, ich, du, also...", stotterte er erschrocken. Das einzige was ich jedoch zu Stande brachte war ein Kopfschütteln. Ich verneinte die Schmerzen. Ich verneinte sie, weil ich wollte das er mich umarmte! Ich hatte dieses Gefühl vermisst. Dieses Gefühl der Wärme, die er ausstrahlte.
Langsam versuchte ich meine Arme zu heben. Es tat weh und kostete Anstrengung aber ich konnte sie auf seinen Schultern platzieren und seine Umarmung erwidern. Ich spürte wie er mich überglücklich fester an sich drückte und konnte sein Lächeln ebenso spüren.

„Da...da...", wollte ich sagen, doch meine Stimme schien wie eingerostet. Schon etwas enttäuscht verzog ich mein Gesicht. Ich schluckte schwer. Sie war kratzig und leise, doch ich wollte das sagen.
„He, nicht sprechen. Ich hol Madame Pomfrey.", sagte James kurz darauf, als wir uns gelöst hatten. Doch ich schüttelte mit dem Kopf und schluckte wieder.
„Nein?", fragte James und setzte sich wieder kurz, mich immer noch aus einer Mischung Freude und Fürsorge musternd.
„Lies weiter.", brachte ich mit meiner kratzigen, kehligen Stimme gerade so zu Stande. Es tat weh, doch das war mir egal. Ich wollte, dass er die Geschichte zu Ende las.
Er nickte immer noch breit lächelnd und griff wieder nach meiner Hand. Auch ich musste wieder grinsen und lauschte interessiert seiner beruhigenden Stimme. Ihn dabei immer anschauend. Manchmal schaute er auf und lächelte mich einfach nur an oder drückte meine Hand.

„Sogleich konnte Asha sich erheben. Und mehr noch, alle Anzeichen ihrer furchtbaren Krankheit waren verschwunden. >Ich bin geheilt!<, rief sie. >Ich brauche den Brunnen nicht - lasst Altheda baden!<
Doch Altheda war damit beschäftigt, noch mehr Kräuter in ihrer Schürze zu sammeln.
>Wenn ich diese Krankheit heilen kann, dann werde ich reichlich Gold verdienen! Lasst Amata baden!<
Sir Luckless verneigte sich und winkte Amata zum Brunnen, doch sie schüttelte den Kopf. Der Bach hatte allen Schmerz über ihren Liebsten fortgeschwemmt, und sie sah jetzt, dass er grausam und treulos gewesen war und dass es nur Glück war, ihn los zu sein.
>Guter Herr, Ihr müsst baden, als Lohn für all Eure Ritterlichkeit!<, sprach sie zu Sir Luckless.
Also trat der Ritter in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne klirrend vor und badete im Brunnen des wahren Glücks, erstaunt darüber, dass er der Auserwählte aus Hunderten war, und schwindelig in seines unfassbaren Geschicks.", blätterte er um. Irgendwie erinnerte mich der Ritter ein wenig an James. Auch wenn ich das die letzten Jahre nie so gesehen hatte, schien er etwas selbstloses und treuherziges an sich zu haben, was mir wieder ein Lächeln ins Gesicht zauberte.
„Als die Sonne am Horizont versank, stieg Sir Luckless im Glanz seines Triumphes aus dem Wasser und ward sich in seiner rostigen Rüstung Amata zu Füßen, der liebsten und schönsten Frau, die er je erblickt hatte. Erhitzt von seinem Erfolg, bat er um ihre Hand und ihr Herz, und Amata, nicht weniger entzückt, erkannte, dass sie einen Mann gefunden hatte, der ihrer würdig war.
Die drei Hexen und der Ritter machten sich, Arm in Arm, gemeinsam auf den Weg den Hügel hinab, und alle vier lebten lange und glücklich, und keiner von ihnen erfuhr oder argwöhnte jemals, dass auf den Wasser des Brunnens gar kein Zauber lag.", beendete er das Märchen lächelnd und schaute zu mir auf. Wie in einem Bann starrte ich in seine Augen. Ja, irgendwie war er wie der Ritter in der Geschichte.

Wieder schluckte ich, ich wollte etwas sagen, doch das schien er schon mitbekommen zu haben.
„Nein, sag nichts. Du sollst dich nicht überanstrengen. Ich geh jetzt Madame Pomfrey holen ja?", befahl er mir, was mich wieder zum Lächeln brachte. Ich nickte und drückte nochmals seine Hand, was ihn grinsen ließ.

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