Kapitel 2

James sah den fragenden Blick. „Die Bezahlung, dass du dieses Photo von mir machen durftest."

Timothys Atmung beschleunigte sich, die Finger lagen immer noch an seinem Kinn. Er konnte sich nicht bewegen, war gefangen. „Was willst du?", fragte er ihn leise, mit zitternder Stimme. Erneut biss er sich auf diese Lippen.

Ein drittes Mal. James sah es ein drittes Mal. Er beugte sich nach vorne und saugte diese Unterlippe in seinen Mund. Ein überraschtes Keuchen erklang, doch er wurde nicht fortgestoßen. Er gab ihm Zeit, während seine Lippe langsam aus seinem Mund glitt. Zeit, ihn wegzustoßen, ihn zu schlagen. Nichts geschah. Nun entkommst du mir nicht mehr, kleiner Vogel.

Doch bevor er Timothy an sich ziehen konnte, schlangen sich zwei Arme um seinen Kopf und zogen ihn nach vorne. Weiche Lippen trafen auf seine und eine freche Zunge bat um Einlass, den er ihr gewährte. Er empfing diese freche Zunge, neckte und streichelte sie. Er eroberte diese süßen Lippen, bis der junge Mann atemlos war. Erst dann löste er sich von ihm.

Timothy war froh, dass James seine Arme um ihn geschlungen hatte, denn ihm waren bei diesem Kuss die Knie weichgeworden. So etwas hatte er noch nie erlebt. Er wollte mehr. Doch dieser Moment wurde unterbrochen, als die Tür aufgerissen wurde und die Brautmutter mit einem missmutigen Blick heraustrat.

„Timothy. Es findet bald der Brauttanz statt. Kommen Sie."

James hatte die Arme zurückgezogen, starrte seine Stiefmutter an. Diese machte ein abschätziges Geräusch und drehte um.

Verlegen senkte Timothy den Blick und sagte: „Ich muss gehen."

Sein Gegenüber nickte nur, sah dem jungen Mann nach, der ihm einen letzten Blick zuwarf.

Als die Zeit, für die er gebucht worden war, um war, machte sich Timothy auf die Suche nach James, doch er fand ihn nicht. Als er die Brautmutter ansprach, zischte diese nur, sie wisse nicht, wo er sei und dass er sich zum Teufel scheren konnte. Auch die Braut wusste nichts, denn er war vor drei Jahren woanders hinversetzt worden und war umgezogen. Alles, was er von James hatte, war das Photo.

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„Ach komm schon, James. Bitte bitte bitte", fragte Lesley, ein Kollege auf der Arbeit. Beide Handflächen waren zu einer bittenden Geste zusammengepresst und der Kopf geneigt.

James rollte mit den Augen. „Wenn es sein muss."

„Yes. Ich danke dir. Tausend Dank", jubelte Lesley. „Wir sehen uns heute um Sechs. Bis dann."

Worauf hatte er sich nur eingelassen? Seit der Hochzeit seiner Schwester war ein halbes Jahr vergangen. Sechs Monate und er hatte ihn nicht vergessen können. Kurz nachdem Timothy gegangen war, war er zu einem Einsatz gerufen worden.

Am nächsten Tag hatte er versucht ihn zu finden. Seine Schwester hatte er nicht erreichen können, denn sie war mit ihrem Ehemann direkt in die Flitterwochen gefahren, und seine Stiefmutter hätte er nicht fragen brauchen. Als diese nach drei Wochen schließlich zurück war und er den Kontakt zu der Photoagentur erhielt, erfuhr er, dass Timothy nicht mehr länger dort arbeitete. Er hatte drei Tage zuvor gekündigt.

Er hatte nie viel Glück in seinem Leben gehabt, doch gerade jetzt schien er vom Pech verfolgt zu sein. Sein Freund Lesley hatte für heute Abend ein Doppeldate organisiert. Die Dame, auf die er es abgesehen hatte, arbeitete in einer Kunstgalerie. Doch sie wollte sich nicht alleine mit ihm treffen, sondern mit ihrer Freundin. Dafür musste Lesley einen weiteren Interessenten mitbringen und dieser Pechvogel war James.

Seufzend ging er nach Hause und duschte. Er wollte Lesley die Chance nicht verderben, also zog er sich einen Anzug und ein weißes Hemd an, denn er wollte nicht underdressed in eine Kunstausstellung gehen.

Pünktlich war er um Sechs vor der Galerie. Bald schon kam auch sein Freund, der sich in Schale geworfen hatte. Viel Glück, Kumpel. Zwei lachende Frauen stiegen aus einem Taxi und steuerten auf sie zu. Die Linke mit langen braunen Haare und einem freundlichen Lächeln – ihr Name war Lisa, begrüßte Lesley und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Neben ihr stand eine schüchterne Frau mit kurzen dunkelblonden Haaren, die ihn nervös anschaute.

„Kommt, wir schauen uns kurz die Ausstellung an. Ich will Stacy etwas zeigen", sagte Lisa zu den beiden. James nickte nur und folgte dem Dreiergespann. Die Ausstellung war eine Photoausstellung.

„Hier sind die Bilder von den zwanzig besten Photographen, die am Wettbewerb teilgenommen haben", erklärte Lisa.

Alles weitere bekam James schon gar nicht mehr mit. Er blieb vor einem Photo stehen und vergaß zu atmen. Sein Herz schlug wie wild. Vor ihm war die Silhouette eines Mannes vor einem leuchtenden Sternenhimmel. Man konnte die Konturen des Mannes sehen, doch nicht dessen Gesicht. Was man jedoch erkannte, waren die leuchtenden braunen Augen. Ein Raubtierblick, der sich tief in einen bohrte. Sein Blick wanderte nach rechts zu einem kleinen bronzefarbenen Schild.

1.Platz

James

von Timothy Brannagh

„Das ist wunderschön, nicht wahr? Niemand weiß, wer dieser Mann ist, doch der Blick fesselt einen. Er starrt einen an, als wäre man das Begehrenswerteste, was es auf der Welt gibt", sagte Lisa und lächelte.

James drehte sich zu ihr um und fragte: „Kennst du den Photographen?" Sie war die Leiterin der Ausstellung, vielleicht wusste sie mehr.

„Nicht persönlich. Doch heute ist die offizielle Eröffnung. Alle Künstler sind normalerweise hier und-"

Er hörte sie schon gar nicht mehr, denn seine Füße trugen ihn bereits durch die Ausstellung. Konnte er Hoffnung haben? Konnte er vielleicht einmal im Leben Glück haben?

Er suchte die gesamte Galerie ab, wurde jedoch nicht fündig. Zeit, aufzugeben. Also machte James kehrt und ein helles Lachen drang an seine Ohren. Er drehte sich um und seine Augen blickten in hellbraune. Es war wie damals. Es war, als bliebe die Zeit stehen.

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