#69 - Die beste Band Australiens
Theatralisch seufzte ich, als Michael mich kurz an sich drückte.
„Ist schon okay, Cliffy, ich leihe ihn euch kurz aus."
„Cliffy?!", echote eine Stimme und im nächsten Moment war Ashtons lautes Lachen zu hören. „Amazing, Jana. Amazing! Danke dafür!"
„Na super", grummelte Michael augenverdrehend, als er dem immer noch lachenden Ashton folgte und versuchte, ihn zu stoppen, Calum von meinem dämlichen Spitznamen für Michael zu erzählen.
„Was singt ihr denn jetzt eigentlich für Songs?", erkundigte ich mich, nur damit ich Luke nicht mehr wie die verliebteste Kuh des Universums anstarrte.
„Kein Plan", sagte er schulterzuckend und kramte sein Handy aus der Hosentasche, „aber da fällt mir ein, dass Ashton vorhin die Songlist geschickt hat."
„Wieso weißt du das nicht?"
„Hab im Auto nicht zugehört."
Unwillkürlich musste ich lachen. Doch dann fiel mir etwas ein und ich starrte ihn eindringlich und absolut ungläubig an.
„Wie, du gehst jetzt auf die Bühne, ohne zu wissen, was du singen musst?!", fragte ich schockiert.
„Auf der Bühne weiß ich es dann", gab er grinsend zurück, „da klebt ja dann die Setliste auf dem Boden vor meinem Mikrofon."
„Ja, aber was ist, wenn du den Text nicht weißt?", präzisierte ich meine Sorge.
„Ich weiß den Text", war alles, was Luke mit sanfter Stimme sagte, während er sein Handy entsperrte.
„Und wenn nicht?", bohrte ich nach.
„Ich weiß den Text, baby", sagte er nochmals und sah kurz zu mir auf.
Herzstillstand. Schweißausbruch. Totalzusammenbruch. Thank you very much.
„Im Ernst, ich weiß alle Texte", schob er hinterher, „das ist mein Beruf, also muss ich das können."
Während er das sagte, versuchte ich, einen Blick auf seinen Display zu erhaschen. – Was sagt ihr? Ich und neugierig? Pfff, niemals!
„Hey", lachte Luke und drehte sein Handy so, dass ich nicht mehr draufschielen konnte, „nicht schummeln."
„Wieso schummeln?"
„Weil halt." Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. „Bis später, love."
Und dann schob er sich auch schon wieder durch die Menge, um zu seiner Band rüberzukommen, die neben der Bühne standen und sich gerade mit Harry unterhielten.
Ich hatte nur zwei Songtitel lesen können.
She Looks So Perfect war der erste, den ich hatte sehen können. Damit würden sie anfangen.
Und dann hatte da Who Do You Love gestanden. Kannte ich auch, war dieses Jahr im Februar gemeinsam mit den Chainsmokers rausgekommen. Geiler Song.
Und dann – dann hatte ich nichts mehr lesen können, weil er meinen neugierigen Blick gesehen hatte.
Waren es noch drei weitere gewesen? Oder vier?
Mist, jetzt musste ich mich tatsächlich wie alle anderen Partygäste überraschen lassen. Ich hasste doch Überraschungen. Das war nicht gut für meine anxiety und mein ganzes ... Wesen.
No no no.
Ich hätte ihn zwingen sollen, es mir zu sagen.
Oder: Ich hätte einfach ganz lieb nachfragen sollen.
Wie man das eben bei seinem Freund tat.
Zu spät.
Da betrat die beste australische Band auch schon die Bühne.
Gejohle brach aus bei allen, die das mitgekriegt hatten, und nun drehten sich alle neugierig in die Richtung der Bühne. Ich blieb weiterhin an der gläsernen Brüstung stehen, denn von hier hatte ich einen perfekten Blick nach vorne. Der Rand der Party, wo ich stand, war zwei Stufen über der Tanzfläche, der Bar und all den Stehtischen.
Lächelnd lehnte ich mich zurück und genoss den Anblick. Zwar befanden sich die Lichter der Stadt hinter mir, aber mein Ausblick war auch nicht sonderlich schlecht.
Er wurde allerdings ein bisschen schlechter, als sich Mister Styles auf die Bühne schwang und sich leider exakt vor Luke stellte und mir die Sicht versperrte.
Harrys Rede war mega. Sie war cute. Sie war witzig. Sie war einfach ... Harry.
Während er sprach, beobachtete ich meine Cousine, und wieder einmal musste ich sagen: Die beiden waren einfach füreinander geschaffen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich so etwas mal sagen würde – schließlich gab es die perfekte Liebe nur in Hollywood in Film- und Serienskripten –, aber es war wirklich so.
Ihr wisst, ich war schon immer der Meinung, dass man in Beziehungen immer Kompromisse eingehen musste. Aber nicht hier.
Nicht bei Sam und Harry.
Und ...
Nicht bei Luke und mir.
In dieser Sekunde, in diesem Moment, genau hier und jetzt wurde mir klar, dass ich es geschafft hatte.
Ich hatte Luke für mich, ich hatte Luke nun endlich zurück in meinem Leben.
Ich fühlte eine beinahe schon beängstigende Ruhe in meinem Inneren. Eine Ruhe, die mich meine innere Mitte finden ließ. Die mich ruhiger atmen ließ. Die mich lächeln ließ, ohne dass ich es beabsichtigte. Die meine Laune hob, die mir einfach zeigte: Jap, es ist alles gut.
Denn das war es.
Es war alles gut, und nichts in der Welt würde mir das wieder nehmen können.
Ich schwenkte den Blick von der selig lächelnden Sam zurück auf die Bühne zu Harry und – hah, er war einen Schritt beiseite gegangen! Ich sah ihn wieder! Da war er! The love of my life! Fuck yeah, Leute, ich hätte nichts dagegen, hier einfach noch ein paar Stunden stehen zu bleiben – besonders, weil Harry seine Rede beendete und 5 Seconds Of Summer ankündigte.
„Die beste Band Australiens!", hörte ich ihn sagen, als ich meine Ohren von Wolke Sieben zurück hier auf die Erde schickte. „Viel Spaß bei diesem Mini-5SOS-Konzert! Ihr habt sogar einen neuen Song für uns mitgebracht, richtig?"
„Es sind sogar zwei", sagte Michael in sein Mikro.
„Wow, das weiß selbst ich noch nicht", lachte Harry und klopfte Michael auf die Schulter, während die Partygäste schmunzelten, „der eine ist unser Titelsong" – lautes Gejohle und Geklatsche und Gepfeife – „und der andere, na, da lassen wir uns doch überraschen! Have fun and thank you!"
Ich hätte ja nichts dagegen, wenn Harry die Weltherrschaft übernehmen würde.
Harold for God.
Amen.
„Hi Leute!"
Die schönste Stimme des Universums holte mich zurück aus meinen Gedanken, die für den Bruchteil einer Sekunde zu Harrys perfekter Wahlkampfkampagne zu Gott abgedriftet waren, zurück auf diese Rooftop Party.
Im nächsten Moment erschrak ich heftig, weil der gesamte Boden vibrierte. Fuck, seit wann war Ashtons Schlagzeug so laut?! Er hatte einen Rhythmus begonnen, der unverkennbar der Anfang von She Looks So Perfect war.
„Wir sind 5 Seconds Of Summer und das ist She Looks So Perfect! Sing along if you know the words!"
„HEEEE-HE-HEEEEEY!"
Mit aufgerissenen Augen und aufgerissenem Mund starrte ich über die Menge der Partygäste. Der Angestellten von Netflix. Der Schauspieler. Der Promis.
Jeder sang mit. Alle. Sangen, grölten, riefen, schrien – alles.
Noch nie hatte ich so ein Publikum erlebt, und ich war auf diversen One Direction-Konzerten gewesen, sollte ich hinzufügen. Aber diese Teenager kamen nicht gegen all die Erwachsenen an, die sich hier befanden und mitperformten, als würde ihr Leben davon abhängen.
Ich war selbst viel zu geflashed, als dass ich selbst mitmachen konnte.
Naja, ehrlich gesagt war ich natürlich eigentlich viel zu sehr damit beschäftigt, Mister Frontsänger anzuschmachten.
„Simmer down, simmer down, they say we're too young now to amount to anything else."
Let me marry this man. NOW.
„But look around."
„Lüg nicht", murmelte ich grinsend vor mich hin, denn das tat er nicht.
Er sah nicht herum, er sah nur mich an und sonst niemanden. Für die Partygäste mochte es so aussehen, als würde Luke einfach über die Menge hinweg sehen, wie Musiker das oft machten, wenn sie auf der Bühne standen, doch in Wirklichkeit sah Luke mich an.
Und er sah weiterhin mich an.
Auch als sie Who Do You Love performten.
Auch als sie Easier sangen, ihren neuesten Song bisher.
Ashton kündigte ihn auch als „die erste Single unseres neuen Albums!" an, direkt bevor Luke die erste Zeile sang und ich wieder einmal so geflashed war, wie krass seine Stimme sich entwickelt hatte. Ja, sie war schon vor Jahren mega, aber man merkte einfach, dass er sich nochmals so viel verbessert hatte.
„Is it easier to stay, is it easier to go?"
Wieder lag sein Blick auf mir.
Klar war es damals einfacher gewesen, zu gehen. Einfacher, als für uns zu kämpfen, aber damals war ich einfach zu jung gewesen. Heute werde ich für immer bleiben.
Außerdem – heute wäre es viel schwieriger, zu gehen. Ich würde bleiben. Für immer.
„Why do we always gotta run away? And we wind up in the same place?"
Der Song war so ein catchy Song. Er ging so ins Ohr, ließ einen sofort mit dem Kopf mitwippen, ob man wollte oder nicht.
„I – love – you – so – much that I hate – you."
Gut, dass das nicht mehr so war.
Jetzt hasste hier niemanden mehr irgendwen, halleluja.
„Danke!", rief Luke nach dem Song ins Mikro, denn der Applaus und das Gejohle waren so laut, dass er kaum dagegen ankam. Trotz Lautsprecher.
„Als nächstes haben wir einen Song für euch, den wir noch nie live gespielt haben", erklärte er. „Ehrlich gesagt haben wir noch nicht einmal die Aufnahme für den Song fertig, so neu ist er. Ich habe ihn erst vor wenigen Tagen geschrieben."
Erst jetzt bemerkte ich, dass Calum rüber zu seinem Keyboard gegangen war.
Mein Blick sprang zurück zu Luke.
Ich ahnte da etwas.
Und die Schmetterlinge in meinem Magen drehten durch.
Oh.
Mein.
Gott.
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