Kapitel 17 • Eileen

Woking, 3. Juli 2019

„Kommst du, Lando?", rief Carlos durch das Haus, als wir beide mit bereits gepackten Taschen auf den Briten warteten. Ich hatte gestern bei ihnen übernachtet und würde das ganze heute wiederholen, da wir zusammen Kart fahren gehen würde. Da die Strecke in Farnborough lag und somit in der Nähe von Woking, bot es sich einfach an, dass ich bei ihnen blieb, um nicht noch ewig nach Hause fahren zu müssen.

Es kam keine Antwort, weswegen Carlos mir einen fragenden Blick zuwarf, allerdings zuckte ich nur mit den Schultern. Der Spanier seufzte und setzte nochmal lauter an: „Lando, wir wollen los! Schnell, sonst fahren wir ohne dich!"

Schmunzelnd senkte ich meinen Blick, da Lando vermutlich genauso gut wusste wie ich, dass das bloß eine leere Drohung war. Carlos würde niemals ohne ihn gehen.

Einen weiteren Moment war es still und frustriert schüttelte der Ältere den Kopf. „Ich schaue mal nach ihm", gab er bekannt. Gerade wollte er zu den Treppen gehen, da kam Lando diese auch schon heruntergestürmt.

„Sorry, sorry", meinte er atemlos. „Wir können jetzt gehen."

Skeptisch beäugte Carlos das Outfit seines Freundes und verdrehte daraufhin die Augen. „Das ist mein Pulli", stellte er kritisch fest. Ich legte den Kopf schief, da ich keinen blassen Schimmer hatte, wie er das erkennen konnte, immerhin war es ein McLaren Pullover und er schien Lando auch zu passen. Wie zur Hölle konnte er wissen, dass es nicht Landos Pulli war?

„Mimimi. Wenn du ihn nicht anziehst, scheinst du ihn ja nicht zu brauchen", antwortete er unschuldig und schlang einen Arm um seine Hüfte. „Ich freue mich so, wir waren schon ewig nicht mehr zusammen karten, Georgie."

„Das stimmt", bemerkte ich. Es war tatsächlich eine halbe Ewigkeit her, seit wir das letzte Mal karten gewesen waren, Anfang letzten Jahres.

„Ich werde euch beide so abhängen." Aufgeregt grinste er und Carlos blickte liebevoll auf ihn herab.

„Träum weiter, mi amor", lächelte er, bevor er ihm einen zarten Kuss auf die Schläfe hauchte.

„Um was wetten wir?", forderte Lando ihn provozierend auf und stemmte einen Arm in seine Hüfte.

„Ums Einkaufen morgen?", schlug der Angesprochene vor. Zustimmend nickte der Brite und lehnte sich zu ihm, um ihn kurz zu küssen. Dabei nuschelte er leise: „Deal."

Als die beiden endlich voneinander ablassen konnten, liefen wir zusammen zu Carlos' Wagen, mit dem wir dann zur Kart-Bahn fuhren. Es war ein wirklich schöner, abwechslungsreicher Tag, den wir miteinander verbrachten und ich war fast schon froh, dass Alex keine Zeit gehabt hatte um dazuzustoßen. Mit ihm wäre es zumindest für mich weniger entspannt gewesen und um ehrlich zu sein, war ich mir nicht einmal sicher, ob er wirklich ein paar Termine hatte oder ob er mir einfach nicht über den Weg laufen wollte. So oder so war es mir recht.

Lando schaffte es tatsächlich in der ersten Runde, zumindest schneller als Carlos zu fahren, ich war am schnellsten von uns allen gewesen. Daraufhin hatte der Spanier sich von Lando dazu überreden lassen, dass es reichte, um ihn zum Einkaufen verdonnern zu können. Während wir also noch an der Strecke etwas aßen, tat Carlos so, als wäre er schlecht drauf und schlussendlich einigten sie sich darauf, morgen gemeinsam einkaufen zu gehen. Ich konnte über die beiden nur den Kopf schütteln, wie verliebt konnte man bitte sein?

„Das Mädchen an der Theke starrt dich die ganze Zeit an", murmelte Lando irgendwann, während er sich ein paar von Carlos' Pommes klaute.

„Hm?" Verwundert blickte ich auf und er nickte in Richtung der Theke. Ich drehte mich dorthin. Tatsächlich saß dort eine junge Frau, vermutlich in meinem Alter, und beobachtete unseren Tisch. Sie war brünett, ihre Haare waren leicht gewellt und reichten ihr bis über die Schultern. Mir fiel direkt auf, wie hübsch sie war. Ich schenkte ihr ein leichtes Lächeln, bevor ich mich wieder zu den anderen drehte. „Vielleicht hat sie uns erkannt?", vermutete ich und Lando schnaubte.

„Quatsch, die will was von dir!", behauptete er überzeugt. „Geh zu ihr rüber!"

„Uhm...ich bin noch nicht so ganz über Al-" Bevor ich meinen leisen Satz aussprechen konnte, wurde ich schon unterbrochen.

„Hi", meinte eine angenehme, helle Stimme und ich drehte mich um, wo mich die Frau schüchtern anlächelte.

„Hey", gab ich überrascht zurück. Einen kurzen Augenblick war es ruhig, dann wurde sie rot und streckte mir ihre Hand entgegen: „Ich bin Eileen und habe dich von da drüben gesehen. Irgendwie sahst du nett aus, da musste ich dich ansprechen."

Ich ergriff ihre Hand und langsam fing auch ich wieder an zu lächeln. „George", gab ich freundlich zurück. „Freut mich, dich kennenzulernen, Eileen. Willst du dich setzen?"

Sie warf einen schnellen Blick auf ihr Handy. „Meine Schicht fängt erst in einer halben Stunde an, also warum nicht?"

Ich zog ihr einen Stuhl zurecht, sodass sie sich setzen konnte, während Lando zufrieden grinste. „Wir würden dann mal weiterfahren. Kommst du später dazu?"

„Klar. Ich habe sowieso in Null komma nichts eure Runden wieder aufgeholt", neckte ich ihn und er zeigte mir bloß den Mittelfinger, bevor er mir das Geld fürs Essen gab. Ich wollte schon abwinken und es selber bezahlen, aber bei seinem strafenden Blick nahm ich es lieber an. Das Pärchen verabschiedete sich, sodass ich mit Eileen alleine war.

„Das sind zwei gute Freund von mir, bevor du dich wunderst. Der Idiot, mit dem ich geredet habe ist Lando und der andere ist Carlos", erklärte ich ihr und sie nickte sofort.

„Ich habe euch noch nie hier gesehen", meinte sie.

Überrascht legte ich den Kopf schief. „Ja, wir sind zum ersten Mal hier. Arbeitest du an der Strecke?" Wenn sie hier arbeitete, musste sie doch irgendeinen Bezug zum Motorsport haben und uns eigentlich auch erkennen, oder?

„Ja, also hier im Restaurant, nicht direkt an der Strecke. Ich habe keine Ahnung von Karting", lachte sie. „Ich wollte nur neben dem Studium ein wenig Geld verdienen und hier haben sie Mitarbeiter gesucht, also mache ich es halt."

„Was studierst du?", hakte ich interessiert nach.

„Mathe und Sport auf Lehramt. Ich liebe es einfach mit Kindern zu arbeiten und ihnen etwas beizubringen", schwärmte sie und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Eileen faszinierte mich irgendwie. Sie schien freundlich, lebensfroh und einfach ein herzensguter Mensch zu sein. Dazu mochte sie Kinder, genauso wie ich. Irgendwas tief in mir war sich sicher, dass sie jemand war, den ich schnell in mein Herz schließen würde. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass ich gerade eine schwierige Zeit durchmachte und mich einfach nach Liebe sehnte.

„Was machst du so?", fragte sie nun und ich versuchte möglichst belanglos zu antworten: „Ach, ich fahre nur Autos."

„Taxifahrer?", rätselte sie, was mich zum lachen brachte.

„So in etwa", zwinkerte ich ihr zu und sie lachte nun ebenfalls. Vermutlich war ihr bewusst, dass sie völlig daneben lag, aber sie hakte auch nicht weiter nach, wofür ich ihr dankbar war. Für heute wollte ich einfach ,George' bleiben und nicht schon zu ,George, der Formel 1 Fahrer' werden.

Wir nutzten noch die restliche Zeit, bis ihre Schicht begann, um uns einfach besser kennenzulernen. Schließlich wurde sie jedoch gerufen, weswegen sie aufstand und wir uns verabschiedeten.

„Warte!", hielt ich sie zurück, als sie schon auf den Weg zur Theke war. Überrascht richtete sie sich zu mir und ich blickte sie unschlüssig an. „Kann ich deine Nummer haben?"

„Oh, ich dachte schon, du fragst nicht mehr", atmete sie erleichtert aus und kam zurück zu mir. Ich hielt ihr mein entsperrtes Handy hin, woraufhin sie ihre Nummer eintippte, bevor sie es mir zurückgab.

„Ich melde mich", versprach ich ihr und sie nickte nur glücklich.

„Bis dann, George", verabschiedete sie sich nun schon zum zweiten Mal. Ich erwiderte ihre Worte und blickte ihr hinterher, als sie zum Tresen lief, um ihre Schicht zu starten. Schnell bezahlte ich noch die Rechnung, dann begab ich mich zurück zur Strecke, um auch noch etwas zu fahren.

Knapp eine Stunde später saßen wir wieder zu dritt im Auto und fuhren zurück nach Guildford. Lando warf mir durch den Rückspiegel einen wissenden Blick zu. „Du siehst ziemlich glücklich aus."

„Sie war nett", bestätigte ich. „Und sie hat mich irgendwie von Alex abgelenkt, also...ja. Vielleicht tut sie mir ja gut."

„Sie wirkte auch wirklich freundlich. Rein optisch würdet ihr gut zusammenpassen", meinte Carlos und Lando nickte begeistert.

„Es ist um einiges zu früh, um von Beziehung zu reden. Erstmal muss ich sie besser kennenlernen und ihr vor allem sagen, dass ich mehr oder weniger berühmt bin", schmunzelte ich. „Davor kann ich sowieso nicht einmal daran denken, ihr näher zu kommen."

„Jap, ehrlich musst du auf jeden Fall sein", pflichtete Carlos mir bei und konzentrierte sich weiter auf die Straße.

„Von wem hast du denn diese Weisheiten her?", neckte ihn Lando.

„Von dir auf jeden Fall nicht", gab er trocken zurück und zog die Augenbrauen hoch. Beleidigt schob Lando seine Unterlippe vor, woraufhin Carlos lachte: „Ich mache nur Scherze. Te amo, te amo."

„Jaja, das sagen sie alle." Lando verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte gekränkt, aber selbst ich konnte das kleine Lächeln auf seinen Lippen deutlich erkennen.

Die beiden waren wirklich unverbesserlich.

Tötet mich bitte nicht, danke🤭

Kommentar von dreaming_t :
[okay, mir gefällt die Richtung nicht, in die George gerade zu steuert, aber gut... :((( wenigstens sind Carlos und Lando relationship goals (danke, dass du sie mit eingebaut hast).<3 Wie immer schön geschrieben.💘 I love youuu]

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