Kapitel 12 • dealing with a broken heart

Monaco, 24. Mai 2019

Nach dem zweiten freien Training ließ ich mich erschöpft auf den Sessel in meinem Fahrerzimmer fallen. Eigentlich war ich der Meinung, dass ich die letzten zwei Wochen meine Gefühle gut im Griff hatte. Lando hatte mich die letzte Woche über stets zu sich nach Hause eingeladen und mich gut abgelenkt, sodass es mir eigentlich ganz gut ging. Bis auf nachts. Da holten mich die Ereignisse von Barcelona wieder ein und ich hatte definitiv zu viele Tränen vergossen.

Trotz allem war ich gut klargekommen. Seit Mittwoch allerdings schien gar nichts mehr so richtig zu funktionieren. Ich war Alex abends im Hotel begegnet und er hatte mich keines Blickes gewürdigt. Stattdessen hatte er sich tatsächlich komplett zu Max gewandt, mit welchem er irgendwohin ging. Der Niederländer hatte mich sogar gegrüßt und als er merkte, dass zwischen Alex und mir eisige Stimmung herrschte, war er merklich verwirrt gewesen. Niemand war es gewohnt, dass wir uns stritten, immerhin hatten wir das noch nie wirklich getan. Wir waren seit Tag eins unzertrennlich gewesen.

Scheinbar hatte Max diese merkwürdige Begegnung daraufhin im Paddock verbreitet, denn gestern hatten mich fast alle unserer Freunde darauf angesprochen. Mit der Ausrede, dass ‚wir ein kleines Missverständnis' hätten, wies ich alle ab. Diese ganzen Gespräche führten dazu, dass ich von dem Schmerz überrollt wurde. Als dann auch noch ein Journalist beobachtet hatte, wie wir uns im Paddock nichtmal angeschaut hatten und mich darauf angesprochen hatte, war ich eingebrochen. Selten hatte ich meine Tränen so sehr zurückhalten müssen, mal abgesehen von Barcelona.

Abends war es zwecklos gewesen. Ich war wortwörtlich in meinen Tränen ertrunken, bis Lando mich aus dem Loch gezogen hatte. Er hatte sich bereit bei seiner Ankunft eine Karte für mein Zimmer besorgt, weil er nicht wollte, dass ich alleine war.

Erschöpft vergrub ich mein Gesicht in den Händen und atmete tief durch. Es war verdammt schwierig für mich, mich richtig auf das Fahren zu konzentrieren. Erstens, weil ich dauerhaft schlecht schlief und dementsprechend müde war, andererseits, weil meine Gedanken immer wieder abdrifteten. Und das konnte man gar nicht gebrauchen, wenn man im Rennwagen saß.

Als mein Handy klingelte, senkte ich meine Hände wieder, um stattdessen danach zu greifen.

Nathan.

Nathan war, zusammen mit Tim, ein guter Freund noch aus der Schulzeit. Die beiden waren mit Lando und Carlos die einzigen, denen ich von der Sache mit Alex erzählt hatte. Einfach, weil ich vor ihnen sowieso nichts verstecken konnte, dafür kannten sie mich zu gut.

Seufzend nahm ich den Anruf entgegen. „Hey."

„Hey Bro. Wie geht's dir?", ertönte auch sogleich die Stimme des Briten und ich warf einen Blick aus dem Fenster.

„Nicht so gut. Dieses Wochenende kann gar nicht mehr schlimmer werden", stöhnte ich genervt. „Alle müssen mich dauernd auf Alex ansprechen, es ist verdammt schwer auszuhalten."

„Wir könnten vorbeikommen, wenn du willst", meinte jetzt Tim. Kurz dachte ich nach. In der Tat klang die Idee gar nicht so schlecht, aber ich musste zugeben, dass ich relativ wenig Zeit hatte. Morgen und Sonntag war ich beschäftigt und Sonntagabend, wenn ich theoretisch Zeit haben würde, wollte ich schon wieder zurück nach London fliegen, um möglichst wenig Zeit hier zu verbringen. Dann könnte ich die beiden genauso gut auch dort treffen.

„Wie wäre es, wenn ihr am Sonntagabend zu mir kommt?", schlug ich also direkt vor. „Ich habe hier leider nicht so viel Zeit und ihr könntet dann natürlich auch für ein paar Tage bleiben."

„Abgemacht!", stimmte mir Nathan sofort zu und ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Ich hatte mit Abstand die besten Freunde.

„Gut, dann wäre das geklärt. Danke, dass ihr für mich da seid."

„Ist doch selbstverständlich, dafür sind Freunde da", hörte ich Tim grinsen und ich biss mir kurz auf die Lippe, als mein Lächeln größer wurde.

Wir unterhielten uns noch eine Weile über das erste und zweite Training, bis es an meiner Tür klopfte und Lando den Kopf hereinsteckte. Kaum sah er das Lächeln auf meinen Lippen, fing er auch an zu lächeln und trat hinein. Ich verabschiedete mich schnell von meinen Freunden, ehe ich auflegte.

„Du siehst glücklich aus", bemerkte der Jüngere und lehnte sich an die Wand.

„Ja, Tim und Nathan haben gerade angerufen." Erklärend hielt ich mein Handy hoch, woraufhin er verstehend nickte.

„Das ist gut." Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Uhm...kannst du mir bei etwas helfen?"

„Klar, worum geht's?", wollte ich sofort gespannt wissen und setzte mich aufrecht hin.

„Um Carlos und mich", setzte er vorsichtig an. Unsicher musterte er mich und ich schmunzelte leicht.

„Lando, ich weiß, dass du es versucht hast, aber du kannst mich nicht für immer mit dem Thema Beziehungen verschonen, also hau schon raus. Ich werde es überleben", beruhigte ich ihn.

„Okay...also, Carlos' Familie hat ein Ferienhaus in Italien und sein Vater hat mich eingeladen, dass ich im Sommer mit ihnen dorthin fahre. Natürlich kommt Carlos auch mit, das ist so eine Tradition von ihnen, aber ich-"

„Du gehst natürlich mit!", unterbrach ich ihn, bevor er seine Bedenken überhaupt ausformulieren konnte. Warum erzählte er mir jetzt erst davon?!

„Aber das sind zwei ganze Wochen!", rief er aus und zuckte hilflos mit den Schultern. „Vielleicht werde ich ihnen dann zu anstrengend."

„Lando, wie lange warst du nochmal nach dem Rennen in Barcelona bei ihnen?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Sechs Tage...", murmelte er.

„Merkst selbst, oder?" Ein Schmunzeln breitete sich auf meinen Lippen aus. „Du hast selbst gesagt, dass sie dich gut aufgenommen haben und jetzt erzählst du mir auch noch, dass sie dich in den Urlaub eingeladen haben?! Wenn es eine Tradition von ihnen als Familie ist, dann haben sie dir das Angebot gemacht, dich komplett in die Familie aufzunehmen. Und das, obwohl sie dich erst so kurz kennen! Also mach dir keinen Kopf. Außerdem, sieh es mal so: du kannst zwei Wochen in Italien entspannen mit Carlos an deiner Seite, du kannst pausenlos seinen Oberkörper am Strand angaffen, was gibt es besseres?"

Beim letzten Teil verdrehte er grinsend die Augen. „Hast du gerade indirekt gesagt, dass du gerne meinen Freund angaffen würdest?" Gespielt prüfend zog er eine Augenbraue hoch und ich lachte leicht.

„Vielleicht", ging ich daraufhin ein. Er zog geschockt die Luft ein und legte eine Hand auf seine Brust.

„Das war's, Freundschaft gekündigt." Er drehte sich demonstrativ um, ehe wir beide in Gelächter ausbrachen. Lando richtete sich wieder zurück zu mir und grinste über beide Ohren.

„Danke, George", meinte er dann schließlich, als wir uns wieder beruhigt hatten. „Ich denke, ich muss einfach noch selbstsicherer werden."

„Das auf jeden Fall." Ich nickte zustimmend. „Weißt du, woran diese Unsicherheit liegt?"

„Ich weiß nicht. Manchmal schaue ich Carlos an und höre ihm zu und keine Ahnung...dann komme ich mir neben ihm so dumm und klein vor. Ich weiß, dass er es nicht so sieht, weil er mich liebt, aber wenn mich vielleicht jemand nicht so betrachtet wie er, habe ich Angst, dass derjenige es genauso sehen könnte", murmelte er und seufzte schwer.

Ich richtete mich auf und kam auf ihn zu. „Komm her." Auffordernd breitete ich meine Arme aus. Keine Sekunde später kuschelte er sich auch schon in sie und ich schloss die Augen.

Diese Umarmung konnten wir wohl beide mal gebrauchen. Einige Minuten lang standen wir so in meinem Zimmer, bevor wir uns dann wieder lösten.

Er schenkte mir ein dankbares Lächeln und fuhr sich durch die Haare. „Das tat gut."

„Jap. Und jetzt gehst du zu deinem Freund und erzählst ihm von deinen Sorgen, bevor du ihm auch noch sagst, dass du mit in den Urlaub kommst." Auffordernd gab ich ihm einen Stoß in Richtung der Tür.

Hin- und hergerissen zögerte er und legte den Kopf schief. „Kommst du klar?", vergewisserte er sich nochmal.

„Ja, ich komme klar", beruhigte ich ihn. „Hau schon ab."

„Du bist der beste!" Glücklich verschwand er aus meinem Zimmer und ich schüttelte grinsend meinen Kopf, ehe ich mich dann umzog. Ich hatte bereits das Teambriefing hinter mir. Jetzt wollte ich nur noch ins Bett und mich nach dem schwierigen Tag ausruhen.

Mit gepacktem Rucksack verließ ich mein Motorhome und lief zum Ausgang des Paddocks. Auf dem Weg kamen mir Pierre und Max mit ihren Trainern entgegen. Ein paar Meter hinter ihnen unterhielt sich Alex ebenfalls mit seinem Trainer.

Sofort waren meine Augen gefesselt. Die RedBull Fahrer winkten mir zu, was ich ihnen schnell gleichtat. Das schien auch Alex' Aufmerksamkeit zu erlangen und der Thailänder drehte seinen Kopf in meine Richtung. Unsere Blicke trafen sich und für einen Moment stand die Welt still.

Mein Herz klopfte unfassbar schnell, als ich ihm ein leichtes Lächeln zeigte. Er erwiderte es knapp, ehe er sich wieder seinem Trainer zuwandte und mit ihm in einem Gespräch versank. Ich blickte nun ebenfalls wieder zum Ausgang.

Ja, ich würde schon klarkommen...

Kommentar von dreaming_t :
[ow poor Georgie :(( Ich hoffe, dass es ihm schnell wieder besser geht. Es ist cute, wie Lando für ihn da ist und dass er sich so wenigstens etwas ablenken kann. Kann Carlos Familie auch bitte Georgie aufnehmen, sodass ich noch mehr Carlos x Lando content bekomme? Thanks. Wie immer gut geschrieben.💘]

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