•Zweiunddreißig•
...von klatschenden Haustischen und nassen Hemden.
Am nächsten Tag schlief ich aus, wie ich es schon lange nicht mehr getan hatte. Heute war Samstag und da ich in Begriff war, nichts zu tun und außerdem eine Nacht nachholen musste, die ich mit nachdenken verbracht hatte, schien mir das am sinnvollsten.
Allerdings hätte ich auch so lange geschlafen, wenn ich das nicht als sinnvoll erachtet hätte, denn ich überhörte zwei meiner Wecker, die ich zur Sicherheit für jeden Tag stellte, sollte ich etwas Wichtiges vorhaben und vergessen einen Wecker zu stellen. Ich war, was so etwas anging, immer übervorsichtig, da ich es hasste, zu spät zu kommen.
Ich wachte also um drei Uhr Nachmittags auf und wollte den Tag mit einem Frühstück beginnen, dass wahrscheinlich nur aus Kaffee, Tee, Kuchen und Keksen bestehen würde, da es um diese Uhrzeit am Wochenende immer eben das gab.
Da ich ausgeschlafen und demnach super gut gelaunt war, hatte ich sogar die Motivation gehabt, mir was nettes anzuziehen und mein tägliches Make-Up aufzutragen, anstatt einfach im Pyjama und mit einem Vogelnest in den Haaren in der großen Halle aufzutauchen.
Am Gryffindortisch wurde ich von Sirius mit den freundlichen Worten empfangen:
"Ahh, es lebt doch noch. Krone, deine Zukunft ist nicht komplett versaut", dabei machte er eine dramatische Geste, die ihn an Petunias Schule wahrscheinlich in den Schauspielkurs zur äußert übermotivierten Mrs. Red, die ihrem Namen, wie ich auf dem ein oder anderen Schulfest in den Sommerferien herausfand, gerecht wurde, indem sie bei jeder Kleinigkeit rot anlief, katapultiert hätte.
Marls grinste mich nur an und schob mir einen Teller mit zwei Brötchen zu, die sie vom Frühstück für mich aufgehoben hatte. Ich musste einmal mehr feststellen, dass sie mich fast besser kannte, als ich mich selbst. Auch musste ich feststellen, dass sie anscheinend die gestrigen Ereignisse um einiges besser weggesteckt hatte, als ich.
Als nämlich James nun das Wort ergriff und meinte, er hätte zweimal in mein Zimmer kommen und den Wecker ausschalten müssen, hatte ich das Gefühl im Boden versinken zu müssen, denn irgendwie spielte mein geistiges Kino den gestrigen Film in Dauerschleife.
Remus warf mir einen besorgten Blick gepaart mit einem aufmunterndem Lächeln zu und automatisch musste ich auch leicht lächeln. Auch wenn es auf außenstehende nicht so wirken mochte, existierte schon immer eine solide Basis des Vertrauens zwischen uns. Auch wenn Sirius und ich in letzter Zeit so etwas wie Bruder und Schwester geworden waren, konnte ich mit Dingen, die James betrafen, nicht zu ihm kommen, da er als dessen bester Freund schon irgendwie keine Geheimnisse vor ihm haben konnte.
Unsere kleine Frühstücks- oder eher Kaffee-Runde wurde von einer Gestalt unterbrochen, die Marls wütend vom Tisch aufspringen ließ und auch Sirius und James wollte ihn, ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, zu Hackfleisch verarbeiten. Doch Rem und ich hielten sie in soweit zurück, dass Marls das erstmal alleine klären sollte und sie Louis danach immer noch eine reinhauen konnten.
Ich war zwar echt kein Fan von Gewalt und Schlägereien, aber was diese kleine, miese Ratte da abgezogen hatte, hatte echt alle moralischen Grenzen überschritten.
Aber um Louis zu demütigen brauchte es keine Schlägerei mit James und Sirius, denn Marls Zorn auf sich zu ziehen reichte völlig aus. Nach diesem Nachmittag würde niemand sie mehr als die eher Stille Freundin der Schulsprecherin abstempeln. Ich konnte mich nicht daran erinnern, sie jemals so wütend gesehen zu haben und das, obwohl mir einige andere Wutausbrüche von ihr in den Sinn kamen.
Sie brüllte und schrie so laut, dass nun vermutlich auch alle Schüler, die noch länger als ich geschlafen hatten, aufgewacht waren und als Louis völlig zusammengefaltet flüchten wollte, kam McGonagall, von Marls Gekreische angelockt, in die große Halle gesaust. Der Arme Ravenclaw durfte noch eine Schimpftirade über sich ergehen lassen, bis er schließlich von Gonnie abgeführt und zu Dumbledores Büro gebracht wurde.
Als sie weg waren, herrschte erstmal die berühmt berüchtigte Stecknadel-Stille. Alle mussten anscheinend noch verarbeiten, was gerade eben geschehen war.
Nach gefühlten Stunden, die keiner etwas sagte und Marls immer noch an der Stelle stand, wo sie eben zum Drachen geworden war, stand Sirius auf und fing an zu applaudieren. Schnell waren auch James, Remus, Mary und ich mit dabei.
Nach und nach erhoben sich auch die Schüler von den anderen Tischen. Hest war die Erste der Ravenclaws und sogar am Slytherintisch standen sie. Zu Beginn zwar nur vereinzelt, aber auch dort wurden es nach und nach immer mehr, bis schließlich die gesamte große Halle sich erhoben hatte und sogar die Portraits teilweise mit klatschten.
Es war eine epische Szene. In einem Film wäre das eine dieser Szenen gewesen, wo man Gänsehaut bekommen hätte. Es war einfach ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts, das im letzten Jahr durch den nahenden Krieg in großen Teilen verloren gegangen war.
Slytherins und Gryffindors, Reinblüter und Muggelgeborene, sie alle standen gemeinsam da und zeigten, dass sie das, was Louis getan hatte, falsch fanden. Ob sie es nun aus Gruppenzwang taten oder aus eigener Überzeugung, in diesem Moment schenkte es mir ein unglaubliches Gefühl der Wärme.
Dieses Gefühl wehrte allerdings leider nicht ewig, denn am Slytherintisch konnte man nun Sprüche wie 'Das nächste Mal sucht er sich besser keine Reinblüterin aus.' oder 'Das Schlammblut Evans hätte das viel mehr verdient.' hören. Und mit einem Schlag wurde mir wieder bewusst, warum es keine vereinte Zauberergemeinschaft gab:
Weil es keine reine Zauberergemeinschaft sein würde, denn es gab überall Muggelblut, das hineingemischt wurde. Personen wie ich verhinderten das friedliche Leben unter den Zauberern.
Tränen fanden ihren Weg über mein Gesicht und ich machte, dass ich aus der großen Halle kam. Hinter mir hörte ich die Stimmen meiner Freunde und nur zwei Sekunden später hatte Sirius mich eingeholt.
"Lils, bleib stehen!", seine Hand griff nach meinem Arm und er wirbelte mich herum, so dass ich jetzt gezwungener maßen stehenbleiben und ihn ansehen musste. Meine Hand hob sich um die Tränen wegzuwischen, doch ich ließ sie wieder sinken und vergrub stattdessen mein Gesicht in Sirius Brust.
Während meine Tränen sein Hemd durchnässten, strich seine Hand über meinen Rücken und er sagte:
"Lily, du bist einer der wundervollsten Menschen, die diesen Planeten bewohnen. Gib nicht so viel auf das Geschwätz dieser Arschlöcher! Die sind nur neidisch, dass du alles so viel besser hinkriegst, obwohl sie damit aufgewachsen sind. Vielleicht haben sie auch Angst, dass du ihnen später die guten Dinge wegschnappst, von denen sie denken, dass sie durch ihr Blut ein Anrecht darauf haben, weil du einfach besser bist.
Es gibt so viele Menschen, die dich gern haben, allen voran natürlich Krone", er konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen, bevor er wieder ernst weitersprach:
"Und auch viele, die gerne so wären wie du. Wenn sich jemand wünschen würde, so zu sein wie Mulciber, dann nur wegen seinem Blut und seiner Familie und nicht wegen dem was er erreicht hat."
Meine Tränen wurden langsam weniger und als der inzwischen dazugekommene Remus fragte: "Soll ich dir Schokolade holen?", musste ich einfach grinsen.
Ich konnte echt mehr als nur froh sein, solche tollen Menschen an meiner Seite zu wissen!
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