#22 - @luke_is_a_penguin

[Janas Sicht]

„Ich will jetzt nicht schlafen gehen", motzte ich, während ich versuchte, meinen Arm aus Leos Hand zu ziehen. Doch mein Cousin gab nicht nach.

„Jana, geh schlafen, sonst hast du morgen den Kater deines Lebens und versaust meiner Schwester außerdem ihre Hochzeit, und das werde ich niemals zulassen", machte er all meinen Widerstand zunichte und ich hielt die Klappe.

Leo zog mich also aus der Küche heraus, wo ich die letzte Viertelstunde mit Niall gesessen und Wasser getrunken hatte, während wir uns einen Rülps-Battle geliefert hatten, den ich eindeutig gewonnen hatte.

Seufzend trottete ich durch den langen Flur und dann mit ihm zur Treppe. Leo hob mich kurzerhand hoch und trug mich die Stufen nach oben. Ihm war klar, dass ich eindeutig nicht mehr in der Lage war, zu laufen.

„Hauptsache, Pierre bleibt noch laaaange bei euch unten", murmelte ich in seine Schulter, als er die Tür zu meinem riesigen Schlafzimmer aufstieß und mich auf einem der Sessel in der Ecke absetzte.

„Kann ich dich ab jetzt alleine lassen?", fragte er mich und sah mich skeptisch an.

„Ich bin kein kleines Kind, du Blödmann", gab ich zurück und hickste. „Ich hab schon oft genug auf mich selbst aufgepasst, wenn ich betrunken war. Oder meinst du, in LA hat mich irgendwer nach Hause getragen?"

„Nein." Leo verdrehte die Augen. „Aber ich habe etwas Bammel, dass du irgendwas Dummes tust, wenn du jetzt alleine bist."

„Wieso, mein Freund ist doch unten, was soll ich also Dummes tun", schoss ich zurück und grinste. „Und Lukes Handynummer, die ich habe, ist leider nicht mehr aktuell, ich kann also nicht den Fehlerbegehen und ihn kontaktieren."

„Gut." Das war das Einzige, das mein Cousin noch von sich gab.

„Schlaf gut, Jana. Ich schicke Pierre in einer halben Stunde mal hoch, dass er nach dir schaut."

„Neeeein!", rief ich ihm nach, nachdem mein drunk brain seine Worte verarbeitet hatte – was ein paar Sekunden gedauert hatte –, aber da hatte er die Tür schon hinter sich zugezogen.

Damn it, ich wollte nicht, dass Pierre herkam. Ich wollte ihn eigentlich gar nicht mehr in meinem Leben haben.

Seufzend kroch ich aufs Bett und ließ mich mitten drauf fallen. Ich war sogar zu unfähig, unter die Bettdecke zu kriechen, also blieb ich einfach wie ein Seestern mitten auf dem Bett liegen.

Und genau so schlief ich dann auch in der nächsten Sekunde ein. In Klamotten, geschminkt und ungeputzte Zähne. Nice.


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Tja, dafür konnte ich mich natürlich auf meinen Freund verlassen.

Als dieser nämlich das Zimmer betreten hatte, hatte er mich natürlich geweckt, damit ich mich bettfertig machte. Grummelnd schob ich seine Hände beiseite, ohne die Augen zu öffnen.

„Jana, schmink dich bitte ab. Du hast gesagt, ich soll dich in jeder Lebenslage dazu zwingen, dich vorm Schlafen abzuschminken, also halte ich mich jetzt an diese Regel, weil ich dich liebe", sagte er und ich stöhnte theatralisch.

Ich brauchte ein paar Minuten, bis ich zu 100 Prozent wach war. Ja, und dann war ich wirklich wach.

Pierre hingegen lag im Bett und war schon wieder eingeschlafen, kaum dass er sich unter die flauschige Bettdecke gekuschelt hatte. Als ich aus dem Bad kam, beobachtete ich ihn für einen Moment, wie er dort lag und wie ein kleines Engelchen schlief.

Himmel, ich hatte so einen Brand! Es blieb mir wohl nichts Anderes übrig als nochmal runter in die Küche zu flitzen und Wasser zu trinken. Ich hätte auch aus dem Hahn trinken können, aber da hatte ich schon schlechte Erfahrung gemacht und das Wasser war mit allem anderen schneller wieder aus meinem Körper gekommen, als mir lieb war. Also würde ich lieber das Wasser unten aus der Küche gesittet aus einem Glas trinken. Sicher war sicher. Schließlich stand sonst Sams Hochzeit auf dem Spiel, und wenn ich die ruinierte, konnte ich auf einen anderen Planeten auswandern, nachdem ich mir einer Gedächtnislöschung unterzogen hatte.

Überrascht war ich übrigens von der Tatsache, dass ich absolut keine Kopfschmerzen bisher hatte. Wenn ich nun also noch mehr Wasser trinken würde, war ich in ein paar Stunden also hoffentlich topfit. Denn falls ihr das nicht wisst: Alkohol zieht Wasser, deswegen sollte man viel (Wasser!) trinken, um keinen Kater zu bekommen. Amen. Diese Weisheit hatte mir schon häufig im Leben den Arsch gerettet. Zu häufig.

So trottete ich nun also meinen Gedanken nachhängend durch den nur spärlich beleuchteten, hohen Flur, als ich laute Stimmen hörte.

Natürlich musste ich nicht einmal verstehen, was gesagt wurde, um zu wissen, wer da gerade miteinander stritt. Nicht nur, weil ich die Stimmen perfekt kannte, sondern auch, weil ich wusste, dass ich gerade an der Tür von Sams und Harrys Schlafzimmer vorbeiging.

„Was?!"

Nein nein nein, Jana, nicht lauschen!

„Ist das echt dein Ernst?!"

Und doch konnte ich nicht anders. Verdammt! Mit verzogenem Gesicht gab ich meiner Neugierde nach und blieb einen Meter von ihrer Tür stehen. Wie erstarrt wartete ich darauf, was Harry als nächstes sagte.

„Wie kannst du nur, Samantha! Wie kannst du ihr das antun! Wieso tust du dir das selbst an, ich versteh es nicht!"

Mein Magen fühlte sich gar nicht gut an. Nicht wegen des Alkohols, sondern wegen Harrys Worte. Wovon sprach er?

„Sam. Wieso hast du es ihr nicht gesagt?"

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf die Tür. Was hatte sie wem nicht gesagt?

„Ich weiß es nicht... Sie hat ja auch kein einziges Mal das Thema angesprochen!"

Sams Antwort klang verzweifelt, sie klang verteidigend, aber auch nicht so wirklich. Als wüsste sie, dass sie Scheiße gebaut hatte. – Insgeheim war ich übrigens froh, dass sie wegen einer anderen Person stritten und keinen schlimmen Streit hatten, der vielleicht die Hochzeit sprengen würde. Gott sei Dank.

„Ja, weil sie in den letzten fünf Jahren Lukes Existenz aus ihrem Leben verbannt hat!"

Und da fiel es mir wie Groschen von den Augen. Es war, als würde ein riesengroßer Klumpen in meinem Körper fallen und all meine Organe auf den Boden drücken. Bumm.

Sie sprachen über mich. Über mich ... wegen ... wegen ... seinetwegen.

„Ich habe ihr extra diese blöde Notiz mit der Gästeliste geschickt. Harry, ich habe diese Notiz nur für sie erstellt! Damit ich sie ihr schicken kann und sie sieht, dass wir 5SOS eingeladen haben!"

Moment, Sam hatte diese Notiz nur meinetwegen erstellt? Um mir mit dem Zaunpfahl zu winken, hey, Luke ist eingeladen!? Gut, dass meine Augen so fest in ihren Höhlen saßen, sonst wären sie jetzt nämlich rausgefallen, so sehr riss ich sie auf. Das sah Sam nämlich eigentlich nicht ähnlich, dass sie sich nicht traute, diese Sache anzusprechen.

„Somit hatte sie die Chance, mich darauf anzusprechen, ob Luke kommt. Hat sie nicht getan. Also habe ich entschieden, dass ich es nicht erzwinge. Wenn sie nicht drüber reden will, dann will sie eben nicht drüber reden."

Aha. Sie hatte mir den Ball zugespielt und dann darauf gewartet, ob ich reagieren würde. Clever. Äußerst clever.

„Ja super, und dann stehen die beiden sich morgen gegenüber und die Kacke ist am Dampfen! Sam! Jana wird aus allen Wolken fallen, wenn sie ihn morgen sieht!"

Da kannst du Gift drauf n– WAS?!? WENN SIE IHN MORGEN SIEHT?!

Hold on.

Moment.

Stopp.

Pause.

Break.

Das hieß also, ....... Er würde morgen kommen.

Und hiermit, Ladies and Gentlemen, war Jana Ferroni offiziell sprachlos. Ich fühlte mich ...als wäre ich nicht mehr hier. Als hätte mein Geist meinen Körper verlassen. Trotzdem bekam ich noch mit, was Harry rief.

„Ich weiß gar nicht, wie schlimm sie reagieren wird! Wie schlimm das für sie wird! Sie wird durchdrehen! Du kennst deine Cousine!"

Er machte eine Pause und ich schlug die Hände vor den Mund, damit sie mein Keuchen nicht durch die Tür hörten.

„Was hat Caro dazu gesagt?"

„Nichts."

Sams Stimme war ganz leise.

„Ich habe ihr nur erzählt, dass 5 Seconds Of Summer zugesagt haben, und dann hat sie gefragt, ob ich es Jana erzähle. Da hatte ich es noch nicht entschieden, und danach habe ich nicht mehr mit ihr drüber gesprochen."

„Super. Caro weiß also nicht einmal, dass du es Jana nicht erzählt hast. Wunderbar. Phänomenal."

Wenigstens Harry sprach das aus, was mir durch den Kopf gehen würde, wenn meine Synapsen nicht gerade komplett durchgebrannt waren.

Mehr wollte ich nicht hören.

„Was regst du dich eigentlich so auf, Harold?!"

Ich wollte gehen, doch ich war nicht in der Lage, überhaupt einen einzigen Muskel zu bewegen.

„Weil du deiner Cousine damit wehtust! Sie wird so leiden morgen!"

Ich schloss ergeben die Augen, bevor eine Träne meine Wimpern verlassen konnte.

„Das wird sie sowieso!"

Sams Stimme überschlug sich vor Schmerz und Verzweiflung.

„Sie wird leiden, weil er kommt. Nicht weil sie es vorher wusste oder nicht wusste. Dann hätten wir uns genauer überlegen müssen, ob wir die Jungs einladen. Jetzt ist es geschehen, jetzt wird er morgen kommen und fertig. Es ist einfach so."

Zwei Sekunden später zuckte ich heftig zusammen, weil eine Tür heftig ins Schloss geschmissen wurde. Ich riss die Augen auf und konnte endlich wieder laufen. Ich rannte blindlings die Treppe nach unten und durch den breiten Gang in die Küche.

Erst als ich ein Wasserglas gefüllt hatte, merkte ich, dass ich so hektisch atmete, dass ich kurz davor war, umzukippen.

Sam hatte Recht. Sie hatte absolut Recht, es war eigentlich nicht von Wichtigkeit, ob ich wusste, ob er kam oder nicht. Denn das würde den Schmerz, den ich empfand, weil er kam, nicht mindern.

Ich machte ihr keinen Vorwurf, schließlich war es ihre Hochzeit und sie konnte einladen, wen sie wollte, und außerdem hatte sie mir die Möglichkeit gegeben, nach Luke zu fragen.

Ich war selbst Schuld, ganz einfach.

„Okay", murmelte ich und versuchte, tief ein- und auszuatmen. Ich zog mein Handy aus der Tasche meiner Jogginghose, das ich wie immer aus Gewohnheit eingesteckt hatte, bevor ich Pierres und mein Schlafzimmer verlassen hatte.

„Okay. Zeit, dass wir den Boy mal ein bisschen auschecken, damit wir vorbereitet sind, Jana", sagte ich mir selbst, zog die Beine auf die Arbeitsplatte, auf die ich mich gesetzt hatte – Stühle waren was für Loser – und tippte auf Instagram.

Meine Finger zitterten, als ich anfing zu tippen.

luke_is_a_penguin, tippte ich und – „Hä?", machte ich verwirrt, als ich auf einem Meme-Account herauskam, der eindeutig nicht der Account von Mr. Hemmings war.

Hatte er seinen Namen geändert? Probeweise tippte ich seinen normalen Namen in die Suche, und siehe da, schon landete ich auf seinem Profil, das ich blockiert hatte.

Er hatte sich tatsächlich in @lukehemmings umbenannt, wie langweilig. (Ich fand übrigens dann dank Google heraus, dass er sich vor vier Jahren umbenannt hatte, Halleluja Amen.)

„Oh Sweet Maria's Boy, warum tue ich mir das eigentlich an", grummelte ich, als das erste Bild mir direkt entgegenstach.

Diese blauen Augen, Himmel nochmal, ich fühlte mich, als wäre ich wieder 15 oder 16.

Für einen Moment legte ich mein Handy beiseite, dann nahm ich es wieder auf meine Knie.

„Ich kann das nicht, ich kann das nicht", jammerte ich und drückte auf meinen Home-Button. „Okay, doch, ich kann das", motivierte ich mich und öffnete Instagram wieder.

„Neeein, ich kann das nicht!"

Irgendwann, nach ein paar Minuten leider erst, hatte ich mich dann so weit im Griff, dass ich sein Profil länger als 6,3 Sekunden offen lassen konnte.

Er sah genauso aus, wie er eben aussah. Er war älter geworden, er sah noch besser aus, er wirkte charismatischer, er wirkte so, als hätte er sich genau in den jungen Mann entwickelt, wie die Götter es gewollt hatten.

Er war einfach ... er war einfach Luke.

Und da war es wieder. Dieses Gefühl. Diese krasse Sehnsucht, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr empfunden hatte. Die ich nur Luke gegenüber empfand. Dieses physische, schmerzende Gefühl in meiner Brust, dieses ekelhafte Ziehen, als würde mein Herz wirklich wehtun.

„Soll ich mir jetzt auch noch ihre Songs anhören?", fragte ich mich selbst, bevor ich an meinem zweiten Wasserglas nippte.

„Nein, ich sollte dringend ins Bett gehen", stellte ich mit einem Blick auf die Uhr fest. Also rappelte ich mich auf, räumte mein Glas in die Spülmaschine und machte mich auf den Weg nach oben.

Und die ganze Zeit dachte ich an seine Haare, die echt dunkel und echt lang und echt lockig geworden waren. An seine markanten Gesichtszüge. An sein Lächeln. An sein Selbstbewusstsein, das – im positiven Sinne – beinahe schon von seinen Fotos tropfte.

Scheiße, ich würde den morgigen Tag nicht überleben. Ich würde es nicht überleben, ihn zu sehen. Ich konnte das nicht. Wirklich nicht.

Fuck fuck fuck!

Aber es blieb mir schlichtweg nichts Anderes übrig. Ich konnte schlecht Sams und Harrys Hochzeit schwänzen.

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