Kapitel 27

TRIGGERWARNUNG

Seit vier Tagen sitzen Harumi und ich im Dachboden herum und unterhalten uns. Oder wir nerven Anjing und Shayan, indem wir umherspringen. (Wobei wir teilweise freiwillig aufhören, weil die hölzernen Bretter unter unseren Füßen sich anhören, als würden sie jeden Moment nachgeben.)

Die Tage verlaufen alle ähnlich: Zwischen Acht und Neun Uhr bringt Shayan uns das Frühstück rein (tatsächlich scheinen die beiden Jungs ganz gut kochen zu können) und wir essen erstmal. Dann langweilen wir uns eine Weile lang und gegen Mittag kriegen wir das Mittagessen, das meistens von Anjing gebracht wird. Gegen vier Uhr nachmittags gehen die beiden weg, wohin auch immer. Und zwischen halb sieben und acht kriegen wir unser Abendessen. Zudem füllen die beiden eine Kanne mit Wasser auf und bringen zwei Gläser ins Zimmer, damit wir etwas zu trinken haben. Genau genommen ist es gar nicht so schlimm. Nun ja, es ist scheisse gefangen zu haben, aber das Essen ist gut und wir verhungern und verdursten nicht. In den ersten zwei Tagen bekam Harumi jedes Mal Panik, wenn jemand ins Zimmer kam, da sie vom letzten Mal dran gewohnt war, dass etwas Schlimmes geschieht, wenn einer der beiden reinkommt, aber es regelt sich langsam. Trotzdem mache ich mir Sorgen.

»»————- ★ ————-««

„Und wozu sperrst du mich jetzt ein?" Fragte ich Shayan. Vor einigen Sekunden hatte er mich im Zimmer eingesperrt. Er lachte kurz auf. „Du verstehst es immer noch nicht, oder?" Fragte er zurück. Ich schluckte und schüttelte den Kopf. „Du bist echt dumm", murmelte er. „Weisst du was?" Fuhr er fort. In seinen Augen blitzte etwas auf. Etwas... boshaftes. „Ich will dich leiden sehen." Grinste er dann. Er war echt ekelhaft. Wie konnte man jemandem so etwas wünschen? Von all den Leuten die ich kannte, konnte ich Shayan am wenigsten leiden und trotzdem wünschte ich ihm so etwas nicht. „Du kannst mich so oft verletzen wie du willst. Du hast es früher schon getan und ich habe es da schon überstanden." Erwiderte ich. „Und wenn du es dieses mal nicht tust? Wenn du doch nicht überlebst?" Fragt er zurück. Meinte er, was passiert, wenn ich diesen Ort nie wieder verlasse? Zumindest lebendig nicht? „Mir ist das dann doch auch egal." Murmelte ich. „Aber was dann passiert?" Ich tue so, als würde ich überlegen. „Du wirst lebenslang ins Gefängnis kommen oder so. Und wenn du Pech hast, rastet Wyldfyre aus und ermordet dich." Lachte ich. Ich konnte ihn einfach nicht ernst nehmen. Als ob er mich wirklich umbringen wollte. Er hatte früher schon so oft die Gelegenheit, mich aus der Welt zu schaffen. Und man hat ihm angesehen, wie sehr er es wollte. Aber jetzt? Seine Augen hatte ich viel kälter und erbarmungsloser in Erinnerung und diese Mordlust und der Hass spiegelte sich ebenfalls nicht in seinen dunklen Augen wider.

»»————- ★ ————-««

„Wann brechen wir endlich aus? So langsam nervst du echt!" Beschwert Harumi sich während dem Frühstück. Ich lege meinen Zeigefinger auf die Lippen. „Nicht so laut!" Zische ich. „Ich weiss nicht." Harumi sieht mich entgeistert an. „Okay, dann versuchen wir eben heute auszubrechen", murmle ich. „Ich würde sagen, etwas nach dem Mittagessen." Flüstere ich. „Dann können wir ja immerhin noch gratis Essen", lacht Harumi. „Letztendlich schmeckt es ja nicht scheisse." Grinse ich. „Oder die anderen kommen uns retten!" Lacht Rumi. „Ach ja?" Frage ich. Sie nickt. „Ja! Wyldfyre tritt die Tür auf und befreit dich, also uns und dann küsst ihr euch endlich!" Scherzt sie. Ich lache auf. „Mann, Harumi, kannst du denn an nichts anderes denken als an mein Leben?" Frage ich. „Doch", meint Harumi und verschränkt die Arme vor der Brust. „Alles klar", meine ich. Harumis strahlendes Lächeln vergeht nicht, als wir anfangen, uns über andere Dinge zu unterhalten und zu lachen. Trotz der Umstände sieht sie so glücklich aus wie schon lange nicht mehr. Das letzte Mal, wo sie so glücklich war, war, als unsere Eltern noch lebten. Wo wir noch zu viert in der kleinen Wohnung lebten und jede freie Zeit damit verbrachten miteinander zu spielen.

Wir sind wohl beide auf dem Weg der Besserung. Irgendwie finde ich das schön. Gemeinsam, zu zweit, so wie früher. Ich schmunzle bei dem Gedanken daran, was wir früher alles gemacht haben.

»»————- ★ ————-««

Sobald wir den Spielplatz betreten, fangen Harumi und ich an, uns gegenseitig zu jagen. „Du bist dran!" Ruft Harumi lachend, als sie es schafft, mich einzuholen und rennt schnell weiter. Ebenfalls lachend renne ich ihr hinterher. Harumi ist ziemlich schnell, trotz unserem Altersunterschied ist sie nicht viel langsamer. Das ist von Vorteil, da ich nicht wie andere große Geschwister aus Respekt langsamer rennen muss. Rumi rennt über den ganzen Spielplatz, bis zur Wiese daneben. Langsam aber sicher hole ich sie ein. Wir rennen über die Wiese voller Blumen. Harumi rennt einen Hügel hoch und ich folge meiner kleinen Schwester. Ab und zu springen ein paar Heuschrecken hoch, wenn wir an ihnen vorbeirennen und man hört das Zirpen von den verschiedenen Käfern, die sich im hohen Gras verstecken. „Hab ich dich!" Als ich Harumi endlich fange, fallen wir beide hin. Harumi kreischt lachend auf. Da es Berg runter geht, rollen wir ein paar Meter weiter. Schnell rappeln wir uns hoch und nun beginnt Harumi mich zu jagen. „Na, warte, wenn ich dich kriege!" „Fang mich doch!" Erwidere ich lächelnd und blicke kurz zurück. Harumi eilt mir hinterher. Ich wende in einer großen Kurve und renne wieder Richtung Spielplatz. Mom und Dad würden sich sonst noch Sorgen machen. Als Harumi mich kurz vor dem Spielplatz einholt, bleibe ich ausser Atem stehen. „Du solltest Sprinterin werden!" Lache ich. „Ach Quatsch", meint Harumi. Ihre Stimme ist genauso kindlich wie ihr Lächeln. „Du tust doch nur so, als wärst du langsamer! Das tun alle Geschwister und ältere Leute allgemein!" Grinst sie. „Ich meine es ernst, bei dir muss ich das nicht tun. Andererseits kann es auch sein, dass ich einfach langsam bin." Lache ich. Dann gehen wir gemeinsam zu unseren Eltern. Diese schauen uns lachend an, da unsere Gesichter wahrscheinlich rot wie Tomaten sind, so viel wie wir gerannt sind.

»»————- ★ ————-««

Die Tür schwingt auf und Anjing kommt mit dem Mittagessen rein. Er gibt zuerst mir und dan. Harumi den Teller.

„Das schmeckt gut", meine ich wie immer überrascht. Harumi starrt mich verwirrt an. „Findest du?" Fragt sie zurück und schluckt schwer. „Ich finde, meins schmeckt scheisse...", sie runzelt die Stirn und nimmt einen Bissen von meinem. „Oh, shi-" Misstrauisch nehme ich ein Stück von ihrem Essen, doch Harumi schlägt mir das Stück aus der Hand. „Wieso das denn jetzt?" „Iss das ja nicht!" Ruft Harumi aufgebracht. In nächster Sekunde hält sie sich den Hand vor den Mund. „Ist dir übel? Musst du dich übergeben? Harumi, geht es dir gut?!" Frage ich alarmiert. Sie schüttelt den Kopf und wartet ein paar Sekunden. Dann atmet sie auf. „Mir geht es ziemlich übel." Murmelt sie. Dann fasst sie sich an den Kopf. Danach an den Bauch. „Mir tut alles weh!" Anscheinend so sehr, dass sich Tränen in Harumis Augen bilden. „Wie schlimm?!" Frage ich aufgeregt. „I-Ich... normale Bauchschmerzen oder so und dann noch zehnmal schlimmer!" Harumi heisst sich auf die Unterlippe. „SHAYAN, ANJING!" Brülle ich so laut wie ich kann. „Hilfe!" Doch meine Stimme gibt nach. „Jade, verstehst du... verstehst du es nicht? D-Das waren die beiden!" Bringt sie hervor. „Du meinst... sie haben...", ich breche ab. Auch wenn ich den Satz beenden will, schaffe ich es einfach nicht. „Sie haben mich vergiftet", bringt Harumi schwach hervor. Nein, nein, nein! Tränen sammeln sich in meinen Augen und fangen an, stärker zu brennen als jede Wundcreme der Welt. Ich überprüfe zögern Harumis Herzschlag. Es rast so schnell, dass ich kaum spüre, wenn es mal nicht gegen meine Hand hämmert. Harumi schluckt schwer. „B-bring mir ein G-Glas W-W..." Weiter kommt sie nicht. Ich gebe ihr den nächsten Becher. Harumi kippt alles in einem Schluck runter. „I-Ich kriege i-immer noch keine L-Luft." Was kann ich tun?! „SHAYAN, ANJING, BITTE, BITTE, HELFT DOCH! ICH TUE ALLES WAS IHR WOLLT, WIRKLICH!" Flehe ich. Doch die einzige Antwort, die ich höre, ist das kalte Lachen der beiden Jungs. So langsam kommt mein Verstand zurück. Die beiden werden nicht helfen. Sie haben das geplant. Das meinte Shayan mit Leiden. Und ich kann Harumi auch nicht helfen. Ich bin dazu verdammt, zuzusehen, wie meine kleine Schwester stirbt. „Harumi, bitte gehe nicht", weine ich, auch wenn ich weiss, dass es nichts bringt. „Ich kann dich nicht noch einmal verlieren." Flüstere ich und lege meine Stirn auf ihre. „Bitte, ich verkrafte das nicht erneut! Ich habe es noch nie verkraftet und dieses Mal wird es nicht anders sein, bitte!" Aber ich weiss, dass auch Harumi nichts daran ändern kann. Harumi kam zwar wieder zu Atem, aber sie atmet immer langsamer. „Jade?" Bringt Harumi knapp heraus. „Ja?" „Dir darf durch den Kopf gehen, was dir eben durch den Kopf geht, aber bitte verschwende die letzte Minute mit mir nicht, indem du an die beiden Idioten denkt, okay?" Ihre Stimme klingt sanft, wie immer, aber sie klingt noch viel leiser und schwächer als sonst. Trotzdem höre ich heraus, dass sie weiss, was sie will. „O-Okay", stimme ich unter Tränen zu. „Ich will die Zeit, die ich noch habe, damit verbringen, an Schönes zu denken." Murmelt sie leise. Ich nicke verständnisvoll. Sie hat recht. „Kannst du Lloyd trotzdem ausrichten, dass ich ihn liebe?" Fragt Harumi und lächelt leicht. „Natürlich", schluchze ich. „Dich liebe ich auch, Schwesterherz." Sagt sie dann. „Ich werde nicht mehr dabei sein, aber ich weiss, dass du und Wyldfyre zusammenkommt." Nun lache auch ich leise auf, auch wenn mir nicht nach Witzen zumute ist. „Weisst du was, sag doch lieber allen Ninja, wie sehr ich sie mag. Ich werde euch auch für immer lieben. Und ich weiss, ihr werdet mich nicht vergessen." Meint sie. Ich nicke mit einem leichten Lächeln und wische mir eine Träne aus dem Auge. Harumi nimmt meine Hand und legt sie auf mein Herz. „Klingt vielleicht kitschig, aber ich lebe hier weiter." Meint sie. „Weisst du, was meine liebste Erinnerung mit dir ist?" Fragt sie nun. Ich schüttle stumm den Kopf. „Ich mag alle. Aber am meisten...", sie macht eine kurze Pause, „...am meisten mag ich den Moment, als wir uns endlich wieder sahen." Erklärt sie. In ihren Augen funkelt eine Freudenträne. „Meine Auch." Weine ich. „N-Noch.. eine letzte... Umarmung?" Fragt Harumi. Ich nicke und umarme sie. „Ich habe dich lieb, vergiss das nicht." Flüstert sie in mein Ohr. „Ich dich auch." Für ein paar Sekunden klammere ich mich an ihren Kleidern fest, dann lasse ich sie los. Sie legt sich hin und schließt die Augen. „Übrigens bin ich die hübschere." Fügt sie noch mit letzter Kraft hinzu und lächelt, als sie kurz die Augen öffnet. „Das nehme ich gerne so hin", meine ich mit einem leichten Lächeln und wische mir gleichzeitig eine Träne aus den Augen. War ja klar, dass sie noch einen Witz macht. So etwas kann echt nur Harumi. Schluchzend lege ich mich ebenfalls auf den Boden und schließe die Augen. Flashbackartig blitzen alte und neue Erinnerungsfetzen vor meinem inneren Auge auf. „Tschüss Rumi", flüstere ich leise, als ich plötzlich vor Augen habe, wie sie sich hinlegt und die Augen schließt, nachdem sie ihre letzten Worte sagt. Dann liege ich einfach nur noch weinend auf dem Boden. Ist Shayan jetzt zufrieden? Er hat mich gebrochen. Er hat mich erledigt, er hat mir zum wiederholten Male die Lebensfreude genommen und mir das Wichtigste in meinem Leben genommen. Glückwunsch.

»»————- ★ ————-««

1904 Wörter

Mit Triggerwarnung: 1905 Wörter

Ich- eh. Ich gehe mich selbst begraben bevor ihr es tut.

Ach kommt schon Leute😭😭😭

Wer andere Storys von mir kennt konnte es doch wissen maaaannn

Oder habt ihr fr gedacht dass ich es ein einziges Mal lasse? Falsch gedacht, arghhh, ich hasse mich selbst für diese Gewohnheit😭😭

Also mal ganz kurz für die, die mich nd so kennen: Ich bin Marina und finde Geschichten immer automatisch besser wenn irgendetwas trauriges drinne passiert weil es mir eher im Gedächtnis bleibt und ich selbst schreibe auch immer, dass Charaktere sterben oder so, soorryyy

Vergebt mir Mann😭

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top