42. Die schönste Zeit

Lily

Gedankenverloren rutschte ich an der geschlossenen Tür meines Zimmer hinunter. Er verwirrte mich. Und damit konnte ich nicht im Ansatz umgehen.
Was machte er nur mit mir? Wieso war er so nett, charmant und konnte auch noch gut tanzen? Wo war der alte Potter? Der, der mich auf die Palme brachte und der, den ich anschrie, weil er nur scheiße baute? Wo war dieser Potter? In dem einem Moment war er der Potter, und im nächsten James. Das ergab keinen Sinn. Die einzelnen Verhaltensweisen passten einfach nicht zusammen.

Verzweifelt fuhr ich mir über mein Gesicht. Und so, als würde ich sie beiseite schieben, kamen wieder einmal neue Gedanken auf. Tatsächlich mit einem leichten Lächeln spielte sich in meinem Kopf der bisherige Tag ab. Allein wenn ich an die entsetzten Gesichter der Jungs heute morgen dachte, als ich sie angeschrien hatte. Sie verhielten sich manchmal echt noch wie Kinder, wie Kleinkinder. Aber vielleicht war auch gerade das im Moment wichtig. Sobald wir die Schule abgeschlossen hatten, wären wir nicht mehr hinter den schützenden Mauern Hogwarts sicher und könnten keinen Unsinn mehr anstellen. Kaum zu glauben, was heute alles passiert war. Was bisher an sich passiert war. Vor acht Jahren hielt ich mich noch für ein normales Mädchen, und jetzt war ich an einer Zauberer-Schule und war kurz davor den höchstmöglichen Abschluss als Hexe zu bekommen. War gemeinsam mit meinen sechs Jahre langen Feind und Quidditch-Süchtigen Schülersprecherin.

Und schon schossen Bilder von den Quidditch-Auswahlspielen durch meinen Kopf. Wie sie wie verrückt Bällen auf ihren Besen hinterher jagten. Auch wenn ich es nie vor jemandem zugeben würde, aber James hatte echt gut ausgesehen heute. Wie er lässig auf seinem Besen gesessen hatte und sein Quidditchumhang im Wind leicht geflattert hatte. Sein freudiges Grinsen als er seine Mannschaft vollständig hatte und seine funkelnden Augen, als er voller Begeisterung von seiner Mannschaft gesprochen hatte. Absurd das ich daran dachte, das ich gerade auf diese Weise daran dachte. Es war schon fast eine Straftat, dass ich bei der Erinnerung daran grinste.

James war schon merkwürdig, einerseits noch so ein Kind und andererseits so erwachsen. Zwei Verhaltensweisen, die einfach nicht zusammen passten.
Allein wenn ich an den heutigen Abend dachte. Es hatte Spaß gemacht mit ihm Zeit im Vertraunsschülerbad zu verbringen. Es war lustig. Er war nett und alles. Aber wenn ich wieder einmal daran dachte, wie er wieder zu einem kleinen, unreifen Kind geworden war, stieg mir wieder die Röte ins Gesicht.
Und dann hatte ich heute auch noch sehr viel über ihn erfahren. Auch wenn er nur ein paar Stückchen seines inneren preisgegeben hatte, freute ich mich irgendwie etwas davon abbekommen zu haben. Zudem war ich es auch nicht gewohnt, dass mich Menschen in meiner Umgebung so gut kannten. Selbst Hest und Ann kannten mich nicht so gut wie James. Ich fand es erstaunlich und auch irgendwie beängstigend, dass er so viel über mich wusste. Schließlich wusste ich so gut wie gar nichts über ihn. Es war schon komisch gewesen heute. Zwei verschiedene Verhaltensweisen, Menschen.
Aber das Merkwürdigste am ganzen Tag war die Kälte die mich übermannt hatte, als ich mich aus James Griff gelöst hatte. Seine Augen waren mir wieder so hypnotisierend vorgekommen und ich hatte mich irgendwie wieder zu Hause gefühlt. Was auch immer das über mich aussagen mochte.

Kopfschüttelnd stand ich auf und torkelte müde zum Bett. Meinen Pyjama zog ich mir gar nicht mehr an. Was auch immer mit mir los war. Der Tag war anstrengend genug, doch nun diese ganzen Gedanken. Das alles, was nicht zusammen passte. Es schien, als würde all das jetzt bewirken, dass ich sofort in das Land der Träume abdriftete.

James

Noch Ewigkeit nachdem Lily verschwunden war blickte ich ihr hinterher. Vor meinem inneren Auge konnte ich sie noch lächeln sehen. Wie ihr feuerrotes Haar über ihre Schultern fiel und ihre wunderschön grünen Augen glänzten. Ob sie sehr verwirrt von dem heutigen Tag war? Ich war es jedenfalls. Irgendwie.
Seufzend drehte ich mich weg und setzte mich auf die Couch. Hypnotisiert ins Feuer starrend, schien es, als fühlte ich ihre zarte Hand noch immer in der meinen. Als stünde sie noch direkt vor mir und schaute mir in die Augen. Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht mehr was ich ab dem Moment getan hatte, als sie mich gezwungen hatte, in ihre so tiefgründigen Augen zu blicken.
Als das Feuer langsam erloschen war, entschied ich mich dazu, eine kalte Dusche zu nehmen. Ich hatte noch immer das Gefühl, dass ich Hochrot war. All das verursachte in meinem tiefsten inneren eine Wärme, die mir nicht geheuer war.

Mit brummenden Kopf genoss ich das Prasseln des kalten Wassers auf mir. Es beruhigte meinen Kopf und ließ mich trotz der Kälte entspannen. Müde stieg ich aus der Dusche und ging dann nur in einem Badetuch bekleidet aus dem Bad. Zu dieser Uhrzeit hätte ich noch sonst was mit den anderen angestellt, doch nun sehnte ich mich nach nichts mehr, als nach meinem Bett.
Grübelnd zog ich mir meine kurze Schlafhose über. Was Moony, Tatze und Wurmschwanz jetzt wohl machten? Unwillkürlich merkte ich, wie mir der Wunsch kam, nicht allein zu sein. Ich wünschte mir den alten, lauten Schlafsaal wieder. Bei Merlin so wurde das nichts. Und ich würde jetzt sicher nicht zu den anderen stapfen.
Mich am Hinterkopf kratzend, setzte ich mich auf und ließ den Blick in meinem dunklen Zimmer umher schweifen. Mein Blick blieb am Bücherregal hängen, welches so milde vom Mond beleuchtet wurde, und doch der hellste Punkt im Raum zu sein schien. Vielleicht würde es ja helfen ein Buch zu lesen?
Hoffnungsvoll ging ich also darauf zu und suchte mir ein Buch heraus. Anhand des Titels hoffte ich, dass es spannend wäre. Und das wäre jetzt genau das richtige um abzuschalten

Doch als ich es rausziehen wollte, hing es fest. Tja und anstatt das Buch rauszuziehen, drehte sich das Bücherregal leicht. Amüsiert lachte ich bei diesen Blödsinn auf. Als ob ich genügend Kraft hatte ein Regal zu drehen, als ein Buch aus dem Regal zu nehmen. Ich musste echt übermüdet sein, dass mir mein Hirn solch einen Spuk einredete.
Kopfschüttelnd zog ich nochmals daran, doch es geschah genau dasselbe. Statt des Buches, hatte ich nun das Regal in der Hand. Verwirrt, aber auch von der Neugierde geweckt, schob ich es weiter auf und erkannte eine kleine Nische in der Wand. Sie schien gerade so groß zu sein, dass ich hindurch passen musste. Wo der Gang wohl hinführte? Eine Wand versperrte mir den Blick. Rein theoretisch musste dieser Geheimgang zu Lily's Zimmer führen. Es musste also ihr Bücherregal sein. Doch, war es dann richtig weiter nachzuschauen? Es war ein Schloss. Das könnte auch wieder einer dieser verwunschenen Gänge sein. Zumal sie doch eigentlich schon schlafen müsste, wenn er doch nicht verzaubert war. Also warum keinen Blick hinein werfen und meine Theorie prüfen?

Vorsichtig drückte ich leicht gegen die Wand. Und zum Vorschein kam ein unordentliches Zimmer. Eindeutige nicht Lily's. Sie hält überall Ordnung. War also gar nicht so schlecht nachzuschauen. Wozu war ich denn ein Rumtreiber? Nun deutlich sicherer, Schritt ich in den Raum, stockte jedoch, als ich Lilyˋs Sachen auf dem Boden erkannte. Verdutzt drehte ich vorsichtig meinen Kopf und sah zu den offenen Vorhängen, von dem Bett, welches im Raum stand. Und dort erkannte ich, dass es sehr wohl Lily's Zimmer sein musste. Im Mondschein blitzte mir ihr rotes Haar entgegen und ließ mich urplötzlich in der Bewegung inne halten. Bei Merlin, war das wirklich eine so gute Idee gewesen? 
Aber was konnte ich auch schon für dieses Dilemma? Ich hätte nicht gedacht, dass Lily so unordentlich war. Schließlich war sie die Ordentlichkeit in Person. Nur anscheinend nur nach außen hin. Verwirrt schwirrte mein Blick durch den Raum. Also irgendwie kam ich mir ja schon etwas blöd hier vor?

Lily lag unter ihrer großen Decke und schien offensichtlich zu schlafen. Interessiert ging ich ein Stück auf sie zu, um auch sicher zu gehen, dass sie schlief. Keine Ahnung was ich machte, wenn sie wach war, aber erstmal nachschauen oder?
Ihr Gesicht zierte ein leichtes Lächeln und sie schmatzte leicht im Schlaf. Irgendwie ging mein Herz auf, als ich sie sah. Sie schien so friedlich zu sein, sah so süß aus. Etwas entspannter, ließ ich mich breit grinsend auf dem Boden vor ihr nieder. Jedoch so, dass ich sie noch immer betrachten konnte. Ihr feuerrotes Haar wie es wie ein Heiligenschein um ihren Kopf herum lag. Ihr bezauberndes Lächeln, welches so viel Freundlichkeit versprühte. Es war nichts von der so harten und schlagfertigen Lily zu sehen. So wie sie dalag und schlief, schien sie mir sogar verletzlich und zart. Ihre Decke bedeckte sie nur zur Hälfte und ließ mich milde schmunzeln. Sie schien so müde gewesen zu sein, dass sie es nicht mehr geschafft hatte sich ihren Pyjama anzuziehen und sich richtig zuzudecken. Wie süß sie wohl ins Bett gefallen war?

Während des Betrachtens dieses wunderschönen Mädchens, fiel es mir mehr als schwerer wach zu bleiben. Doch konnte und wollte ich meinen Blick nicht von ihr nehmen. Ich würden ja sagen, dass sie mir so am Besten gefiel, aber wenn sie schlief, dann konnte ich ihre funkelnden grünen Augen nicht sehen. Sie passten so gut zu ihren Haaren und waren einfach nur zum verlieben. Sie an sich war einfach zum verlieben.
Die Zeit die ich mit ihr verbracht hatte, war die bisher schönste in meinem Leben. Sie war so wunderbar, sie war witzig, schlagfertig, klug, charmant, hübsch, freundlich zu jedem, war pflichtbewusst und einfach liebenswert. Doch erkannte sie das alles nicht. Sie selbst sah nicht, wie vollkommen sie war. Doch ich sah es. Sah all ihre Seiten. Sie war der wunderbarste Mensch der mir je begegnet ist und bei Merlin war ich froh, dass sich unsere Wege gekreuzt hatten. Ich liebte sie. Doch macht es mir Angst, dass sie das nicht erwidern könnte. Und irgendetwas sagte mir, das es mich brechen würde, wenn es soweit kommen würde.

Mit dem Trübsal überkam mich auch so langsam Müdigkeit. Doch kam mir nicht einmal der Gedanke hier zu verschwinden. Ich würde sie nicht allein lassen, nicht die so süß schmatzende Lily. Sie sah so süß aus, so friedlich und hübsch.

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