kapitel fünfunddreißig, ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE.
ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE.
Erfahrung ist ein brutaler
Lehrmeister, doch man lernt.
Mein Gott, wie man lernt.
C. S. LEWIS
29. August 1978
SIRIUS KONNTE SICH NICHT EINMAL daran erinnern, worüber sie sich gestritten hatten. Aber ihre Worte rangen noch immer in seinen Ohren. „Du wirst mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin, Sirius Black."
Eden und er hatten sich angeschrien und geflucht und sich Namen genannt, doch dies hatte sie ruhig gesagt, kurz bevor sie schnellen Schrittes das Hauptquartier des Phönix Ordens verlassen hatte.
Albus Dumbledore hatte sie erneut auf eine Mission geschickt, zusammen mit Peter und Marlene. Es war die dritte diese Woche und es wurden immer mehr, doch der Terror schien kein Ende zu nehmen. Der Tagesprophet hatte schon begonnen, nicht mehr alle Vermissten- und Todesanzeigen zu drucken, denn es waren einfach zu viele. Die Auroren starben wie Fliegen und zu wenige junge Zauberer waren bereit, ihre Plätze einzunehmen.
Für ihn selbst stand ein ruhiger Tag bevor, welchen er mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Tasse schwarzen Kaffees und einem guten Buch auf dem ausgesessen Sofa im Hauptquartier verbringen würde.
Er hatte sich noch einige Stunden zuvor darüber gefreut, bevor er sich mit Eden über etwas gestritten hatte, welches im Nachhinein so belanglos schien. Die beiden zankten sich oft, doch nie wurde das zu einem wahrhaften Streit. Dieses Mal jedoch hatten sie irgendwann angefangen sich anzuschreien und als Eden ohne nachzudenken gerufen hatte, dass es vielleicht besser war, dass sie seinen Bruder heiraten würde, hatte er vollkommen die Kontrolle über seinen Zorn verloren.
Sirius hatte zwar sofort in ihren Augen sehen können, dass sie ihre harschen Worte bereute, doch bevor sie den Mund öffnen konnte, um sich zu entschuldigen, hatte er ihr zugestimmt. Er konnte nicht begreifen, warum sie sich gegenseitig so wehtaten, wenn es glasklar war, dass sie sich liebten.
Noch vor einigen Wochen hatte Eden in seinem Arm gelegen, lächelnd und zufrieden. Es kam Sirius vor wie gestern. Die Zeit schien wie im Flug zu vergehen, und ein Tag reihte sich an den anderen, während die Zaubererwelt in Dunkelheit versank.
Starker Regen prasselte laut gegen die Fenster, wie es schon seit Wochen der Fall war und drückende Stille umgab ihn.
REMUS WAR EIN GELASSENER MENSCH. Doch in diesem Moment waren seine Augen unruhig und als er etwas sagte, zitterte seine Stimme. „Es ist etwas passiert. Dumbledore hat mir einen Patronus geschickt."
Sein Freund schien keine weiteren Worte finden zu können und als Sirius seinen Mund öffnete, um zu fragen, was bei Merlin geschehen war, schüttelte er den Kopf. „Ich weiß es selber nicht. Aber wir müssen uns auf alles gefasst machen."
Eine dunkle Vorahnung erfasste ihn und innerhalb von Sekunden trat er näher an Remus heran, welcher zu wissen schien, wohin sie mussten.
Du wirst mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin, Sirius Black, hallte es in seinem Kopf wieder.
Sein Herz pochte wild.
Du wirst mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin, Sirius Black.
Sein Atem ging unregelmäßig, während Remus und er gemeinsam apparierten. Er fühlte sich, als würde er tausend Tode sterben.
Als sie mit einem charakteristischen Plopp an ihrem Ziel ankamen, regnete es noch immer. Es war weit nach Mitternacht und nur einige einzelne Straßenlaternen beleuchteten die dunkle Gasse, in der sie standen. Ein paar Pubs waren in der Dunkelheit auszumachen, doch diese waren längst geschlossen für Besucher und London erschien Sirius wie ausgestorben. Das fröhliche Leben war in diesem Teil der Stadt nirgends zu erkennen.
Er hörte das leise Flüstern und das Rascheln von Umhängen, doch nahm er die Menschen um ihn herum nicht wahr. Es waren Zauberer und Muggel, die zusammengedrängt der regnerischen Nacht versuchten zu entfliehen, doch von etwas aufgehalten wurden.
Hecktisch drehte Sirius sich um, nach Edens hellen Haare suchend, doch war es ihm nicht möglich. Stechende, schmerzende Angst breitete sich in ihm aus und ungeduldig drückte er sich durch die kleine Menge, die ihm nur murrend Platz machte. Der Anblick, der sich ihm bot, nahm ihm den Atem.
Eden kniete neben dem leblosem Körper von Marlene McKinnon und hielt die schlaffe Hand ihrer Freundin. Er fühlte sich miserabel, dass er erleichtert darüber war, dass nicht an ihrer Stelle Eden dort lag.
Leise sagte Sirius ihren Namen und langsam drehte sie ihren Kopf zu ihm. Ihre Augen waren glasig und schienen ihn nicht wahrzunehmen, denn sie zeigten keine Regung. Er ging mit zögerlichen Schritten zu ihr und kniete sich neben sie auf den nassen Boden.
„Ich konnte sie nicht retten," flüsterte sie mit rauer Stimme. „Ich konnte sie nicht retten. Es tut mir so leid." Tränen liefen ihr über die roten Wangen und tropften von ihrem Kinn. Sie vermischten sich mit den kalten Regentropfen, die noch immer auf die Erde fielen.
Er wollte sagen, dass es nicht ihre Schuld war, doch Sirius wusste, dass dies den Schmerz nicht lindern würde, also hielt er sie nur fest, als sie ihre zitternden Arme um ihn schlang.
Über ihnen war der Himmel wunderschön. Die Sterne glitzerten zwischen den Wolken am Horizont. Eine zu schöne Nacht, um jemanden auf so grausame Art und Weise zu verlieren. Die Luft fühlte sich frisch an, als würde ein neuer Tag beginnen, als gäbe es endlich Frieden.
Marlene McKinnon jedoch, würde den Frieden nicht mehr erleben.
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