kapitel acht, ROT WIE DER HERBST.
ROT WIE DER HERBST.
Ich liebte ein Mädchen
so rot wie der Herbst,
mit dem Sonnenuntergang im Haar.
GEORGE R. R. MARTIN
13. November 1977
DIE RUMTREIBER WAREN CHAOS IN ihrem Schlafsaal gewöhnt. Doch heute war es möglicherweise schlimmer als je.
„Aber das andere Hemd passt besser zum Schal," rief James Potter verzweifelt.
In einer halben Stunde würde dieser sich mit Lily im Gemeinschaftsraum treffen und er war sich sicher, dass er nicht einmal vor seinem ersten Quidditchspiel so nervös gewesen war. Und damals hatte er, kurz bevor die Mannschaft das Spielfeld betreten hatte, seinen gesamten Mageninhalt geleert.
Seine Hände zitterten leicht und er schwitzte. Dass Sirius mindestens genauso aufgeregt war, wie sein bester Freund, machte die Sache sicherlich nicht einfacher. Dessen Haare waren wild und zerzaust, da er sich diese durchgängig raufte. Seine Wangen waren zudem gerötet, weil er die ganze Zeit im Schlafsaal herumlief, um seinem besten Freund das passende Hemd herauszusuchen. Man hätte meinen können, dass dies sein eigenes Date wäre.
Die beiden anderen Rumtreiber allerdings waren die Ruhe selbst, oder es interessierte sie schlichtweg nicht.
Während Peter hin und wieder ein Kommentar abgab, futterte Remus den restlichen Schokoladenvorrat.
„Du weißt ganz genau, dass dieses hier einfach besser an dir aussieht," erwiederte Sirius während er wild mit dem dunkelblauen Hemd herumfuchtelte.
„Sehe ich etwa nicht immer gut aus?" fragte der Angesprochene während er eine beleidigte Schnute zog.
„In meinen Augen siehst du sowieso gänzlich ohne Klamotten am besten aus, James. Aber für Evans? Hmm ..." antwortete er verführerisch, während er einen Kussmund machte.
Aus Richtung der Tür war ein leises Würgen zu hören. „Ihr solltet eure Mitschüler mit einem Plakat warnen, dass es hier nicht jugendfrei zugeht. Aber falls ich dich, oder eher gesagt euch beide, beruhigen darf, Lily geht es genauso. Wir sind schon seit etwa einer Stunde dabei, etwas passendes zum Anziehen zu finden," lachte Eden, die sich scheinbar unbemerkt in den Schlafsaal geschleust hatte.
James entspannte sich bei ihren Worten merklich. Lily is auch nervös, dachte er. Das ist ein gutes Zeichen, oder?
Genau das fragte er Eden, woraufhin diese ihm nur zuzwinkerte. Als sie schon fast aus dem Zimmer verschwunden war, rief sie noch: „Lass das Hemd an, und hör nicht auf deinen hysterischen besten Freund, James. Du siehst fantastisch aus."
PÜNKTLICH AUF DIE SEKUNDE STAND James in einem schlichten schwarzen Hemd im Gemeinschaftsraum und wartete auf seine Begleitung für das Zaubererdorf.
Der Rumtreiber bemerkte Lily erst, als sie direkt vor ihm stand. „Potter? Hey, James!" Dabei wedelte sie mit einer Hand vor seinem verträumten Gesicht herum.
„Lass' uns auf den Weg machen, Miss," sagte er nur feierlich und ließ ihr nicht die Wahl, ob sie sich bei ihm einhaken wollte, sondern tat es einfach. Dann zog er sie mit sich die zahlreichen Treppen herunter, wo ihnen viele verwunderte Blicke folgten. Auch ihre Mitschüler waren reichlich verwundert die Rothaarige mit dem Rumtreiber zu sehen, war Lilys Abneigung ihm gegenüber doch sehr bekannt im Schloss.
Jetzt musste er das Mädchen nur noch von sich überzeugen und auf einmal fing er an panisch zu werden. Jetzt habe ich die einmalige Chance, sagte er sich. Aber was, wenn ich sie nun doch nicht von mir überzeugen kann, wie ich es ihr immer versprochen hatte? Wenn sie am Ende des Tages noch immer die selbe Meinung über mich hat? Über den kindischen, selbstverliebten Potter, der denkt, dass er sich alles erlauben kann.
„Was hast du geplant?" fragte Lily ihr Date. Und das erste Mal an diesem Tag sah der Angesprochene sie sich wahrlich an. Ihre feuerroten Haare hatte sie in einem geflochtenen Zopf und es fielen ihr ein paar lose Strähnen ins Gesicht. Für einen kurzen Moment wollte James sie ihr hinter's Ohr streichen, doch dann besann er sich schnell eines besseren.
Ihre grünen Augen strahlten, doch konnte man auch Unsicherheit in ihnen sehen, wenn man gut genug hinguckte.
„Äh, naja ... Also ich weiß ja nicht, was du ..." stotterte er vor sich hin.
„Vielleicht können wir uns ja bei Madame Puddifoots reinsetzten? Ich liebe es dort!" Sie schenkte ihrer Begleitung ein breites Lächeln.
„Natürlich, wenn du das gerne möchtest!" antwortete James. Sein entsetzter Gesichtsausdruck allerdings erzählte eine gänzlich andere Geschichte.
„James, dachtest du wirklich, dass das mein Ernst ist?" fragte sie ihn kichernd. „Jedoch finde ich es bewundernswert, dass du dir diese Qual für mich angetan hättest."
„Merlin sei Dank, Lily! Das war der Schock meines Lebens!" übertrieben griff er sich mit einer Hand an die Stelle, wo er das Herz vermutete.
„Falsche Seite, du Troll," mit diesen Worten nahm sie seine Hand und verschob sie.
Scheinbar waren seine Kenntnisse über den menschlichen Körper nicht so ausgeprägt, wie er gedacht hatte. Entschuldigend grinste er sie an.
„Ich würde vorschlagen, dass wir einfach ein Butterbier trinken gehen und danach nochmal beim Honigtopf vorbeischauen," plapperte Lily drauf los. „Entspricht das mehr deinen Erwartungen?"
James nickte nur grinsend und fragte sich warum er überhaupt so aufgeregt gewesen war.
LILYS LACHEN WAR LAUT UND AUFFÄLLIG, so wie sie es auch sonst immer war. „Und dann hat er einfach die gesamte Gans alleine gegessen!" rief sie aus.
James und sie saßen schon seit einiger Zeit gemütlich in den Drei Besen. Sie hatten soeben ihr drittes Butterbier bestellt.
Die Rothaarige erzählte gerade von dem Freund ihrer Schwester, welche nur wenige Jahre älter war als sie selbst. Sie hatte ihn als ein ödes Wahlross bezeichnet, woraufhin James fast sein Trinken wieder ausgespuckt hätte vor Lachen. Scheinbar war dieser nämlich in den Sommerferien ein paar Mal zu Besuch gewesen und an einem dieser Nachmittage hatte er ganz alleine die gebratene Gans aufgegessen.
Davor hatte James ihr von den zahlreichen Streichen erzählt, welche die Rumtreiber schon verübt hatten. Und er hatte es tatsächlich geschafft Lily Evans von der angewandten Magie, welche sie dafür benutzt hatten, zu beeindrucken. Und das allein war doch schon ein Erfolg, fand der Gryffindor.
„Komm, lass uns zum Honigtopf gehen, ich muss unbedingt meinen Vorrat aufbessern," schlug Lily nach einiger Zeit vor.
Ganz Gentleman-like half der Gryffindor seinem Date in ihre Jacke, dann machten sie sich zusammen auf den Weg zum Süßigkeitenladen. Auch dort angekommen trennten sich die beiden nicht, und probierten zusammen die Neuheiten aus. Bei den Bonbons mit Blutgeschmack machte James ein Gesicht, bei dem Lily fast die Tränen vor lachen kamen, und als diese die getrockneten Kakerlaken mit Pfefferkobolden verwechselte, war es umgekehrt.
Der Tag war besser verlaufen als gedacht. Der Meinung war nicht nur der Rumtreiber, sondern auch Lily.
Hätten Lily und James geahnt, was nur wenige Jahre später auf sie zukommen würde, in welcher Angst sie leben und letztendlich auch sterben würden, hätten sie die selben Entscheidungen getroffen?
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