9 Hamburg.

┊  ┊  ┊          ★ ISABELL

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Business Class zu fliegen hatte definitiv etwas. Ich war bislang nur bis nach Schottland geflogen und einmal mit der Jugendfreizeit bis nach Spanien, dort war fliegen eine sehr stressige Angelegenheit gewesen. Doch so bequem, wie jetzt hatte ich es noch nie auf einem Flug gehabt.

 Man hatte genug Platz für die Beine, die Sitze waren weich, es gab enorm viele Zeitschriften kostenlos und statt Cola und Tomatensaft aus Plastikbechern zu trinken, bekamen wir richtige Gläser.

Während ich vor Aufregung hin und her gerissen war, blieb Eleanor neben mir total gelassen und checkte ihre Nachrichten auf dem Handy.

„Was ist denn los mit dir?", fragte sie belustigt und ich tat mich schwer damit mir das Honigkuchenpferdgegrinse abzugewöhnen: „Es ist so schade, dass wir in 90 Minuten schon in Hamburg landen!"

Nun lachte sie: „Wenn wir länger fliegen, in die Staaten oder so, dann kann man die Vorzüge wirklich besser nutzen. Aber meistens ist ein Privatjet dann sinnvoller, weil Hinz und Kunz vom Management auch über den großen Teich müssen."

Ich schluckte. Privatjet?

Eleanor bemerkte meinen überrumpelten Gesichtsausdruck und lachte, dann wandte sie sich mir zu: „Ja, es ist etwas... gewöhnungsbedürftig, aber manchmal muss der Reisestandart höher sein, sonst ist es sinnlos."

Sie begann mir zu erklären, wie lange zum Beispiel ein Flug nach Japan oder Australien dauerte und wie erledigt man dort ankam. Oft mussten Harry und seine Freunde direkt nach der Ankunft arbeiten und ein Privatjet sparte zudem Zeit, wenn es darum ging die zusätzliche Last durch den Zoll zu bekommen.

„Zeit ist Geld und alles penibel geplant. Luxus dieser Art oder beim Transport rechnet sich oft durch die Zeit und die spielt wieder Kohle ein. Außerdem werden Langstreckenflüge zum Schlafen genutzt und wenn die Jungs ausgeruht genug sind, dann brauchen sie die Ruhe nicht, wenn sie landen."

Langsam konnte ich das nachvollziehen. Harrys Welt war aber auch speziell und anders. Zum Glück musste ich mich da nicht alleine zurecht finden. Ich nutze die kostenlosen Zeitschriften aus und versuchte die 90 Minuten so gut es ging zu genießen. Bevor wir landeten, wies Eleanor mich darauf hin, dass ich meine Uhr um eine Stunde vor stellte. In Deutschland war man 60 Minuten voraus.

Der Hamburg Airport war nicht ungewöhnlich groß und Eleanor und ich fanden uns recht schnell zurecht. Man hatte uns einen Fahrer geschickt, der uns abholen sollte. Breit musste ich grinsen, als ich Jerry, Harrys Bodyguard, erkannte. Er nahm uns einen Teil des Gepäcks ab und führte uns zum Mietwagen. „Rein mit euch!"

Automatisch ließ ich mich hinten auf den Rücksitz sinken und war überrascht, dass Eleanor es mir gleich tat. Die ersten Minuten Hamburg wollte ich direkt mit den Augen aufsaugen und klebte am Fenster. Ein deutscher Radiosender lief, aber ich verstand die Musik nicht und versucht erst gar nicht Lieder zu erkennen.

Jerry pfiff die Songs mit, ich sah, dass er mit den Fingern auf dem Lenker trommelte und schließlich mit Eleanor quatschte. Ich konnte ihnen nicht folgen und schwieg. Stattdessen war ich unglaublich gespannt und auch ein wenig nervös, weil die Deutschen Rechtsverkehr hatten und ich ständig das Gefühl hatte, Jerry würde auf der falschen Straßenseite fahren.

Das Park Hyatt Hotel war mitten in der Stadt und im Herzen Hamburgs. Ich stieg zum ersten Mal in einem Hotel ab, das einen Pagen hatte. Man nahm sofort unser Gepäck und ich fand das gewöhnungsbedürftig. Jemand parkte den Wagen und Jerry führte uns zum iesigen Eingangsbereich.

Ich sah an der Außenfassade entlang, blieb stehen und musste lächeln. Oh wow, das Hotel befand sich in einem Levantehaus, das war sehr beeindrucken, denn der Aufbau hatte interessante Bauelemente. In mir kam die Studentin für Kunstgeschichte durch. Automatisch hob ich die Hand um die Augen vor der Sonne zu schützen.

Der Aufbau war symmetrisch und wurde von durchlaufenden, kannelierten Mauerpfeilern unterteilt und als ich nach rechts und links sah, bemerkte ich, dass der Mittelteil durch drei hervorstehende Erker eine Art Portal bildete. Es gab lange hoch formatierte Fenster und ganz oben Korbbogenfenster.

Wirklich sehr schön.

Viel zu spät merkte ich, dass Jerry sichtlich belustigt auf mich wartete, genauso wie der Page, der im die riesige Tür aufhielt. „Was ist so interessant?", fragte Jerry und ich räusperte mich verlegen: „Das Hotel ist ein Levantehaus, wahrscheinlich 1912 herum gebaut und die Fassadenstruktur... na ja, ist besonders."

Verblüfft runzelte Jerry die Stirn: „Echt?"

„Ja", bekräftigte ich und dann grinste er und prophezeite: „Dir wird die Glasdecke gefallen, die es in einem Teil des Treppenhauses gibt."

Allgemein gefiel mir das Park Hyatt Hotel. Es war elegant, geschmackvoll, aber es roch auch nach sehr viel Geld. Dafür passte sich die Inneneinrichtung zum Stil des Hotels an. Während Eleanor an der Rezeption bereits eincheckte und mich wissen ließ, dass sie sich melden würde, hatte ich es nicht besonders eilig.

Ich sah durch die Empfangshalle, erkannte kleine Besonderheiten, wie Fries, eine Art Dekoration aus Stein oder Marmor an der Decke und ignorierte hartnäckig, dass ich überhaupt keine Garderobe mit hatte, um mich hier unauffällig zu bewegen.

Jerry hetzte mich nicht, er übernahm den Eincheck und ließ mein Gepäck auf das Richtige Zimmer bringen, dann zeigte er mir das eigentliche Highlight des Hotels. Das Treppenhaus war rund, funktionierte wie eine Spirale mit schmalen Geländer. Doch wenn man hoch sah, dann entdeckte man die ebenfalls runde Deckenöffnungen mit Bleiglasfenster.

Abgebildet war eine Art blaue Blume. Doch als wir im obersten und somit siebten Stock waren, da wurden meine Augen groß. So viele kleine Details!

„Ja, so habe ich auch geguckt", gluckste Jerry. Ich betrachtete das beleuchtete Bleiglasfenster mit den Motiven aus der griechischen Mythologie eingehend und hielt den Kopf leicht schräg: „Ich glaube, es ist von Ada Isensee."

„Wer ist Ada Isensee?"

„Eine deutsche Künstlerin, die-", ich hielt inne und schluckte die nächsten Worte einfach runter. „Entschuldigen Sie, Jerry. Ich hatte mal ein Seminar über Bauten, wie dieses Hotel und mein Dozent hat Ada Isensee's Arbeiten als Beispiel benutzt."

Wieder gluckste er und wirkte kein Bisschen gelangweilt: „Und ich dachte, dass das Fenster einfach nur toll anzusehen ist."

„Das ist es auch!", bekräftigte ich. „Aber man sieht eben, dass die Fassade dieses Hotels unter Denkmalschutz steht und ich finde es beeindruckend, was die Menschen trotzdem aus Bauten, wie diesem, machen." Man musste nicht jeden Stein neu aufbauen, viel schöner war es, wenn Altes erhalten wurde.

„Das ist wahr", gab er zu. „Nun denn, bevor wir hier eine Besichtigungstour machen, bringe ich dich besser in Harrys Suite. Hoffentlich hat er sich da noch nicht breit gemacht, wie ein Ferkel."

Prompt musste ich kichern: „So schlimm?"

„Nah, er hat Phasen. Etwas, was man von Louis nicht behaupten kann. Der atmet in Chaos", erzählte Jerry und führte mich durch einen langen Flur. Dicke Teppiche verschluckten meine Schritte und schließlich blieb er stehen und reichte mir eine Magnetkarte, meinen Schlüssel sozusagen.

„Wenn du raus möchtest, also in die Stadt, oder Ähnliches, dann sag mir bitte Bescheid. Hier ist meine Handynummer", er hielt mir eine Visitenkarte hin. Ich nickte artig und bedankte mich. Gerade ließ ich die Tür zur Suite aufspringen, da hielt ich inne und bemerkte, dass Jerry mich musterte.

„Übrigens Isabell, kein Sie, sag einfach du und Jerry. Die ganze Crew duzt sich und es wäre albern eine Ausnahme zu machen", er sagte das mit einem freundlichen Lächeln und ich verstand: „Alles klar, ich melde mich dann."

Als ich die Suite betrat, da wusste ich nicht mehr, was ich erwartet hatte, doch das, was ich vorfand, das war es nicht. Die Suite besaß auf 122 m² ein Wohnzimmer mit einer breiten Ledercouch, zwei Sessel, einen Fernseher, dazu einen eigenen Balkon und schließlich ein geräumiges Schlafzimmer.

Sichtlich geplättet ließ ich mich auf das King-size-Bett fallen und runzelte die Stirn. Dabei fiel mein Blick auf das angrenzende Bad. Es war so groß, wie mein komplettes Zimmer in der WG, vielleicht sogar größer. Am Meisten schockierte mich der Whirlpool und all der Marmor und Kirschholz. Dazu noch einmal eine extra Wanne und eine Regenwalddusche.

So viel... Luxus.

„Krasser Scheiß", entwich es mir.

Ein bisschen erinnerte mich all das an Harrys Haus. Ich sollte also nicht zu überrascht sein und trotzdem war ich es. Ich sah durch das Schlafzimmer und bemerkte, dass Harry wie üblich die rechte Seite des Bettes für sich gekennzeichnet hatte und lächelte. Scheinbar hatte er sich Mühe mit der Ordnung gegeben.

Mir fiel ein Brief auf meiner Nachtkonsole auf und ich faltete ihn auseinander. Prompt wurde mein Lächeln breiter, denn Harrys vertraute Schrift ließ die Schmetterlinge im Bauch Sturm fliegen. Er musste bis 18 Uhr arbeiten und versprach eine halbe Stunde später da zu sein. Ich sollte mich so breit machen, wie ich Lust und Laune hatte.

Knapp sah ich auf die Uhr. Das waren ja fast noch mehr als sechs Stunden, die ich warten musste. Was sollte ich so lange machen? Lesen und direkt für die Uni vorarbeiten? Automatisch blickte ich auf mein Handy und Eleanor fragte, ob ich Lust auf eine lange Runde Spa hätte. Das Anti-Stress-Spa sollten wir uns nicht entgehen lassen.

Ich schritt durch das Wohnzimmer und mir viel eine Art Mappe auf dem Tisch vor der Couch auf. Vermutlich standen dort die Angebote des Hotels drin und ich sollte richtig liegen. Allerdings musste ich mich prompt setzten als ich las, was das Anti-Stress-Spa kosten sollte.

Für drei Stunden Aromatherm-Massage, Comfort Zone Gesichtsbehandlung und Express-Maniküre wollten sie 268 Euro. Umgerechnet waren das 233 Pfund! Für so viel Kohle wollte ich keine verdammte Express-Maniküre, sondern eine, die es in sich hatte!

Mir wurde fast schlecht, als ich begriff, dass auch das Essen im Hotel so teuer war.

Kurzerhand sagte ich Eleanor ab, die sich schon auf dem Weg ins Spa machte und beschloss, dass ich ein wenig durch Hamburg spazieren wollte. Ohne Kamera allerdings. Ich hatte sie für die Reise mitgenommen und Benny mir vorab ein paar Kniffe gezeigt, aber sie war mir zu schwer, als dass ich sie nun wahllos mit mir herum schleppen wollte.

Ganz, wie versprochen sagte ich Jerry Bescheid und packte eine kleine Handtasche mit dem Nötigsten. Doch dann sah ich mein Handy noch einmal aufleuchten und hielt kurz inne. Jerry wollte mich begleiten und ich hatte nichts dagegen. So lange ich ihn nicht von seiner Arbeit abhielt.

Wir trafen uns in der Lobby und ich war froh, dass das heutige Wetter zwar kalt, aber trocken war. An der frischen Luft fragte Jerry: „Und, wo soll es hingehen?"

„Eigentlich habe ich keinen festen Plan, ich möchte nur nicht den ganzen Tag laufen und trotzdem ein paar schöne Ecken sehen", gab ich zu. Am Ende tat mir nur wieder alles weh. „Ich habe von einer Art Speicherstadt gelesen und würde am Nachmittag gerne etwas essen."

Jerry schmunzelte: „Die Preise im Hotel sind nett, nicht wahr?"

„Ja, sehr human", antwortete ich prompt. Neben Jerry fühlte ich mich wie ein Zwerg, Doch seine angenehme Art sorgte nicht für Einschüchterung: „Du darfst dort bestellen, was du möchtest, Isabell. Mach dir keine Gedanken darüber, was es-"

„-die wollen für einen blöden Toast mit Käse und Schinken 13 Pfund!", empörte ich mich. War der Toast aus Gold, oder was?

Jerry nahm das hin und kurz darauf versuchten wir uns im deutschen U-Bahnsystem zurecht zu finden. Hier und da mussten wir ein Ticket ziehen und als ich die Speicherstadt sah, da war ich hin und weg. Die wunderbare Architektur zwang mich den Moment zu genießen. Denn die alten Bauten und Lagerhallen waren ganz bestimmt geschützt.

Wir schlenderten langsam über eine Brücke, ich machte mit dem Handy zahlreiche Fotos und bewunderte die Wilhelminische Backsteingotik der Gründerzeit, bizarre Giebel und Türmchen, die sich in den Fleeten spiegeln und betrachtete große und kleine Schiffe von Weitem.

Mittlerweile war der Himmel grau und es roch nach Regen. Jerry hetzte nicht, stattdessen setzte er sich gerne auf Bänke und beobachtete die Leute: „Wäre ich kein Morgenmuffel, dann würde ich meinen Wecker stellen und in aller Herr Gotts Frühe aufstehen und den berühmten Fischmarkt besuchen."

Ich horchte, was er damit meinte, aber alleine bei der Vorstellung um drei Uhr die Beine aus dem Bett zu schwingen, wurde ich schon demotiviert. Wir schlenderten am Wasser entlang und landeten schließlich in der Speicherstadt Kaffeerösterei, direkt im Herzen von Hamburg.

Neugierig besuchten wir das Rösterei-Café und ein herber Geruch von frischen Kaffee lag in der Luft. Es war überraschend voll und als ich auf die Karte blickte, da verstand ich auch, wieso. Der Kaffee wurde direkt vor Ort durch schonenden Trommelröstverfahren täglich frisch hergestellt.

Die Sorten waren ungewöhnlich, Indien Monsooned Malabar, Orang-Utan-Espresso, Ebbe & Flut und Mexico La Selva waren nur ein kleiner Teil der Auswahl. Mutig probierten wir aus und ich wurde mit Ebbe & Flut nicht enttäuscht.

Beim frischen Kuchen schlugen wir richtig zu, deutscher Käsekuchen war ein Muss, aber auch Zitronen- und Apfelkuchen waren extrem lecker. Ich mochte die alten Eichenholzdielen, die einfache Einrichtung sehr.

„Ich hoffe, dass entschädigt dich dafür, dass du den Fahrer für Eleanor und mich spielen musstest", sprach ich und Jerry stopfte sich mit Kuchen voll: „Ganz ehrlich? Ich habe mich sofort freiwillig gemeldet, weil alles ist besser, als vor einem Radiosender auf und ab zu laufen oder während TV-Aufzeichnungen nur blöde Plörre aus dem Automaten zu trinken."

„Langweilt dich die Arbeit?", ich wusste so gut wie nichts über Jerry und er schüttelte den Kopf. Die vielen Reisen fand er toll und auch die Organisation, aber Warterei und nichts tun machte ihn nervös: „Dann kämpfe ich mich lieber durch hysterische Massen oder sammle einen betrunkenen Promi-Arsch ein."

Prompt musste ich in meinen Kaffee lachen: „Ich hoffe, dass Harry keiner davon ist."

„Hält sich in Grenzen, er zieht gerne ohne Schutz los. Das macht uns ein Bisschen nervös, aber im Ausland ist er vorsichtig genug nicht groß aufzufallen", verriet er mir. „Eine Zeit lang hat das auch in London geklappt. Doch die Regel ist das nicht."

Ich erinnerte mich an die Zeit vor Weihnachten, als Harry und ich uns durch London bewegten, als wäre er... irgendjemand. Dumm, wie ich war, hielt ich das für die Regel. Um mich nicht selbst zu deprimieren, wechselte ich das Thema und löcherte Jerry nach seinem Zuhause.

Er kam aus Maidstone, hatte drei kleine Jungs und lebte auf einen umgebauten Bauernhof mit seiner Mutter und Ehefrau. Die Gattin gehörte zur örtlichen Feuerwehr, weshalb seine Mutter öfters die Aufsicht für die Jungs bekam. Doch was mich am meisten überraschte, war seine Ziegenzucht.

„Wie kommt man denn auf Ziegen?", wollte ich wissen und er erzählte, dass er die Ziegen von seinem Großonkel erbte. „Im Frühjahr waren plötzlich kleine Geißlein da. Meine Jungs waren so hin und weg, dass wir die Ziegenzucht schließlich behalten haben."

Ich wollte Bilder sehen und davon hatte Jerry reichlich auf seinem Handy. Zur Mittagszeit wurde die Rösterei enorm voll und ich verstand Jerry nur noch schlecht. Also zogen wir weiter. Obwohl wir nicht viel liefen, spürte ich, dass mein Knöchel sich nach einer halben Stunde beschwerte und meine Lungen genug Anstrengung hatten.

Diese dämliche Prellung. Sie heilte viel zu langsam aus. Jerry war jedoch geduldig und schlug vor: „Wie wäre es mit einer Hafenrundfahrt? Du kannst sitzen und wir sehen trotzdem etwas von Hamburg. Dafür müssen wir nicht einmal weit laufen."

Ich ließ mich begeistert überreden und merkte erst, wie arschkalt es auf so einem Schiff war. Sitzend und hartnäckig ignorierend wollte ich möglichst viel mitkriegen. Leider verstand ich das Gequatsche aus den Lautsprechern nicht und bewunderte die Wassergräben, die alten Kaimauern und bestaunte die Containerriesen.

Über eine Stunde später taumelten Jerry und ich von diesem schaukelnden Rundfahrtschiff und ich fühlte mich wie ein Eiszapfen. Wir wollten uns aufwärmen und suchten im Portugiesenviertel nach einem passenden Restaurant. Ich war kaum einen Tag in Hamburg und fraß mich nur so durch.

Bei einer Steinofenpizza bei Luigi's hatten Jerry und ich Glück. Ein Tisch war frei und kaum fiel die Tür des Restaurants hinter uns zu, da gab es einen heftigen Wolkenbruch. Bei Luigi's war es eng und laut, aber mich störte das nicht. Genauso wenig schien Jerry der Typ zu sein, der ständig redete. So beobachteten wir Leute und ich atmete die Pizza Calzone förmlich ein.

„Nachtisch?", fragte ich und Jerry sah mich an, als wäre ich nicht mehr zurechnungsfähig: „Natürlich Nachtisch! Ich lade ein!"

„Dann bin ich das nächste Mal dran."

„Einverstanden."

Hach, war das unkompliziert.

Es war egal, dass wir uns überfraßen und den Rückweg eher kugelten. Immer wieder hielt Jerry sich den Magen und es war gut, dass wir uns bewegten. Mittlerweile war es dunkel und sämtliche Straßen nass. Es roch nach weiteren Regen und ich hoffte, dass wir trocken im Hotel ankamen.

Fertig vom langen Tag kamen wir im Park Hyatt Hotel an und ich war froh, dass ich noch eine halbe Stunde hatte, bevor Harry kam. Eine heiße Dusche und ich war wieder topfit. Ich bedankte mich bei Jerry für seine Zeit und machte noch einen kurzen Umweg, um noch einmal das beleuchtete Bleiglasfenster zu sehen. Bevor hier wieder ausgecheckt wurde, machte ich auf jeden Fall ein paar Fotos davon.

Vor der Suite suchte ich die Magnetkarte in meiner Handtasche und schließlich sprang endlich die Tür auf. Im ersten Moment blinzelte ich, denn ich war mir sicher, dass ich kein Licht angelassen hatte. Dinge hatten sich verändert, eine Wasserflasche stand geöffnet auf dem Wohnzimmertisch und ein paar Schuhe stand mitten im Flur.

Mein Herz machte einen Hüpfer, denn Harry war schon da.

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