Kapitel 26: Zhao Jun
» Machtlos verfiel die Prinzessin ihren Gefühlen, konnte nicht alleine gegen die Flut der Emotionen ankämpfen, die sie wie ein Schiff langsam zu versänken drohten.«
Keuchend hielt ich mir meine schmerzende Brust, versuchte langsam zu Atmen, statt nach Luft zu ringen. Vergeblich.
,,W-wir müssen ihn suchen. Er kann nicht tot sein. E-er hat es mir versprochen", keuchte ich und presste meine Augen schmerzhaft zusammen. Es war zu viel für mich. Das alles war zu viel für mich. Nianzus Tat, Taehyungs Verletzungen, Gaeuns Tod, meine körperlichen Beschwerden und nun auch noch das Verschwinden meines Bruders. Meine Lungen schnürrten sich immer weiter zu. Die Panik lag zu tief in meinen Knochen. Was war, wenn sie ihn mir auch noch nehmen würden? Immer weiter spürte ich, wie ich schlechter Luft bekam, wie mein Körper sich verkrampfte.
,,Prinzessin, Ihr müsst Euch beruhigen!" Grob packte Taehyung meine Arme und schüttelte mich. Das Blut klebte immernoch an seiner Wange. Überall war Blut. Hilfesuchend sah ich ihn an, dachte ich würde ersticken. Ich bekam keine Luft. Alles brannte. Mein Hals, meine Lungen, einfach alles.
,,Kein-e Luft."
,,Beruhigt Euch! Konzetriert Euch auf Eure Atmung!" Es half nicht. Ich musste mich mit meinen Händen am Boden abstützen. Die Luft wurde dünner. Panisch schnappte ich nach Luft, spürte wie meine Sicht dabei war zu verschwimmen. Meine Atmung war nur noch ein hilfloses nach Luft ringen. Meine Lungen bekamen zu wenig Luft und mein Kopf begann zu schmerzen. Es war als würde mir jemand meinen Brustkorb zu schnüren und meinen Kopf zerdrücken.
Gerade als ich dachte, ich würde entgültig umfallen, spürte ich einen höllischen und brennenden Schmerz in meiner linken Gesichtshälfte. Vollkommen perplex blickte ich Taehyung an, dessen Gesicht ausdruckslos geworden war. Erst nach wenigen stillen Sekunden, realisierte ich, was so eben geschehen war.
,,I-ihr habt mich ge-geschlagen", stellte ich eher vor Verwunderung, wie als Frage fest. Langsam kniete er sich vor mich hin und küsste die Stelle, an welcher er mich gerade eben noch mit seiner bloßen Hand geohrfeigt hatte.
,,Ich musste es tun, bitte verzeiht. Hätte ich es nicht getan, würdet Ihr Eurer Panikattacke immernoch verfallen sein oder bewusstlos zu Boden liegen", erklärte er vorsichtig, und strich liebevoll über meine Wange, die er schmervoll betrachtete. Der Schock seiner Tat hatte mich völlig vergessen lassen, dass ich beinahe den Verstand verloren hätte.
,,Ich werde nach Eurem Bruder suchen", erklärte er im nächsten Moment, erhob sich gleich daraufhin vom schlammigen Boden.
,,Ich komme mit!", protestierte ich augenblicklich und richtete mich auf. Meine Sicht verschwamm erneut und für einen Moment glaubte ich, ich würde erneut zusammenbrechen. Es dauerte einige Sekunden, bis sich mein Zustand wieder verbessert hatte.
,,Nein, Ihr werdet hier bleiben und Euch erholen. Ihr werdet zusammenbrechen, wenn Ihr Euch und Eurem Körper keine Ruhe gönnt."
,,Ihr braucht ebenfalls Ruhe!",
,,Ich bin diese Art von Stress gewöhnt. Darauf habe ich hin trainiert."
Mir war vollkommen bewusst, dass ich an Taehyung auf Granit biss, weshalb ich eine äußerst unkluge Entscheidung traf. Schlagartig drehte ich mich von ihm weg, ignorierte dabei den einhergehenden Schwindel und sprang auf Bongjus Pferd auf. Ich ritt davon, beachtete die Rufe seitens Taehyung und Bongju nicht, sondern ritt die Abkürzung zwischen unserem Palast und dem Anwesen meiner Mutter entlang. Hektisch ließ ich meinen Blick durch den Wald wandern, suchte nach einem Lebenszeichen- nach meinem Bruder. Urplötzlich erschrack ich, als mich ein Feind auf seinem Pferd entdeckte, daraufhin geradewegs auf mich zugeritten kam. Schnell zog ich an meines Pferdes Zügeln, um umzukehren, wurde jedoch erneut überrascht, als Taehyung auf seinem Pferd angeeilt kam und unserem Feind zuerst den Bauch aufschnitt, dieser brüllend vor Schmerz von seinem Pferd fiel. Geübt ergriff Taehyung die Zügel von Bongjus Pferd und zwang uns, stehen zu bleiben.
,,Was habt Ihr Euch bloß dabei gedacht?!", fuhr Taehyung mich rasend vor Wut an, ehe er dem am Boden liegendem Feind unbarmherzig sein Schwert in den Oberschenkel rammte, damit dieser nicht davon kriechen konnte. Daraufhin kam er zu mir und zog mich von Bongjus Pferd hinunter, um mir wütend in die Augen zu sehen.
,,Ihr wärt womöglich tot, wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre! Und die anderen hättet Ihr ebenfalls in Gefahr gebracht, wenn Ihr ihm den Weg zum Anwesen Eurer Mutter gezeigt hättet!" Schuldbewusst konnte icv nichts anderes tun, als meinen Blick von Taehyung abzuwenden. Warme Finger legten sich unter mein Kinn, als er mich zwang, ihn anzusehen. Sein Blick hatte sich verändern, seine Augen waren wehleidig geworden.
,,Anders als Euer ältester Bruder hätte ich den Verlust der Frau, die ich liebe, nicht überlebt", hauchte er und küsste mich sanft, löste sich jedoch von mir, als das ehlende Gebrüll des Feindes nicht aufhörte. Selten hatte ich so viele Flüche aus dem Mund eines Menschen gehört.
,,Ihr solltet nun wegsehen und Eure Ohren bedecken", empfohl Taehyung sanft und führte meine Hände zu meinen Ohren, ehe er sich von mir entfernte und ich seinem Rat nachging. Ich schloss meine Augen. Zwar hielt ich meine Ohren bedeckt, die grauenvollen Schreie des Mannes entgingen mir dennoch nicht. Ausmalen wollte ich mir nicht, was Teahyung ihm antat.
Die Schreie verebbten,ich zuckte zusammen, als starke Männerhände meine Arme umgriffen. Verwirrt sah ich Taehyung an, als der Mann verschwunden war.
,,Ich nehme an, dass Ihr nicht zurück reiten werdet, wenn ich es Euch sage." Durch ein Nicken bestätigte ich ihm seine Vermutung, folgte ihm, nachdem er es mir signalisiert hatte.
,,Bleibt hinter mir und verhaltet Euch ruhig", befahl Taehyung, nachdem wir den Palast erreicht hatten und uns hineinschlichen. Niemand war mehr da- so dachten wir. In Mitten des riesigen Hofes, erstreckte sich ein Massengrab- ein riesiger Leichenberg.
,,Prinzessin Aera! Ihr sucht sicherlich Euren Bruder. Er ist mitgenommen worden." Ein eiskalter Schauer überkam mich, als mich die Stimme der riesigen Gestalt in schwarzer Rüstung erreicht hatte. Der Mann, der eingehüllt war in einer pechschwarzen Rüstung samt Helm, erhob sich von dem Leichenberg, auf welchem er zuvor noch herablassend gesessen hatte.
Angst und Wut vermischten sich in meinem Innern zu einem Chaos, welches mich von innen heraus zu lähmen begann. Doch dann war alles für einen kurzen Augenblick klar. Byeongsu lebte, dem Himmel sei Dank.
,,Zhao Jun", knurrte Taehyung und stellte sich schützend vor mich, zog sein Schwert gleich daraufhin.
,,Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich freut, Euch wiederzusehen Taehyung. Wenn es nämlich nach mir ginge, wärt Ihr neben Eurer Mutter begraben", entkam es Zhao Jun verächtlich, ehe er seinen Helm entfernte, um uns in die Augen sehen zu können. Er war ein Mann von Anfang 40, sein Vollbart war gepflegt gestutzt. Doch hatten seine Augen etwas grausames und finsteres in ihrem Blick, als würde er einen Dämonen in sich tragen. Als wäre er ein Dämon.
,,Es ist genug Blut geflossen, meine Schuhe sind schon dabei Blut von diesem Haufen Dreck aufzusaugen." Unwillkührlich folgte ich Zhao Juns Geste in Richtung des Leichenberges und bereute es sofort, als ich die leblosen Körper meiner Dienstmädchen sah. Leer sahen sie ins Nichts.
,,Hier bin ich! Bringen wir es zu Ende!", brüllte Taehyung den Mann an, machte gleich darauf einen Schritt vorwärts. Noch nie zuvor hatte ich ihn so erzürnt erlebt. Sonst versteckte er seine Emotionen hinter einer leblos scheinenden Maske. Doch diese war bereits abgefallen, als er den Mann in schwarz erblickt hatte. Er war der Mann, der ihm so viel Schmerz zugefügt hatte.
,,Ich würde mich an Eurer Stelle nicht weiter vorwärts bewegen, sonst wird sich unsere schöne Prinzessin dem Haufen dort dazugesellen."
Ich folgte Zhao Juns Blick und erblickte die vielen Männer, die ihre Bögen und Pfeile auf mich gerichtet hatten. Auch Taehyung sah sich entsetzt um.
,,Ich erwarte dich in sieben Tagen in den Bergen. Lass mich warten und Euer Goldschatz wird sterben", verkündte Zhao Jun und wandte sich zum gehen um, hielt jedoch abrupt Inne, als Taehyung erneut das Wort ergriff.
,,Wieso wollt ihr mich so dringend tot sehen?", brüllte Taehyung. Lauthals begann Zhao Jun zu lachen, drehte sich allerdigs nicht zu uns um.
,,Einst liebte ich eine schöne Frau. Ich war bedingungslos in sie verliebt und wollte sie sogar zu meiner Frau nehmen. Doch liebte sie einen anderen Mann und gab mir nicht einmal die Chance, ihr meine Liebe zu beweisen. Sie wies mich ab und wurde von diesem Mann schwanger. Jahre lang musste ich mit ansehen, wie diese Frau Missgeburten zur Welt gebracht hatte und eine glückliche Familie hatte- eine Familie, die sie mit mir hätte haben können. Daraufhin habe ich sie in jener Nacht dabei zusehen lassen, wie ich jedem einzelnen ihrer Kinder das Leben genommen habe. Ihre Tränen erfüllten und der Realität ins Auge blickenden Gesichter... Die Hilfe, die die Kleinen bei ihrer Mutter suchten, die diese ihren Kindern aber nicht geben konnte... Zuerst habe ich diese Missgeburten beseitigt und meine einstige Geliebten dabei zusehen lassen, wie ich ihren Kindern ihre Kehlen aufgeschlitzt habe und dann habe ich ihren Mann qualvoll und langsam sterben lassen. Ihr Gesicht sah noch nie so schön aus, wie in diesem Moment. So verzweifelt und verloren. Jede Nacht träume ich von diesem Gesicht und der bedingungslosen Befriedigung, die mir damals wiederfahren war."
Mir stockte der Atem. Wie konnte ein Mensch so grausam sein? Wie konnte jemand so etwas tun, nur weil er zurückgewiesen wurde? Fassungslos beobachtete ich Zhao Jun, wie er sich krankhaft lächelnd zu uns umdrehte, sein Blick jedoch mit einem Mal rasend vor Wut wurde, als sein Blick auf Taehyung fiel. Taehyung zitterte am ganzen Leib vor Wut.
,,Doch jede Nacht wache ich auf und denke daran, dass mir eine ihrer Missgeburten entwischt war. Das ein Schandfleck immernoch lebte, in dem ich ihr wunderschönes Gesicht erkenne. Aber auch du wirst dich bald zu deiner Familie gesellen, Taehyung." Es waren seine letzten Worte, bevor er entgültig verschwand. Ich blickte hinüber zu Taehyung, welcher sich kein Stück rührte, bis die Bogenschützen allesamt verschwunden waren und er Zhao Jun hinterher laufen wollte.
,,Taehyung, Ihr dürft ihm nicht folgen. Bitte! Ihr dürft nicht!", schrie ich hysterisch, als ich ihm hinterher gelaufen war und ihn zurück hielt. Voller Hass schaute er mir in meine mit Tränen gefüllten und verängstigten Augen. Es war als hätte ich einen fremden Mann vor mir. Einen Mann, dem es nach dem Blutvergießen dürstete.
,,Bitte Taehyung, Ihr dürft nicht fort gehen. Ihr werdet sterben. Byeongsu wird sterben. Und dieses Scheusal wird das bekommen, was es möchte", flüsterte ich heiser und lehnte meine Stirn an seine Brust, während er immernoch wutentbrannt war und schwer atmete, es nicht schien, als würde seine Wut sobald verblassen.
» Es war schwierig, ein Raubtier zurückzuhalten, wenn jemand dieses provozierte, doch war Taehyungs Verstand trotz seiner Wut nicht vollständig getrübt.
Er verstand, dass wenn er Zhao Jun gefolgt wäre, sowohl er als auch Prinz Byeongsu dem Tode geweiht gewesen wären.
So blieb er bei seiner Prinzessin, die ihn mit ihren Worten vor dem Tod bewahrt hatte.
Denn nur so konnte er sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten, während er nicht wusste, was er zurückgelassen hätte, wenn er seiner Angebeteten kein Gehör geschenkt hätte.«
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