26 Two-Night-Stand.
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Hart und heftig lagen Lippen auf meinen. Kompromisslos wurde ich gegen das alte Gemäuer hinter mir gedrückt und prompt verließ jeder Funken Vernunft meinen Verstand. Meine Hände gruben sich in weiches, chaotisches Haar und ich schmeckte die Reste von Schifferblut und dem Salz der Chips auf den Lippen meinen Gegenübers.
Noah keucht laut als ich ich ihn noch ein paar Zentimeter näher zu mir zog und alleine dieses viel zu laute Keuchen machte mich unglaublich scharf. Ich sollte mir ernsthaft Gedanken darüber machen, weshalb mir dies ausgerechnet wieder bei Noah passierte, doch aktuell war ich gar nicht in der Lage überhaupt nachzudenken.
Demnach hatte ich auch keine Ahnung, wie wir vom Puh-Pasch zu mir gekommen waren. Hektisch und überfordert tastete ich mit der Hand an der schweren Tür entlang. Mein Loft befand sich auf einem unauffälligen Industriegelände und fand man nur, wenn man genau wusste, wonach man suchte.
Nachdem mein Cousin Willie aus dem Bungalow ausgezogen war, den wir uns in London teilten, brauchte ich etwas Neues. Ich wollte kein Haus, so wie Harry, kein Anwesen wie Liam und auch keinen Bunker wie Louis. Was ich wirklich wollte, war eine Oase. Ein Versteck, das nie jemand finden würde.
Umgeben von Backsteingemäuer, Stahl und schweren Materialien fühlte ich mich sicher versteckt. Der Weg zum Industriegelände war etwas verwildert, abgeschieden und privat. Niemand würde vermuten, dass sich hinter der täuschenden Fassade mehrere großzügige Lofts befanden.
Ich kannte meine drei Nachbarn und sie waren genauso selten zu Hause, wie ich. So gesehen störten wir uns nie und begegneten uns vielleicht zweimal im Jahr.
Heftig atmend löste ich den Kuss und merkte, wie mir schwindelig wurde. Schwindelig vor lauter Hitze und aufgepuschten Hormonen. Ich bekam die schwere Schiebetür nicht auf, wenn Noah mich küsste.
Der elektronische Code war schnell eingegeben und dann rüttelte ich an der Tür, so wie immer. Laut quietschend ließ sie sich öffnen und ich drückte den Lichtschalter.
Über uns gingen die alten Retro Edison Glühlampen an, die wie Spinnfäden von der sechs Meter hohen Decke hingen. Ich mochte sie sehr, viel lieber als die eigentlichen Industrielampen, die dazu noch brummten. Dauerhaft hatte ich davon Kopfschmerzen bekommen.
Mein Loft war so weit offen, dass man es für einen riesigen Raum halten könnte und durch die Höhe musste man sich etwas einfallen lassen, damit man Abends genug Licht hatte.
Noah huschte an mir vorbei, die Augen weit aufgerissen und als er in die Mitte des Lofts ging, da sprang der Bewegungsmelder an. Staunend betrachtete er die schwarze altenglische Straßenlaterne, die ich restaurieren ließ und die jetzt sämtliche Schatten vertrieb.
Er betrachtete die echten originalen Holzbretter unter seinen Füßen, die ich abschleifen ließ und sein Blick ging zum Fenster. Wobei Fenster nicht das richtige Wort war. Die eine Seite des Lofts bestand aus einer Glaswand. Lauter viereckige Glasfenster bildeten eine Mauer.
Am Tag hatte ich so viel Licht, dass ich nicht auf Lampen angewiesen war. Die restlichen Fenster waren nicht sehr viel kleiner und durch die abgelegene Lage musste ich keine Angst haben, dass auch nur irgendjemand hier reinsah.
Ohne Scheu drehte Noah sich um und ich schob die schwere Tür hinter mir zu. Er ließ sich in die wuchten Sitzpolster aus Leder fallen, nur um direkt wieder aufzuspringen. Ihm schien mein technischer Schnickschnack zu gefallen. Sichtlich interessiert musterte er meinen Fernseher, der fast Kinogröße erreicht hatte und die Musikanlage, mit all ihren Spielereien. Ich hatte sie schon ewig nicht mehr angehabt.
Während Noah meine Sammlung an Schallplatten, Kassetten und CDs bestaunte, die Harrys recht ähnlich war, nur ohne diesen ganzen versicherten Oldies, legte ich meine Jacke beiseite und ging Richtung Küchenecke. Dort öffnete ich den Kühlschrank und nahm zwei Flaschen Bier heraus, die ich öffnete.
Als ich mich umdrehte, da war Noah schon weiter gegangen und musterte die künstliche Trennwand, an der all meine Gitarren hingen.
Mit den Fingern strich er über den imposanten schwarzen Flügel, inspizierte das Schlagzeug daneben und hob die Hände, um mich etwas zu fragen.
»Du... spielen... alle?«
Ich nickte und hoffte, dass ich ihn richtig verstanden hatte. Als ich Noah das kalte Bier reichte, da nahm er es an, aber er trank nicht davon, stattdessen musterte er mich nun. Erneut machte er mit einer Hand Gebärden, doch dieses Mal verstand ich rein gar nichts.
»Was?«, hoffentlich wurde das heute nicht zu meinem meist genutzten Wort.
Kurz zögerte Noah, dann zog er sein Handy hervor und tippte etwas ein. Sekunden später sprach eine mechanische trocken und ausdruckslos Stimme: „Wohnst du alleine hier."
Ich trat zu ihm und erkannte, dass er eine App namens Talk Free nutze. Eingetippte Sätze wurden vorgelesen. Man könnte fast meinen, er hätte sich auf unsere Begegnung vorbereitet.
Erneut nickte ich und Noah sah an mir vorbei, dann tippte er erneut: „Bekomme ich eine Führung?"
Wieso nicht, ich machte die Geste dafür, dass er mir folgte und Noah schien sich in meinem Loft direkt wohl zu fühlen. Meinen Billardtisch fand er cool und als wir ein halbes Stockwerk höher gingen, da hielt er sich auffällig konzentriert am Gelände der Spiraltreppe fest.
»Du okay?«, fragte ich, doch er ging gar nicht darauf ein. Stattdessen schien er mehr daran interessiert ein Tonstudio von innen zu sehen und die ganzen Fotos, die an den künstlichen Wänden meines Flures hingen. Dann tippte er auf seinem Handy und die mechanische Stimme sprach: „Du hast schon viele Länder besucht."
Ohne darüber nachzudenken lächelte ich: „Ja, aber nicht immer habe ich viel gesehen."
Erst als Noah mir angestrengt auf die Lippen starrte, da wollte ich die Hände benutzen, um mich zu wiederholen. Doch mir wurde klar, dass mir dafür die Gebärden fehlten. Es war scheiße nicht ausführlich antworten zu können. Langsam ließ ich die Hände überfordert sinken, aber Noah sah nicht danach aus, als wäre er besonders frustriert darüber.
Stattdessen trat er zu mir und nickte mit dem Kopf auf die Tür, die ich noch nicht geöffnet hatte, er machte eine Gebärde, die ich nicht missverstehen konnte. Die Besichtigung war vorbei. Wir machten da weiter, wo wir kurz vorm Betreten des Lofts aufgehört hatten.
Noah zögerte keine Sekunde und zog mich am Saum des Shirts zu sich. Das war etwas, was er nie tat: Zögern. Und das war echt erfrischend. Ich brauchte nicht groß rätseln, wonach ihm der Sinn stand, denn er zeigte es mir einfach.
So auch jetzt.
Wir stolperten in mein Schlafzimmer, es war stockdunkel und so fiel ich fast rückwärts in das Bett, weil ich nicht damit rechnete es in den Kniekehlen zu spüren. Unterwegs verloren wir Klamotten, die eine Spur bildeten. Schuhe, Shirts, Socken...
Hitze breitete sich an jeder Stelle meiner Haut aus, auf der Noah mich berührte. Ich wusste nicht warum ich so reagierte und wieso der schwache Geruch seines Aftershaves mich so durcheinander machte. Ich hatte nie den Drang gehabt mit Männern zu schlafen oder fühlte mich von ihnen angezogen.
Bei Noah war es aus einem unerklärlichen Grund anders. Ich verschwendete nicht einen Gedanken daran, ob ich mir das, was wir hier taten, noch einmal überlegen sollte. Ganz im Gegenteil, ich kam kaum schnell genug aus meinen Klamotten raus.
Seine Berührungen waren sanft, aber auch zielstrebig und als er nach dem Lichtschalter der Lampe auf der Nachtkonsole suchte, da riss mich die Unterbrechung aus einen seltsamen erregten Nebel. Kurz blendete das Licht, doch es war kurz darauf, als würde es mir wie Schuppen von den Augen fallen.
Noah wollte das Licht nicht, er musste es viel mehr haben. Während ich hören konnte, wie er keuchte und stöhnte wenn ich ihn berührte, so musste er sich auf seine anderen Sinne verlassen.
Sex mit ihm zu haben... war anders.
Ich hatte mich nie für einen Typen gehalten, der auf Analsex stand, aber Fakt war, dass er einen merkwürdigen Reiz ausübte. Automatisch verlor ich jedes Zeitgefühl und ließ dies zu. Der ewig lange Augenblick bestand nur noch aus weiche Lippen, Erregung und Berührungen, die mich innerlich erschaudern ließen. Ein um das andere Mal.
Der Raum um mich herum wurde erst viel später wieder klar und hörte auf sich zu drehen. Auf dem Bauch liegend blinzelte ich, die Decke lag über mir und ich drehte mich herum. Noah saß mit dem Rücken zu mir auf der Bettkante. Das Haar in seinem Nacken war feucht und er nahm einen großen Schluck aus einer Wasserflasche. Prompt dachte ich an Isabells Rat und kramte in der Nachtkonsolenschublade nach Kopfschmerztabletten.
Als Noah sich umdrehte und mir eine Tablette abnahm, da reichte er mir die Wasserflasche und hatte beide Hände frei: »Ich gehen?«
Ich musterte ihn und schüttelte den Kopf: »Jetzt ist spät.«
Er schmunzelte und gebärdete wieder, doch dieses Mal verstand ich ihn nicht. Also kramte er nach seiner Jeanshose und zog sein Handy hervor. Die Talk Free – App wurde wieder benutzt.
„Erinnerst du dich an das Spiel in der Kneipe", sprach die mechanische Stimme ausdruckslos und ich nickte. Das Schmunzeln auf seinen Lippen wurde verschlagener: „Da war eine Frage mit den drei Orgasmen in vierundzwanzig Stunden."
Richtig, niemand hatte von uns getrunken und so sorgte Noah dafür, dass, sollte diese Frage je noch einmal gestellt werden, ich definitiv trinken musste.
Obwohl ich in der Nacht kaum Schlaf bekam, trotzdem fühlte ich mich am Morgen nicht erschlagen, sondern ziemlich gut. Abgesehen von meinem Hintern. Ein merkwürdiges Gefühl blieb und ich ignorierte es einfach.
Ziemlich früh am Morgen hielten Noah und ich uns in meiner Küche auf. Er brannte auf Frühstück, doch obwohl meine Küche groß war, störten wir uns immer wieder gegenseitig. Eiskalt wies er mich mit einer Handbewegung an, mich an die Theke zu setzten, direkt gegenüber der freistehenden Kochinsel.
»Du...«, das zweite Wort kannte ich nicht, aber ich vermutete, dass es 'störst' heißen sollte. Ich ließ ihn in meiner Küche herumhantieren. Ich bekam eine Tasse mit schwarzen Tee und Milch. Minuten darauf roch es nach Rührei, Würstchen und Toast. Wir aßen direkt in der Küche, statt den langen Holztisch am Fenster zu nehmen.
„Ich bin noch nie aus meiner eigenen Küche geworfen worden", sprach ich ohne nachzudenken und Noah runzelte die Stirn: »Was?«
Abwehrend machte ich eine Handbewegung um zu zeigen, dass es nicht so wichtig war, doch Noah beharrte: »Was?«
Es erinnerte mich daran, wie ich mich fühlte, wenn ich etwas nicht mitbekommen hatte und die Person für mich entschied, ob es wichtig war oder nicht. Augenblicklich nagte das schlechte Gewissen an mir. Eher schlecht als recht versuchte ich zu gebärden, was ich meinte und kam mir albern dabei vor.
Scheinbar sah man mir das an der Nasenspitze an, denn Noah legte seinen Toast beiseite und tippte länger auf Talk Free herum. Schließlich erklärte mir die künstliche Stimme: „Höre nicht auf zu gebärden. Ich mag das. Auch wenn Wörter fehlen. Das ist egal." Kurz zögerte er, dann hörte ich die Stimme weiter sprechen: „Ich bin froh, dass du versuchst mit Händen zu reden. Wenn Isabell Harry besucht, wird ihr das sehr helfen."
Nun runzelte ich irritiert die Stirn und suchte nach meinem Handy. Zu spät wurde mir klar, dass es noch oben im Schlafzimmer lag und so kramte ich nach einem kleinen Block und einem Kugelschreiber.
'Was genau meinst du damit?'
Wir begannen uns doch tatsächlich so zu unterhalten. Ich schrieb mit der Hand, Noah tippte auf seinem Handy herum.
„Harrys Leben ist sehr anstrengend. Allgemein ist es für sie nicht leicht in seiner Nähe zu sein. All die Hörenden, die Rücksichtslosigkeit, das schnelle Sprechen. Man fühlt sich schnell ausgeschlossen. Und ein paar Gebärden helfen dabei sich besser zu fühlen. Es ist schwer zu verstehen, glaube ich, wenn man hört."
Nein, ich verstand das sehr gut und schrieb auf den Block: 'Erzähl weiter'
Überrascht blickte er mich an und während er tippte, spachtelte ich mein Frühstück weiter. Dann teilte die fremde Stimme mir mit: „Gebärdensprache ist ein Bisschen wie Heimat und nach Hause kommen. Isabell ist immer total fertig, wenn sie von Harry kommt und ich denke, dass sie sich manchmal ausgeschlossen fühlt. Aber wenn jemand Gebärdet, wird das alles weniger schlimm."
'Wieso glaubst du das sie sich ausgeschlossen fühlt?'
„Es ist die Art, wie sie von den Besuchen erzählt. Verstehe mich nicht falsch, sie sagt nichts schlechtes über die Leute, die sie trifft, aber sie erzählt immer oberflächlich."
'Ach... das Umfeld ist allerdings echt oberflächlich.'
Darüber schien Noah nachzudenken, dann wollte er durch die Talk Free Stimme wissen: „Wieso kannst du ein paar Gebärden?"
Das war einfach und der Kugelschreiber kratzte über das Papier: 'Ich wollte Isabell einen Gefallen tun. Sie versteht mich akustisch nicht immer und ich dachte, ein paar Zeichen könnten das ausbügeln.'
Als Noah meine Worte las, da lächelte er und sein Daumen sauste über das Display des Handys: „Ich wünschte, Harry würde das auch so sehen. Ihr ein wenig entgegenkommen. Ich habe das Gefühl, dass sie sich nur ihm anpasst und er sich überhaupt nicht."
Automatisch machte ich meine Lieblingsgebärde: »Keine Ahnung.« Über meinen ratlosen Gesichtsausdruck grinste Noah und wechselte das Thema. Die komische Frauenstimme machte mich meschugge und ich würde mal googeln, ob man nicht eine andere Stimmlage einstellen konnte.
„Hast du eine Lieblingsgitarre?"
Seine Frage überraschte mich. Ich leerte den Tee und ging Richtung Wohnraum, wo all meine Instrumente Standen. Milchig fiel Licht durch die Fensterwand und ich merkte, dass Noah mir folgte. Der Holzboden verschluckte seine Schritte nicht.
Neben der Couch lehnte eine meiner ersten Akustikgitarren und ich griff nach ihr. Während ich mich auf der Couch fallen ließ, da hockte Noah sich auf den Boden und stellte die Tasse Tee in seinen Händen vorsichtig ab.
Ich kramte nach einem Plektrum und dann begann ich die ersten Takte von Paper House. Den Song hatte ich schon lange nicht mehr gespielt und ich merkte, dass die Klänge der Saiten sich wieder einmal anders anhörten, als ich sie in Erinnerung hatte.
Gerade, als ich frustriert aufhören wollte zu spielen, da fiel mir Noahs ernste und konzentrierte Miene auf. Es war schwierig sich vorzustellen, dass er nicht einen einzigen Ton hörte. Musste es ihm dann nicht komisch vorstellen, wenn ich hier spielte und er nicht nachvollziehen konnte, warum Musik etwas Tolles war?
Noah streckte die Hand aus und legte sie flach auf den Korpus der Gitarre, ich zwang mich weiter zu spielen und nicht inne zu halten. Zuerst geschah absolut gar nichts, doch dann ging eine Wandlung über Noahs Gesicht. Wie in Zeitlupe.
Und es war das zufriedenste Lächeln, das ich je gesehen hatte.
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Hallo ihr Lieben,
danke für die Votes und Kommentare :) im Moment scheinen jedoch nicht allzu viele Leute was zu sagen zu haben oder möchten nicht xD
Die letzte Szene von Noall war eigentlich die Erste, die ich im Kopf hatte, als es um die Beiden ging. Am Anfang sollte es nur ein Gefallen sein, um den Isabell Niall bat, damit Noah die Gitarre wirklich erlebt.
Denn Fakt ist, er lächelt in der letzten Szene, weil er die sanfte Vibration spürte. Danke an Frieda, für deine Geduld, als du mir versucht hast die Gitarre in Einzelheiten zu beschreiben und wie man die Klänge spürt.
Habt ihr Erfahrungen damit Musik zu spüren?
Fandet ihr das unangenehm oder interessant?
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