heaven sent you to me

Die Tage bis zur Hochzeit verstrichen rasend schnell. Stündlich überkam mich eine Welle von Panik. Ich war bereit zu heiraten, aber die Vorbereitungen dafür überforderten mich.
Liza hatte mir aufgetragen, das Eingangslied zu wählen, doch ich hatte Angst die falsche Entscheidung zu treffen.
Seit einer geschlagenen Stunde saß ich vor meinem Laptop und hörte mir ein Lied nach dem anderen an. Doch keins schien nur annähernd gut genug zu sein. Egal welches mir gefiel, wäre für Liza nichts.
"Alles, nur kein Emo Song", hatte sie gesagt und war aus dem Büro gegangen.
Nachdem ich mit den Jungs eine Pause auf unbestimmte Zeit angekündigt hatte, waren wir alle wieder in New Orleans. Nur Jasper war seit kurzem in Las Vegas und schickte ständig Bilder von den riesigen Hotels oder wie er gerade an einem Roulette Tisch saß.

Resignieren nahm ich sie roten Kopfhörer ab und warf sie unachtsam auf den Schreibtisch.
Das kann doch nicht so schwer sein, Grace!
Noch einmal scrollte ich durch eine endlose Playlist. Kein Song sprach mich an.
Genervt drückte ich mich vom Tisch weg und rollte auf meinem Stuhl durchs Büro.
Kurz bevor ich gegen die Glastür knallte, bremste ich ab und stand auf. Schnell riss ich sie auf und ließ die schwüle Luft herein.

Draußen auf der Straße war reges treiben und ein paar Straßenmusiker gaben ihre Songs zum Besten. Allein vom Hören, wusste ich das es ein Quartett war, das nur aus Streichern bestand.
Ich beschloss der Band ein bisschen zuzuhören und setzte mich auf den gekachelten Boden des Balkons. Gedankenverloren starrte ich in den klaren Himmel. Würde ich den richtigen Song finden? Grüblerisch streckte ich die Beine von mir und kratzte mich am Hals.  Für ein paar Augenblicke schloss ich die Lider und ließ meine Umgebung auf mich wirken. Die Geräusche der turbulenten Stadt, die Menschen auf der Straße unter mir. Und die Musik  die alles einrahmte.
Dann dachte ich an die Hochzeit, versuchte mir alles vorzustellen, auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte. Liza machte aus allem so ein Riesen Geheimnis, das war schon ein bisschen unfair.

Trotzdem versuchte ich es. Ich tauchte in meiner Fantasie unter.
Liza kam strahlend, in  Begleitung ihres Vaters auf mich zu und trug ein umwerfend schönes Kleid. Die Haare waren locker im Nacken zusammengesteckt, ein paar lose Strähnen umspielten ihr kantiges Gesicht.
Ob ich vorm Altar auf sie warten würde oder nicht, wusste ich nicht. In meiner Vorstellung tat ich es auf jeden Fall.

Sie streckte die zarte Hand nach mir aus und ich griff sofort danach.  In ihren Augen sah ich, wie nervös sie war.
Der Gang aus dem sie gekommen war, schien ein Meer aus Blumen zu sein. An den Bankreihen entlang hingen breite Gestecke aus weißen Rosen und dunkelgrünen Farn. Das gleiche Fand sich auch in unseren Sträußen wieder.
In den vorderen Reihen sah ich meine Geschwister, die mit gegelten Haaren und gut sitzenden Anzügen zu mir aufsahen. An jedem dunkelblauen Sakko steckte eine weiße Rose mit einem feinen Zweig des Farns. Jackson und Ethan sahen beide mächtig stolz aus, doch Dad toppte alles. Er sah aus als hätte er im Lotto gewonnen.
Auch meine Schwiegereltern sahen  nicht minder begeistert aus. Lizas Schwestern hatten sich total in Schale geworfen und sahen glücklich zu ihr hoch. 
Das ganze spielte sich in einem alten Innenhof in New Orleans ab. Die laue Abendsonne warf ihre goldenen Strahlen über eins der Dächer in den Hof und zauberte eine tolle Atmosphäre.
Liza und ich standen auf eine Art Treppenabsatz. Vor uns stand ein großer, dünner Mann, der uns verheiratete.

Im Großen und Ganzen gefiel mir meine Fantasie total. Doch das Problem mit dem Eingangslied hatte ich immer noch nicht gelöst.
Langsam schlug ich die Augen wieder auf und lauschte dem Quartett unten auf der Straße, die eine wunderschöne Version von 'In my Blood' spielten.
Es war dramatisch und gleichzeitig gefühlvoll. Um es kurz zu machen, es hörte sich perfekt an.

Ich versuchte mir es vorzustellen, wie Liza zu  diesem Lied auf mich zu kam. Wie sie strahlte, heller als die Sonne.
Unwillkürlich musste ich breit grinsen, denn eine Gänsehaut kroch über meine Arme.
Ja, das war es, was ich gesucht hatte.

Augenblicklich sprang ich auf und jagte aus der Wohnung, hinunter auf die Straße. Es war mir gleich, ob mich jemand erkannte, ich wollte genau dieses Quartett für meine Hochzeit.

Die drei Typen und die junge Frau staunten nicht schlecht,  als ich ihnen von meinem Plan berichtete. Sie waren sogar ziemlich überrumpelt, als ich in einem labbrigen T-Shirt, schwarzer Short und zerzausten Haaren vor ihnen stand. 
Verdatter musterten die vier mich.
Doch am Ende bekam ich was ich wollte und ging glücklich zurück in die Wohnung. Davor tauschte ich mit Bill, dem Leader noch Nummer aus, damit wir genaueres noch besprechen konnten.

Später, am Nachmittag kündigte sich Jackson an, der nach der Schule noch vorbeikommen wollte.
Dass ich keine Abschluss hatte, störte ihn weniger. Es war eher ein Ansporn besser als ich zu sein, auch wenn ich für diesen Umstand nicht viel konnte.

Gemeinsam saßen wir auf dem Balkon, unterhielten uns und kippten einen Eistee nach den anderen in uns rein.
"Bist du aufgeregt?", fragte er dann und sah mich über den Rand seines Glases an. Kurz sah ich in den Himmel.
"Ich weiß nicht", gestand ich und betrachtete eine dünne Wolke, die einsam über den Himmel zog.
"Ich meine, eigentlich brauche ich keine Angst haben, Liza plant ja alles genau. Aber trotzdem habe ich Angst".
Die Wolke löste sich langsam auf, verschwand einfach, als hätte es sie nie gegeben.
Jackson nahm einen letzten Schluck und stellte das leere Glas neben seinen Stuhl auf den Boden. Er war so erwachsen geworden und überragt mich um gute zehn Zentimeter.
Seine dunkeln Augen trafen meine.
"Wovor hast du Angst?". Fragend sah er mich an. Das war eine gute Frage.
"Das es nicht halten wird". Jackson lachte auf.
"Grace, ihr habt so viel durchgemacht. Ihr seid das stärkste Paar das ich kenne".
Ich lächelte matt.
"Nein, Liza ist die starke von uns. Sie muss mich immer auffangen, wenn ich nicht mehr kann. Aber wann bin ich da um sie aufzufangen?", sagte ich und drehte meinen Ring am Finger herum.
"Ich verstehe, was du meinst. Ethan hat mich auch immer an der Backe gehabt, aber er hat sich dafür entschieden. Genauso wie sich Liza für dich entscheidet".
"Jackson, du warst ein kleines Kind, ich rede hier von einer Erwachsenen Frau".
Er verdrehte die Augen und verstärkte die Arme vorm Körper.
"Nein. Es geht um pure Liebe. Glaubst du er hätte mich aus reinem Hass mitgenommen? Er hat mich beschützt und großgezogen".

Ich schnaubte und kratzte mich am Kinn.
"Ich hasse dich dafür", maulte ich und funkelte ihn wild an.
Doch er grinste nur schadenfroh.
"Weil ich recht habe?". Kurz nickte ich und stand auf.
"Noch Eistee?", fragte ich dann und hob sein Glas auf. Er bejahte, woraufhin ich in der Küche verschwand.
In der Wohnung war es angenehm kühl und nicht so brütend heiß wie draußen.
Doch ich mochte diese dampfenden Hitze. Es war angenehmer als die staubtrockene in Los Angeles die einen beinahe umbrachte. In New Orleans war alles irgendwie besser. Vielleicht auch weil es mein Zuhause war, mein Zufluchtsort.
Nie im Leben würde ich zurück nach Custer gehen.

Schwungvoll füllte ich unsere Gläser auf und ging zurück auf den Balkon.
Jackson hatte die Beine auf das hohe Geländer gelegt und sah auf sein Handy.
"Na dir geht's gut, oder?", fragte ich grinsend und hielt ihm sein Glas hin.
"Total, ich bin im Paradies", meinte er. Im selben Moment klingelte mein Handy, das im Büro auf meinem Klavier lag. Über den Balkon, der an der ganzen Fassade entlang führte, betrat ich das Büro und griff nach dem Telefon.

"Was gibt's Bri?", fragte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Gehören dir großen Füße?". Sie klang aufgeregt, doch ihre Frage verwirrte mich.
"Was meinst du?". Sie lachte los.
"Schau mal auf die Straße runter, vielleicht steht da jemand, den du kennst". Bei diesen Worten drehte ich mich auf dem Absatz um und lief auf den Balkon. Unten auf der Frenshmen Street stand sie und grinste zu mir rauf.
"Was ist denn?", fragte Jackson und stand schnell auf.
"Bri!", rief ich und stürmte zur Tür. Ich hatte sie gefühlt hundert Jahre nicht mehr gesehen. Eigentlich hatte sie ja Urlaub, solange die Band Pause machte.

Ungehalten rannte ich die alte Treppe nach unten und ins Freie hinaus.
Strahlend breitete sie die Arme aus und schloss mich in eine enge Umarmung.
"Was machst du denn hier, ich dachte du wolltest nach Hawaii?", fragte ich atemlos.
Grinsend sah sie mich an. Ihr Haut wirkte wie von der Sonne geküsst und sie sagte: "Ach weißt du, ich kann nicht auf einer Insel sitzen und nichts tun, wenn meine Freundin heiratet. Und außerdem gab es da nur alte Typen. Absolut nicht mein Beuteschema".

Das war so typisch für sie. Nie konnte sie auch nur eine Stunde rumsitzen und nichts tun. Während ich sie in unsere Wohnung führte, redete sie weiter.
"Und ist das Kleid schon gekommen, ich bin ja so gespannt wie alles zusammen aussieht". Nickend öffnete ich die Tür und lies sie rein.
"Genau so habe ich es mir vorgestellt".
Ihre dunklen Augen wanderten durch das Wohnzimmer und blieben dann bei Jackson hängen der in der Balkontür stand.
Sofort grinste sie.
"Das ist mein kleiner Bruder, Jackson", stellte ich sie vor. Doch Bri stand wie angewurzelt da. Erst als ich ihr einen leichten Strom in die Rippen gab, rührte sie sich.
Unbeholfen räusperte sie sich und lief rot an. Jackson grinste nur.
"Willst du Eistee?", fragte er dann und ging langsam in die Küche.
"Gerne". Bri war wie ausgewechselt. Wie eine bekloppte grinste sie.
"Ihm gehören übrigens auch sie großen Füße", sagte ich und drückte sie langsam Richtung Balkon. Sobald sie saß beugte sie sich zu mir.
"Wie alt ist er?", flüsterte sie und biss sich auf die Unterlippe.
"19 glaube ich". Ich hatte wirklich keine Ahnung.
Jackson kam mit einem neuen Glas zu uns und reichte es ihr. Wieder grinste sie breit.
Jackson setzte sich einfach auf den Boden und begann eine ungezwungene Konversation. Eins seiner Talente. Er konnte einfach über alles ein Gespräch führen ohne das es gestellt und unangenehm wurde.

Doch Bri beruhigte sich die ganze Zeit nicht mehr. Und auch mein kleiner Bruder schien ganz angetan von meiner Assistentin.



Freunde der Sonne und des Mondes.
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Lasst mir gerne eure Meinung da und auch gerne einen Vote. Danke fürs Lesen.

LG todeskind <3

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