#24 - EIN HISTORISCHER MOMENT!!!

Nachdem ich die Haustür mit einem Krachen hinter mir zugeworfen hatte – nachdem ich eine Tür zwischen Luke Fucking Hemmings und mich gebracht hatte –, blieb ich erst einmal wie angewurzelt an Ort und Stelle mit weit aufgerissenen Augen stehen und presste Schmu mit beiden Händen gegen meine Brust, als würde ich gleich ertrinken und dieses Kuscheldingsbums war das letzte bisschen Sauerstoff auf diesem Planeten.

Er war hier.

Scheiße.

Ich blickte hinunter auf meine Arme und nahm jetzt die Gänsehaut wahr, die sich gebildet hatte. Meine Haut war die reinste Kraterlandschaft.

Man sollte meinen, ich hätte knapp zwölf Stunden gehabt, um mich genau auf diesen Moment vorzubereiten, da ich gewusst hatte, dass er kommen würde – aber keine Chance. Absolut keine Chance, dass ich mich darauf hätte vorbereiten können, was in mir gerade abging. Denn die Gänsehaut war gerade mein kleinstes Problem.

Ein solcher Schmerz hatte mich durchzuckt, dass ich mir Schmu eben gegen das Brustbein gedrückt hatte, weil ich sonst laut aufgeschrien hatte. Manchmal war Herzschmerz so schrecklich, dass man ihn physisch spüren konnte. Ich bekam keine Luft mehr. Ich konnte nicht mehr blinzeln. Scheiße.

„Komm schon, Jana", keuchte ich und blinzelte heftig, da meine Augen schmerzten. Nicht weil ich Tränen in den Augen hatte – sondern weil sie sich staubtrocken anfühlten.

Komm schon.

Er war hier. Genau hinter mir, maximal drei Meter von mir entfernt. Und eventuell kam er jede Sekunde durch die Tür direkt an meinem Rücken und dann – ja, das wusste ich auch nicht.

Ich drückte Schmu zwischen meinen zitternden Fingern und schnappte schockiert nach Luft.

Ob wegen Luke oder der Hochzeit, wusste ich nicht so genau, wenn ich ehrlich war.

Das Einzige, das mich nämlich gerade bei Bewusstsein hielt, war mein Überlebensinstinkt.

Denn wenn ich nicht in weniger als einer Minute zurück auf meinem Platz neben Manu war, dann würde Sam nie wieder mit mir sprechen. Und das war eindeutig das Schlimmste, was mir passieren konnte.

Als wären mir Flügel gewachsen, schoss ich auf einmal los, rannte die Treppenstufen hinunter, den Kiesweg entlang und durch den Mittelgang der freien Trauung, bis ich neben Manu saß, Caro das Kuscheldings hinhielt, nach dem Rafael begeistert griff und dann die Hände im Schoß faltete, als wollte ich zu Gott beten.

Was wollte ich den Typen – an den ich übrigens nicht einmal glaubte – bitten? Dass ich aufwachte und das alles nur ein schlechter Traum gewesen war?

Aber nein, das war es nicht. Es war kein Traum. Luke war hier, und er stand mit den anderen drei Jungs jetzt hinter der letzten Stuhlreihe (könnt ihr euch das vorstellen, es waren so viele Gäste gekommen, dass wir nicht einmal genug Stühle hatten! Aber das bemerkte ich nur am Rande und nahm es erst später wahr).

Ich entdeckte ihn nur wieder, weil ich mich umdrehte, da meine Cousine gemeinsam mit ihrem Vater endlich den Gang entlang lief.

Alles, was ich hörte, war mein eigener Atem, der mir zu laut durch meinen geradezu leeren Kopf hallte. Außerdem rauschte mein Blut so sehr in meinen Ohren, dass ich beinahe das Gefühl hatte, überhaupt nichts hören zu können.

Ich versuchte einfach nur, nicht umzukippen.

Das war, worum es mir gerade ging.

Es heiratete meine verdammte Cousine, und sie heiratete den verdammten Harry Styles, und ich kämpfte mit meinem Bewusstsein, um es nicht zu verlieren?! Allein deswegen wollte ich Luke Hemmings den kräftigsten Arschtritt der Geschichte der Menschheit verpassen.

Natürlich nahm ich Harrys Blick wahr, als er Sam erblickte, und natürlich hörte ich ihr Eheversprechen und heulte wie ein Schlosshund, und natürlich jubelte ich als Allererste und am allerlautesten, als die beiden sich nun als Mr. und Mrs. Styles das erste Mal küssten – und trotzdem war ich niemals zu 100 Prozent wirklich da.

Ich schwebte gedanklich hinten bei Luke, bei diesem Typen, in den ich mich vor gefühlt tausend Jahren Hals über Kopf verliebt hatte, den ich getroffen hatte, den ich wirklich lieben gelernt hatte – und den ich so schnell überrumpelt aus meinem Leben katapultiert hatte, dass ich nicht einmal gemerkt hatte, wie ich somit den wahrscheinlich größten Fehler meines Lebens begangen hatte.

Aber was konnte man schon tun. Klar, konnte kann sowas bereuen, aber davon wurde es auch nicht besser. Die Vergangenheit war nun einmal passiert, und Änderungen waren nicht mehr möglich.

Gerade in diesem Moment klatschten wir alle wie verrückt, alle waren aufgesprungen und jubelten den Frischvermählten zu, genau in diesem Moment drehte ich mich und suchte nach Luke, doch konnte ihn in all dem Trubel nicht erkennen. Ich war schlichtweg zu klein. Umso bewusster war ich mir Pierre, der neben mir stand und genauso wie alle anderen strahlte, in die Hände klatschte und seiner Begeisterung laut Luft machte. Als hätte er gemerkt, dass ich ihn ansah, wanderte sein Blick zu mir, sein Lächeln wurde nur noch breiter und er legte den Arm um meine Schulter. Seine Augen funkelten, als er sich zu mir herunter beugte und mir einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen drückte.

„Ich liebe dich, Jana", sagte er in all den Trubel.

Und wenn ich ehrlich war, trieb mir dieser Satz, auch wenn ich ihn schon unzählige Male aus seinem Mund gehört hatte, Tränen in die Augen, sodass ich schnell wegsah.

Es war, als hätte jemand an der Geschwindigkeit der Zeit gedreht. Als wäre alles in Zeitlupe. Als würden die weißen und goldenen Konfetti-Teilchen in aller Seelenruhe zu Boden segeln, als würde Leo mit Rafi auf dem Arm extra langsam hüpfen, als würde Mama hinter mir langsam schniefen.

Und ich konnte nur an ihn denken.

Wieder drehte ich mich um, und endlich konnte ich einen Blick auf ihn erhaschen. Er war mit Calum zusammen in die Mitte gerutscht, direkt in den Gang, um eine bessere Sicht auf das Brautpaar zu haben.

Luke lachte sein breites, ansteckendes Lachen und klatschte wild in die Hände. Für ein paar Sekunden sah ich ihn ungestört an, bis ich mich wieder nach vorne drehte –

Und endlich aus dieser Starre erwachte.

„Whooohoooo!"

Wie eine Irre schob ich mich an Pierre vorbei und sprang Sam, die gerade mit Harry den Mittelgang entlang schritt, in die Arme, sodass die gesamte Hochzeitsgesellschaft laut loslachte und johlte.

Und damit ging das Gratulieren schon los. Tja, Sam würde mir vielleicht niemals verzeihen, ihren legendären gemeinsamen Walk gestört zu haben – aber wenn ich ehrlich war, wusste ich, dass sie nichts lieber wollte in diesem Moment, als all ihre Lieben zu drücke und mit ihnen den Moment zu genießen.

Ich kannte meine Cousine zu gut.

Himmel, diese emotionale Achterbahnfahrt war nicht gut für mich. Im einen Moment erlitt ich eine Panikattacke wegen des dämlichen 5SOS-Typen, und dann war ich auf dem Hoch sämtlicher Gefühle aufgrund meiner Cousine.

Ob das gut endete, heute würden wir noch sehen.


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Ob ich zu viel gegessen hatte? 

Ob ich zu viel Sekt getrunken hatte? (Oh Entschuldigung, ich meinte natürlich Champagner.)

Ob ich Rotz und Wasser geheult hatte, als Harry Sam zu ihrem ersten gemeinsamen Tanz als Ehepaar aufgefordert hatte?

Ob ich eventuell noch viel mehr geheult hatte, als Niall das Mikrofon ergriffen hatte und den Song nach den ersten drei Tönen gestoppt hatte, zu dem Sam und Harry getanzt hatten?

Ob ich einen halben Herzinfarkt bekommen hatte, als Liam und Louis zu ihm auf die kleine Bühne beim DJ gegangen waren?

„Sorry, dass ich euch unterbreche... aber denkst du wirklich, wir lassen dich zu einer Aufnahme tanzen, Harold?!" Niall hatte lachend den Kopf geschüttelt. „Du kommst uns nicht davon. Einmal Boyband, immer Boyband!"

Die Festgesellschaft flippte aus. Niall hatte sich zum DJ umgedreht, der ihm sofort zwei weitere Mikros gereicht hatte, die er an Liam und Louis weitergegeben hatte.

„Hey", Liam sah den DJ verwirrt an, „da fehlt noch ein Mikro."

Und dann hatte ich wirklich einen Herzinfarkt erlitten, denn niemand Anderes als Zayn war hinter dem dünnen Vorhang beim DJ-Pult auf der Bühne getreten.

Für einen Moment trat einen Stille im Garten des riesigen Herrenhauses ein.

Außer mir waren sicher noch diverse andere Leute der Hochzeitsgesellschaft gestorben. Selbst Caros Finger hatten sich in meinen Arm gebohrt und sie hatte leise „oh mein Gott" gehaucht.

Und dann flippten alle wirklich aus.

„Und dann fehlt noch eins!", versuchte Liam, sich Gehör zu verschaffen, aber das war regelrecht unmöglich.

Mein Blick folgte immer noch Zayn, der zu den anderen drei nach vorne auf die Bühne trat. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und sah ein wenig nervös aus. – Kein Wunder, niemand, ich wiederhole, niemand hatte in bisher auf dieser Hochzeit gesichtet?! Wo hatte er sich versteckt?! Whaaat!?

„Ist der echt?", hörte ich mich auf einmal rufen und die Leute johlten lachend.

Selbst Niall, Louis und Liam lachten laut, Sam wischte sich die Tränen von den Wangen und der lachende Harry musste sie stützen, damit sie nicht umfiel vor Lachen.

„Ja, in der Tat, ich bin echt", antwortete Zayn in sein Mikrofon – das einen kleinen GELBEN AUFKLEBER AM MIKRO-ENDE HATTE, FALLS ICH DAS KURZ BETONEN DARF!!! – und lächelte unsicher in die Runde.

„Krass", war alles, was mir dazu einfiel.

Diese komische Konversation wurde von niemand Anderem als Ed Sheeran unterbrochen, der mit einer Gitarre umgehängt auf die Bühne stapfte und grinsend in das fünfte Mirkofon, das auf einem Ständer stand, fragte: „Ich möchte euch ja nicht unterbrechen – hi Sam, hi Harry übrigens", süß wie er war, winkte er den beiden kurz zu, dann wandte er sich wieder an die One Direction-Jungs neben ihm, „aber wollt ihr die beiden eventuell mal eben weiter tanzen lassen?"

Und schon schlug er die ersten Seiten an.

„When your legs don't work like they used to before, and I can't sweep you off of your feet", fing Ed an zu singen.

„Will your mouth still remember the taste of my love?", übernahm jetzt Liam, der sich neben Ed gestellt und eine Hand auf seine Schulter gelegt hatte, während er Sam und Harry anblickte.

Mein Blick hüpfte zwischen ihnen hin und her.

Liam, Zayn, Harry, Louis, Harry, Niall, Liam, Harry, Zayn, Harry, Niall, Zayn, Harry, Zayn, –

„Du sollst Sam angucken", gluckste Caro neben mir und stieß mir den Ellbogen in die Rippen.

„Meine Cousine kann ich immer betrachten", gab ich monoton zurück, „One Fucking Direction sind gerade in meinem Sichtfeld, das ist ein historisches Ereignis, Carolina Ferroni. Alle fünf. Alle sind hier. Das ist ... historisch."

„Da kann ich dir nur zustimmen", hörte ich eine Stimme hinter mir.

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