kapitel zwanzig, VOR UNS DIE SINTFLUT.
DUNKLE ZEITEN.
Wann ist ein Monster kein Monster?
Oh, wenn du es in den Schlaf gesunden hast.
Oh, wenn du es liebst.
CAITLYN SIEHL
24. Dezember 1977
NUR EIN EINZIGES MAL in ihrem Leben wünscht Eden sich ein ruhiges Weihnachten, im Rahmen der Familie. Auch dieses Jahr würde man ihr diesen Wunsch nicht gewähren.
„Es wird nun einmal von uns erwartet," antwortet ihr Vater stur, als sie ein weiteres Mal fragt, ob sie wirklich zu der Feier der Malfoys gehen müssen.
Eden weiß, dass er Recht hat. Doch sie kommt nicht umhin sich zu fragen, wie irrelevant eine pompöse Weihnachtsfeier ist, wenn es doch nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Krieg die Zaubererwelt zerstört.
Während andere Familien am Abend damit beschäftigt sind, Geschenke auszupacken und gemütlich zusammen zu essen, ist Eden dabei, sich herauszuputzen. Im Hause Stark ist es noch nie Tradition gewesen, Geschenke zu verteilen, da es das gesamte Jahr über alles gibt, was die Geschwister sich wünschen. Eden selbst hat es nie für traurig empfunden, bis sie herausfand, dass es in anderen Familien nicht so ist. Deswegen war es eine schöne Überraschung gewesen, als sie direkt nach dem Aufwachen dutzende von Eulen mit Geschenken vor ihrem Fenster aufgefunden hatte.
Ihre Freunde haben sich unglaublich viel Mühe dabei gegeben, etwas passendes für sie zu finden und Eden kann nicht dankbarer sein. Während sie von Dorcas und Marlene jeweils abartige Mengen der verschiedensten Süßigkeiten bekommen hatte, hatten die vier Rumtreibern ihr eine große verzauberten Tasse geschenkt, die nicht nur verhindert, dass das Getränk darin jemals kalt wird, sondern sich auch der Stimmung des Besitzers anpasst und somit ständig leuchtend die Farben wechselt. Lily und Alice dagegen hatten ihr zusammen eine lange Liste voller nützlicher Zaubersprüche für den Alltag herausgesucht und aufgeschrieben, da Eden sich in den letzten Wochen oft darüber beschwert hatte, dass sie sich nie durchschlagen würde, wenn sie nach der Schule irgendwann alleine leben müsste.
Am meisten hatte Eden sich über das kleine Glas von ihren besten Freundinnen gefreut, in dem eine winzige rosa Blume aufblüht und dann wieder in sich zusammensinkt, nur um langsam wieder zu wachsen — wie ein Phönix.
DAS WEITRÄUMIGE, PARKÄHNLICHE GELÄNDE von Malfoy Manor liegt in einer ländlichen Gegend im Süd-Westen Englands, umgeben von wilden Feldern und Hügeln. Eine kleine Landstraße führt zu dem von hohen Hecken umgebenen Landsitz und als Eden mit ihrer Familie durch das schmiedeeiserne Tor tritt, welches sich öffnete als sie sich nähern, empfängt sie der Anblick eines eleganten Herrenhauses. Man kann den Reichtum der Malfoy Familie tatsächlich in allem erkennen was sie besitzen.
Über einen breiten Kiesweg gelangen sie zu der Tür, wo sie höflich empfangen und weiter in die hohe Eingangshalle geführt werden. Der dunkelgrüne Teppich fühlt sich dick unter Eden's hohen Schuhen an und sie ist erleichtert, als sie mit wackeligen Schritten gemeinsam mit ihren beiden Brüdern in den Salon tritt.
Sofort wird sie empfangen von der Hitze, welche von einem prächtigen, offenen Kamin ausgestrahlt wird und als sie ihren Wollschal und Strickjacke ablegt, steht sofort ein Hauself bereit, um ihr beides schweigend abzunehmen. Für den Abend hatte ihre Mutter am vorherigen Tag schon ein Kleid für sie herausgelegt. Es ist ein helles rosa, geht bis zur Mitte ihrer Unterschenkel und obwohl Eden stark protestiert hatte, trägt sie dazu hohe Handschuhe aus grauer Seide, wie es im Moment in Mode ist, zumindest wenn man Alma Stark glaubt.
Eden spürt viele Blicke auf ihr liegen und fühlt sich urplötzlich unwohl, ohne ihre Winterkleidung, welche zuvor ihre helle Haut bedeckte. Es macht sie nervös, wissend, dass alle der anwesenden Gäste mit Gewissheit wissen, auf welch gefährlichem Terrain sie sich im Moment bewegt. War es einer von ihnen gewesen, mit denen sie sich in Hogsmeade duelliert hatte? Wahrscheinlich. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, dabei sind nur einige Monate seitdem vergangen.
Sie fühlt sich fehl am Platz und weiß nicht recht, was sie mit sich anfangen soll, als Noah ihr sanft eine Hand auf den Rücken legt und sie vor sich hin zu einer Gruppe schiebt, die sich im hinteren Teil des dämmrigen Raumes befindet.
Lucius Malfoys helles Haar scheint zu strahlen, als er sich zu dem Geschwisterpaar umdreht und sofort macht er auch die anderen Anwesenden auf sie aufmerksam. Hauptsächlich sind es dieselben Leute, mit denen sie auch zusammen Hogwarts besuchen, doch zwischendurch entdeckt Eden Gesichter, die ihr keineswegs bekannt vorkommen. Als Begrüßung lächelt sie nur sanft und lässt sich dann eilig neben Lucius fallen, welcher ihr Platz gemacht hatte. „Wie geht es dir?" fragt er sie leise. Er hatte sofort bemerkt, dass es wahrscheinlich keinen Ort auf der Welt gibt, an dem Eden gerade weniger gerne sein möchte, als umgeben von richtenden Reinblütern.
Eden zuckt nur unschlüssig mit den Schultern. Sie ist sich nie vollkommen sicher, auf welcher Seite Lucius steht. „In den letzten Tagen habe ich mich hauptsächlich alleine in unserer Bibliothek oder unter meiner Bettdecke aufgehalten, daher darf ich mich wirklich nicht darüber beschweren, dass mein Vater mich heute mitgeschleppt hat."
Lucius lacht rau. „Das hört sich in der Tat nach entspannten, wenn auch einigermaßen rücksichtslosen, Weihnachtsferien an," grinst er und nimmt einen großen Schluck aus seinem Glas von etwas, das Eden nicht erkennt. „Währenddessen habe ich mir zahllose Reden von meiner lieblichen Mutter über meine bevorstehende Heirat mit Narzissa Black anhören müssen."
Ruckartig dreht Eden ihren Kopf zu ihm. „Wie bitte?" fragt sie ungläubig.
Sie hat nie auch nur ein Wort mit der jüngsten Black Schwester gewechselt, welches über die Begrüßung hinausging.
Lucius sieht sie an, als kann er nicht ganz glauben, wie erstaunt sie scheint, aber dann verwandelt sich sein ungläubiger Gesichtsausdruck in ein breites Schmunzeln, wenn auch ein wenig ironisch. „Was hast du erwartet?" fragt er feixend. "Ich bin schon seit einigen Monaten volljährig. Es wurde Zeit," sagt er dann ein wenig ernster.
Eden weiß natürlich, dass er Recht hat. Doch in ihrem Kopf kann sie sich Lucius Malfoy nicht als Ehemann vorstellen.
„Ehrlich gesagt kann ich es auch nicht fassen," flüstert er ihr zu, als habe er ihre Gedanken gelesen und sieht sich kurz um, ob jemand ihnen zuhört. „Eines Tages werden hier vielleicht kleine Lucius Malfoy's herumlaufen," lacht er dann leise und in seinen Augen kann Eden ein Leuchten sehen, welches sie das letzte Mal in ihrer Kindheit bei ihm gesehen hatte.
Lächelnd blickt sie ihren Kindheitsfreund an, während sich das Kaminfeuer in seinen hellen Augen widerspiegelt.
„EDEN STARK, DIE GLÜCKLICHE VERLOBTE," erklingt eine tiefe Stimme hinter ihr, während sie unschlüssig an dem vollbedeckten Buffet steht.
„Mr. Malfoy. Ich hoffe Sie und Ihre Familie genießen den Abend," sagt sie vorsichtig, nachdem sie sich überrascht umgedreht hatte. Ihr ist bewusst, wie gefährlich ihr dieser Mann werden kann. „Vielen Dank für die Einladung."
„Aber nicht doch. Ich bin höchst erfreut, zu sehen, dass Hogwarts Sie nicht zu sehr verdorben hat," gibt er lächelnd zurück, doch liegt darin keine Aufrichtigkeit. Es ist ihm ein Dorn im Auge, wie leicht das Mädchen, welches ihm gegenüber steht, seinen Sohn um den Finger wickeln kann.
„Ich weiß, wo mein Platz in der Welt ist," antwortet sie und strafft ihre Schultern, auch wenn sie sich unter seinem Blick am liebsten ganz klein gemacht hätte.
„Manch einer hätte für kurze Zeit daran zweifeln können."
Eden sucht verzweifelt nach den passenden Worten und diesen Bruchteil einer Sekunde nutz Abraxas Malfoy, um einen Schritt näher an sie heran zu treten. Seine Augen sind kalt. „Ihnen wurde viel in die Wiege gelegt von Ihren Eltern. Reines Blut, eine aussichtsreiche Heirat, ein hoher Rang in der Zaubererwelt. Gehen Sie nicht zu sorglos damit um."
„Ich bin dankbar," sagt Eden leise.
„Es wird ein Tag kommen, an dem Sie es nicht mehr sind," antwortet Abraxas Malfoy, dreht sich um und geht mit langsamen Schritten davon.
Für einen Moment erstarrt Eden. Dann beginnt sie, nach etwas zu suchen, das den Abend erträglicher machen würde. Eden trinkt ihr erstes Glas Feuerwhisky und überlegt, ob sich irgendjemand daran erinnern kann, dass Lucius früher das breiteste Grinsen von ihnen allen hatte.
Eden gießt sich ein zweites Glas und fragt sich, ob es noch jemanden gibt, den es interessieren würde.
Ihr drittes Glas ist für ihre Brüder.
Ihr viertes für Regulus und ihr fünftes für Sirius.
Das sechste Glas ist ihr letztes und für ein kleines Mädchen namens Eden, welches einst nicht abwarten konnte, erwachsen zu werden.
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