Kapitel 16: Ihr liebster Ort
» Die Liebe war ein seltsames Naturphänomen. Entweder brachte sie Glück und Freude oder Trauer und Schmerz. «
Ausgelaugt starrte ich auf die Kerze, die seit Sonnenuntergang brannte, schon bald erlöschen würde, da es bereits Mitternacht zu sein schien. Ich bekam kein Auge zu und auch die nötige Ruhe konnte ich nicht finden, die ich allerdings dringend benötigte, um schlafen zu können. Noch immer spürte ich den nicht enden wollenden Drang, mich nach dem Kuss von Prinz Nianzu zu übergeben. Seine Zunge spürte ich noch immer und das Kribbeln meiner Lippen war alles andere als angenehm.
,,Prinzessin?"
Nach Stunden wandte ich meine Aufmerksamkeit von der Kerze ab und der Tür zu, hinter welcher Taehyungs ruhige Stimme erklungen war. Langsam öffnete er die Tür und schaute mich unschlüssig an, entschied sich dann jedoch dazu, die Tür hinter sich zu schließen und zu mir hinüberzukommen. Schweigend signalisierte ich ihm, dass er sich neben mich setzten sollte, was er augenblicklich tat und eine seltsame Stille zwischen uns lag.
,
,Ist der Angriff erneut Zhao Jun zu verschulden?", brach ich nach einer Weile abwesend die Stille, hielt meinen Blick jedoch weiterhin gedankenverloren auf die Kerze gerichtet. Ich brachte es nicht über mein schmerzendes Herz, ihn anzusehen.
,,Ja, es sieht ganz danach aus", sprach er rau und entledigte sich seines Schwertes, welches er leise neben sich legte. Tief atmete ich aus und schloss für einen Augenblick meine Augen, um die Worte laut aussprechen zu können, über die ich die ganze Zeit nachgedacht hatte.
,,Taehyung, vielleicht wäre es besser, das zu beenden, was wir vielleicht niemals hätten anfangen sollen."
,,Wieso sagt Ihr plötzlich so etwas?"
,,Ich wollte Euch von Eurem Schmerz befreien, doch seit Prinz Nianzu im Palast ist, bereite ich Euch nur noch mehr Kummer. Deshalb sollten-"
Abrupt verstummte ich, als er mein Gesicht zu sich drehte und mich ernst ansah, er gleich daraufhin zu sprechen begann.
,
,Mein Schmerz würde ohne Euch noch viel größer sein, deshalb bitte ich Euch, diesen absurden Gedanken zu verwerfen. Ihr habt mich bereits gerettet, auch wenn es für Euch möglicherweise nicht so scheint. Ohne Euch wäre ich verloren und auch wenn mir der Gedanke nicht gefällt, dass ihr diesen Mann heiraten müsst, beruhigt es mich denoch, wenn ich an Eurer Seite sein kann." Tränen bildeten sich in meinen Augen und bahnten sich auf schnellstem Wege, ihren Weg meine Wangen hinunter. Sanft lächelte Taehyung mich an und wischte meine Tränen mit seinem Daumen weg, ehe ich mich an seine Schulter lehnte und er mich in seine Arme schloss.
,,Könnt Ihr mir ein wenig Gesellschaft leisten?", fragte ich heiser und schwach, spürte wie sich endlich eine angenehme Ruhe in meinem Inneren ausbreitete und mein Körper von der Müdigkeit überrannt wurde.
,,Wenn dies Euer Wunsch ist", flüsterte Taehyung ruhig und strich mir beruhigend über mein Haar.
,,Würdet Ihr mich bitte in mein Bett bringen?" Ausgelaugt schlang ich meine Arme um seinen Hals, damit es ihm leichter fiel mich hochzuheben und in mein Bett zu legen. Vorsichtig ließ er mich nieder, mein Kopfkissen schien plötzlich so viel weicher als sonst. Langsam öffnete ich meine schweren Augenlider und schaute in Taehyungs zufriedenes Gesicht. In seinen Augen lag ein sanfter Ausdruck.
,,Ich werde hier bleiben, bis Ihr eingeschlafen seid." Dankbar lächelte ich ihn an, drehte mich auf die Seite, um ihn besser ansehen zu können und ergriff seine angenehm warme Hand. Es war unbegreiflich, wie anders die Gefühle waren, die diese scheinbar unbedeutene Berührung verursachte.
»Ruhe überkam die Prinzessin, die nur ihr Krieger, der Mann den sie wirklich liebte, hervorrufen konnte.
Und auch die Prinzessin übte auf ihren Krieger eine Ruhe aus, die er selbst kaum kannte, denn aufgewühlt zu sein, war des Kriegers oftmals einziges Gefühl, bevor er in einen erschöpften Schlaf fiel.
Doch auch er spürte die Ruhe und schlief bald ebenfalls ein, ließ die Hand seiner Angebeteten bis in die Morgenstunden, in denen er erwachen musste, nicht eine Sekunde lang los. «
V
erschlafen betrachtete ich meinen Zwillingsbruder, welcher in mein Gemach gestürmt kam und mich aus meinem tiefen und erholsamen Schlaf gerissen hatte, sich mit seinem strahlendem Gesicht gleich neben mir nieder ließ.
,,Aera! Aera! Aera!", rief er laut und umschloss meine Hände mit der seinen, zog mich gleich darauf in seine starken Arme, die über die Trainingszeit einiges an Kraft dazugewonnen hatten.
,,Schnell zieh dich an! Beeil dich!", ordnete er an und lief zu meinen vielen Hanboks, um mir wahllos einen zu zuwerfen und wieder aus meinem Zimmer zu verschwinden. Sprachlos schaute ich auf die geschlossene Tür, die plötzlich erneut aufgezogen wurde.
,,Heute noch, du langsame Schnecke", sprach Byeongsu frech und streckte mir seine Zunge heraus, nachdem ich versucht hatte ihn mit meinem Hanbok zu bewerfen, allerdings kläglich bei diesem Versuch versagte. Seufzend erhob ich mich und begann mich mit der Hilfe meiner Dienstmädchen, mich schnellst möglich zurecht zu machen, konnte es nicht erwarten, was Byeongsu für Neuigkeiten hatte.
» Ein neuer Tag begann im Schloss, ein Tag der bereits am Morgen strahlende Gesichter verursachte.
Prinz Bogyeong hatte der Bitte seines jüngsten Bruders Gehör geschenkt und seine beiden jüngsten Geschwister mit der Neuigkeit überrascht, dass sie zum alten Anwesen ihrer Mutter reiten durften, um dort eine Nacht zu verbringen.
Erleichterung legte sich über die Prinzessin, da nur sie, Byeongsu und ihr Krieger zum Anwesen reiten würden, ebenso wie Prinzessin Meili und einige ihrer Krieger. Doch dass sie Prinz Nianzu für einen Tag entfliehen konnte, beruhigte sie am meisten. «
,,Wir sind da!", riefen Byeongsu und ich gleichzeit erfreut aus und stiegen von unseren Pferden ab, um sofort gemeinsam zum Anwesen zu laufen. Plötzlich spürte ich jedoch, wie mein Bruder mich zur Seite schubste und ich zu Boden in den weichen Sand fiel, ihn gleichdaraufhin klagend ansah.
,,Byeongsu! Was sollte das?!", beschwerte ich mich beleidigt, als er mir lachend aufgeholfen hatte und mir half meinen Hanbok von den Sandkörnern zu befreien.
Schmollend betrachtete ich meinen Bruder und wandte meine Aufmerksamkeit Prinzessin Meili zu, als diese ihren Blick über den großen See schweifen ließ, der direkt am Anwesen lag.
,,Es wäre wirklich schade gewesen, wenn ich mich nicht kurzfristig umentschieden hätte, um mit Euch zu verreisen. Der Ort erinnert mich an alte Zeiten", sprach sie verträumt und blickte auf den See, in welchem sich die strahlende Sonne spiegelte.
,,Wollen wir hinein gehen?", fragte ich laut woraufhin alle anwesenden nickten und mir und Byeongsu hinein folgten.
Das Anwesen unserer Mutter bot sehr viel Platz, ebenso ein großes heißes Bad und einen Garten in Mitten des Anwesens. Doch vorallem bot es mir die Möglichkeit, meinem Alltag zu entfliehen. Hier war ich nicht Prinzessin Aera, die bald heiraten musste, um ihr Land weiterhin mit China zu verbinden. Hier war ich einfach nur Aera, ein Mädchen, deren Mutter hier gelebt hatte, als sie noch nicht auf der Welt war. Ein normales Mädchen, die keine Pflichten hatte, sondern ihr Leben in vollen Zügen genießen konnte.
» Nur an einem Ort wie diesem waren die Prinzessin und der Prinz von ihren Pflichten befreit und konnten wenigstens für einen Tag ein normales Leben führen.
So wollten sie wenigstens für diesen einen Tag nicht Prinz und Prinzessin sein. «
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top