"Wir stecken wohl ziemlich in der Scheiße, Munson!"
Schweigend sitzt du neben Eddie auf der Couch im Haus der Byers.
Joyce hat euch über die Eigenarten des Hauses aufgeklärt, euch mit Lebensmitteln versorgt und ihr habt euch überschwänglich bei ihr bedankt.
Nun sitzt ihr hier und schweigt.
Die Ereignisse des gestrigen Tages liegen euch noch auf den Seelen. Haben sich eingebrannt.
Du bist verwirrt. So verwirrt, wie du es in deinem ganzen Leben noch nicht warst.
Wie zum Teufel bist du hier bloß gelandet? Träumst du das alles nur? Es fühlt sich so real an...
Eddie erhebt sich und geht wortlos ins Bad. Du siehst ihm hinterher.
Eddie Fucking Munson!
Das kann nur ein Traum sein!
Wie wahrscheinlich ist es bitte, das du, einfach so, in deiner Lieblingsserie auftauchst und dann auch noch deinem Lieblingscharakter das Leben rettest?!
Nie und nimmer ist das real.
Du schaust auf deine Hände, sie zittern.
Ein dumpfes Geräusch aus dem Bad lässt dich aufschrecken.
"Eddie?",rufst du besorgt und erhebst dich ruckartig.
Du lauschst, doch Eddie antwortet nicht.
Also gehst du zur Badezimmertür und klopfst zaghaft.
"Eddie? Ist alles okay?",fragst du vorsichtig.
Keine Antwort.
So langsam bekommst du es mit der Angst zu tun.
"Ich komm jetzt rein!",sagst du, in der Hoffnung, die Tür ist nicht abgeschlossen.
Da du noch immer keine Antwort erhälst, drehst du am Knauf und die Tür lässt sich problemlos öffnen.
Vorsichtig setzt du einen Schritt in den kleinen Raum und entdeckst Eddie, der zusammengekauert vor der Badewanne auf dem Boden hockt.
Er wendet schnell sein Gesicht von dir ab, aber du bist dir sicher, das er weint.
Wortlos setzt du dich neben ihn im Schneidersitz auf den Boden und faltest deine Hände im Schoß.
Ihr schweigt eine Weile, bis Eddie langsam und hörbar ausatmet.
Die siehst auf und betrachtest ihn.
Er schaut auf seine Hände, dreht an seinen Ringen.
Ohne groß darüber nachzudenken, nimmst du seine Hand in deine.
Eddie sieht nicht auf, schüttelt dich aber auch nicht ab.
"Ich würde dir ja sagen, das alles gut werden wird, aber ich habe keine Ahnung, ob es so sein wird",sagst du leise.
Eddie schweigt.
"Danke",sagt er nach einer Weile.
"Wofür?",willst du wissen.
"Dafür, das du mir nicht erzählst, du würdest mich verstehen und das alles irgendwann besser wird, das es irgendwann nicht mehr so weh tun wird und all so einen geheuchelten Scheiß",sagt er und blickt zum ersten Mal, seit du den Raum betreten hast, auf.
Seine Augen glänzen wässrig.
Für einen Moment bist du wie hypnotisiert, als du in seine Augen blickst.
Du sitzt hier neben Eddie Munson! Berührst ihn! Siehst ihm in die Augen! Sprichst mit ihm! Als wäre er nicht nur ein fiktionaler Charakter, sondern ein realer Mensch! Und wieder fragst du dich, ob du vielleicht nur träumst. Shiftest du versehentlich? Doch du hattest bislang keinerlei Berührungspunkte mit dem Shiften. Du hast davon gehört, aber nie wirklich daran geglaubt. Hast du dich vielleicht geirrt?
"Woran denkst du?",will Eddie zu deiner Überraschung wissen. Er sieht dich interessiert an.
"Ich frage mich gerade, ob ich träume",erwiderst du wahrheitsgemäß.
Eddie legt nachdenklich den Kopf schief.
"Aber wenn du wirklich träumst, wieso fragst du dich dann, ob du träumst?"
Du benötigst einen Moment um Eddies Gedankengang zu folgen.
Dann verstehst du.
"Du hast Recht",stimmst du ihm deswegen zu und legst deine Stirn in Falten.
"Aber wie kann es dann sein, das ich hier bin?"
"Keine Ahnung. Ehrlich. Aber wenn du mich fragst, ist alles möglich. Ich meine, bis vor ein paar Tagen hatte ich keine Ahnung, das Monster existieren. Und jetzt?! Jetzt lebe ich in einem verdammten Albtraum!",sagt er und rauft sich die Haare.
Du seufzt und legst deinen Kopf in den Nacken.
Noch immer hälst du Eddies Hand und seine Wärme zu spüren, fühlt sich vollkommen surreal an.
"Tja,"sagst du und zuckst mit den Schultern, "Wir stecken wohl ziemlich in der Scheiße, Munson."
Eddie hebt die Augenbrauen, schmunzelt dann.
"Du bringst es auf den Punkt",sagt er.
Plötzlich beginnst du zu lachen. Erst leise , dann immer lauter.
Eddie starrt dich erstaunt an.
Dann stimmt er mit ein und ihr haltet euch vor Lachen die Bäuche.
Die Situation muss für Außenstehende vollkommen absurd aussehen. Wie ihr im Bad auf dem Boden hockt und einen hysterischen Lachanfall habt.
Und es ist völlig absurd!
Nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigt ihr euch endlich und ringt nach Luft.
"Heilige Scheiße!",keucht Eddie und lehnt sich tiefer an den Beckenrand, "Ich hätte nicht gedacht, das ich jemals wieder so lachen würde."
"Hab ich vergessen zu erwähnen, das ich witzig bin?",fragst du neckisch und Eddie verzieht anerkennend das Gesicht.
"Und schlagfertig bist du auch noch",sagt er und grinst.
"Du würdest gut in den Hellfire Club passen",sagt er beinahe wehmütig.
"Ich wäre gerne ein Mitglied",sagst du verlegen und Eddie sieht dich erstaunt an.
"Du spielst Dungeons and Dragons?",fragt er und seine Miene erhellt sich.
"Naja, ich stehe noch am Anfang, aber ja. Ich spiele es",sagst du wahrheitsgemäß und auf Eddies Gesicht legt sich ein Ausdruck, der dir beinahe ehrfürchtig erscheint.
"Das hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht",sagt er.
"Wieso nicht?",willst du neugierig wissen.
"Du siehst nicht so aus."
"Achso? Wie sehe ich denn aus, Munson?",willst du schnippisch wissen.
Du konntest es noch nie leiden, wenn Menschen dich in Schubladen gesteckt haben. Und von Eddie hättest du das am wenigsten erwartet.
"Du bist sehr hübsch",sagt er und du stutzt.
"Wie bitte?",fragst du überrascht.
"Du hast mich schon gehört", erwidert Eddie und zuckt mit den Schultern.
Dann sieht er dich an.
"Du siehst nicht aus wie ein Freak."
"Ich bin auch kein Freak! Ich bin ein Nerd!",korrigierst du ihn.
"Oh nein, glaub mir, du bist ein Freak! So wie ich",sagt Eddie und senkt den Blick.
"Eddie",sagst du und setzt dich so hin, das du ihn ansehen kannst.
"Du bist auch kein Freak! Nur weil jemand auf Fantasyspiele, Science Fiction und Metal steht, heißt das nicht, das er ein Freak ist. In meiner Welt gibt es viele wie uns. Wir respektieren einander und werden respektierst. So einfach ist das",erklärst du und klingst dabei beinahe tadelnd. Doch die Art und Weise, wie Eddie behandelt wird, hat dich von Anfang an rasend gemacht.
"So einfach also?",fragt Eddie und sieht zornig aus.
"So einfach ist das?!",wiederholt er wütend und erhebt sich.
Du tust es ihm gleich, setzt dich aber auf den Wannenrand.
Du kannst seine Wut verstehen.
"Ich korrigiere, so einfach sollte es sein",sagst du ruhig.
Eddie schnaupt, erwidert aber nichts.
"Wobei",sagst du nachdenklich und legst dir eine Hand ans Kinn.
"Untereinander ist das mit der Toleranz eher schwierig. Nerds sind toxisch, das sag ich dir!"
Eddie starrt dich einen Moment mit hochgezogenen Augenbrauen an und lacht dann laut los.
Du stimmst mit ein und Eddie lässt sich auf den Wannenrand, neben dir, fallen.
"Und nochmal muss ich mich bedanken",sagt er und du siehst ihn schmunzelnd an.
"Danke, das ihr so erquickend humorvoll seid, my Lady!",fährt er theatralisch gestikulierend fort und du lachst erneut.
Dann betrachtest du ihn lächelnd.
Wenn das hier ein Traum ist, dann hoffst du inständig, das du niemals aufwachst.
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