25. Der Vorname

Lily

Als auch Potter es dann irgendwann geschafft hatte sein Zeug zu holen und vernünftig arbeiten konnte, dauerte es tatsächlich nicht allzu lang. Wenn er wollte, konnte er eine sehr gute Unterstützung sein. Nur war das sehr selten der Fall.

„Warum machst du das alles?", sprach ich die Worte aus, die mir schon seit einiger Zeit auf der Zunge lagen. Mittlerweile hatten wir den Papiertkram wieder weggeräumt und saßen nur stumm auf der Couch. Bis jetzt. Denn nun wollte ich endlich Gewissheit.
„Mache ich was?", drehte Potter seinen Kopf und schaut mich fragend an. Er schien überrumpelt. Von meiner plötzlichen Frage und das Durchbrechen der Stille, oder dem Inhalt meiner Worte, wusste ich nicht. Nur, dass es ihn wirklich zu interessieren schien, was ich meinte.
„Warum bist du auf einmal so nett zu mir und sorgst dich um mich?", sprach ich ohne zu überlegen meine Gedanken aus und drehte mich nun auch vom Feuer weg. Er jedoch, wandte den Blick wieder ab. Stille erfüllte den Raum. Er sagte nichts, schien zu überlegen wie er es formulieren sollte. Starrte lediglich zu den züngelnden Flammen. Und auch wenn ich zuvor dachte, er wäre überrumpelt gewesen, war er es jetzt eindeutig. Es schien sogar so, als würde ihn diese Frage quälen. 
„Du bist mir wichtig. Du hast Probleme, doch du willst sie mir noch nicht anvertrauen. Also versuche ich alles, damit es dir wenigstens etwas besser geht.", erklärte er, schaute jedoch noch immer unverändert zum Feuer im Kamin, welches ihn in seinen Bann zu ziehen schien. Und auch, wenn ich nun überrumpelt war und den Inhalt der gerade ausgesprochenen Worte noch nicht so ganz nachvollziehen konnte, nickte ich. Ich benötigte, warum auch immer, Zeit um das zu verdauen. Und in der Ewigkeit der wiederkehrenden Stille, machte mein Hirn Purzelbäume. Irrsinnige Gedanken schossen durch meinen Kopf. Sollte ich es ihm anbieten oder nicht? Bildet er sich dann darauf zu viel ein? Noch heute Vormittag hatte ich mich klar dagegen ausgesprochen. Doch war er die letzten Wochen echt nett zu mir gewesen. Wie ein guter Freund. Er war der einzige, der momentan immer für mich da war. Warum also nicht? Was hinderte mich denn daran? Was hatte mich all die Jahre daran gehindert?

„Du tust es zwar eh schon, aber wenn du mich Lily nennst, dann Ähm...ja, dann nenn ich dich bei deinem Vornamen...also wenn du das willst.", entkam es meinen Lippen, ehe ich mal wieder spürte, wie sich meine Wangen leicht rosa verfärbten. Denn gerade hatte ich einfach mal wieder meine Gedanken ausgesprochen, ohne darüber gründlich nachgedacht zu haben. Es war eine Kurzschlussreaktion. Und ich war blöd genug diese auch noch auszusprechen. Und somit nicht mehr zurück nehmen zu können.
„Und wie heiße ich mit Vornamen?", schien sich Potter nach seinem ungläubigen Starren gefangen zu haben und lächelte mich mal wieder verschmitzt mit seinem Rumtreiber-Lächeln an. Dieser Idiot. Gerade hatte er mich noch ungläubig und mit riesigen Augen angeschaut. Und nun machte er wieder einen auf Macho. Ich könnte mich selbst dafür Ohrfeigen.
„James. Hör auf, das ist nicht witzig. Ich überschreite hier gerade meine festgelegten Regeln. Also hör bitte damit auf ja?", meinte ich und spürte schon wie sich meine Wangen dunkler färbten. Bei Merlin, Lily! Das war nicht durchdacht! Was hattest du da schon wieder für eine bescheuerte Idee?! Selbst ein Zeitumkehrer würde jetzt wahrscheinlich nicht mehr helfen.
„Wow! Lily Evans bricht Regeln! Das ich das noch erleben darf. Es scheint wohl wirklich nur ein Traum zu sein.", erwiderte er gespielt überrascht und mit vor Freude glitzernden Augen. Der machte sich mal wieder aus allem einen Spaß. Und brachte mich somit wieder auf 180. Ich hatte gerade mein eigenes Verderben angezettelt.
„Ach Hör auf Pot...", begann ich mal wieder wütend auf mich selbst meine Tirade für Potter, wurde jedoch wie zu erwarten von einem feixenden Rumtreiber unterbrochen. Zum Himmel mit meinen Gedanken.
„Lily! Mein Vorname!", fiel er mir strikt ins Wort und grinste mich amüsiert an. Bei Merlin, wie konnte ich nur solch einen Fehler begehen? Nicht einmal ein hinaus Winden war mehr möglich. Wirklich toll gemacht Lily. Besser ging's echt nicht.
„Hör damit auf James!", rief ich nun und warf ihm ein Kissen ins Gesicht. Dieser Idiot. Konnte es der nicht einfach lassen?! Und zum Teufel mit mir, selbst lachen musste ich nun. Denn der werte Herr Pott...James, fand es wohl aberwitzig und prustete geradezu los. Und wenn andere lachten war es für mich bekanntlich mehr als schwer meines zurück zu halten.

„Na, bringt dich Krone zum Lachen Lilylein?", vernahm ich auch dieses Mal wieder die Stimme Blacks, nachdem das Porträt aufgeklappt war. Und wie sollte es anders sein? Er verdarb mir mein Lachen.
„Hm...Black ich glaube es ist eher andersrum. Übrigens, wenn du mich noch einmal mit Vornamen ansprichst, hetz ich dir einen Fluch auf den Hals.", erwiderte ich überraschend ruhig und mit einem scheinheiligem Lächeln im Gesicht. Er sollte ja nicht denken, dass ich mir alles gefallen ließ. Zumal auch ich so sein konnte, wie die Rumtreiber, wenn ich nur wollte. Nur wusste ich, wo sich die Grenzen befanden.
„Okay...dieses Lächeln gefällt mir ganz und gar nicht.", meinte Black nun und brachte alle zum Lachen. Und ja, selbst mich irgendwie. Weil er mich gerade bestätigt hatte? Keine Ahnung, jedenfalls erfüllte mich das mit stolz. Irgendwie jedenfalls. 
„Kommt lasst uns gehen. Sonst macht Evans ihre Drohung noch wahr.", sagte er und zwinkerte mir schließlich noch zu. Und ja, das verwirrte mich. Denn mir hatte noch nie irgendwer zugezwinkert. Wobei ich das hier jetzt nicht auf irgendeine romantische Art sah. Es irritierte mich einfach.
„Tschüss!", erwiderte ich lediglich, ehe die anderen auch schon aus dem  Schülersprecher-Turm verschwanden. Und mich hier allein zurück ließen.

James

Langsam und irgendwie auch schweren Herzens, ging ich mit meinen Freunden aus dem Schülersprecher Turm. Mein Herz pochte noch immer. Sie nannte mich nun beim Vornamen. Und hatte mir ihren Angeboten. Und dann verschwand ich einfach so.
„Du hast keinen guten Einfluss auf Lily. Ich sag's dir.", durchbrach Tatze mit einem breiten Grinsen im Gesicht meine Gedanken und schlug mir brüderlich auf die Schulter. Keine Ahnung was er wieder hatte, aber auch ich hatte das Zwinkern mitbekommen. Und das durfte ja wohl kein anderer außer mir.
„Hör auf Tatze!", grummelte ich und schüttelte seinen Arm ab. Mich beschäftigte das noch immer. Auch wenn ich das ganze versucht hatte lächerlich zu machen.

„Ich glaube ja, dass unsere Lily eingesehen hat, dass Krone doch gar nicht so schlimm ist.", meinte Moony, wodurch mich nun alle breit grinsend anschauten. Und das war mir mehr als unangenehm. Denn auch wenn das Thema rund um Lily immer aktuell war, wurde sowas noch nie von irgendwem abgegeben.
„Oh Krone, du wirst rot. Das kennt man ja gar nicht von dir.", triezte Tatze weiter und ließ alle lachen. Wieso musste Moony auch genau vor dem Vollmond alle durchschauen? Das war schon immer anstrengend. Reichte es nicht, dass ich rot wurde, wenn es allgemein um Lily ging? Musste ich jetzt auch noch so offensichtlich in Lily verliebt sein? Denn anscheinend wusste es das gesamte Schloss.
„Moony, könntest du bitte deine Vermutung für dich behalten? Es stimmt nämlich nicht. Wir haben nur über eine Idee von den Vertrauensschülern gelacht.", versuchte ich mich erneut heraus zu reden. Denn wenn ich eines nicht war, dann bereit für solche Gespräche. Die hatte ich so schon ertragen müssen, als ich verzweifelt im Schlafsaal gehockt hatte, nachdem Lily und ich uns wieder gestritten hatten. So sehr ich das Aufbauen meiner Freunde auch schätzte, freiwillig hatte ich das bisher noch nie gefordert.
„Ja klar Krone, deswegen bist du auch rot geworden.", musste nun auch Peter schallend seinen Senf dazu geben. Mir wurde das alles viel zu unangenehm. Konnten die mich nicht einmal in Ruhe lassen und mich meine Gedanken hegen lassen?
„Das habt ihr euch nur eingebildet.", entgegnete ich promt und ging zügigen Schrittes zum Krankenflügel vor, damit sie mich nicht noch mehr in Verlegenheit bringen konnten.

Als wir Moony schließen im Krankenflügel abgeliefert hatten, machten Wurmschwanz, Tatze und ich uns auf den Weg in den Schlafsaal der Siebtklässler. Die Zeit vor dem Vollmond verbrachten wir gern zusammen. So war es auch schon fast Tradition, dass wir Zauberschach spielten. Und für gewöhnlich gewann ich. Oder schlug mich ganz gut gegen Padoot. Doch heute verlor ich sogar gegen Wurmschwanz. Und ich wusste nicht einmal weshalb. Es war einfach aussichtslos heute. So schlecht hatte ich noch nie gespielt. Das musste selbst ich zugeben.
„Man Krone was machst du denn? Bist du mit den Gedanken schon wieder beim nächsten Quidditch-Training?", beschwerte sich Sirius, von dem langweiligen Spielen genervt. Seufzend ließ ich mich auf mein ehemaliges Bett im Schlafsaal fallen und fuhr mit gequält übers Gesicht. Geistesabwesend nickte ich Tatze nur zur Bestätigung, wusste jedoch, dass das eine komplette Lüge war. Denn ich war mit den Gedanken nicht beim Quidditch, sondern bei einem wunderschönen rothaarigen Mädchen mit intensiv funkelnden, grünen Augen und deren Lachen so schön wie klare Glocken klingt. Ich konnte dagegen nichts tun. Meine Gedanken waren bei Lily Evans. Schon die ganzen letzten zwei Wochen fragte ich mich, welche Sorgen sie wohl so quälen mögen, dass ihr Funkeln in ihren grünen Augen einem trüben Blick gewichen ist. Sie musste sich jemandem anvertrauen und ich wünschte das wäre ich. Wenn das so weiterginge, wäre sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ständig fragte ich mich, was aus dem so fröhlichen, klugen und fleißigen Mädchen geworden ist. Welchen Grund es dafür hab. Ich wünschte so sehr, ich wüsste es.

„Deine Gedanken sind gar nicht beim Quidditch, stimmt's?", nahm ich eine leise und einfühlsame Stimme neben mir wahr. Tatze hatte mich angesprochen. Viel zu oft hatte ich so dagelegen und bin mir durch die Haare gefahren. War dem ertrinken meiner eigenen Gedanken nahe und wünschte Antworten zu bekommen.
„Deine Stirn ist in tiefe Falten gelegt, du denkst über etwas nach. Es scheint dich sehr zu beschäftigen.", stellte Sirius tadellos fest. Er kannte mich zu gut. Ich konnte es nicht abstreiten. Nicht ihm gegenüber. Er kannte mich besser als sonst jemand. Und gerade heute schien es mehr als offensichtlich.
„Es...es ist so, ich mach mir Sorgen um Lily. Sie ist seit zwei Wochen nicht mehr sie selbst. Sie geht ständig in die Bibliothek zum lernen, nur um nicht über ihre Probleme nachzudenken. Das kann doch nicht gesund sein!", erklärte ich besorgt und schlug die Augen auf. Seufzend schaute ich zu Pad, welcher sich neben mich gesetzt hatte und mich fragend musterte. Er kannte das ganze gar nicht. Woher auch. Ich war der einzige der in den Sorgen um ein Mädchen versank.
„Woher weißt du, dass sie nur in die Bibliothek geht um nicht über ihre Probleme nachdenken zu müssen?", hakte er verwundert und mit forschenden Blick nach. Und da war es. Die Frage, die nur von den Leuten kommen konnte, welche noch nie so etwas empfunden hatten.
„Ich weiß es nicht genau. Aber so viel wie sie die letzten zwei Wochen in der Bibliothek war, war sie noch nichtmal in der Prüfungszeit dort. Sie hat stets und ständig ein Buch in der Hand, nur um nicht nachdenken zu müssen. Jedesmal, wenn sie im Gesmeinschaftsraum auch nur fünf Minuten ohne Buch da sitzt, schaut sie verkniffen. Danach schüttelt sie den Kopf und ließt wieder ein Buch. Selbst wenn wir bei der Patrouille mal fünf Minuten nicht über den Halloweenball sprechen sind wieder diese tiefen Falten und der leere Ausdruck in ihren Augen zu sehen. Das kann doch nicht normal sein!", meinte ich wehleidig. Frustriert fuhr ich mir abermals durchs Haar. Es gab so vieles was ich nicht verstand. So vieles über das ich mich immer sorgte. Und Lily vermochte mir keine Antwort geben zu können.
„Aber was willst du denn dagegen machen?", fragte mich Sirius nun besorgt. Tja, wenn ich das wüsste. Wenn ich dieses Wissen hätte, würde ich mich nicht so sehr sorgen.

„Ich weiß es nicht. Ich hab gesagt, wenn sie reden will bin ich da. Und sie solle mit jemandem über ihre Probleme reden. Aber sie hat mit niemandem geredet. Wenn wir jetzt mal von euren kurzen Wortwechseln, die Antworten die sie im Unterricht gibt und unseren kleinen Gesprächen bei der Patrouille absehen. Und dann kommen noch die Anschläge auf Muggelstämmig dazu. Sie ist immer zu den Opfern in den Krankenflügel gegangen. Ich glaube gerade das geht ihr im Moment ziemlich nahe. Und ihre Familie ist da auch nicht gerade außen vor, oder besser gesagt ihre Schwester.", gestikulierte ich wild und richtete meinen Oberkörper frustriert auf. Es kommt so viel zusammen. Und ich würde ihr so gern helfen. Nur wusste ich nicht wie. Ich wollte die eine Person für sie sein. Doch genau das würde ich nie sein.

„Aber vielleicht ist es ja genau das was Lily braucht. Sie braucht jemanden der für sie da wäre, wenn etwas ist. Ich glaube du bist im Moment derjenige mit dem sie am Meisten redet. Das mit der Familie und so, das wusste ich gar nicht.", versucht mich Tatze kläglich aufzubauen. Nur sah ich das genau anders. Ich war nicht diese Person. Und momentan hatte sie auch niemanden. Nur wollte ich mir darüber nun keine Gedanken mehr machen. Zumal mich Pad noch immer so fragend musterte. Das mit Petunia war mir leider auch rausgerutscht. Ich sollte aufhören so viel über sie zu reden.
„Ach das mit ihrer Schwester, das hatte sie mir schon vorher auf nachfragen erzählt. Ich glaube sie macht sich Vorwürfe Muggelstämmig zu sein und das wegen ihr alle in Gefahr sind und so. Dabei kann sie dafür genauso wenig wie für alles andere.", versuchte ich es kurz zu fassen und hoffte einfach, dass Sirius sie nicht darauf ansprechen würde. Es war so schon ein kompliziertes Thema. Zumal sie momentan nicht so gut auf Tatze zu sprechen war.
„Das wird schon Krone. Da bin ich mir sicher!", klopfte mir mein bester Freund mutspendend auf die Schulter, ließ meinen hängenden Kopf jedoch nicht aufrecht stehen. Ich wusste es zu schätzen, dass er mir helfen wollte. Doch brachte es leider rein gar nichts.

„Ähm...ich will ja nicht stören oder so, aber wir müssen dann jetzt los.", ließ Peter nun kleinlaut verlauten und schien gerade von der Toilette wieder gekommen zu sein. Seufzend erhob ich mich und schüttelte das Gespräch von gerade eben ab. Jetzt war Moony wichtiger.
„Alles gut. Los gehts!", meinte ich voller Tatendrang und mit einem gespielten Strahlen im Gesicht.

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