74. Expecto Patronum!
Der Verwandlungsunterricht war vorbei und meine Laune war wieder mal am Tiefpunkt angekommen. Ich hasste dieses Fach! Ich verstand nicht, wozu ich einen Kronenleuchter in ein Meerschweinchen verwandeln musste! Das brauch ich doch niemals in meinem Leben!
„Regst du dich gedanklich mal wieder über Verwandlungen auf?", fragte James neben mir belustig. Ich verdrehte, so wie immer, die Augen und schaute ihn verächtlich an.
„Du hasst dafür Zaubertränke.", was mein, nicht besonders gutes, Argument.
„Naja, irgendwie nicht mehr. Liegt wohl an der wunderbaren Partnerin.", lächelte er. Nun musste auch ich grinsen und steckte ihm die Zunge raus. Irgendwie schien er es immer zu schaffen, keine Laune wenigstens um einen Zentimeter zu heben.
Als wir alle gemeinsam im Raum ankamen, fanden wir unseren Unterrichtsraum ohne Tische und Stühle vor. Verwirrt blickte ich die anderen an. Was hatte er vor? Ich denke wir wiederholen!
„Ach da seid ihr ja alle! So, im Gegensatz zu meinen Kollegen habe ich mir vorgenommen, zu aller erst, den zu behandelnden Stoff durchzunehmen und dann zu wiederholen. Mir erscheint es als sinnvoller, da ihr jetzt sowieso noch nicht anfangt mit lernen. Abgesehen von ein paar vereinzelten Schülern.", setzte er am Schluss noch an, ehe er Remus und mir ein kurzes Lächeln schenkte.
„Also nun! Stellt eure Taschen beiseite und stellt euch im Raum im Kreis mit euren Zauberstäben auf!", klatschte er in die Hände und verzog sich wieder in seinen Raum.
Wir taten wie geheißen und packten unsere Taschen in eine Ecke, ehe wir uns nebeneinander aufstellten. Diesen Kurs hatten die Gryffindors gemeinsam mit den Hufflepuffs, anders als die letzten Jahre, weshalb dieser Unterricht immer sehr angenehm war.
„Ich frag mich was er vorhat.", ließ Hestia neben mir verlauten. Doch ehe ich auch nur etwas sagen konnte, hatte James ihr schon geantwortet.
„Ich denke er will zu erst den Patroni-Zauber durchgehen."
„Stimmt, es ist einer der schwersten, wahrscheinlich will er uns möglichst viel Übungszeit ermöglichen.", ergänzte ich nickend.
„Oh Man, ich muss mich erst daran gewöhnen, euch einer Meinung zu sehen. Und das obwohl das schon ein paar Monate so geht.", musste das ganze Sirius Mal wieder kommentieren. Naja, immerhin ließ es die anderen schmunzeln.
„So, heute werden Sie sich das erste mal am Patronus Zauber üben! Kann mir jemand etwas dazu sagen?", begann Professor Marryrhpught die Doppelstunde.
Sofort und wie so oft, schnellte mein Arm in die Höhe. Doch ehe ich auch nur etwas erwähnen konnte, sprach schon wieder James.
„Der Patronuszauber ist der machtvollste Verteidigungszauber der Zaubererwelt. Es ist ein extrem schwieriger und komplizierter Zauber, der eine positive Energiekraft, in Form eines Schutzwesens, also eines Patronus, heraufbeschwört. Der Zauber wird durch das Aussprechen der Formel "Expecto Patronum", das ist Latein für Ich erwarte beziehungsweise erbitte meinen Schutzherrn oder Patron, und durch die Vorstellung eines glücklichen Ereignisses oder Gedankens aufgerufen. Der Patronus ist der grundlegende Abwehrzauber gegen Dementoren und Letifolds.", ratterte er herunter. Warum hatte er sich nicht gemeldet?! Das war unfair. Verständnislos blickte ich zu ihm rüber, was manche in unserem Kreis zum Unterdrücken eines Lachens zwang.
„Das war sehr gut und richtig Mister Potter. Doch sollten sie sich angewöhnen sich zu melden und zu warten.", belehrte ihn unser Professor, was mich schon besser sinnte.
„Ich bitte sie Professor. Wenn eine Lily Evans in ihrem Kurs ist und innerhalb von Millisekunden den Arm bei jeder Frage hebt, hat man doch gar keine Chance sich zu Wort zu melden.", erwiderte James schelmisch grinsend. Wie bitte?! Ich hatte mich ja wohl verhört! Gerade wollte ich etwas giftiges erwidern und wieder in unser Altes Schauspiel zurück verfallen, als Professor Marryrhpught auch schon abwinkend weiter sprach.
„Wie dem auch sei. Ich lasse ihnen jetzt fünf Minuten Zeit, um in ihren Erinnerungen zu kramen und nach den glücklichsten zu suchen. Danach werden wir ein paar Trockenübungen machen.", gab er uns Anweisung.
Und schon durchforstete ich mein Gehirn. Hm, ich sollte von kleinauf anfangen. Ich hatte mal irgendwo Gelsen, dass dort die glücklichsten Stunden des Lebens sein sollten. Ok, mal sehen. Ich schloss meine Augen. Was mir zu erst einfiel, war das Versteckspiel in unserem Garten mit Petunia. Das verschwand schnell wieder und machte für eine andere Erinnerung Platz. Für die Essensschlacht als ich glaube 6 Jahre alt war. Oh man, als Mum und Dad nach Hause kamen haben wir Ärger bekommen! Und wie. Ich musste grinsen. Ihre Gesichter waren unschlagbar. Mein Vater musste sich ein Lachen verkneifen, während meine Mutter ausgerastet ist. Doch auch diese Erinnerung wurde schnell beseitigt. Kurz drauf sah ich vor meinem inneren Auge, wie Petunia mich vor den Jungs ein Jahr über mir beschützte. Oh hatte sie die zusammengefalten. Doch als sie mich umarmen wollte, änderte sich wieder das Bild und nun nahm es das an, wo Severus mir zeigte, dass ich anders war. Ich schüttelte den Kopf und öffnete die Augen wieder. Nein, das war keine Glücksbringende Erinnerung. Ich sah mich um, neben mir hatten sich manche auf den Boden gesetzt und überlegten, andere machten irgendeinen Quatsch und wieder andere, hier rede ich besonders von James, blickten mich an. Als sich unsere Blicke trafen, wandte er seinen schnell ab und schaute zum Fenster. Warum schaute er mich an? Er sollte doch eine glückliche Erinnerung raussuchen.
Kopf schüttelnd, setzte ich mich nun auch hin und schloss wieder die Augen. Diesmal ließ ich dem ganzen aber freien Lauf. Die vielen Mädelsabende, die Stunden mit Remus in der Bibliothek, wie wir uns einfach nur über Lektüre unterhalten hatten. Sev-, nein, das nicht. Der Abend, als James und ich uns gegenseitig aufgefordert hatten, etwas von uns zu erzählen. Der Tag im Vertrauensschülerbad, die Patrouillen. Der Weg zum Quidditchfeld letztens. De Abend, als er Gitarre gespielt hatte. Nein, sowas konnte es nicht sein. Ich kramte tiefer und mir fiel wieder der Moment ein, wo ich das erste mal richtig gezaubert hatte. In Flitwicks Unterricht. Den Leviosa Zauber. Oder mein erster Trank bei Slughorn. Und...und jetzt wusste ich, welcher mein Glücklichster Moment sein musste. Der, an dem ich in einem kleinem Boot auf dem schwarzen See nach Hogwarts gefahren wurde. Die Türme und Zinnen, die alten Ziegelsteine, welche man schon von weitem erkannte. Die hell erleuchteten Fenster und das Gefühl, das sich in mir ausgebreitet hatte.
„So, ich hoffe ihr habt nun eine schöne Erinnerung gefunden! Mal schauen, ob sie stark genug ist!", sprach unser Professor und forderte uns zum hinstellen auf. Das taten wir auch und führten zu aller erst die vorgezeigten Bewegungen aus.
„So, und nun sprechen wir alle gemeinsam: ex-PEK-toh pa-TRO-num!", sagte er. Wir taten es und bei manchen, wie auch bei James (Augenverdrehen), kam schon ein silberner Strahl zum Vorschein. Nur nicht bei mir. Ach menno! Was sollte ich denn sonst für eine Erinnerung nehmen?!
„Sehr gut! Das sieht gut aus! Und nun üben sie es! Und verzweifeln sie nicht! Manchmal dauert es länger, ehe man die richtige Erinnerung gefunden hat!", sagte Professor Marryrhpught und ging im Klassenraum umher.
Na gut, dann...ja, dann Versuch ich mal die, wo Tuni und ich die Essensschlacht hatten.
„Expecto Patronum!", rief ich wieder. Doch es ging in den selben Worten der anderen unter. Mein Zauberstab war nur ganz kurz hell erleuchtet, ehe es sich wieder erlosch. Jetzt schon mieser Laune schaute ich enttäuscht, nicht bemerkend, dass Professor Marryrhpught mir zugesehen hatte.
„Nicht nachlassen Miss Evans. Bei ihnen scheint es nur noch an der richtigen Erinnerung zu liegen.", versuchte mich mein Professor aufzubauen.
„Und wie soll ich das rausfinden, Professor? Ich mein, bessere als die letzten beiden gibts nicht.", erwiderte ich bedröppelt.
„Es wird noch eine stärkere Erinnerung geben, glauben sie mir Miss Evans. Lassen sie sich nicht unterkriegen. Es kann auch eine Erinnerung sein, die sie vielleicht erst gestern gemacht haben.", gab er zurück. Ich nickte einfach nur, schon wieder auf der Suche nach was anderem.
Naja gut, dann Versuch ich halt mal die.
„Expecto Patronum!", rief ich wieder und meinen Zauberstab verließ ein silberner Schweif, gleichzeitig mit James neben mir. Über glücklich und lächelnd, von meinem jetzigen Erfolg, schaute ich rüber und begegnete James lächelndem Blick.
„Nicht schlecht Evans.", sagte er augenblinzelnd.
„Nicht erwartet, was Potter?", neckte ich zurück. Doch unsere Unterhaltung wurde von einem Freuensschrei meiner Freundinnen unterbrochen. Es war Anna, die es als erste geschafft hatte, einen Patronus heraufzubeschwören.
„Oh wie schön!", rief ich bewundernd aus, als ich ihren Patroni entdeckte. Es war ein klar erkennbarer Moke. Sie liebte diese Tiere einfach!
„Boah! Wie hastn du das geschafft?", fragte Sirius anerkennend, ehe er von Hestia einen Klapps auf den Hinterkopf kassierte.
„Ich, ich, ich hab keine Ahnung!", sagte sie ratlos und bewunderte immer noch ihren Moke.
„Ja, in der Tat! Das ist ein sehr gut gelungener Patroni Miss Thicknesse. 20 Punkte für Gryffindor.", lobte unser Professor sie nun auch. Anna strahlte immer noch, und wie zu erwarten, klebte Remus Blick förmlich an ihr. Als sich alle wieder ihren Zauberstäben widmenden, ging ich zu Remus.
„Ähm...Remus. Das wird langsam auffällig.", ließ ich verlauten und machte mich wieder aus dem Staub.
Nochmals darüber grübelnd, was es denn bei mir für eine Erinnerung sein könnte, grub ich wieder in meinem Kopf. Die letzte war, als ich mit James zum Quidditchfeld gelaufen war. Vielleicht ist es ja wieder eine mit James. Das finde ich zwar fast unmöglich, aber es scheint bei dem Zauber zu funktionieren. Ok, dann Versuch ich mal die.
„Expect..", wollte ich gerade anfangen, als das nächste Tier durch den Klassenraum lief. Ein Hirsch. Er trug ein riesiges Geweih und lief anmutig umher. Wow. Es war ein schöner Hirsch. Doch wem...ich blickte umher und entdeckte, dass es der Patronus von James war. Ja, natürlich! Seine Animagusgestalt war ja auch ein Hirsch. Aber, warte mal?! Hatte ich den Hirsch gerade schön und anmutig genannt?! Nein, nein, dass hatte ich nicht.
Schon etwas eifersüchtig, dass es nicht bei mir klappte, schenkte ich dem Hirsch nach ein paar Sekunden keine Aufmerksamkeit mehr und versuchte mich nun wieder an meinem Zauber.
„Expecto Patronum!", rief ich und aus meinem Zauberstab kam mehr als nur ein silberner Schweif. Ich erkannte eine Hirschkuh. Sie war elegant und wunderschön. Glücklich und voller Freude betrachtete ich das große Tier vor mir.
„Hervorragend!", rief Professor Marryrhpught applaudierend.
Es kam auf mich zu und ließ sich von mir streicheln. Doch ehe ich auch nur genau wahrnehmen konnte, was hier passierte, blickte es sich um und rannte dann in eine andere Richtung. Ich schaute ihr hinterher und erkannte, ebenso wie alle anderen im Klassenraum, dass sie gemeinsam mit James Hirsch um uns alle herum lief.
Warte mal, was?! James Hirsch und meine Hirschkuh?! Nein, oh, oh nein! Das konnte nicht sein. Nein. Nein! Ich, ich wusste genug über Patroni, um zu wissen, dass es bei solch einer Verwandtschaft etwas zu bedeuten hatte...etwas, was nicht sein konnte! Wir konnten keine Seelenverwandten sein! Nein! Das ging nicht!
Von jetzt auf gleich war meine Freude verflogen und veränderte sich in Unglauben.
Die beiden gestalten waren stehen geblieben und schauten sich an. Nein, nein! Das konnte ich mir nicht mehr länger ansehen!
Ich nahm meine Tasche aus der Ecke und steckte meine Zauberstab ein, wodurch sich auch meine Hirschkuh auflöste. Ich rannte aus dem Raum, rannte vor meinem Lehrer weg, rannte vor den vielen Augenpaaren weg. Ich rannte vor dem Geschehen weg. Rannte, vor dem unmöglichen. Es war nicht möglich, nein. Es war nicht möglich.
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