Kapitel 4: Bogyeong
»Auf die Frage, wieso Geheimnisse entstehen, weiß oftmals niemand eine Antwort.
Doch entstehen Geheimnisse oftmals aus dem Grund, dass man etwas Verbotenes tat.
So auch der älteste Sohn des Königs, der als weise und folgsam galt, jedoch eine schöne Frau liebte, für welche er heimlich eine strenge Tradition und zugleich ein strenges Gesetzt brach.
Der werdende König durfte nur eine Adlige als seine Königin wählen, doch war seine Angebetete keine.
Denoch hielt es ihn nicht davon ab, sie zu treffen und sie zu lieben.
Doch all dies durfte niemand erfahren.«
Seitdem sich unser Vater vor wenigen Tagen auf den Weg ins Kaiserreich gemacht hatte, war es ruhig im Palast geworden. Viele der Cheon und einige Diener waren verständlicherweise mit ihm gemeinsam verreist, weshalb sich nur noch wenige Cheon im Palast aufhielten. Diese waren vor allem damit beschäftigt, die treuen Kämpfer der Armee in einigen Aufgaben anzuleiten und dort einzusetzten, wo momentan Mangel an Wachen herrschte. Da Gaeun, ebenso wie Bogyeong, nun vorrangig die Aufgaben ihres Vaters übernehmen musste, hatte ich sie seit Vaters Abreise nicht mehr zu Gesicht bekommen. Es war recht ungewöhnlich fpr mich, sie nicht an meiner Seite zu wissen. Selbst hier im Palast war sie schließlich immer in Reichweite und auch wenn ich sie in vielen Fällen nicht einmal zu Gesicht bekam, wusste ich, dass sie mich nicht aus den Augen ließ. Doch nun war es anders.
Tief verbeugten sich die zwei Wachen, die an der Tür zum Thronsaal und zum Kriegsraum der Generale standen. Sie schienen aus der Armee zu kommen, da mir ihre Gesichter nicht bekannt waren, dennoch öffneten sie mir soforr die Türen zum Saal. Dankbar schenkte ich den Männern ein Lächeln und betrat den leeren Saal. Ich hatte erwartet, Bogyeong hier aufzufinden, jedoch war von ihm keine Spur zu sehen. Da es an dem heutigen Tag meines Wissens nach kein Treffen mit den Generälen gab, machte ich mich auf zu dem großen Raum, in dem meine Brüder und mein Vater sonst über die Armee sprachen.
Doch als ich Stimmen hörte blieb ich abrupt stehen. Vorsichtig schielte ich durch den Schlitz der Tür. Meine Augen weiteten sich, als ich Gaeun erblickte, die ein wunderschönes Gewand trug und so schön wie eine blühende Blume im Frühling aussah.
,,Gaeun...", ertönte Bogyeongs sanfte, aber zugleich verletzt klingende Stimme, als er sich plötzlich vor Gaeun stellte. Mir stockte der Atem.
,,Mein Prinz, bitte. Ihr dürft dies nicht."
,,Sag so etwas nicht. Ich flehe dich an", verlangte er und legte seine Hände an ihre Wange, um sie sanft zu küssen.
,,Ihr-"
,,Gaeun, niemand ist hier." Mein Herz schmerzte, während ich sie beobachtete. Sie schienen tiefe Gefühle füreinander zu hegen und dennoch war es ihnen nicht erlaubt, diesen Gefühlen nachzugehen.
»Die Liebe konnte etwas süßes sein, wenn sie nicht bitter war. Auch wenn der Prinz eine Tochter des Cheon Clanes auserwählt hatte, wussten beide, dass sie niemals eine gemeinsame Zukunft haben konnten- zumindest keine ohne Tränen.
Denn selbst eine Cheon Kriegerin durfte keine Königin werden, auch wenn sie für den Prinzen bereits seine persönliche Königin war.«
Plötzlich fuhr ich herum, als ich Stimmen vor den Türen des Thronsaales hörte und sich diese öffneten. Sofort zog ich die Tür zu Gaeun und Bogyeong zu und schaute einen der Generäle an. Sie durften ihr Geheimnis nicht erfahren. Sie mochten treue Generäle sein, dennoch sollte man niemandem von ihnen ein solches Geheimnis anvertrauen. Jede Schwäche konnte zu einem Angriffspunkt werden.
,,Ich bitte um Verzeihung, Prinzessin Aera. Ich bin auf der Suche nach Prinz Bogyeong. Habt Ihr ihn gesehen?"
,,Leider kann ich Euch nicht weiterhelfen. Ich bin ebenfalls auf der Suche nach ihm", log ich und lächelte freundlich, bevor der General sich noch einmal verbeugte und verschwand.
Erleichtert atmete ich aus, schrie im nächsten Moment allerdings auf, als hinter mir die Schiebetür aufgerissen wurde. Ich hatte Bogyeong vor mir erwartet, doch blickte ich in Gaeuns aufgerissene Augen, in denen die Panik nur so lagen. Ich riss mich von ihren Augen los und schaute zu Bogyeong, der kreidebleich zu uns sah.
Vorsichtig schlang ich meine Arme um Gaeuns Körper, drückte sie sanft an mich.
,,Keine Sorge. Euer Geheimnis ist bei mir sicher", hauchte ich und schaute sie aufmunternd an, doch dann sah ich, wie Gaeun eine Träne die Wange hinunter lief.
,,Ich danke Euch", flüsterte sie heiser zurück und verbeugte sich so tief vor mir, dass ihr Kopf beinahe den Boden berührte.
»Es war ein Geheimnis, dass großen Schaden mit sich bringen könnte, wenn es in die falschen Hände gelangen würde.«
D
er herrliche Geruch von frischem Heu lag in der Luft, als ich den Stall unserer Pferde betrat und geradewegs auf meines zuging. Lächelnd hielt ich ihr einen Apfel hin, den die weiße Stute sofort verschlang. Ich hob meine Hand, um ihr über ihr weißes Fell zu streichen, hielt jedoch inne, als ich jemanden sah, der gerade ein neues Pferd streichelte.
Neugierig trat ich näher heran und erkannte Taehyung, welcher sich mit geschlossenen Augen an die Schnauze des schwarzen Pferdes lehnte und leise etwas vor sich her murmelte.
,,Sie ist ein schönes Pferd." Verblüfft drehte sich Taehyung zu mir um und schaute daraufhin wieder verträumt zu seinem Pferd.
,,Ja, dass ist sie. Kommt ruhig näher. Sie ist ein sehr zahmes Pferd." Langsam trat ich näher zu ihnen heran, als ich jedoch meine Hand nur zögernd anhob, spürte ich plötzlich, wie Taehyung meine Hand selbst nahm.
Leicht weiteten sich meine Augen, als seine warme und starke Hand der meinen sanft umschloss, so als hätte er Angst, meine Hand zu zerbrechen. Sachte legte er meine Hand an den Hals seines Pferdes und seine daraufhin über meine.
,,Sie mag es, wenn man ihr sanft über den Hals streicht" flüsterte er und sah mich mit einem Blick an, den ich zuvor nur gesehen hatte, als ich ihm meinen goldenen Armreif gegeben hatte. Zwar sah er mich ernst an, aber in seinen Augen erkannte ich dennoch etwas sanftes und verletzliches.
,,Schließt Eure Augen." Ich tat es, ohne nachzufragen. Irgendetwas in seiner Stimme begann mich auf eine Reise mitzunehmen, die ich nicht beenden wollte.
,,Konzentriert Euch auf Eure Handfläche", sprach er sanft und schon bald spürte ich die Körperwärme seines Pferdes wie ein angenehmes Kribbeln auf meiner Handfläche. Fasziniert schaute ich Taehyung an, dessen Lippen plötzlich ein wunderschönes Lächeln zierten, ehe er auf den Rücken seines Pferdes stieg.
,,Wollt Ihr einen Ritt wagen Prinzessin?" fragte er mich und reichte mir seine Hand.
Unschlüssig schaute ich zu ihm hinauf, willigte dann allerdings ein. Mit einem kräftigen Ruck zog er mich hinauf zu sich.
,,Haltet Euch an mir fest", riet er mir, weshalb ich sofort seine Hüfte umklammerte und mich fest hielt.
Scharf zog ich die Luft ein, als ich unter seinem Gewand seine starke Muskeln spürte. Das Blut stieg mir augenblicklich zu Kopf.
,,Seid Ihr bereit?", fragte er und schaute mich lächelnd an, weshalb ich bloß nickte und meinen Blick schnell abwand, damit er meine Verlegenheit nicht sah.
Es wirkte schon fast erfrischend, dass er die Floskeln nicht so ernst nahm, wie Gaeun.
Denn sonst hätte ich auf meinem eigenen Pferd reiten müssen und das wollte ich heute nicht. Seine Nähe hatte etwas anziehendes. Er hatte etwas anziehendes.
,,Haltet Euch gut fest",sprach er, ehe wir im nächsten Moment los ritten.
,,Wohin reiten wir?"
,,An einen Ort außerhalb des Palastes."
,,An welchen?"
,,Stellt Ihr immer soviele Fragen?" fragte er fast lachend, weshalb ich meine Lippen zu einer geraden Linie schürzte.
»Was die Prinzessin nicht wusste war, dass des Kriegers plötzliche Lockerheit allein Ihr Verdienst war...
Doch erst wenn er sich ihr von selbst öffnen würde, konnte sie ihn vor der Dunkelheit retten.«
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