#49 - Bonus: I'm really not fine at all.

Ich konnte den Satz nur wiederholen:

Bitte tötet mich.

Ich war wie angewurzelt stehen geblieben und starrte in den Raum rein. Das war eindeutig zu viel des Guten. Zu viel für Janas arme Nerven, die eh schon den gesamten Tag über viel zu strapaziert gewesen sind.

Mein Blick wanderte kurz durch den Raum. Ich wollte ihn nicht anstarren. Okaaay, das hatte ich gerade schon getan, aber ich ... was wollte ich gleich noch einmal sagen?

Ich hatte den Faden verloren.

Ich konnte nicht mehr klar denken. Noch nie – hört ihr, noch nie! – hatte mich jemand so aus der Bahn geworfen! Ich meine, Quirin hatte mich damals schon ein wenig an den Wegrand geschubst, aber jetzt war ich so Off-Road, dass die Tante beim Autonavigationssystem sagen würde: Wenn möglich, bitte wenden.

Aber das kam überhaupt nicht in Frage. Wenden? Hier? Jetzt?

Forget it, sweetheart.

Hier würde mich niemand wegkriegen.

Langsam betrat ich den Raum und schloss die Tür hinter mir. Im Augenwinkel bekam ich mit, wie Harry total filmreif auf Sam zustürzte und sie hochhob und so festhielt, dass man nicht mehr erkennen konnte, wo Harry anfing und Sam aufhörte.

Mein Blick klebte an Luke.

Lucas Robert Hemmings.

„Hi Jana!", sagte jetzt Niall und lachte.

„Hallo Saaam!", quäkte Louis, aber Sam und Harry waren anderweitig beschäftigt.

„Hey, wir sind 5SOS, aber-"

„Ähm, das weiß ich, du Clown", unterbrach ich Calum und verzog schockiert im nächsten Moment das Gesicht, weil ich mal wieder zuerst geredet und dann nachgedacht hatte.

Oh man, ich war noch nicht einmal zehn Sekunden hier und blamierte mich schon wieder bis auf die Knochen! Super, Jana! War ja nur One Direction und 5 Seconds Of Summer, läääuft!

Ich erntete aber zu meiner Überraschung eine laute Lachsalve von all den Leuten hier im Raum.

Harry und Sam klebten immer noch aneinander.

Ich stand also jetzt hier und war ein wenig überfordert mit der Sache.

Calum kam jetzt grinsend auf mich zu und umarmte mich kurz.

„Jana heißt du also?"

„Ja, das ist Sams Cousine. Und das ist Saaaam", sagte jetzt Liam, aber sie reagierte natürlich nicht. Liam schüttelte nur den Kopf und versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken.

Lou, die Hair- und Makeup-Stylistin von One Direction, umarmte mich auch kurz, während ihre kleine, süße Tochter Lux sich verschämt hinter ihren Beinen versteckte und partout nicht hallo zu mir sagen wollte, was mich nicht störte, Lou dafür umso mehr.

„Also ich heiße Frederic", stellte sich das älteste Mitglied von 5 Seconds Of Summer vor und präsentierte mir seine Grübchen, die Harrys Grübchen eindeutig in den Schatten stellten.

„Und ich bin Magda", sagte Michael mit quiekender Stimme und schubste Ashton zur Seite.

„Und ich bin...."

Der letzte in dem Viererbund kam auf mich zu und nahm sein Lippenpiercing nachdenklich und ein wenig verlegen nach innen zwischen seine Lippen.

Oh Gott, hör auf damit!, dachte ich nur und starrte Lukes Mund an.

Dieser Ring hatte mich schon immer umgebracht und jetzt brachte er mich live dreimal um. Mindestens.

„Du bist?", hakte Ashton amüsiert nach. Luke fuhr sich mit der Hand durch die Haare und überlegte.

„Ich bin..."

„...wahnsinnig gut aussehend und absolut der Tollste und der mit der besten Frisur hier in diesem Raum und deswegen nicht würdig, einen so tollen Namen verpasst zu bekommen", ergänzte Michael und ich lachte.

„Da wäre ich mir nicht so sicher, also mit der Frisur und so, Mikey...!", sagte jetzt Zayn und sah Michael herausfordernd an.

„Hm. Dann weiß ich auch nicht, wer oder was du bist, Lukiepatootie", meinte Michael und zuckte ratlos mit den Schultern.

„Du bist Luke, und das reicht doch schon. Nicht jeder braucht so einen dämlichen Namen", rutschte mir mal wieder raus.

„Hey, Magda ist voll cool!", beschwerte sich Michael empört.

„Harold finde ich auch noch ganz schön", sagte jetzt Lou grinsend und warf den beiden Turteltäubchen einen Seitenblick zu.

„Ich glaube, die hören uns nicht. Sehr unfreundlich, was die beiden hier gerade abziehen!", sagte Louis extralaut.

„Lass sie doch!", sagte jetzt Fizzy, die ältere von seinen beiden kleinen Schwestern, und rammte ihrem Bruder ihren Ellbogen in die Rippen.

Jetzt sahen Sam und Harry doch wirklich zu uns. Kaum zu glauben.

„Habt ihr was gesagt?", fragte Sam und grinste von einem Ohr bis zum anderen.

„Ne ne, gar nichts", winkte Liam lachend ab.

Ich stand immer noch bei der Tür rum. Ich ging ein paar Schritte rein und ging zu Louis' Schwestern und umarmte sie kurz. Oh Gott, sie waren beide so unglaublich hübsch!

Dann setzte ich mich neben Lou auf den Tisch, auf dem tausend Sachen lagen. Lux spielte irgendwo hinter der Couch mit ihren Barbies.

Die Jungs lümmelten auf der Couch und den Stühlen herum, die hier standen. Liam und Niall machten Schattenboxen, was ziemlich komisch aussah.

„Also, hi Leute, ich bin Sam, wie ihr bestimmt noch nicht wisst", sagte meine Cousine jetzt und sah die Jungs von 5SOS und Louis' Schwestern an.

„Ich kenne dich irgendwoher."

Michael sah Sam an und kniff die Augen leicht zusammen, während es in seinem Hirn sichtbar ratterte.

„Ja, von dem Foto auf Instagram von Harry", ergänzte Calum und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Da sieht man aber ihr Gesicht nicht, weil Harry das Bild abgeschnitten hat", wandte Ashton ein und drehte einen Drummstick zwischen den Fingern in einer atemberaubenden Geschwindigkeit herum.

„Ich weiß woher!!", rief Michael jetzt und deutete mit seinem Zeigefinger mit aufgerissenen Augen auf Sam.

„Ich auch", sagte Luke, der fast genau neben mir stand.

Michael sah ihn böse an, weil er natürlich alleine der Schlaue sein wollte, aber Luke ließ ihn auch netterweise die Bombe platzen lassen.

„Du bist die aus dem Video!"

„Richtig", bestätigte Sam lächelnd, die jetzt auf Harrys Schoß auf der Couch gegenüber von uns saß.

„Stimmt!", rief Calum und fing sofort an, den Refrain von Radioactive zu singen.

Ashton und er legten einen ...sagen wir, interessanten Tanz hin.

„Boah, ihr seid so krass gut! Ich glaube, ich habe das Video fünfmal hintereinander angeschaut, nachdem Niall das getwittert hat!", sagte Michael und sah Sam grinsend an. „Wirklich, ihr seid unfassbar gut!"

„Deswegen wird sie jetzt auch zum neuen Superstar", meinte Harry mit ganz ruhiger Stimme.

Alle sahen ihn ein wenig verwirrt an.

„Wie?"

„Hm?"

„Wie meinst du das?"

„Was?"

„Wie das?"

„Jetzt gleich?"

„Wiieee?"

Sie fragten alle durcheinander und sahen Sam auffordernd an.

Ich war mir nicht sicher, ob sie davon begeistert war, dass Harry das jetzt gesagt hatte. Es sah ehrlich gesagt nicht sooo sehr danach aus.

Mein Blick wanderte die ganze Zeit zu dem Kerl neben mir. Inzwischen lehnte Luke nämlich an dem Tisch, auf dem ich neben Lou saß. Vorhin hatte er noch zwei Meter entfernt gestanden. Okay, vielleicht wollte er auch einfach nur irgendwo sitzen oder sich eben anlehnen.

Oh man, es hatte sicher nichts mit mir zu tun, dass er hier direkt neben mir war. Ich musste aufhören, mir irgendwelche Wahnvorstellungen einzureden. Wir kannten uns nicht, das durfte ich nicht vergessen. Also ich kannte ihn inzwischen wohl besser als mich selber, aber er kannte mich nicht. Er hatte mich vor ein paar Minuten das erste Mal gesehen.

Ich versuchte die ganze Zeit, nicht daran zu denken, dass er hier direkt neben mir war. Manchmal gelang es mir nicht so gut und ich drehte innerlich fast durch, aber momentan schlug ich mich ganz gut. Ich wollte hier nicht sofort als ‚Sams kleine Cousine, das Hardcore-Fangirl' abgestempelt werden. Solche Leute waren einfach nur peinlich und mit denen wollte ja auch kein Star etwas zu tun haben.

Also: zusammenreißen, Jana.

Ich wollte gerade mein Handy aus meiner Tasche holen, als ich den Backstage-Pass, den ich abgenommen und in die vordere Tasche gestopft hatte, ebenfalls herausschleuderte und er ein paar Meter von mir entfernt zu liegen kam. Bevor ich meinen Hintern in Bewegung setzte, hatte Luke sich schon von der Tischkante gelöst und ihn aufgehoben. Er stand jetzt direkt vor mir und grinste mich mit seinen Grübchen an. Er hielt mir den Pass hin und sagte: „Hier, den solltest du wohl irgendwo anders unterbringen in deiner Tasche, sonst steckst du bis zum Ende des Events in der Garderobe von One Direction fest."

Och, ich konnte mir durchaus Schlimmeres vorstellen, mein Guter.

Er gab mir den Backstage-Pass noch nicht zurück, sondern sah ihn erst einmal interessiert an. Ich hörte mit einem Ohr, dass Sam den anderen gerade schilderte, wie ihre Woche ablaufen würde. Ich kannte die Story ja schon und ich würde eh nur erneut ausflippen, wenn ich zuhören würde. Und außerdem gab es jetzt eh Wichtigeres.

Und das sprach gerade mit mir.

„Aha, so sehen die Pässe also aus. Interessant", bemerkte er und gab ihn mir jetzt wieder zurück.

Ooohhh meeeiin Gooooottttt, ich hatte etwas in der Hand, das Luke Hemmings berüüüührt haaatttteeeeee!!!

Wie war das gleich nochmal... nicht ausflippen? Wie ging das? Oder konnte man das essen?

„Danke", bekam ich gerade so heraus, und ich war echt erstaunt, wie normal meine Stimme klang.

„Habt ihr die Pässe einfach gekriegt?", erkundigte sich Luke. Ich rechnete eigentlich damit, dass er sich wieder neben mich lehnte, aber er blieb direkt vor mir stehen, sodass er mich besser (und ich ihn) betrachten konnte. Und so konnte man sich viel besser unterhalten.

....er wollte sich also ernsthaft, so richtig, normal mit mir unterhalten??????

„Ich weiß es gar nicht so genau", antwortete ich. „Ich habe den Pass zum Geburtstag geschenkt bekommen, aber Sam hat mir erzählt, dass es schon ein ganz schöner Act war, um das Ding zu kriegen. Anscheinend hat Harry es nicht auf die Reihe gekriegt, als musste Liam es machen."

„Haha, ja, das kann ich mir gut vorstellen", lachte Luke und schüttelte leicht den Kopf.

Bitte tötet mich.

Ich überlebe das nicht.

„Die zwei hatten sich ganz schön in den Haaren", warf Lou neben mir jetzt ein und Luke und ich sahen sie sofort an.

„Echt?"

„Oh ja", nickte Lou und verdrehte die Augen, „aber Harry war ja auch einfach zu doof, um das hinzukriegen."

Ich grinste. Ja, das konnte ich mir vorstellen. Er war ja schon ein wenig verplant, dieser Harold.

Die nächste halbe Stunde verging wie im Flug. Luke setzte sich doch wieder neben mich, aber diesmal war kein Sicherheitsabstand von einem Meter mehr zwischen uns.

Ich nahm meinen ganzen (nicht sooo sehr vorhandenen) Mut zusammen und drehte mich seitlich, sodass ich ihn direkt anschauen konnte.

Hatte ich eigentlich schon gesagt, wie gut er aussah? Also nicht insgesamt, das tat er ja eh, sondern genau heute.

Am liebsten würde ich ihn einpacken, mit nach Hause nehmen und nie wieder hergeben.

Danke. Amen.

Er fing an, mich über mein Leben auszufragen. Bevor ich mich versah, hatte ich ihm von meiner Familie erzählt, von der Schule, von meinen (ebenso nicht wirklich vorhandenen) Zukunftsplänen, von meinen Hobbies, von der Geschichte mit Harry und Sam.

Ich redete und redete.

Und irgendwann vergaß ich, dass dieser Junge mit den blauen Augen hier direkt vor mir eine weltweite Berühmtheit war. Er war einfach jemand, der mir gewaltig den Kopf verdreht hatte und den ich nie in meinem Leben wieder vergessen würde.

„Wie lange bleibt ihr noch in New York?", fragte er jetzt.

„Nur bis morgen Nachmittag", antwortete ich und wurde ganz traurig. Verdammt, wieso war das Leben so fies? Jetzt hatte ich ihn endlich kennen gelernt, hatte mit ihm geredet – und ich musste wieder gehen?

„Luke, wir müssen jetzt gleich raus! Ich geh noch aufs Klo, die anderen zwei sind schon vor zur Bühne gegangen!", sagte Ashton vom anderen Ende des Raumes und verschwand dann.

„Was, wir sind schon dran? Das ging echt schnell!"

Lou frischte noch schnell Lukes Frisur auf.

„Und, bist du aufgeregt, Lukie?", fragte sie ihn scherzhaft, als sie ihn von ihrem Stuhl entließ. Sam stand jetzt wieder neben mir. Wir waren mit Lottie und Fizzy noch die einzigen im Raum. Gemma und El hatten sich ziemlich schnell wieder aus dem Staub gemacht, kaum dass wir den Raum betreten hatten.

„Ehrlich gesagt schon", gab Luke, griff nach seiner Gitarre, hängte sie sich um und ging zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke sagte er: „Wenn so hübsche Mädchen zuschauen, auf jeden Fall."

Er sah mich kurz an und verließ dann den Raum.

„Ooohhh Girl, kipp jetzt bitte nicht um!", rief Lou lachend, warf ihre weißblonden Haare in ihren Nacken und zwinkerte mir zu.

Ich war wirklich knapp davor.

So.

Knapp.

Nein, noch viel knapperer.

„Ich hoffe, du weißt, dass Luke sonst nie so flirtet. Nie. Wirklich nie", betonte Lou und öffnete die Tür für uns. Ich konnte mich erst einmal überhaupt nicht in Bewegung setzen, weil mein Hirn nur Matsch war und meinen Muskeln keine Befehle erteilen konnte.

Louis' Schwestern gingen vor mir aus dem Raum. Ich sah, wie Fizzy mir einen arroganten, abwertenden Blick zuwarf. Oh Gott, stand sie etwa auf Luke? Naja, die halbe Mädchenwelt stand auf Luke. Und 75 Prozent aller 5SOS-Fans.

Was genau der Grund war, wieso ich wieder runter auf den Teppich der Tatsachen kommen sollte. Ähh, auf den Boden der Tatsachen. Auf den Teppich halt.

Himmel, ich war so durch den Wind!

Ich konnte nicht einmal mehr geradeaus denken. Also normal denken. Gerade denken. ...ach verdammt, ich sollte besser einfach die Klappe halten.

„Kommst du oder willst du hier Wurzeln schlagen und den Auftritt von den Jungs verpassen?", riss mich die One-Direction-Stylistin wieder aus meinem wirren Gedankenstrudel. Sie machte wieder eine auffordernde Geste und ich folgte ihr und Lux hinaus in den Gang.

„Du musst aufpassen, dass Félicité dir nicht die Augen auskratzt."

„Jaaa, das habe ich auch schon gemerkt", murrte ich und Lou lachte über mein Augenverdrehen. Aber es war doch wahr, wieso musste es immer überall Zickenkrieg geben? Das ging mir echt auf den Zeiger!

Okay, konzentrieren wir uns auf etwas anderes. Wie wäre es zum Beispiel mit...

„Wenn so hübsche Mädchen zuschauen, auf jeden Fall."

Der Satz klang wie mein eigenes Gebet. Luke Hemmings hatte mit mir geflirtet.

Rückspultaste.

„Wenn so hübsche Mädchen zuschauen, auf jeden Fall."

Der Satz klang wie mein eigenes Gebet. Luke Hemmings hatte mit mir geflirtet.

Am liebsten würde ich noch einmal die Rückspultaste drücken. Ich raffte es einfach noch nicht.

„Jana, jetzt komm, sonst ist das erste Lied echt schon vorbei!"

Lou zog mich am Ärmel hinter sich her. Durch den Gang, durch den Backstage-Bereich hinter der Bühne, nach vorne in die erste Reihe.

...whuttt?!?

Erste Reihe?!

Ganz vorne?!? Also erste Reihe wie erste Reihe?!?!?!

Verwirrt sah ich mich um und stellte fest, dass El, Gemma und Sam auch schon längst hier waren.

„Hier ist ebenfalls der VIP-Bereich für die Leute mit dem Backstage-Pass", schrie mir meine Cousine ins Ohr und schleuderte mir dabei ihre schwarzen Locken in den Mund. Danke, Sam.

Sie deutete hinter uns und ich sah, dass zwischen uns und dem ‚normalen' Publikum eine Absperrung war.

Aha!

Wie geil!

Ich drehte mich jetzt wieder ganz schnell nach vorne, denn das Licht ging jetzt komplett aus und man konnte den ersten Gitarrenakkord hören. Ich bekam eine Megagänsehaut. Ich stand in der ersten Reihe und hörte und sah 5 Seconds Of Summer.

Kann mich jemand mal kneifen? Bitte?

Ich starrte nach vorne in die Dunkelheit und versuchte, das Gekreische hinter mir und um mich herum auszublenden, um mich nur auf die Musik zu konzentrieren.

Hinter dem Schlagzeug ging ein Lichtchen an und ich konnte Ashton sehen, wie er sich hinter seine Drums stellte und ein paar Mal mit den Sticks draufschlug. Der ganze Boden vibrierte und mein Herz schlug höher. Das war der Grund, wieso es es wert war, auf Konzerte zu gehen. Nirgendswo spürte man die Musik so sehr wie hier.

Plötzlich ging das Licht auf der Bühne spektakulär strahlend an und die anderen drei rannten auf die Bühne. Sie hatten den Spaß ihres Lebens, während sie erst Don't Stop und dann Lost Boy sangen.

Ohhh Gott, Lost Boy! Eins meiner Lieblingslieder von ihnen, aaahh!

Okay, bald würde ich den Fangirltod sterben, wenn ich nicht auf meinen Blutdruck aufpasste. Also krallte ich mir jetzt stattdessen Sams Hand und zerquetschte sie einfach zwischen meinen Fingern. Das machte ihr allerdings nicht viel aus, was mich auch nicht wunderte. Ich wusste, dass meine Cousine sich so sehr für mich freute, dass ihr Herz fast platzte. Genau so strahlte sie mich jetzt auch aus ihren grünen Augen an und ich hatte sie eigentlich noch nie glücklicher in ihrem Leben gesehen.

Wir waren hier, sie hatte mir meinen größten Wunsch erfüllt, sie hatte Harry, sie hatte den geilsten Job der Welt, der ihren größten Wunsch in Erfüllung gehen lassen hatte.

Und wisst ihr was? Ich gönnte es ihr so sehr. Ich gönnte es ihr von Herzen. Denn wenn es jemand verdient hatte, dann war es Sam. Sie hatte so viel in ihrem Leben durchgemacht und sie hatte nie aufgegeben. Okay, sie war ein paar Mal kurz davor gewesen, aber sie hatte nie aufgegeben. Sie war so stark, dass ich sie nur bewundern konnte.

Sie war einfach die Beste.

Nach Lost Boy warteten die Jungs ein wenig, bis der Lärm sich gelegt hatte.

„Psssscht", machte Calum durch sein Mikrofon und grinste.

Michael hatte seine Gitarre gewechselt.

„Ooooh, jetzt kommt Amnesia!", quiekte ich begeistert und Sams Hand litt mal wieder unter meinem Freudenausbruch.

„Das habe ich gerade schon gesagt", bemerkte Fizzy, die neben Lou rechts von mir stand. Ich ignorierte ihren Kommentar und tat so, als hätte ich sie nicht gehört. Wieso musste sie mich denn so anzicken? Ich hatte ihr nichts getan, wir kannten uns nicht, also cool down, girl!

Unnötiger Stress einfach nur.

Calum sang die erste Strophe und ich schmolz dahin. Es war wunderbar, den Song endlich mal live zu hören.

Und dann folgte der Refrain. Luke. Refrain. Jana. Tot.

Sam legte irgendwann in der Mitte des Songs die Arme um mich und wir bewegten uns langsam im Takt hin und her. Es war einfach wunderbar.

„Like the way it felt to fall asleep next to you

And the memories I never can escape

Cause I'm not fine at all."

Plötzlich sah Luke mich direkt an.

„No, I'm really not fine at all

Tell me this is just a dream."

Ein kleines Lächeln erschien auf seinem Gesicht und seine hellblauen Augen sahen mich immer noch an.

„I'm really not fine at all."

Der Applaus nach dem Song war unglaublich. Es fühlte sich an, als würde die Decke der Halle abheben. Sam wischte mir mit einer kleinen Handbewegung nebenbei eine Träne von der Wange. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich angefangen hatte, zu weinen.

Wenn ich in 50 Jahren sagen musste, welcher einer der bewegendsten und schönsten und besten Momente meines Lebens gewesen ist, würde ich genau diesen Moment nennen. Ich würde mich mit einem Lächeln zurückerinnern, wie ich hier gestanden und geweint hatte, ohne es zu merken. Wie sehr mich das alles berührt hatte.

Und dass ich anschließend von meiner Cousine wieder auf den Teppich geholt wurde, indem sie mir durch die Haare wuschelte und dafür ein Urwaldgeschrei von mir erntete. Gott sei Dank ging das im Jubel der Zuschauer unter, denn sie hatten mit dem Intro von She Looks So Perfect angefangen.

Der Song war viel zu schnell vorbei und Luke hüpfte wie eine Aufziehpuppe durch die Gegend. Ich verfolgte ihn mit meinem Blick und konnte mich nicht von ihm loseisen. Es fühlte sich so anders an, ihn jetzt anzusehen, wenn ich ihn jetzt ein wenig kennengelernt hatte. Mit ihm geredet hatte. Ihn lächeln sehen hatte. Mich anlächeln sehen hatte.

Nachdem 5SOS mit einem riesigen Applaus von der Bühne begleitet worden war, stürmte Fizzy mit Lottie im Schlepptau sofort los zurück zur Umkleide. Wir folgten ihnen, aber ich war ehrlich gesagt ein wenig angepisst. Wetten, sie würde sich Luke jetzt gleich voll an den Hals werfen. Da freute ich mich ja echt totaaaaal drauf.

„Fizzy holt schon mal die Axt", scherzte Lou. Ihr war natürlich nichts entgangen, genauso wenig wie den anderen drei.

„Wie er dich angeschaut hat!", seufzte El und sah mich verträumt an.

„Soooo süß! Und ihr würdet echt zusammen passen!", fügte Gemma hinzu und grinste ihr Styles-Grübchen-Grinsen.

„Passt auf, sonst kippt sie demnächst um", lachte Sam und ich rammte ihr den Ellbogen in die Rippen.

„Jetzt macht mal halblang", muffelte ich und warf ihnen böse Blicke zu. Ich mochte es nicht, so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Das war noch nie mein Fall gewesen.

Wir betraten die Umkleide von One Direction und trafen wieder auf die Jungs. (Hatte 5 Seconds Of Summer keine eigene Garderobe oder warum hingen sie immer hier rum? Naja, mir war es nur recht.)

Und ich behielt natürlich Recht, Fizzy saß schon auf dem Tisch – exakt da, wo ich vorhin gesessen hatte – und versuchte, Luke mit Blicken anzuziehen. Oder eher auszuziehen. Wie man es nahm.

„Jana?"

Was mich aber irgendwie insgeheim freute, war, dass er ihr keinerlei Beachtung schenkte. Er war eher mit seinen Bandkollegen beschäftigt, die sich alle total über den Auftritt freuten.

„Hey. Erde an Jana."

Träge sah ich auf.

„Woran denkst du?"

Mit einem tiefen Seufzer schob ich die Unterlippe vor und zuckte mit einer Schulter. Ich hing wie ein Schluck Wasser in der Kurve am Styles'schen Küchentisch und hatte den Kopf seitlich in die Hand gestützt.

„An nichts."

„Das hat nicht nach nichts ausgesehen", gab Sam zurück und nippte an ihrem Kaffee.

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