kapitel vier, EIN GOLDENER KÄFIG.
EIN GOLDENER KÄFIG.
Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind;
später fangen sie an, diese zu verurteilen;
manchmal verzeihen sie ihnen sogar.
OSCAR WILDE
24. September 1977
ALS EDEN SICH AN DEN Gryffindortisch in der Großen Halle setzt, ist es noch früh am Morgen. Das hält James und Sirius allerdings, wie sooft, nicht davon ab, eine hitzige Diskussion zu führen.
„Du hast zwar noch nichts gesagt, aber ich kann es spüren," zischt James beleidigt und schiebt seine runde Brille ein Stückchen höher.
„Das muss wohl deine mütterliche Intuition sein," gibt Sirius trocken zurück und nimmt gelassen einen Bissen seines Bagels.
Als würde er Unterstützung suchen, dreht James sich zu Eden. „Sirius mag jemanden," erklärt er und hört sich verdächtig nach einer lästernden Erstklässlerin an. „Hast du irgendeine Ahnung wen?" fragt er dann aufgeregt.
Unbeteiligt schüttelt Eden den Kopf. Es geistern wichtigere Dinge in ihrem Kopf herum, als Sirius Blacks Liebesleben. Auch wenn sie zugegebenermaßen zumindest ein klitzekleines bisschen hellhörig wird. „Allerdings bemitleide ich dessen Seele."
Sirius hebt beleidigt den Kopf. „Wie bitte?" fragt er ungläubig.
Eden rollt die Augen und lässt sich Zeit bevor sie zu einer Antwort ansetzt. „Es hat keinen ganzen Monat gebraucht, um zu wissen, dass du die Mädchen in deinem Weg mit gebrochenen Herzen zurücklässt."
„Es braucht keinen Tag um das herauszufinden, Lya," erwidert Remus grinsend, der sich neben sie gesetzt hat.
Eden öffnet gerade den Mund, um etwas zu erwidern, als ihr jemand auf die Schulter tippt. Es ist schon einige Zeit her, seitdem sie sich mit Noah unterhalten hat, doch kann sie in an seinem Gesicht ablesen, dass es kein erfreulicher Anlass ist.
„Können wir reden?" fragt er leise und als sie nickend aufsteht, spürt sie die Blicke ihrer Freunde im Rücken.
Als sie kurze Zeit später in einem leeren Gang stehen, dreht er sich wieder zu ihr und seine Augen sind voller Reue. „Was ist passiert?" fragt sie mit zusammengezogen Augenbrauen.
Mit ernster Miene mustert Noah seine Schwester. Er blickt sich um und als er sicher ist, dass sie alleine sind, zieht er einen zerknitterten Brief aus seinem Umhang und hält ihn ihr hin. Eden hat eine Ahnung, was darin geschrieben steht und doch zittern ihr Hände als sie das Schreiben zögerlich an sich nimmt. Dunkle Schwingen, dunkle Worte.
Noah,
Ich bitte dich, Eden mitzuteilen, dass wir die Entscheidung vor wenigen Stunden getroffen haben. Die Entscheidung ihrer baldigen Verlobung.
Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass sie an das Noble und Edle Haus Black verheiratet wird und wir uns somit mit ebendiesem binden werden. Noch vor ein paar Jahren hatten wir mit dem Oberhaupt der Familie, Orion Black, beschlossen, Sirius Black und Eden zu verheiraten. Allerdings mussten wir einsehen, dass eine solche Heirat beiden Familien schaden würde.
Somit haben wir uns geeinigt, sie an den ein Jahr jüngeren und vernünftigeren Black zu vermählen. Eden wird Regulus Black heiraten.
Deine Mutter und ich wissen sehr wohl, dass Eden diese Nachricht nicht gut aufnehmen wird, allerdings sind wir nicht umzustimmen. Es ist keine Entscheidung gegen sie, sondern für sie. In diesen Zeiten ist es wichtig, einflussreiche Freunde zu haben.
In Liebe,
William Stark.
Eden hatte nicht gemerkt, dass sie angefangen hatte zu weinen, bis Noah mit beiden Händen ihr Gesicht umfasst und mit den Daumen ihre Tränen wegwischt.
„Es tut mir so leid," flüstert er und zieht sie in eine feste Umarmung. Er kann sich nicht vorstellen, wie sie sich fühlt. Man hat ihr die Freiheit genommen. Genauer gesagt, ihre Eltern haben ihr die Freiheit genommen.
In einem kurzen, bitteren Moment wünscht Eden sich Filip an Noahs Stelle. Er hat sie schon immer besser verstanden als ihr Zwilling. Dann ist der Moment vorbei und stattdessen ist sie dankbar, dass sie nicht gänzlich alleine ist. Eden fragt sich, warum ihre Eltern sich das Recht nehmen, ihre Zukunft zu bestimmen, ohne ihr jegliche Wahl zu lassen. Ihre Schluchzer werden leiser, doch die Trauer bleibt. „Egal, was Papa gesagt hat, ich dachte nie, dass er es tatsächlich durchziehen würde. Ich war mir so sicher —"
„Manchmal müssen wir unsere Träume loslassen, Lya," seufzt Noah tief. „Ich kann dagegen genauso wenig tun, wie du, aber ich verspreche dir, dass ich immer für dich da sein werde, auch wenn ich es in den letzten Wochen nicht war."
NACHDEM SIE SICH VON NOAH verabschiedet, geht Eden direkt in ihren Schlafsaal, das Mittagessen in der Große Halle auslassend. Sie hat weder Hunger, noch besonders Lust ihren Freunden mit einem Lächeln zu begegnen. Sie ist sich nicht sicher, dass sie eines zustandebringen würde.
Als Lily und Alice später auch in den Schlafsaal kommen und Eden im Bett vorfinden, denken sie erst, sie sei krank. „Geht es dir nicht gut?" fragt Alice leise. „Sollen wir dich zum Krankenflügel bringen?"
Erst als die beiden ihre roten Augen sehen, wird ihnen bewusst, dass sie geweint hat. „Was ist passiert?" fragt Lily sofort, während sie sich auf Edens Bettkante setzt.
Eden zieht sich die Bettdecke bis an ihr Kinn und schnauft dann. „Ich bin verlobt." Mehr kann sie nicht herausbringen, stattdessen fängt sie laut an zu hicksen, während ihr erneut eine Träne über die Wange läuft.
Lily und Alice sehen sich verwirrt an, nicht wissend wie sie reagieren sollen. „Was meinst du?" fragt Lily, nachdem Eden sich ein wenig beruhigt hat.
Sie setzt sich in ihrem Bett auf und lehnt sich an die Wand. „Meine Eltern haben mich verlobt," flüstert sie. „An Regulus Black."
Ihren Freundinnen fehlen die Worte und für einige Zeit herrscht Stille, in der Eden an ihren Fingernägeln kaut. „Ich dachte, dass deine Familie nicht so sehr in den Traditionen der Reinblüter verankert ist," sagt Lily vorsichtig.
Eden nickt knapp. „Das war sie auch nie. Allerdings hat sich mit dem Aufstieg des Dunklen Lords vieles geändert. Manchmal muss man sich anpassen, um zu überleben." Dies hatte ihre Mutter Alma ihr einmal gesagt und zu diesem Anlass hört es sich richtig an. „Ich denke, dass ich mich mit ihrer Wahl glücklich schätzen kann. Ihr habt Regulus wahrscheinlich anders kennengelernt. Aber letztendlich kann er ein guter Mensch sein. Das ist mehr als ich von vielen anderen Reinblütern behaupten kann," versucht sie es ihren Freundinnen zu erklären. „Er hatte nur nicht so viel Mut wie Sirius. Er hätte seinen großen Bruder gebraucht, so wie Sirius James damals brauchte, als er seine Entscheidung getroffen hat," seufzt sie und schließt für einen Moment die Augen.
Wie bei ihrem Bruder kann man den beiden das Mitleid deutlich ablesen. Eden winkt ab. „Ich möchte nicht darüber zu reden. Vielleicht irgendwann anders," sagt sie und hofft, dass sie verstehen würden.
„Natürlich," lächelt Alice und drückt ihre Hand. „Heute ist eigentlich eine kleine Feier im Hufflepuff Gemeinschaftsraum, aber ich gehe gleich in die Küche und hole uns ein paar Butterbier, dann machen wir uns einen schönen Abend hier."
Sie macht sich schon auf den Weg zur Tür, doch Eden bekommt ein schlechtes Gewissen. „Ihr müsst meinetwegen nicht hier bleiben."
Ihre Freundinnen lächeln. „Es macht uns nichts aus. Es wird nicht die letzte Party dieses Jahres werden," gibt Alice zurück und scheint dabei aufrichtig.
Eden hat sich in ihrem Leben selten so dankbar gefühlt.
JENSEITS VON EDEN.
Plot twist🤷🏼♀️ sorry dafür aaaaber ich konnte nicht anders. Die Geschichte ist und bleibt sehr tragisch.
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