133. Einsatz verpasst

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James

Mittlerweile war es schon elf Uhr. Meine Mutter hatte vorhin, um halb neun, das Buffet eröffnet. Als nach einer weiteren halben Stunde alle gesättigt waren, wurde die Stimmung, wie schon immer will ich meinen, ausgelassener. Es strömten immer mehr Menschen auf die Tanzfläche. Zum Glück besaßen wir einen solch riesigen Tanzsaal, sonst wäre es unglaublich unangenehm bei der Menge Menschen geworden. Ich wusste echt nicht, wieso meine Eltern jedes Jahr aufs neue so viele Kollegen und Freunde einluden. Doch war es nicht so, dass ich hier niemanden kannte. Nein, schon vorhin, als alle zum Essen gerannt waren, hatte ich Lily eine Menge Fakten über die Personen hier aufgezählt. Ich kannte jeden hier persönlich, kein Wunder. Meine Eltern hatten es früher immer für wichtig gehalten, dass ich ihre Arbeitskollegen kannte.
Doch wenn ihr denkt, ich hätte Lily nur gelangweilt mit Erzählungen aus meiner Kindheit und meiner jeweiligen Beziehung zu dieser Menge an Leute, habt ihr euch geschnitten. Generell hatten wir uns viel unterhalten und gelacht. Manchmal waren auch Kollegen meiner Eltern oder meine Grandma dazu gestoßen, um zu quatschen. Doch am meisten hatte ich mit ihr getanzt. Ganz viel.

Flashback

„Würdest du mir einen Tanz erlauben?", fragte ich charmant lächelnd und hielt der rothaarigen galant die Hand hin. Sie musste ebenso breit grinsen wie ich, griff mit ihrer zarten Hand nach meiner und machte einen leichten Knicks. Somit führte ich sie, stets ihre weiche Hand haltend, welche das stetige und angenehm brennende Gefühl auf meiner Haut auslöste, zur Tanzfläche. Insgeheim hoffte ich, dass die paar Übungsstunden mit Sirius in den letzten Tagen was gebracht hatten. Nach dem Halloweenball hatte ich nämlich nicht einmal geübt. Und vor all den Leuten, wollte man sich nicht wirklich blamieren. Naja, hauptsächlich vor Lily nicht.
Als wir einen recht guten Platz auf der Tanzfläche ergattert hatten, blieb ich stehen. Federleicht wie immer legte sie ihre Hand an meine Schulter und ich legte meine an ihre Hüfte. Hoffen wir's das es gut ging. Mal wieder wurde ich nervös, war das wirklich eine gute Idee gewesen?

Ich schaute lächelnd auf und sah wieder direkt in ihre grünen Augen. In dieses intensive und strahlende Grün...Und verpasste meinen Einsatz. Scheiße.
Lily vor mir lachte amüsiert, als sie schon beginnen wollte zu tanzen und ich einfach stehen geblieben war. Super. Überhaupt nicht peinlich. Nein, gar nicht!
„James, du musst führen.", meinte Lily vor mir amüsiert. Ja, ja das sollte ich. Hahaha.
Aber gut, ich fasste mich wieder und stieg im nächsten Takt mit ihr ein. Und jetzt ging alles wie von selbst. Ich blieb nicht stehen oder wurde ‚ausgelacht'. Ich war wiedermal so in ihre Augen vertieft, dass ich alles um uns vergaß. Alles. Das Gerede. Das Lachen. Einfach alle Menschen um uns herum. Für diesen einen Moment existierte nur sie. Lily Evans. Mit ihren roten und schimmernden Haaren. Ihren Intensiv grünen und strahlenden Augen. Und ihrem bezaubernden Lächeln, welches ich immer wieder anschauen musste.

Ich fühlte mich wie in Zeitlupe. Als würde alles um uns herum langsamer verlaufen, nur wir blieben. Blieben gefangen in diesem Moment. In dem Moment, des stetigen Kribbelns in meinem Körper. In dem Moment, wo mein Herzschlag von Schritt zu Schritt, Blick um Blick immer schneller schlug. In dem Moment, wo ich so glücklich war, wie nie zuvor. Nicht einmal damals, als ich das erste mal mit ihr tanzen durfte. Da, wo ich mich so unglaublich ungeschickt und dumm angestellt hatte. Auch, wenn dort mein Herz ebenso sehr gepumpt hatte.
Nicht einmal damals, als wir den Halloweenball eröffnet hatten. Wo ich so gefangen von ihren Augen gewesen war.

Das hier, das war alles noch viel intensiver. Viel elektrisierender. Und viel schöner. So schön wie noch nie. Mein Herz pumpe unaufhörlich, meine Atmung war nicht nur vom tanzen ins Stocken geraten. Ich liebte sie. Genau in diesem Moment war es hundertprozentig klar. Ich hatte es schon öfter geäußert, doch jetzt, genau jetzt, war etwas passiert, was das alles übertraf. Und das komische daran war, dass ich nicht einmal wusste, was sich so sehr geändert hatte. Der Ausdruck von Liebe war für meine Empfindung in diesem Moment, viel zu schwach. Alles was ich für dieses Mädchen, für Lily Evans empfand übertraf jegliche Ausdrucksform.

Flashback Ende

Ja und jetzt, jetzt stand ich recht am Rande. Am Rande der Tanzfläche, am Rande des Buffets, am Rande des Geschehens. Und beobachtete Lily.
Lily, wie sie sich lachend mit Hestia, zur mittlerweile heiteren Musik, drehte und lachte. Wie sie sich mit Hestia amüsierte und einfach nur wunderschön aussah. Ihre Haare wirbelten umher, glänzten so wie noch nie. Ihre Augen leuchteten, wie Sterne am Himmelszelt. Und ihr Lächeln, welches den Saal voller Farbe und Freude erfüllte.

Allein beim betrachten von ihr klopfte mein Herz so stark, dass es der Auror am nächsten Tisch hören könnte. Allein beim betrachten von ihr, war ich fast dabei mit zu lachen, dabei wusste ich nicht einmal weshalb. Allein beim betrachten von ihr, spürte ich ihre warme Umarmung um mir.

„James. Das wird langsam sehr auffällig.", vernahm ich dumpf eine leise Stimme. Ich brauchte eine Weile, ehe ich wenigstens mein Gehör der Person neben mir schenken konnte. Und erst jetzt verstand ich, was diese Person meinte. Wer diese Person überhaupt war.
„Was meinst du?", fragte ich und konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Von ihrem Lachen und der Euphorie die sie verströmte.
„Das Anstarren James. Du hältst deinen Blick unentwegt auf ihr.", erklärte sie mir. Ja und? Was war daran so schlimm? Die schauen mich doch auch alle an.
„Mich haben schon einige gefragt, ob ihr zusammen seid.", meinte sie wieder einmal neben mir. Was meinte sie?

Nun wandte ich meinen Blick ruckartig zu meiner Mutter. Wieso fragte man sie so etwas? Sie hatte ja wohl gesagt es wäre nicht so.
„Ich hoffe doch du hast nicht gesagt es wäre so.", meinte ich und blickte meine Mutter forschend an. Mit ihrer Hochsteckfrisur und dem hübschen langen Jumpsuit wirkte sie im Moment auf mich so, als wäre sie bereit, stets in den Kampf zu ziehen. Es war schon seltsam, wie man als Auror jeden Moment pässlich sein muss.
Wenn sie das nicht gesagt hätte und Lily rausfinden würde, dass erzählt wird, wir wären zusammen, dann wären meine Hoffnungen dahin.
„Nein Schatz, aber du bist um ehrlich zu sein das Hauptgesprächsthema seit einer Stunde. Wenn du weiter so starrst wird es auch den letzten nicht verborgen bleiben, das du in das neue Gesicht auf der Feier verliebt bist, sie es nur nicht weiß.", sprach meine Mutter wieder eindringlich. Ich hasste es, wenn sie in solch einem Ton zu mir sprach. Sie ließ mir die Wahl, und das hasste ich. Sollte sie mich doch zurechtweisen oder sollte sie es lassen. Doch entweder das eine oder das andere.

Ich wandt meinen Blick wieder nach vorn. Zu Lily. Mein Herz pumpte wieder wie verrückt, und meine Gedanken kreisten nur um sie.
„Und was soll ich dagegen bitte machen? Ignorieren funktioniert schließlich nicht.", grummelte ich. Natürlich kotzte es mich an, dass gefühlt jeder auf der Feier jetzt dachte, ich wäre in Lily verliebt. Das war ich ja auch, aber musste es doch nicht gleich jeder wissen. Hauptsache sie sprachen Lily nicht darauf an. Mein jetziger Zustand machte mich schon verrückt.

„Das hab ich ja auch gar nicht gesagt. Hör zu, ich versteh warum du dich in sie verliebt hast.", begann sie. Wieder war mein Blick ruckartig bei Mum.
„Wirklich?", fragte ich. Bisher hatte nicht einmal Sirius so richtig verstanden, was ich so toll an ihr fand. Naja, nun konnte er es etwas besser nachvollziehen, doch in den ersten sechs Jahren hatte er nur den Kopf geschüttelt. Verständlich, hätte ich in seiner Situation auch. Aber erfüllte es mich gerade ein wenig mit Freude, dass meine Mutter das sagte.
„Natürlich. Bei Merlin, James. Du redest seit sechs Jahren von dem selben Mädchen. Zumal sie auch wirklich toll ist. Doch solltest du aufpassen. Sie ist eine eigenständige Frau und braucht niemanden, um zurecht zu kommen. Nicht einmal einen Mann. Sie weiß was sie will und wenn du ihr dabei im Weg stehen solltest, wird sie auch ohne dich klar kommen werden." Als wüsste ich das nicht schon. Was dachte sie denn, weshalb ich so verzweifelt war? Wehmütig blickte ich wieder zu Lily, welche sich nun angeregt mit Hestia unterhielt. Wie konnte man auch solch ein kluges Mädchen von sich überzeugen, wenn sie für ihren Weg niemanden anderen brauchte? Sie brauchte nichts und niemanden. Kam allein klar und würde auch immer selbst alles schaffen. Welch eine Chance hatte ich denn dann bei ihr?

„Frag sie doch nach einem Date.", versuchte meine Mutter behilflich zu sein. Ich lachte sarkastisch auf.
„Dir ist schon bewusst, dass ich sie sechs Jahre lang nach nichts anderem gefragt habe, oder?", meinte ich daraufhin bissig und blickte sie wieder an. Als würde sie jetzt zusagen. Ich hab mich schon damit abgefunden gehabt, das sie nicht mit mir ausgehen wollte. Wieso sollt sich sie dann fragen, wenn sie eh wieder nein sagen würde?

„James, das waren Datefragen, die du nie wirklich ernst rüber gebracht hast. Ihr kanntet euch nicht einmal, wieso sollte sie denn dann auch zusagen? Denkst du wirklich Lily wäre jemals mit jemandem auf ein Date gegangen, um die Person sofort auf gefühlsduselige Weise kennenzulernen? Lily ist klug, James. Sie hat andere Prinzipien. Während für viele Mädchen in eurem Alter das Aussehen der ausschlaggebende Punkt ist, ist für Lily der kommutative Punkt wichtig. Was auch hundertprozentig richtig ist. Sie sucht nach was Richtigem James, und so wie du dich die letzten Jahre ihr gegenüber gezeigt hast, warst du nicht im geringsten eine Option. Ihr kennt euch doch jetzt viel besser. Meinst du nicht, dass ihr es, wenn dann um einiges schwerer fallen würde abzusagen und dich garantiert nicht so abservieren wird wie die letzten Jahre?", sprach meine Mutter eindringlich. Doch angeschaut hatte ich sie nicht. Nein, mein Blick war wieder auf Lily geheftet gewesen. Doch trotz dessen verstand ich jedes einzelne Wort meiner Mutter. Und jedes einzelne Wort mochte stimmen. Doch überwog einfach die Angst. Die Angst, dass ich eine Absage nicht schon wieder ertragen könnte. Die Angst, wirklich nicht auf diese Weise von ihr gemocht zu werden, wie ich sie mochte, wie ich sie liebte.

„Und wo sollte ich hingehen? In Hogwarts redet doch jeder. Meinst du nicht, dass sie sich vorher ewig Gedanken darüber machen würde, was die anderen sagten? Sie leidet doch so schon zu sehr unter dem Scheiß was die Slytherins von sich geben. Da wäre eine Zusage doch nur noch Selbstmord.", meinte ich und drehte meine Bierflasche nachdenklich in der Hand. Es stimmte doch auch. Es war jetzt schon schrecklich, was für Dinge sie täglich an den Kopf geschmissen bekam. Mit einer Zusage würde sie doch nur noch mehr zur Zielscheibe werden. Und das wollte ich am wenigsten. Das sie wegen mir am Ende wieder im Krankenflügel landete. Ich würde die lachende Lily weiter hinten im Raum nicht nochmal im Krankenflügel landen lassen.

„Ich hab Ja auch nicht davon geredet, dass du sie in Hogwarts nach einem Date fragen sollst. Ihr seid noch zwei Wochen zu Hause. Davon ist sie vier Tage hier. Du musst sie ja nicht unbedingt in den vier Tagen einladen. Das wäre ihr garantiert auch unangenehm. Aber du solltest sie wenigstens fragen. Und wenn's erst in einer Woche ist.", meinte sie. Vielleicht hatte sie ja wirklich recht. Wir hatten ja jetzt einigermaßen Zeit, zumal ein Date am Abend sie auch vom alleinigen lernen zu Hause abhalten könnte. Genauso würde niemand aus Hogwarts etwas davon wissen, wenn wir nicht gerade in die Winkelgasse gehen würden. Doch das wäre viel zu klassisch. Wenn Lily zusagen würde, müsste ich mir etwas besonderes überlegen.

„Denk mal drüber nach. Aber ich denke nicht, dass es vollkommen hoffnungslos ist James.", meinte meine Mutter schließlich, und ging, nachdem sie mir kurz meine Schulter gedrückt hatte, wieder zu ihren Gästen. Ja, ich würde darüber nachdenken. Ganz bestimmt.

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