kapitel achtunddreißig, DIE UNENDLICHKEIT MIT DIR.












DIE UNENDLICHKEIT MIT DIR.

In der Liebe und im Tod
entscheiden wir nicht.

DERMOT KENNEDY





11. Dezember 1978

DAS LEBEN MIT REGULUS BLACK zu beschreiben, ist Eden nicht möglich. Sie hat keine Worte dafür und wann immer ihre Freunde sie danach fragen, kann sie einzig und allein mit den Schultern zucken.

     Sie spürt die ratlosen Blicke auf sich, wenn das Thema aufkommt. Keiner von ihnen wird es je verstehen, dessen ist sie sich sicher. Am ehesten Sirius, doch der hat den Namen seines Bruders schon lange nicht mehr in ihrer Gegenwart in den Mund genommen.

Seine Eltern wollen, dass Regulus und sie gemeinsam wohnen, doch Eden selbst und auch ihre Eltern sind dagegen. Während die Familie Black mit den Traditionen der Reinblüter seit Jahrhunderten verzweigt sind, hat erst der Krieg in der Magischen Welt die Starks dazu veranlasst, sich anzupassen. Eden weiß, dass ihre Eltern sich davor fürchten, sie könnte durch Regulus an den Dunklen Lord geraten.

     Er war am 1. September nicht mit seinen Mitschülern in den Hogwarts Express gestiegen und in das Schloss zurückgekehrt. Was genau er in seiner freien Zeit macht, weiß Eden nur selten und sie fragt nicht nach. Heikle Themen wie sein Bruder und die dunkle Magie werden umgangen, stattdessen ignorieren sie die täglich wachsende Gefahr außerhalb der schützenden Wände von Grimmauldplatz Nr. 12 und Stark Manor.

Als Eden sich vor einigen Tagen durchgerungen hat, Regulus nach dem Dunklen Lord zu fragen, hat dieser ihr versichert, dass er keine Gefahr für sie darstellen würde.

     Das war eine Lüge gewesen, doch macht es ihr nicht allzu viel aus. Die Wahrheit ist wie Licht, grell und blendend. Lügen sind wie die sanfte Dämmerung, leichter zu ertragen.

ALS EDEN DIE SCHNEEBEDECKTE STRASSE am Haus von Fleamont und Euphemia Potter in Godric's Hollow entlang geht, kann sie nicht anders, als an das vergangene Silvester erinnert zu werden. Auch vor einem Jahr war der Schnee in dicken Flocken auf sie herab gefallen und auf ihrer Haut geschmolzen. An diesem Abend stand der Mond hoch am Himmel, ein milchiger Halbkreis auf dunkelblauem Hintergrund. Es war einfacher gewesen, im Jahr zuvor, dachte Eden. Aber vielleicht habe ich mir das auch nur versucht einzureden.

Sie hatte das Gefühl, in den letzten zwölf Monaten ein gänzlich anderer Mensch geworden zu sein. Aber Eden erinnerte sich noch immer an Sirius Worte.

     Ich liebe dich.

     Es war das erste und letzte Mal gewesen, dass er es gesagt hatte. In dem Jahr, welches darauf folgte, hatte er es nie wiederholt.

     Bevor Eden die kleine Holzpforte zum Grundstück ihrer Freunde öffnen konnte, hörte sie hinter sich eine Stimme. „He, Lya!" Peter war außer Atem, als er sie wenige Sekunden später erreichte, doch sein Gesicht wurde von einem Lächeln erhellt. Er hatte seit sie Hogwarts verlassen hatten, einen enormen Wachstumsschub gehabt und war nun so groß wie sie selbst. Gemeinsam gingen die beiden den kleinen Weg entlang auf die Haustür zu und klopften erwartend. Der Wind war eisig und zerrte an ihren dicken Mänteln.

     Eine strahlende Lily öffnete ihnen und winkte sie schnell herein. Die Wärme erschlug Eden fast, doch ihre Nase und Wangen waren noch immer rot von der Kälte, als sie das gemütliche Wohnzimmer betrat, in dem ein kleiner Kamin brannte. Es schien, als wären Peter und sie die einzigen, die noch gefehlt hatten. Nachdem sie alle Anwesenden zur Begrüßung herzlich umarmt hatte, ließ die Blondine sich erschöpft neben James auf einem der zwei Sofas fallen. „Alles in Ordnung bei dir?" fragte er leise und legte seinen Arm um ihre Schultern.

     „Immer," gab sie seufzend zurück, lächelnd. „Du kennst mich doch."

     Bevor er antworten konnte, kam ihm Remus zuvor, welcher den flehenden Blick in Edens Augen erkannt haben musste. „Was hat es eigentlich mit deiner Brille auf sich, Prongs?" wunderte er sich, während er ihr zuzwinkerte. „Trägst du sie nur weil es zu deinem gesamten Bild vom spät aufstehenden, Kaffee trinkenden Haare Verwuschler passt?"

     Der Angesprochene öffnete schnappartig den Mund, vor Enttäuschung triefend. „Als wenn ich solch eine Aktion nötig hätte!" rief er aus, wild mit den Armen rudernd. „Ich kann ohne die Brille überhaupt nichts erkennen!"

     „Ich fasse es nicht, dass ihr seit Jahren befreundet seid und noch nie darüber geredet habt, dass James der einzige Schüler in Hogwarts war, welcher einer Brille trug!" sagte Eden stirnrunzelnd.

     Neben ihr zuckte Remus mit den Schultern, schnappte sich schnell die Brille von James Nase und setzte sie sich stattdessen selbst auf.

     „Wie sehe ich aus?" fragte Remus ihn grinsend.

     James kniff angestrengt die Augen zusammen. „Keine Ahnung," antwortete er schmollend.

     "Na gut," begann Remus lachend. „Ich glaube dir."

     Auch dieses Mal wurde James unterbrochen, bevor er zu einer Antwort ansetzten konnte. Lily räusperte sich geräuschvoll neben ihm, offensichtlich nervös. „Es gibt tatsächlich nichts, was ich lieber fortführen würde, als diese Konversation aber ..." Erneut räusperte die Rothaarige sich. „Ich hatte mir vorgenommen, dies an einem anderen Tag zu machen und ein bisschen privater ... aber jetzt, wo ihr alle hier seid—" Lily ließ den Satz unbeendet und drehte ihnen den Rücken zu. Als sie sich wieder umdrehte, hielt sie eine winzige Quidditchuniform in den Händen, strahlend.

     Es dauerte einige Sekunden, bis jemand eine Reaktion zeigte. „Ein kleiner Prongs!" rief Sirius jauchzend, seinem besten Freund auf den Schoß springend. Dieser jedoch sah mit blankem Blick zu seiner Freundin, Mund leicht geöffnet. Während man um ihn herum Lily gratulierte und umarmte, hatte er noch immer nichts gesagt. Eden konnte erkennen, wie Sirius ihm etwas zuflüsterte und auf einmal sprang James auf.

Mit langsamen Schritten ging er auf Lily zu und die Konversationen legten sich. Eden hatte das Gefühl, dass dieser Moment zu intim war, als dass man ihn mit jemandem teilen sollte und wendete sich ab. Der Moment gehört einzig und allein James und Lily, niemandem sonst.

     „Heiratest du mich? Ich habe keinen Ring oder etwas anderes was ich dir gerade geben kann, aber Lily, du bist die Liebe meines Lebens und wenn es jemanden gibt, der mich für immer glücklich machen wird, dann bist das du," begann er und man konnte hören, wie nahe er den Tränen war. „Ich danke Merlin jeden Tag für dich und deine Liebe. Diese Familie ist alles worauf ich gehofft habe. Ich bete dafür, dass es ein für immer für uns gibt."

    Stille hatte sich über das Wohnzimmer gelegt und mit weiten Augen warteten sie alle auf Lilys Antwort. Diese nickte, während ihr die Tränen über die glühenden Wangen liefen. „Natürlich heirate ich dich, du Idiot!" rief sie aus und sprang ihm in die Arme. James wirbelte sie umher, während ein strahlendes Grinsen sein Gesicht zierte.

Edens Mutter Alma hatte ihr eines Abends vor drei oder vier Jahren erzählt, wie William ihr den Heiratsantrag gemacht hatte. Dieser war schon immer ein wenig einfallslos gewesen, sobald es zu Romantik kam, doch für diesen besonderen Anlass hatte er alles übertroffen. Die Geschichte handelte von einer tränenreichen Rede seinerseits, vielen roten Rosen und einer sternenreichen Nacht. Selbst zwei Jahrzehnte später war ein Ausdruck über Almas Gesichtszüge gehuscht, welcher von Liebe und Liebe allein sprach. Denselben fand Eden bei James und Lily, die noch immer umschlungen mitten in ihrem Wohnzimmer standen.

Edens Gedanken wanderten zu Marlene McKinnon, welche hier mit ihnen hätte lachen sollen, und sie konnte in den Augen der anderen sehen, dass ihnen ähnliches durch den Kopf ging. Die Freude überschattete jedoch jede Sorge, jede Trauer.

Für immer, ging Eden durch den Kopf. Für immer und die Unendlichkeit für meine beiden Freunde. Nur das wäre lange genug.

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