87. Wem gehört diese Stimme?

Lily

Oh. Was ist das? So viele Stimmen. Wieso redeten sie alle? Konnte ich denn nicht in Ruhe schlafen? So viele Stimmen.
„Ich ... überhaupt nicht ausruhen! ... nicht mit dem Cruciatus...", hörte ich jemanden rufen. Aua. Was soll das? Ich will wieder die schönen Geschichten hören. Oder die Geschichten aus dem Unterricht. Wieso schreien die denn so?!
„...das kann ... auch noch, also halt... deine scheiß Schnauze ... mich hier sitzen!", schrie jemand noch lauter als zuvor. Man, worüber sprachen die?! Ich verstehe nicht alles!
Und mein Körper tut weh! Au, was soll denn dieses ziehen schon wieder?!

Und was war das?! Am liebsten würde ich die Augen auf machen und schauen, was dort auf meinem Arm war, doch es klappte nicht. Ich hatte es schon so oft versucht, wollte sehen wer die ganze Zeit mit mir sprach. Wer solch eine beruhigende Stimme hatte. Doch es klappte einfach nicht!

Auf einmal merkte ich, wie mein Arm kalt wurde. Kalt? Ich spürte wie es langsam hinunter lief und mir wurde klar, was es zu sein schien. Tränen. Derjenige, der seinen Kopf auf meinen Arm gelegt hatte, weinte. Doch warum weinte jemand? Ist irgendwas passiert?
Doch all diese Fragen konnte ich nicht stellen. Ich konnte sie einfach nicht aussprechen.

Ich bemerkte erst, dass es still gewesen war, als eine Stimme anfing aus einem Buch vorzulesen. Doch es war nicht die gewohnte Stimme. Sie war anders. Höher und und...weiblicher?
„Es war einmal ein gütiger alter Zauberer, der seine magischen Kräfte großzügig und weise zum Wohle seiner nächsten gebrauchte. Den wahren Ursprung seiner Macht offenbarte er nicht, vielmehr tat er so, als würden seine Tränke, Zaubersprüche und Gegengifte gebrauchsfertig aus dem kleinen Kessel springen, den er seinen Glückstopf nannte. Die Menschen kamen mit ihren Sorgen meilenweit von überall her zu dem Zauberer, und er rührte mit Vergnügen in seinem Topf und richtete die Dinge wider.", las sie vor.
Ah! Das war „der Zauberer und der hüpfende Topf" von den Märchen der Beedle dem Barden! Oh die Geschichte kannte ich schon fast in und auswendig! Die hatte die andere Stimme oft vorgelesen gehabt. Ich glaube sie hatte gesagt, es sei eine seiner Lieblings Märchen gewesen, weil die Mutter der Person sie immer vorgelesen hätte.

Doch wer war diese andere Stimme?
„Dieser vielgeliebte Zauberer erreichte ein beträchtliches Alter, dann starb er und hinterließ all sein Hab und Gut seinem einzigen Sohn. Dieser Sohn war von ganz anderer Wesensart als sein sanftmütiger Vater. Wer nicht zaubern konnte war seiner Meinung nach wertlos, und er hatte oft über seines Vaters Gepflogenheit geklagt, den Nachbarn magische Hilfe zu leisten." Auf einmal bewegte sich der Kopf auf meinem Arm kurz, sodass ich weiche, aber verstrubbelte Haare spüren konnte. Wer war das? Und wieso hatte er geweint?
Und dann diese Stimme. Diese Betonung und diese Höhe der Stimme...wieso viel mir nicht ein von wem sie war?! Ich kannte sie doch!
„Nach dem Tod des Vaters fand der Sohn, verborgen in dem alten Kochtopf, ein kleines Bündel, dass einen Namen trug. In der Hoffnung auf Gold öffnete er es, doch er fand stattdessen einen weichen, dicken Pantoffel darin, viel zu klein, um ihn zu tragen, und ohne den dazugehörigen zweiten. Auf einem Stück Pergament in dem Pantoffel standen die Worte >In der kühnen Hoffnung, dass du ihn nie brauchen wirst, mein Sohn.<
Der Sohn verfluchte den altersschwachen Geist seines Vaters, dann warf er den Pantoffel in den Kessel zurück und beschloss, diesen fortan als Kehrichteimer zu verwenden." Sie las weiter vor, immer weiter. Ich wollte herausfinden welche Stimme das war! Doch es fiel mir nicht ein. Es wollte mir nicht einfallen.

Als sich die Geschichte langsam dem Ende zu neigte, wurde ich wieder müde. So müde. Kurz darauf war alles stumm und ich hatte Ruhe um mich.

Als Nächstes vernahm ich wieder diese vertraut raue und sanfte Stimme. Sie redete mit mir. Doch ich verstand anfangs nicht ganz was sie sagte. Doch war das Gewicht auf meinem Arm verschwunden. Der Kopf war weg. Doch aus dieser Richtung kam die Stimme, die ich nicht ganz verstand.
Mit der Zeit wurde es klarer und ich hörte was die Person sagte.
„An hat die Geschichte nicht zu Ende gelesen. Das sollte man nicht machen. Ich lese weiter.", flüsterte die Tiefe Stimme. Anna! Stimmt! Die hohe Stimme vorhin gehörte An.
„>Nun Topf?<, fragte der zitternde Zauberer, als die Sonne allmählich aufging.
Der Topf spie mit einem Rülpser den einzelnen Pantoffel aus, den der Zauberer hineingeworfen hatte, und ließ es zu, dass er ihn über den Messingfuß zog. Gemeinsam machten sie sich wieder auf den Weg zum Haus des Zauberers, der Topf nun endlich gedämpften Schrittes. Doch von diesem Tag an half der Zauberer den Dorfbewohnern, wie es vor ihm sein Vater getan hatte, damit der Topf nicht seinen Pantoffel abwarf und abermals zu hüpfen begann.
Ende.", las die vertraute Stimme ruhig vor. Ich spürte etwas weiches an meiner Wange streichen. Es fühlte sich gut an. Meine Haut prickelte ungewöhnlich unter dieser Berührung. Ich glaubte, es war eine Hand, welche meine Wange strich.

„Ach Lily. Wach doch bitte auf. Mach irgendwas. Ich will doch nur, dass du mir zeigst, dass du da bist. Irgendein Zeichen.", fehlte die Stimme wie jeden Abend. Doch ich wusste nicht wie ich es machen sollte. Ich konnte nichts machen. Lediglich das zuhören schien mir möglich zu sein.
„Ach weißt du, die anderen machen sich viel mehr Sorgen um mich als um dich wie es mir scheint. Sie meinen ich würde zu wenig essen und schlafen. Dabei geht es mir doch gut! Naja, abgesehen davon, dass ich dich unglaublich vermisse. Ich vermisse dein glockenklares Lachen, oder deine strahlend grünen Augen. Deine konternden Worte und die langen Gespräche mit dir. Ich hoffe nur, dass du bald wieder aufwachst. Ich weiß nicht, was ich machen sollte, wenn du nicht mehr da wärst. Die anderen nerven jetzt schon. Ich hab mich mega mit Sirius gestritten. Dabei wollte ich das gar nicht. Nur fragt er ständig irgendwas oder meint ich solle dies und jenes tun. Dabei will ich nur bei dir sein. In deiner Nähe, weißt du? Und Hestia und An gehts auch nicht gut. Sie sind beide vollkommen durch den Wind. Sie meinen, es hätte vielleicht etwas geändert, wenn du mit ihnen über deinen Zustand davor gesprochen hättest. Weißt du, sie wollen unbedingt wissen, warum du aus dem Verteidigung gegen die dunklen Künste Unterricht gerannt bist. Dabei geht sie das ja eigentlich gar nichts an. Und als würde das was an der Situation ändern, ob sie's nun wüssten oder nicht.
Viel eher ist es doch meine Schuld. Wenn ich am Anfang den einen Angreifer schneller besiegt hätte, wäre das gar nicht passiert. Oder hätte ich mich mit dem Anderen duelliert. Doch als du auf einmal dagelegen hast und so schmerzerfüllt dalagst, wusste ich nicht was ich machen sollte. Deine Schrei taten mir im Herzen weh, ich wusste nicht wie, wie ich dir helfen konnte. Hätte ich dich...dich eher hier her gebracht wärst du vielleicht schon wach. Doch ich war so benommen, Dumbledore musste mir erst sagen was ich zu machen hatte. Ich bin hierher gerannt weißt du. Und Madame Pomfrey hat mich einfach nicht zu dir gelassen. Selbst dann nicht, als sie das angegriffene Gryffindormädchen versorgt hatte. Ich hab mich so aufgeregt. Jeder wollte wissen was passiert war, doch... doch nach dir hatte niemand gefragt. Ich war so aufgelöst, ich, ich wusste nicht was ich hätte machen sollen. Ich bin doch an allem schuld. Wenn wir mit dem jeweils anderen gekämpft hätten wäre es gar nicht so weit gekommen. Oder wenn ich schneller gelaufen wäre. Ach Lily, ich mach mir solche Sorgen! Wenn du doch nur wach wärst.", erzählte die stotternde Stimme ruhig und strich immer noch über meine Wange. Ich merkte wie sich wieder etwas schweres auf meinen Arm legte. Es waren wieder diese Haare. Die vertraute Stimme gehörte also der Person die vorhin geweint hatte. Wieso musste ich nur jedem Leid zufügen? Die Person stritt sich mit Sirius und weinte, weil ich nicht aufwachte.
„Ach Lily. Wärst du wach könntest du mir antworten. Doch ich bin mir nicht mal sicher das du mich hörst. Wahrscheinlich rede ich deswegen so viel. Einfach weil ich denke, dass du mich nicht hörst. Aber irgendwie rede ich auch mit dir, weil ich denke, dass du es eben doch hörst. Oh Lily, wärst du doch nur wach.", hörte ich die Person wieder reden. Die ganze Zeit wollte ich wissen, wer diese Person war. Doch ich kam nicht drauf. Es war schlimmer als bei An vorhin. Ich kannte diese Stimme, mochte sie so sehr, doch ich konnte sie niemandem zuordnen.

„Mister Potter. Ich muss sie bitten zu gehen.", vernahm ich eine Stimme aus dem Hintergrund.
„Ja Madame.", antwortete die Stimme bei mir. Moment mal? Mister Potter? War diese Person, diese Stimme, James? War er ständig bei mir gewesen und hatte er vorhin geweint?
„Lily. Ich komm morgen so früh wie es geht wieder. Ruh dich aus.", flüsterte die Stimme, flüsterte James. Letztlich drückte er nochmals meine Hand und war dann nicht mehr zu hören. James. Natürlich. Jetzt hatte ich die Stimme erkannt. Und warum sonst sollte sich jemand so viele Gedanken um einem Streit mit Sirius machen?

Es war James gewesen. Er war bei mir. Er hatte geweint und er hatte mit mir geredet oder mir vorgelesen. Das Märchen des Zauberers mit dem hüpfendem Topf war eines seiner Lieblingsmärchen. Er war dabei gewesen. Und er machte sich Vorwürfe. Vorwürfe darüber, dass ich noch nicht wach war. Dabei war das nicht seine Schuld. Ich konnte nur nicht meine Augen öffnen.

Wieder überkam mich diese Müdigkeit. Nein, ich wollte doch jetzt endlich meine Augen öffnen. Aber ich bin so müde...so so müde.........dann halt morgen...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top