kapitel zwölf, SO ENDET DIE JUGEND.
SO ENDET DIE JUGEND.
Von allen Tieren ist der
Mensch das einzige,
das grausam ist.
MARK TWAIN
27. November 1977
ALS EDEN AUFWACHTE, MUSSTE SIE sofort an den gestrigen Tag denken, welcher ein wirklicher Erfolg gewesen war. Und als sie aus dem großen Fenster sah und von Sonnenstrahlen geblendet wurde, musste sie grinsen. Das konnte ja gar nicht besser werden, dachte die Gryffindor fröhlich.
Statt ihre Zimmergenossinnen sanft zu wecken, zog sie all ihre Vorhänge der Betten mit Wucht auf, woraufhin sie jedes Mal murrend begrüßt wurde. Dann verschwand sie schnell ins Badezimmer, um der Wut ihrer Freundinnen zu entgehen.
Es dauerte nicht lange bis Lily, Alice und Eden sich auf den Weg zur Großen Halle machten. Diesen Samstag war ein Hogsmaede Ausflug angesetzt worden und die drei Mädchen hatten entschieden, gemeinsam zu gehen, statt sich ein Date zu suchen.
Als sie sich an den Gryffindor Tisch setzen, um vorher noch gemütlich zu frühstücken, merkten die Mädchen, dass die Rumtreiber scheinbar den gleichen Gedanken gehabt hatten, denn auch diese saßen noch zusammen, obwohl die meisten Schüler sich schon auf den Weg in das kleine Dorf gemacht hatten.
Während Sirius und Eden sich seit Slughorns Party meist nur noch anschwiegen, redeten James und Lily umso mehr. Oft konnte man sie zusammen in der Bibliothek lernen oder einen Kontrollgang durch die Gänge machen sehen.
Die beiden waren es auch, die entschlossen, dass die Sieben zusammen den Tag verbringen würden. Und als sie sich nach dem Frühstück auf den Weg in das Zaubererdorf machten, schien es niemanden zu stören, dass es nichts gab, das Eden in diesem Moment weniger gerne machen würde, als mit Sirius Black durch den Matsch zu stapfen.
Als sie an ihrem ersten Zwischenstopp auf den Weg zum Drei Besen, dem Honigtopf, angekommen waren, hatte Edens Mund kein Wort mehr verlassen, auch wenn sie Remus, welcher ihr die gesamte Zeit über wissende Blicke zugeworfen hatte, gerne ihre Meinung gegeigt hätte.
Eden hatte aus unerklärlichen Gründen so schlechte Laune, dass sie ihre Wut an ihrer Figur ausließ, was bedeutete, dass sie unglaublich große Mengen Süßigkeiten kaufte. Als sie die beträchtliche Ladung auf den Tresen warf, guckte der Verkäufer sie verwundert an. „Alles für dich, Mädchen?" fragte er daraufhin scherzhaft. Er bekam als Antwort nur ein unglücklichen Blick.
Als sie mit ihrer Tüte voller Naschereien aus dem Laden kam, wartete der Rest schon auf sie. „Merlin ... Eden wenn du das alles isst, wirst du es kaum noch auf deinen Besen schaffen!" rief Sirius entsetzt aus, woraufhin er Remus Ellbogen in die Seite bekam, da dieser sofort gemerkt hatte, dass die Blondine nicht in der Stimmung war, sich so etwas anzuhören.
Kurz herrschte drückende Stille, schließlich wusste jeder der Anwesenden, was zwischen Sirius und Eden vorgefallen war, dann schnappte Alice sich ihre Freundin und machte sich mit ihr auf den Weg zum Drei Besen, die restlichen fünf folgten ihnen.
„Ist es nur wegen Sirius oder gibt es noch einen Grund, warum du so schlecht gelaunt bist?" fragte Alice Eden nach einer Weile leise genug, sodass niemand anderes es mitbekommen würde.
„In einem Monat ist meine Verlobungsfeier. Das ist alles, woran ich im Moment denken kann. Das erste, wenn ich aufwache und das letzte, wenn ich ins Bett gehe. Ich fühle mich so ausgelaugt, Alice," antwortete sie ihr seufzend.
Diese wollte zu einer Antwort ansetzen, als sie den ersten Schrei hörten. Er war schrill und hörte abrupt auf. Dann war es kurz totenstill, als würde jeder in Hogsmeade den Atem anhalten, bis der Sturm über sie alle hineinbrach.
Die schwarzen Rauchfaden, welche die Todesser beim Apparieren hinterließen, waren überall im Himmel zu sehen, als sie Hogsmeade angriffen.
Es wurde langsam dunkel und man konnte jeden einzelnen Zauber sehen, der abgefeuert wurde. Und als Eden die Maske sah, welche das Gesicht ihres Gegenübers verdeckte, hatte sie schon ihren Zauberstab in der Hand, um sich zu verteidigen. Als der Todesser nach einigen Minuten, in denen sie sich duellierten, Crucio rief und der Fluch sie nur um Zentimeter verfehlte, wurde ihr klar, dass sie heute sterben könnte. Oder einer ihre Freunde, die sie schon längst aus den Augen verloren hatte.
Lily, die als Muggelgeborene schon so viel Leid erfahren musste.
Alice, die in jedem nur das Beste sah.
Remus, der allen nur mit Wohlwollen entgegenkam.
James, der hinter seiner Fassade ein so großes Herz hatte.
Und Sirius, der so verzweifelt gegen die Vorurteile kämpfen musste, die es mit sich brachte, ein Black zu sein.
Eden hatte sich immer für eine gute Zauberin gehalten, doch erst jetzt, in diesem Moment wurde ihr klar, dass was auch immer man ihnen im Verteidigung gegen die dunklen Künste Unterricht vorschwafelte, nichts hätte sie auf diesen Tag vorbereiten können. Und die Gryffindor war ihrem Vater dankbar, dass er immer viel Wert darauf gelegt hatte, ihr nützliche Verteidigungszauber beizubringen, denn sie bezweifelte, dass sie ansonsten noch nicht am Boden wäre.
Als sie merkte, dass sie dem Mann nicht mehr länger standhalten konnte, hörte sie James auf einmal an ihrer Seite und sie ergänzten sich so gut, dass ihr Gegenüber sich irgendwann in schwarzen Nebel auflöste und verschwand.
Eden wollte James fragen, ob es ihren Freunden gut ging, sie musste es wissen, doch kein Wort verließ ihren Mund. Da war nur Schmerz und ihr Gegenüber fing sie auf, als vor ihren Augen alles verschwamm.
„Du kannst mich loslassen," flüsterte sie mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, als sie wieder klar sehen konnte.
Und als der Schwarzhaarige sie losließ war seine Hand voller Blut. „Nein, nein, nein," flüsterte er und seine Stimme bebte. Er zog ihren Pullover ein Stück hoch, und sofort offenbarte sich ein tiefer Schnitt links unterhalb ihres Bauchnabels, welcher sich quer über ihren Hüftbereich zog.
„Wir müssen die anderen finden, du kannst hier nichts für mich tun," flehte sie ihn an.
Er reichte ihr daraufhin seinen rot-goldenen Schal. „Drück das an die Wunde, du hast schon zu viel Blut verloren." Dann nahm er ihren Arm und legt ihn um seine Schulter, um ihr ein wenig Gewicht von der verletzten Seite zu nehmen, und sie liefen los, das Chaos und den Lärm um sie herum ignorierend.
Noch immer kämpften viele der älteren Schüler und die, die es nicht taten, versuchten so gut wie möglich, die jüngeren wieder zum Schloss zu bekommen.
„Eden! James!" hörten sie nach langem, vergeblichen Suchen die Stimme von Lily. Eden war noch nie zuvor so froh gewesen, das feuerrote Haar ihrer Freundin zu erblicken.
„Merlin, Lily, geht es dir gut? Was ist mit den Anderen?" fragte James sofort aufgebracht und wollte die Blondine schon loslassen, um Lily zu umarmen, als er sich besann. „Hilf mir bitte, Eden ist verletzt." Zu zweit schafften sie es, ihre Freundin zu der restlichen Gruppe zu bringen.
„Habt ihr Remus gesehen?" fragte Lily aufgebracht, nachdem sie Eden vorsichtig auf dem Boden abgesetzt hatten.
James schüttelte nur benommen den Kopf, konnte er noch immer nicht ganz begreifen, was im Moment geschah.
In der Zwischenzeit hatte Sirius sich an die Seite von Eden gesetzt und versuchte, dass sie bei Bewusstsein blieb. Ihre nebligen Gedanken gingen zu ihrem Bruder, Noah und ob er auch hier war. Und auf welcher Seite er stand.
„Warum kommt denn niemand, um uns zu helfen, verdammt?" fragte James verzweifelt.
Weil sie nicht dumm sind, die Todesser. Dieser Angriff war gut geplant. Sie werden schon dafür gesorgt haben, dass ganz Hogsmeade verbarrikadiert ist, wollte sie ihm antworten, doch hatte sie nicht genug Kraft ihre Gedanken auszusprechen.
„Merlin sei dank, Remus! Wer ist ..." rief Lily, doch stoppte abrupt, als sie Remus Gesichtsausdruck sah und das Mädchen, welches er neben sich herschleifte. Sie war kreidebleich und ihr gesamtes Oberteil, war blutdurchtränkt.
James sprang auf, und zusammen legten sie sie neben Eden. Sie konnte das Mädchen atmen hören, ein leises Röcheln, doch es war langsam und schwach. Und als Lily den Pullover, auf dem ein Hufflepuff Wappen aufgestickt war, leicht anhieb, stöhnte das Mädchen schmerzerfüllt, doch die Rothaarige stoppte nicht. „Es tut mir leid, aber ich muss mir deine Wunde ansehen," sagte sie leise.
Und als ebendiese zum Vorschein kam, bestätigte sich ihrer aller Vorahnung. Es war ein klaffendes Loch direkt unterhalb des Herzens, aus dem dunkles Blut floss und sie alle wussten, dass sie keine Chance mehr hatte.
„Wie heißt du?" fragte James sanft, ein Versuch, das Mädchen von ihren Schmerzen abzulenken.
„Celeste," flüsterte sie, noch immer mit geschlossenen Augen.
„Ein schöner Name, den haben seine Eltern sich gut ausgesucht," sagte er mit zittriger Stimme. „In welchen Jahrgang gehst du?"
Ihre Antwort war nur noch ein undeutliches Nuscheln, oder vielleicht kam es Eden nur so vor, weil sie selbst kurz davor stand, sich fallen zu lassen in das schwarze Nichts.
Es gibt so viele Wunder in der Welt, dachte Eden, als sie auf das sterbende Mädchen neben sich blickte. Und sie hätten eines gebraucht an diesem dunklen Abend, dem so viele noch schrecklichere folgen würden.
Doch es kam kein Wunder.
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