das vorletzte kapitel, DER TAG, AN DEM DIE SONNE STIRBT.
DER TAG, AN DEM DIE SONNE STIRBT.
Kommt der Tod nur für
die schlechten Menschen und
lässt die rechtschaffenden zurück?
Nein.
GEORGE R. R. MARTIN
19. April 1979
ES BEGANN MIT LUCIUS MALFOY, als er Eden im Zug nach Hogwarts begrüßte. Es erscheint daher nur richtig, dass es auch mit ihm endet.
Es kommt Eden wie eine Ewigkeit vor, seitdem sie sich mit Lucius duelliert. Der gesamte Orden des Phönix war an einen abgelegenen Platz im Westen Londons gerufen worden. Dort waren sie auf unzählige vermummte Todesser gestoßen, welche schon auf sie gewartet hatten. Es war eine Falle gewesen — jemand aus ihren eigenen Reihen hatte sie verraten. Doch es bleibt für keinen von ihnen genug Zeit, um darüber nachzudenken. Stattdessen ziehen sie ihre Zauberstäbe.
Für einige Zeit lang werfen sich Eden und ihr Duellant im Nieselregen stumm Flüche um die Ohren, jeden davon tadellos abwehrend, bis ihr Gegenüber seine schwarze Maske verliert. Eden zögert für einen einzigen, kurzen Moment vor Schock. Lucius nutzt diesen Bruchteil einer Sekunde schamlos aus.
Eden hat ihre größte Angst nie vor den Todesessern oder dem Dunklen Lord selbst gehabt, sondern davor, ihren ehemaligen Freunden eines Tages im Kampf gegenüberzustehen. Sie hatte nicht gewusst, ob sie wirklich gegen sie kämpfen können würde — keine lächerlichen Schulduelle in den Korridoren von Hogwarts, sondern wirklich kämpfen, vielleicht sogar töten — denn Maske oder nicht, Lucius wird immer ihr Kindheitsfreund bleiben. Daran kann nichts und niemand etwas ändern. Nicht die verschiedenen Seiten eines Krieges, nicht einmal der Tod.
Nun hat sie eine große, klaffenden Wunde, die sich von ihrem Hals quer über ihren Oberkörper bis zu ihrem Ellenbogen erstreckt. Eden flucht innerlich über sich selbst. Schließlich hat sie schon immer gewusst, dass Leute, die sie Jahre zuvor als Freunde bezeichnet hatte, sich dem Dunklen Lord angeschlossen haben.
Eden hört das Blut in ihren Ohren rauschen.
Die Schmerzen wandern ihre Schulter hoch, in ihren Nacken und benebeln ihren Kopf. Eden hat sich nie selbst etwas vorgemacht. Und als ihre Schildzauber schwächer und schwächer werden, weiß sie, wie der Tag enden wird. Irgendwann verlässt sie die Kraft ihren Zauberstab zu halten und klirrend fällt er zu Boden, wie in Zeitlupe. Als es vor ihren Augen langsam milchig wird, kann Eden nichts anderes tun, als ihrem Feind in die blauen Augen zu sehen, welche in ihrer Kindheit noch warm gewesen waren.
In ihren nebligen Gedanken hört sie Kinderstimmen schreien und sich selbst lachen, als Lucius während des Versteckspielens ihr Versteck hinter einem antiken Holzschrank gefunden hatte. Obwohl sie schon verloren hatte, war sie damals kichernd weggerannt. Aber er hatte längere Beine als sie und fing sie innerhalb weniger Sekunden ein und wie in ihrer Kindheit, war sie ihm auch jetzt ausgeliefert. Damals hatte er Eden gekitzelt bis ihr vor Lachen die Tränen kamen.
Er hat den Zauberstab noch immer auf sie gerichtet, doch zittert seine Hand und seine Augen sind nicht mehr ausdruckslos, sondern voller Furcht. Wie sie, ist er nur ein Kind, zu jung, um so viel Schmerz und Qual und Verlust zu erleiden.
„Sectumsempra!" hört sie eine Stimme hinter sich schreien und das nächste was sie fühlt, sind Schmerzen, die alles übertreffen, was sie je gefühlt hat.
Eden ist sich nicht sicher, ob Severus Snape sie treffen wollte. Als ihr Blick seinen trifft, sieht sie in seinen Augen die Angst, die sie fühlt. Der Moment in dem die Todesser disapparieren, ist der, in dem Eden fällt. Dunkle Rauchschwaden erfüllen den grauen Himmel.
Ihr Körper fühlt sich taub an und sie sieht, dass ihre Hände zittern, doch fühlen kann sie es nicht. Die vielen Stimmen hört sie nur aus weiter Ferne. Aber die Gesichter kann sie sehen. Sie sieht, wie Remus einen Gott anbetet, an den er nicht glaubt. Sie sieht James, der einen Patronus losschickt. Eden kann Sirius sehen, dem die Tränen vom Kinn tropfen, weil er weiß, dass Dorcas, welche neben ihr kniet, sie nicht retten kann. Auch kann sie die vielen Schnitte sehen, die auf ihrem gesamten Oberkörper verteilt sind. Die Schnitte, die jedes Mal wenn Dorcas sie durch einen geflüsterten Zauber verschließt, nur wenige Sekunden später noch tiefer wieder aufreißen.
Eden wünscht sich Lily her. Sie wünscht sich ihre sanften Hände auf den Wangen und ihr weiches Lächeln und ihre warme Stimme, um ihr die Angst zu nehmen. Nie hat sie ihre Freundin so gebraucht wie in diesem Moment.
Die Schmerzen pochen in ihren Ohren. Eden fühlt eine unbekannte Kälte, die sich über ihren Körper legt, die selbst ihre Gedanken dominiert. Sie schmeckt den metallischen Geschmack von Blut in ihrem Mund. Sie kann nicht atmen, kann nicht atmen, atmen —
Sirius streicht ihr über das Haar und küsst ihre Stirn, küsst ihre Tränen weg.
Eden hatte sich einen friedlichen Tod vorgestellt. Es ist albern, doch selbst nachdem der Krieg über Großbritannien herzufallen begann, hatte sie nie daran gedacht, zu sterben. Niemals hatte sie sich ein Szenario ausgemalt, in dem sie an einem regnerischen Nachmittag den Tod mit offenen Armen begrüßen würde. Aber Eden ist müde. Müde vom Krieg, vom Kämpfen, vom Leben.
All dies ist nun vorüber, das weiß sie. Es ist vorbei und sie hat nicht alles geschafft, was sie sich vorgenommen hatte. Sie hat ihren Bruder nicht noch einmal gesehen, ihn umarmt, sie hat ihren Eltern nicht vergeben, hat Lily's Kind nicht in den Armen gehalten. Sie hat Sirius nicht so geliebt, wie sie es wollte.
Nicht der Tod ist es, der Eden traurig stimmt. Es sind all die Dinge, die sie niemals tun, die Menschen, die sie niemals wiedersehen wird.
Wir waren glücklich, denkt sie. Jetzt lass sie alle los.
Mit ihrer Hand sucht Eden die von Sirius, welcher sie sofort nach ihr ausstreckt und fest umklammert.
Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Hör mich. Bitte, fleht sie. Ich liebe dich. Und es tut mir leid, dass ich dich verlasse.
Sie will ihm sagen, dass sie ihm vergeben hat und noch so vieles mehr. Doch ihre Kraft verlässt sie und die Worte sterben auf ihren Lippen. Lass mich gehen. Ihre Augen müssen sie verraten, denn Sirius schüttelt wild den Kopf, nicht willig ihr den Frieden zu geben, den sie braucht. Sie streckt ihre freie Hand nach ihm aus, will ihm über die unrasierte Wange streichen, doch dazu kommt es nicht mehr.
Man sagt, das Leben zieht an einem vorbei, wenn man stirbt.
Der Himmel nimmt in Sekundenbruchteilen die weichen Farben eines Sonnenuntergangs an, welche Eden so sehr liebt. Die verschiedenen Töne von rosa und orange verschwimmen am Horizont und ihr Herz schmerzt vor Heimweh. Mit letzter Kraft öffnet sie die Augen und wünscht sich, dass es Realität wird, doch über ihr sind nur dunkle, regnerische Wolken.
Als sie ihre Augen wieder schließt, hört sie Lilys und James Lachen, es ist sanft und leise und Eden stellt sich vor, wie ihre Gesichter vor Freude strahlen und sie will ein Teil davon sein, doch dann sind sie verschwunden und an ihrer Stelle ist Sirius. In ihren Erinnerungen ist er so wunderschön, dass Eden für einen Moment vergisst wie man atmet. Seine grauen Augen sind voller Liebe, aber dann werden sie zusammen mit dem Rest von ihm von einem undurchsichtigen Nebel verschluckt.
Momente —
Sie kann den salzigen Wind in ihrem hellen Haar fühlen und sie hört das Rauschen des Meeres. Wellen zerschellen am Fels.
— sie alle schließen sich zu diesem einen zusammen.
Eden ist erst achtzehn. Und sie wird keinen Tag älter werden als heute.
Die dunklen Wolken öffnen ihre Pforten und es beginnt dicke Tropfen zu regnen. Selbst der Himmel weint.
Ein Teil unserer Geschichte ist das Ende, flüstert der Wind.
Eden fragt sich, ob sie Filip wiedersehen wird, und Regulus und Marlene. Was wird am Ende des Tunnels auf sie warten? Sie sind alle da, im Schein des Lichts, geduldig auf Eden wartend. Sie macht ihre letzten Schritte.
mischief managed
JENSEITS VON EDEN.
Erst einmal tut es mir wahnsinnig leid, ihr habt keine Ahnung wie sehr. Ich hoffe, ihr könnt mir vergeben.
Ich wusste von Anfang an, wie dieses Buch enden würde und habe nie daran gezweifelt. Trotzdem fiel es mir schwer, diese Zeilen zu schreiben. Eden und diese Geschichte lag mir sehr am Herzen und dieses Kapitel bedeutet ein Abschied.
Dann möchte ich klarstellen, dass die letzten Paragraphen sich in Eden's Kopf abspielen, wie ein Traum und nicht real sind. Es sind einige der schönsten Momente ihres Lebens, an welche sie sich am Ende noch einmal unbewusst erinnert.
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