Vorführung~Cady
Jo lässt sich einfach zu gut ärgern! Ich bin gespannt, wie lange er braucht um zu merken, dass ich es nicht lassen konnte und auf die letzte Seite etwas geschrieben habe. Ich weiß total 'böse', aber die Situation lud irgendwie dazu ein.
Am Abend saß ich in meinem Zimmer am Fenster und sah raus in die Dunkelheit. Im Stall brannte noch Licht. Grandma machte ihre Abendrunde und die Hunde flitzten noch spielend über den Vorplatz und durch den Rosengarten. Ein lächeln legte sich auf meine Lippen. Mein Leben schien gerade schon fast perfekt. Ich habe meine beiden Großmütter, meine Pferde und meine Freunde. Mehr brauche ich nicht um glücklich und zufrieden zu seien. Trotzdem war ich nicht zufrieden. Ich und Jo wir werden es wohl nie schaffen uns zusammen zuraufen. Heute war alles wieder, als hätten wir uns nie geküsst. Eigentlich traurig und auch ein wenig verletzend. Innerlich hoffte ich das es nächte Woche anders werden würde. Ich wollte das einfach nicht mehr. Entweder wir bleiben jetzt ein für alle mal Freunde, oder wir fangen was miteinander an. Mein Mathelehrer sagt immer wir sollen Prioritäten setzten und meine ist es momentan, das endlich geklärt zu haben.
Ich zuckte leicht zusammen, als es an meiner Tür klopfte. Mit einem kurzen Blick aus dem Fenster wusste ich dass es Grandma war. Der Stall lag in völlige Dunkelheit gehüllt. Im nächsten Moment wurde die Tür geöffnet. "Cady, Darling. Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?" Grandma sah mich streng an. Ich atmete tief durch "Nein. Französisch verstehe ich doch eh nicht!" "Cady, das ist kein Grund sie nicht zumachen. Ich lasse Karlchen bei dir." kaum sagte sie das schloss der dreifarbige Springer Spaniel Rüde auch schon in mein Zimmer. Karlsson oder "Zwergie" wie ich ihn getauft habe ist gerade mal ein Jahr alt und hat den Kopf immer noch voll mit Quatsch. Die Tür schloss sich wieder und ich hob den Rüden auf meinen Schoß. Sofort kuschelte er sich in meine Arme und ich vergrub meine Nase in seinem, für einen Springer eigentlich viel zu weißem Fell. "Warum ist die Liebe so kompliziert, Zwergie?" murmelte ich und der kleine gähnte demonstrativ. "Du hast recht! Die Liebe ist anstrengend" meinte ich grinsend und streichelte ihm über den noch recht weichen mit Welpenfell bedeckten Kopf. Ich schluckten den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte runter.
Ob das zwischen meinen Eltern auch so kompliziert war? Das zwischen ihnen muss ja sowas, wie die Liebe des Jahrhunderts gewesen seinen. Alle sagen immer sie hätten nie lange ohne einander gekonnt. Ein Wunder das Mama noch ein drei-viertel Jahr durchgehalten hatte. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen das Liebe so tief gehen kann. Das grenzt schon fast an psychische Abhängigkeit und das stelle ich mir alles andere, als schön vor.
Zwergie stieß mich mit seiner feuchten Nase an, als wollte er sagen "Alles gut. Du musst nicht traurig seien". Sofort schlich sich wieder ein lächeln auf meine Lippen und der Kleine sprang freudig von meinem Schoß. Nur um kurz halb unter mein Bett zukrabbeln und mit einem Spielzeug in der Schnauze wieder zu kommen. Er wollte mich wohl ablenken.
Die Schulwoche schrapte irgendwie an mir vorbei. Am Freitag verlud ich nach der Schule Prince und wir machten uns wie jeden Freitag auf den Weg zum Reitclub, das hieß gut anderthalb Stunden fahrt. Alles nur für das Training und weil ich dieses Wochenende bei Oma war und nächstes auf einem Turnier.
Ich hatte Prince schon fertig, als Jo gerade kam. Den Rucksack lässig über einer Schulter, die blonden glatten Haare, wie immer etwas verwuschelt, den Blick auf sein Handy geheftet. Schnurstracks ging er in die Sattelkammer und hatte mich noch nicht einmal kurz angesehen, geschweige denn bemerkt. Ich atmete tief durch. Nicht aufregen. Er kam gerade erst aus der Schule. Schnell gurtete ich noch ein mal nach und ging, dann mit schnellen Schritten in die Halle.
Dort schwang ich mich in meinen schwarzen Springsattel und sortierte in aller Ruhe meine Zügel, bevor ich meinem Rappen eine Parade gab und er sich am langen Zügel in Bewegung setzte. Im gemächlichen Schritt ritt ich quasi Runde um Runde bis Steffi dazu kam und wenig später auch Jo. Allerdings ließ Steffi ihn nicht aufsteigen und wies mich, als ich in die Mitte ritt an abzusteigen und von den Hindernissen fehlte auch noch jede Spur.
"Sattel ab und Gamaschen auch." ordnete unsere Trainerin an und wir guckten beide mehr, als fragend, während sie uns auffordernd ansah und uns beiden die Zügel aus der Hand nahm. "Steffi, ich mache nichts bis du uns eine Erklärung gibst" Jo verschränkte die Arme vor der Brust. "Wie lange hast du schon kein Pferd mehr vormustern müssen?" stellte Steffi die Gegenfrage und ich fühlte mich etwas fehl am Platz. "Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich eigentlich lieber trainieren würde, als hier dumm rumzustehen" "Dann mach das was ich gesagt habe" Steffi sah ihn mit einem strengen Blick an. Jo ergab sich Schulter zuckend seinem Schicksal. Auch ich fing an Sattel und Gamaschen zu lösen. Alles schmissen wir über die Bande. Was hatte das zu bedeuten? Warum übten wir das Vorführen eines Pferdes? Keiner von uns ist bei einem Nationscup dabei. Jo stand schon wieder mit einem genervten Gesichtsausdruck neben Melo. Steffi schien das ziemlich zu nerven. "Johan Joakim Sjögren, wenn du in Cannes etwas reißen willst, dann musst da das können, sonst kommt Melo nicht durch den Vetcheck." Er verdrehte die Augen. "Ich weiß, aber meine Eltern sind doch auch da, dann können die mir auch helfen, dazu müssen wir das jetzt hier nicht machen." Das irritierte mich jetzt "Was willst du, denn in Cannes?". Ein grinsen schlich sich auf seine Lippen "Ich bin von Longines eingeladen die Young Riders Tour mit zu reiten." Der Glückspilz! Sein erster S-Start ist er ein paar Wochen her und schon will Longines ihn haben oder wahrscheinlich eher das Team seines Vaters, denn denen ist das U25 Talent für die nächste Saison abgesprungen und jetzt soll Jo sich diese Saison bei der Young Riders Tour schon beweisen. Dann wäre er auch bald für die "Stockholm Vikings" in der Champions Leauge unterwegs. So etwas wie Eifersucht kochte in mir hoch, doch ich unterdrückte dieses Gefühl, da es sich einfach nicht gut anfühlte.
Ich nahm Steffi meine Zügel aus der Hand und fuhr meinem Hengst über den kräftigen Hals. Steffi baute mit Stangen eine Gasse auf und am anderen Ende der Halle ein Dreieck. Jo war immer noch sichtlich skeptisch, während ich ihren Plan schon gecheckt hatte. Eine Dreiecks-Vorführung und einmal das normale vortraben auf grader Linie. Steffi sah sich kurz in der Halle um und hatte anscheinend jemanden gesehen. "Ole, hast du noch was zu tun?" rief sie quer durch die Halle. "Nein. Nicht mehr" antwortete Jo's Vater und kam in die Bahn. "Wir wollen vormustern und vier Augen sehen mehr, als zwei" erklärte Steffi und er nahm es kommentarlos hin. Er stand neben seinem Sohn und Steffi musste grinsen "Ihr seht euch so ähnlich, das ist schon fast irritierend". Beide legten im selben Moment den Kopf schief und guckten, als wollten sie das nicht wirklich glauben. Das sorgte dafür, dass Steffi und ich lachen mussten. Was beide Schulter zuckend hinnahmen. Das Vormustern brachten Prince und ich um einiges besser hinter uns, als Jo und Melo. Wahrscheinlich weil Jo keinen wirklichen Bock hatte und Melo das spürte und folglich auch Widerstand leistete. Das lustigste war, als der Wallach sich plötzlich ohne Vorwarnung mit allen vieren aus dem Trab in den Boden stemmt und Jo kurz davor war sein Pferd anzufauchen. Tja es läuft eben nicht immer alles glatt. Aber ich glaube das sein Vater ihn ständig verbessert hatte, hatte ihn am meisten gewurmt.
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