Kapitel 7: Aufkommenes Unheil

»Frieden war oft nur von kurzer Dauer, während der Boden nur darauf wartete, von Blut getränkt und mit Leichen übersäht zu werden.«

Mein Gesicht verzog sich schmerzhaft als ich erneut sah, wie Taehyung Byeongsu den Boden unter seinen Füßen nahm und Byeongsu schwer zu Boden fiel.
,,Ihr seid zu unkonzentriert, Prinz Byeongsu", ermahnte Taehyung ihn nun schon zum dritten Mal und reichte ihm seine Hand, um Byeongsu aufzuhelfen.
,,Eure gefährlichste Waffe mag zwar Euer Schwert sein, jedoch müsst Ihr mit Eurem Körper ebenfalls kämpfen und ihn als Waffe nutzen. Wenn Ihr Euch nicht bewegt und Euren Körper nicht zu Eurem Vorteil nutzt, bietet Ihr Eurem Gegner ein leichtes Spiel und werdet innerhalb von wenigen Sekunden tot sein." Verstehend nickte Byeongsu und verzog seinen Mund zu einer schmalen Linie, was er immer dann tat, wenn er genau über etwas nachdachte.

,,Wie schlägt er sich?", ertönte plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir, weshalb ich mich leicht lächelnd zu Bogyeong drehte und hinauf zu ihm sah. Seine Arme verschränkt und vor der Brust haltend, stand er neben mir, schaute und hörte Taehyungs Worten genauso aufmerksam zu wie ich.
,,Wenn Euer Gegner Euch frontal angreift, dann blockiert Ihr seinen Schwerthieb natürlich mit Eurem Schwert. In diesen paar Sekunden könnt Ihr Euch jedoch einen Vorteil verschaffen, indem Ihr ihn überrascht und ihm beispielsweise sein Gleichgewicht durch einen Stoß mit Eurem Körper nehmt. Nur wenig Krieger nutzen ihren Körper ebenfalls zum kämpfen, obwohl unser Körper unsere stärkste Waffe ist. Denn nur wenn Ihr Euren Gegner aus dem Konzept bringt, habt Ihr eine wirklich hohe Chance, den Kampf für Euch zu gewinnen."

Völlig perplex schaute ich zu Bogyeong, als dieser einen zustimmenden Ton von sich gab und daraufhin die Treppen hinunter schritt.
,,Byeongsu. Wir beide kämpfen gegeneinander", erklärte Bogyeong Byeongsu und zog daraufhin sein Schwert, welches er immer bei sich trug.
,,Wirklich?" Ungläubig betrachtete Byeongsu unseren älteren Bruder und runzelte die Stirn, bevor er verunsichter zu Taehyung schaute. Nickend gab er sein Einverständnis kund, was zugleich bedeutete, dass er daran glaubte, dass Byeongsu Bogyeong ein ebenbürtiger Gegner war.

"Wenn Ihr das beachtet, was ich Euch beigebracht habe, dann könnt ihr gewinnen", rief Taehyung ihm zu, bevor er sich neben mich auf den Stufen niederließ. Gebannt schauten wir Bogyeong und Byeongsu zu, doch schweifte mein Blick schnell ab, als ich sah, wie Taehyungs Blick ausdruckslos auf die Stufen gerichtet war.
,,Fühlt Ihr Euch nicht wohl?", fragte ich ihn und musterte ihn besorgt. Verwunderung bildete sich plötzlich in seinem Gesicht und seine Augen weiteten sich, als er zu sprechen begann.
,,Doch. Wie kommt Ihr darauf, dass ich mich nicht wohl fühle?"
,,Ihr wirkt manchmal, als wärt Ihr nicht hier bei uns. Als wären Eure Gedanken weit entfernt von diesem Ort."
,,Ihr seid eine gute Beobachterin, Prinzessin", lobte er mich, während sein ehrliches Lächeln mein Herz zum schneller schlagen brachte.
,,Und Ihr könnt Euren Kummer schlecht verbergen."
,,Trifft dies nicht in gewissermaßen ebenfalls auf Euch zu?" Leicht lächelte ich und wandte meinen Blick wieder zu Bogyeong und Byeongsu, die sich scheinbar ebenbürtig bekämpften. Byeongsu hatte wahrlich Fortschritte gemacht.

,,Ihr habt mir immernoch nicht erklärt, wieso ihr keine Rüstung tragt." Mit einem Mal erhob sich Taehyung und zog sein Schwert aus dessen Schwertscheide, hielt es mir im nächsten Moment hin. Nicht wissend, was ich machen sollte, starrte ich einfach nur sein Schwert an und strich, zu meiner eigenen Verwunderung, über das edle Stahl, welches mein Anlitz reflektierte.
,,Nehmt es und versucht die Rüstung dort hinten zu durchstechen." Ich folgte mit meinen Augen Taehyungs Hand, die in Richtung einer am Boden liegenden Rüstung zeigte. Nun konnte ich ihm wirklich nicht mehr folgen.
,,Es ist mir nicht erlaubt, ein Schwert in den Händen zu halten", teilte ich Taehyung mit, welcher wissend nickte, mir sein Schwert dennoch weiterhin hin hielt.
,,Es ist schon in Ordnung Aera!", rief Bogyeong mir plötzlich zu und schaffte es gerade noch rechtzeitig, Byeongsus Schwerthieb auszuweichen und sein Gleichgewicht beizubehalten.

Verunsichert schaute ich auf das Schwert, bis Taehyung mir plötzlich seine Hand hin hielt und mich mit einer solchen Sanftheit ansah, dass ich dachte, mein Körper würde von einem seidenden Mantel umhüllt werden.
,,Ihr müsst Euch erheben, damit ihr es richtig in Eure Hand nehmen und halten könnt, Prinzessin."Zögernd ergriff ich seine Hand und spürte ein angenehmes Kribbeln auf der Hautpartie, die Taehyungs warme Hand berührte. Aufgeregt nahm ich sein Schwert entgegen und zog scharf die Luft ein, als ich die Schwere seines Schwertes zu spüren bekam, dieses mit der Spitze auch gleich zu Boden fiel. Ein tiefes, kehliges Lachen entkam Taehyung und mein Blick fiel schmollend auf Taehyungs strahlendes Gesicht, doch fing er sich schnell, als er in mein Gesicht blickte.

,,Verzeiht mir bitte mein Gelächter. Hätte ich jedoch eher gewusst, dass Ihr so eine schwächliche Frau seid, Prinzessin, dann hätte ich es Euch natürlich sofort erleichtert", lachte er und nahm sein Schwert für einen Moment wieder an sich, ehe er seinen Worten Taten folgen ließ und mit mir zu der Rüstung ging. Mein Herzschlag beschleunigte sich ruckartig, als Taehyung sich plötzlich hinter mich stellte, seine Arme neben meinen platzierte und seine Hände um der meinen legte, mir so dabei half, sein Schwert anzuheben.
,,Stecht geradewegs in die Mitte der Rüstung", ordnete er ruhig in der Nähe meines linken Ohrs an, weshalb sein heißer Atem auf meinem ganzen Körper eine Gänsehaut hervorrief.
,,Seid Ihr Euch sicher?" Seine Hände drückten der meinen zustimmend, weshalb ich -beziehungsweise wir- das Schwert genau dort ansetzten, wo er es mir zuvor gesagt hatte. Und dann stach ich mit voller Kraft und der Kraft, die Taehyung mir zur Verfügung stellte, zu. Ich konnte meinen Augen kaum glauben, als ich mit eigenen Augen sah, wie leicht sein Schwert die Rüstung durchstochen hatte.

,,Wie kann das sein?", fragte ich verwundert und schaute auf die Stelle der Rüstung, in der nun ein feiner Schlitz zusehen war.
,,Dieses Schwert besteht aus einem Material, was nur tief in den Bergen meines Heimatdorfes zu finden ist. Es ist der stärkste und widerstandsfähige Material im ganzen Land. Es kann normale Rüstungen, wie Soldaten sie zum Beispiel tragen, durchstechen. Nur Rüstungen, die beispielsweise Eure Brüder und einige Adelige tragen, kann es nicht durchstechen. Da ich nicht sagen kann, ob und wie viele Feinde ebenfalls Zugriff zu diesem Material haben, kämpfe ich lieber ohne Rüstung und werde somit nicht durch sie behindert, als mit einer zu kämpfen, die möglicherweise keinen Schutz bietet", erklärte Taehyung mir umfangreich zufrieden und nahm sein Schwert wieder an sich. Alles was er sagte, klang einleuchtend.

,,Wo liegt Euer Dorf?" Interessiert schaute ich ihn an, bereute meine Frage im gleichen Moment jedoch, als etwas wehleidiges in seinen Augen aufblitzte und er seinen Blick abwandte.
,,Ihr müsst mir nicht antworten."
,,Mein Heimatdorf liegt weit außerhalb von Hanyang, weit oben auf dem Berg Hallasan", sprach er und schaute bedauernd in Richtung Süden, wo die Sonne weit oben am Himmel stand. Ich wollte mich gerade entschuldigen, da ich ihm ansah, dass es ihm unangenehm war, über sein Dorf zu sprechen, jedoch wurde ich von einem erschreckenden und ungewöhnlich lautem Schrei unterbrochen, der mir mein Blut in den Adern gefrohren ließ.

,,Reiter!", schrie Gaeun von den Dächern unseres Palastes und wenige Sekunden später war der laute und tiefe Glockenklang der Glocke unseres Palastes zu hören.
Mein Blick und der von meinen Brüdern trafen sich erschrocken, als plötzlich die Tore geöffnet wurden und ein Pferd in den Hof eingeritten kam. Auf seinem Rücken hielt sich ein Soldat mit größter Mühe oben und fiel zu Boden, als die Wachen das Pferd beruhigt hatten.

Alles was ich sah war Blut.

Der Soldat blutete am ganzen Leib und ich musste meinen Blick abwenden, als ich sah, dass sein rechtes Ohr nicht an der Stelle war, an der es normalerweise hätte sein sollen. Es war weg.
,,Seht nicht hin, Prinzessin", riet Taehyung mir und zog mich schützend in seine Arme, jedoch konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Es war zu grausam, als dass ich wegsehen konnte.
,,Holt sofort unseren Arzt!", befahl Bogyeong, als er sich neben dem Soldaten niedergelassen hatte und ihn mit Gaeuns Hilfe seiner Rüstung entledigte.
,,Wie ist Euer Name?", erkundigte sich Gaeun mit sanfter Stimme und schnitt sein mit Blut getränktes Hemd mit ihrem Messer auf. Sie strahlte dabei eine solch unglaubliche Ruhe aus, dass sogar ich mich ein wenig entspannte.

"Don-g-", seine heisere Stimme brach ab, als er das Blut aus seinem Mund spuckte.
Meine Hand wanderte zu meinem Mund. Ich konnte nicht denken. Denn alles was ich sah, kam mir nicht logisch, gar real vor.
Tiefe Wunden zeichneten sich auf dem Bauch des Soldaten ab, der erneut Blut spuckte.
,,G-Gyeong...-ju....alle...t-tot", brachte der Soldat mühselig hervor.
,,Pf-Pferd...T-Tasche... I-Ihr..." Er konnte seinen Satz nicht beenden. Sein Kopf fiel leblos zur Seite. Seine Augen schauten ins Leere. Gaeun schloss traurig seine Augen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Erneut erklang ein grauenhafter und entsetzlicher Schrei, doch kam dieser aus meiner Kehle, als ich den Leichnam des Soldates sah.

»Seit Jahren war die Glocke des Palastes nicht mehr erklungen und wenn sie die Stadt mit ihren Klangwellen füllte, verhieß dies niemals etwas Gutes.
Ein Mann, der letzte Überlebende Gyeongjus, der die grauenhafte Neuigkeit überbringen sollte.
Er war nur der Bote, der das Unheil ankündigte.
Und das Unheil sollte sich schneller ausbreiten, als jeder zu diesem Zeitpunkt vorhersehen konnte.«

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top