Kapitel 35 - Die Wahrheit über den Krieg
Die vier schritten durch das Tor. Der lange, kalte Gang der sich vor ihnen erstreckte, war führte geradewegs zum größten, der Menschheit bekannten, Portal in die Unterwelt. Die Unterwelt war aber nicht das Reich der Verstorbenen, sondern eine verzerrte Spiegelung unserer Welt. Eine Art dunkler Schatten. Und in dieser Welt lebten und herrschten die Dämonen seit dem sie, vor etwa einem Millennium, von der Erdoberfläche verbannt worden sind. Jeder kannte die Sagen um den Großen Krieg, aber ein klares Bild, von dem was wirklich passiert ist, hat keiner. All die Fragen, über das was passiert ist, können in dieser Festung beantwortet werden. Dies war Jensite bewusst, weswegen er analytisch die Wände nach alten Schriften absuchte. Marito hingegen schien über das Schwert nachzudenken, das er von Nathan genommen hatte. Wenn dieses Schwert mit den Lichtgestalten, die die Dämonen und Schöpfer vertrieben haben, zu tun hat, dann hat der schwarze Ritter bestimmt noch mehr Artefakte. Marito war zwar nicht besonders geschichtsinteressiert, aber ihm ließ die Geschichte um dieses Schwert, und das Schloss auch keine Ruhe mehr. Alles was die vier erlebt hatten, alle Gegner und Monster, und auch alles was mit der Welt geschieht, hängt mit dem Portal, dem Schwarzen Ritter und diesem Schloss zusammen. Ilona hingegen konzentrierte sich auf etwas völlig anderes. Die Vergangenheit liegt hinter ihr, und das was für sie zählt, ist die Gegenwart. Ob Dämonen oder Drachen oder Ritter vor tausend Jahren Schuld waren, spielte für sie keine Rolle mehr. Wegen ihrer Bildung wusste sie, dass die Geschichte immer vom besten Lügner der Siegreichen geschrieben wird. Für sie zählte nur noch so schnell wie möglich den Zyklopen zu töten. Varaja kümmerte das alles nicht. Sie fühlte sich nicht davon betroffen. Sie lebte schon immer alleine, weswegen sie immer nur das im Blickfeld hatte, was wirklich wichtig ist. Ihre Freunde, und ihr eigenes Leben. Ihr war zwar nicht egal, was mit der Welt war, aber im inneren hielt sie etwas davon ab, zu viel Energie dafür zu verschwenden, darüber nachzudenken. Während sie weiter durch den Gang schritten, hörten sie das Kreischen und Flattern von Fledermäusen. Die Luft wurde immer kühler und modriger. Wie man es von einem so alten Gemäuer erwarten würde. Das Licht von Jensites Feuer ermöglichte als einziges, etwas in diesem Flur zu erkennen. Sie erreichten schließlich, nach einigen Minuten stummen Laufens, ein schweres, eisernes Tor. Jensite sammelte etwas Kraft, und feuerte eine Schmelzflamme auf das Schloss des Tors, woraufhin Marito mit dem Schwert durch den glühenden Stahl schmetterte. Sie schoben gegen den Stahl, und das Tor öffnete sich. Sie kamen an einem unerwartet hell beleuchtetem Raum an. Der Boden war aus hellgrauem Gestein, die Säulen aus Marmor, und überall leuchteten helle Fackeln. Am Ende des Raumes befand sich ein Ring aus schwarzem Gestein, in dem ein schwarzer Strudel wirbelte. Die musste das Portal sein. Die Vier gingen darauf zu, links und rechts, zwischen den Säulen standen Rüstungen, die denen in den Schreinen sehr ähnlich sahen. Jensite war fasziniert von diesem Raum. Dieser Raum kann vermutlich alle seine Fragen über die Geschichte Talions beantworten.
Als sie das Portal beinahe erreicht hatten, erklang eine tiefe, hallende Stimme: "Stehen geblieben, ihr sterblichen Narren!" Sie drehten sich nach rechts, dahin, woher die Stimme kam. Sie konnten ihren Augen nicht trauen. Es war Nathan. "Wie bist du vor uns hier rein gekommen, du wolltest doch abhauen?", fragte Marito ziemlich überrascht. " Genau! Was suchst du hier noch?", ergänzte Ilona. Nathan grinste. Seine blasse Haut und roten Pupillen machten diesen Anblick ziemlich unheimlich. "Genau das ist der Punkt, Werte Freunde. Ich bin ein Halbdämon, und ich kann mich frei hier drinnen teleportieren. Schaltet mal euren Kopf ein.", zischte er besserwisserisch. Varaja dachte an die Worte des Dicatue. "Wenn der tausendjährige Bann vorüber ist, können die Dämonen ungehindert das Schloss verlassen.", murmelte Varaja vor sich her. Jensite riss die Augen auf. Sie waren zu spät. Der Zyklop ist vermutlich bereits geflohen. Nathan erklärte weiter: "Aber ich kann spüren, dass der Meister, und sein Magier noch hier sind. Und der Bann ist erst vor einigen Minuten verflogen, dass heißt, ihr könntet die beiden noch erwischen. Der Zyklop allerdings, ist bereits vor Jahrhunderten zu seiner Festung, noch dutzende Tagesritte im Norden gegangen. Der Bann des Dicatue war nicht stark genug, um den Ritter und den Zyklopen so lange gefangen zu halten." Die vier konnten kaum glauben, was sie da hörten. Seit Jahrhunden ist der Zyklop also auf freiem Fuß. "Das ergibt doch keinen Sinn, Nathan!", warf Jensite ein.
Nathan erklärte weiter, um alles aufzuklären: "Der Meister und sein Magier sind auch die wahren Drahtzieher. Sie haben den Zyklopen befreit, nachdem sie die anderen vier Ritter getötet haben. Da der Zyklop unglaublich mächtig ist, haben die beiden durch ihn Macht über die Monster und Trolle gewinnen können. Der Meister und der Magier wurden als sie den Bann des Schlosses gebrochen, bis vor kurzem versteinert. Der Zyklop hat nur gewütet und wahllos zerstört, doch als der Meister und sein Magier erwacht sind, begann der wahre Krieg gegen die Menschheit. Und nach einigen Monaten der Verwüstung seid ihr vier dann aufgetaucht." Jensite führte den Gedanken von Nathan weiter. "Also, wenn ich dich richtig verstanden habe, wollte der schwarze Ritter mit der Hilfe des Zyklopen Krieg gegen die Menschheit führen, und wurde aber durch Dicatue bis vor kurzem daran gehindert ihn auch zu gewinnen. Das heißt, wenn wir den Zyklopen töten, ziehen sich die Monster zurück, und wenn wir den schwarzen Ritter töten, dann sind wir den Krieg los?" Nathan nickte. "Der schwarze Ritter befindet sich hinter diesem Portal, und plant vermutlich mit den Dämonen, wie sie die Menschheit bezwingen können. Wenn ihr dieses Portal zerstört, dann bricht die Verbindung zur Unterwelt ab. Und dann weiß der Meister, dass ihr hier seid." Marito nickte, stellte aber noch zwei wichtige Fragen: "Woher weißt du das alles, und wieso erzählst du es uns?"
"Ich bin sein Sohn. Als der Meister erfahren hat, dass ihr ihn töten könntet, wurde ich, mit seinem verdorbenen Dämonenblut, als sein idealer Nachfolger von ihm erschaffen. Ich hatte seine Erinnerungen, und wusste über alle Unternehmungen des schwarzen Ritters bescheid. Bevor er mich verriet, und zum Tode verurteilte, indem er mich gegen euch vier kämpfen ließ, damit er Zeit bis zum Ende des Banns schinden konnte. Jetzt wird es Zeit meine Rache an ihm zu nehmen."
Nathan sah seinen ehemaligen Feinden in die Augen. Er hatte in seinem Leben nie eine Wahl gehabt, doch sein Blick verriet, dass er es ernst meinte.
"Nathan, Danke, dass uns das erzählt hast. Wir schulden dir was.", bedankte sich Jensite ernst, aber freundlich.
"Tötet den Mistkerl einfach, dann sind wir quitt."
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