kapitel fünfundvierzig, DAS PRINZIP DER LIEBE.













DAS PRINZIP DER LIEBE.

Ich liebe dich und ich werde
dich lieben bis ich sterbe
und wenn es ein Leben
nach dem Tod gibt,
liebe ich dich auch dort.

CASSANDRA CLARE






8. April 1979

DER GROSSTEIL IHRER SCHÖNHEIT ist ihr Lachen, findet Sirius Black. Wenn Eden lacht, nimmt es den gesamten Raum ein.

Ihre grünen Augen, die zurzeit James anstrahlen, der von einer Ordensmission berichtet, sind warm. Es tut Sirius gut, sie glücklich zu sehen. Es gab nur selten einen Anlass dafür in den letzten Wochen.

Während er Eden betrachtet, fragt er sich, wann er sich in sie verliebt hat. Er hat nie feststellen können, wann seine Gedanken und Gefühle simple Freundschaft überschritten hatten und in gefährlicheres Gebiet eingedrungen waren. War es der Moment gewesen, in dem er sie das erste Mal geküsst hatte? Oder schon sehr viel früher und er hatte es sich nur nie eingestehen können? Sirius hat keine Antwort darauf, doch es muss genug sein, dass er sie jetzt liebt.

Obwohl seine Erziehung wenig dazu beigetragen hatten, Emotionen zu verstehen, weiß Sirius sehr wohl, was ihn wie ein schwarzes Loch erfasst hat.

Liebe.

Eine zynische Stimme flüstert, dass es erst passiert war, als er sie endgültig an Regulus verloren hatte und es gar keine Liebe gewesen war. Einzig das egoistische Verlangen eines Kindes nach einem Spielzeug, das es kaputt gemacht hatte.

     Als sie seinen Blick auffängt, lächelt sie.

     Sirius öffnet den Mund, um etwas zu sagen. Die Wörter sind da, sie liegen ihm auf der Zunge, als eine Erkenntnis ihn durchfährt.

Eden sieht so wunderschön aus. Doch es ist nicht nur die Art, wie sie aussieht, es ist das, was in ihr ist — von ihrer Intelligenz und ihrem Mut bis zu ihrem Humor und dem besonderen Lächeln, welches sie nur ihm schenkt. Er würde einen Drachen bekämpfen, um dieses Lächeln zu sehen. Sirius weiß, dass er sich niemals jemanden anderes wünschen wird, solange er lebt. Er würde den Rest seines Lebens lieber alleine verbringen, als mit jemand anderem als ihr. Es kann keine andere geben.

Einst hätte dieses Eingeständnis für Herzklopfen und Angst gesorgt. Jemanden so bedingungslos zu lieben, bedeutet immer auch einen Teil seines selbst aufzugeben und sich verletzlich zu machen. Er schmunzelt bei dem Gedanken, dass er vielleicht doch erwachsen geworden ist. Professor McGonagall würde es ihm sicherlich nicht glauben.

     Diese Gedanken lassen Sirius wundern, wo er jetzt wäre, wenn er nicht vor so vielen Jahren von Zuhause weggerannt wäre. Wäre er noch immer im Grimmauldplatz, als Erbe seines Vaters? Oder hätte er sich anderswo niedergelassen, eine Reinblütige geheiratet und ein halbes Dutzend Kinder gekriegt? Oder hätte ihn das gleiche Schicksal wie Regulus ereilt?

Oder wäre ich immer hier gelandet? Ist das mein Schicksal?

     Die Art wie Eden ihn ansieht, zeigt ihm, dass sie versteht. Sie steht von ihrem Platz neben James auf dem Sofa auf und kommt auf ihn zu. Sirius streckt eine Hand nach ihr aus. Sie lächelt noch immer, als sie sich neben ihm ausstreckt und ihren Kopf in seinen Schoß legt. Sie seufzt zufrieden und schließt die Augen. Seine Finger wandern in ihr helles Haar, nun nur noch kinnlang.

     Vor seinem inneren Auge spielt sich das Leben ab, was sie hätten führen können. Ein Leben in dem dieser Moment nicht im Singular geschrieben werden muss. Doch er spürt bei dem Gedanken keine stechende Reue. Die Vergangenheit ist vergangen. Die Tinte ist trocken. Doch die Zukunft —

     Sie gehört ihnen.

Wenn Sirius könnte, würde er diesen Moment einfrieren. Inmitten seiner besten Freunde, seiner eigene kleine Familie, mit Eden im Arm. So simpel und doch so bedeutend.

Es sind zwei Monate vergangen seitdem Regulus gestorben ist. Für Sirius fühlt es sich an wie gestern, als sein Onkel Alphard ihn aufgesucht hatte. Er fragt sich, ob seine Eltern ihn haben begraben lassen und ob es eine Beerdigung gab. Oder war ihr Scham zu groß gewesen? Er fragt sich viele Sachen was Regulus angeht. Hatte er tatsächlich versucht, dem Dunklen Lord zu entkommen? Falls ja, war er ein Idiot gewesen. Er erinnert sich an seine eigenen Worte; „Man reicht bei dem Dunklen Lord nicht einfach seinen Rücktritt ein. Dienen, ein Leben lang, oder der Tod."

Ein Idiot, gewiss, geht es Sirius durch den Kopf, aber letztlich war es die einzig richtige Entscheidung gewesen.

Ein warmes Gefühl, welches sich bedrohlich nach Stolz anfühlt, macht sich in seinem Inneren breit. So sehr der Brief seines Bruders anfangs geschmerzt hatte, hatten seine Worte Sirius Frieden geben können. Die Erinnerung an Regulus ist weniger verdorben durch seine Taten. Stattdessen erinnert er sich an ihre gemeinsame Kindheit, an die abertausenden Stunden, die sie miteinander geteilt haben.

"Ich wünschte, wir hätten ihn retten können," murmelt er abwesend. Eden öffnet langsam ihre Augen. Verständnisvoll blickt sie ihn an. Nur Eden würde seine Trauer jemals verstehen. Auch sie hatte Regulus geliebt.

„Er hat seinen Weg gewählt. Du hast es damals selbst gesagt; es gibt kein Zurück aus den Rängen der Todesser. Alles hat seinen Preis, nicht wahr? Reg war bereit ihn zu zahlen."

     Sirius denkt an die vielen Ordensmitglieder, die sie an diesen Krieg schon verloren haben, und nickt. Ein wahrlich hoher Preis.

Obwohl Eden noch immer trauert, obwohl so viele, die sie geliebt hat, tot sind, trägt sie die Spuren von jemandem, der immer geliebt wurde. In gewisser Weise erinnert sie ihn an James. Sie wurden beide so sehr von ihren Eltern geliebt, haben so viel Liebe in ihrer Kindheit erfahren, mussten erst während des Erwachsenwerdens erkennen, dass die Menschheit nicht von Grund auf gut ist. Eden wurde von ihren Eltern geliebt, von ihren Brüdern, von ihren Freunden, von Regulus und Sirius.

Jemand, der solche Gefühle in anderen hervorbringt, ist gefährlich. Jemand, der erwartet, geliebt zu werden — nicht, weil er denkt, es sei sein Recht, sondern einfach, weil er es nicht anders kennt — kann Menschen leicht verletzten. Aber wie viel ist Liebe wert, wenn die, die sie einem schenken, tot sind?

Ihr Bruder ist gestorben, Regulus auch und ihre Freunde sterben wie die Fliegen in diesen Krieg.

Dass sie so sehr geliebt wurde, hilft ihr nun, zu überleben und weiterzumachen.

     Er weiß, dass er die Worte lange nicht mehr in den Mund genommen hat. Das einzige Mal hatte er es an Neujahr gesagt und das vor zwei Jahren. „Ich liebe dich. So sehr."

     Eden blinzelt, ihre Augenlider flattern und für den Bruchteil einer Sekunde, die minimale Zeitspanne, die Sirius benötigt, um die letzte Distanz zwischen ihren Lippen zu überbrücken, sieht sie eine Zukunft, in welcher der Dunkle Lord fällt und Frieden herrscht. Dann sind seine Lippen auf ihren und alle Gedanken verpuffen.

„Ich liebe dich," flüstert er erneut. „Auch den Teil von dir, der ihn geliebt hat."

Sirius löst sich von ihr. Eine Hand schleicht sich in ihr Haar, die andere fährt ihr über die Wange. Das tiefe Grün ihrer Augen, die geschwungenen Augenbrauen, die hellen, feinen Wimpern. Für ihn ist Eden perfekt. So schön wie der Frühling nach dem Winter.





JENSEITS VON EDEN.

Auweia! Nur noch zwei Kapitel plus Epilog... es dauert so lange, weil ich die Kapitel immer und immer wieder überarbeite. Sie sind prinzipiell schon längst fertig, aber gerade das Ende muss meiner Meinung nach perfekt sein... Aber keine Angst, ich lasse euch nicht mehr lange zappeln!

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