Kapitel 4

Freya und ich treffen uns am Samstag schon um 8 Uhr morgens, direkt zur Öffnung der Eislaufhalle. So früh hat man manchmal alles für sich alleine.

Leicht nervös schaue ich ihr kurz in die Augen und gucke dann wieder weg. Weil ich nicht weiß was ich machen soll, streiche ich mir die Haare hinters Ohr und frage dann: „Also... Wollen wir?"
„Ja- Klar", sagt Freya. Sie streicht sich auch die Haare zurecht und dann gehen wir zusammen durch den Eingang.

Auf der Fläche selbst vergesse ich meinen Alltag und auch ansonsten alles um mich herum. Wenn ich über das Eis gleite, fühle ich mich jedes Mal so frei, als würde ich fliegen.
Zuerst drehen wir ein paar Runden um warm zu werden, dann laufen wir zusammen schneller durch die Halle und drehen ab und zu kleine Pirouetten.
Es macht unglaublich großen Spaß, tausend Mal mehr, als alleine zu laufen. Obwohl ich auch das schon liebe. Ich habe wieder dieses Kribbeln im Bauch, aber viel stärker als jemals zuvor. Ich bin so glücklich, dass ich einfach loslachen könnte, wenn ich wollte.

Ich beschleunige mein Tempo ein wenig und muss unwillkürlich grinsen, als Freya nach meiner Hand greift.
„Sorry, mir ist nur etwas schwindelig von eben", sagt sie verlegen.
„Keine Sorge, ich pass schon auf dich auf!", sage ich lachend und spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. Wir bremsen ab, sodass wir direkt nebeneinander stehen. Freya wird auch rot, dreht den Kopf leicht weg und zieht ihre Hand zurück.

Als sie wieder aufblickt, treffen sich unsere Blicke und ich sehe direkt in ihre strahlend grünen Augen. Sie sind so wunderschön...
Ich fühle mich, als würde es nur noch uns beide auf der Welt geben. Innerlich explodiere ich beinahe vor Glück. Ohne darüber nachzudenken, falle ich Freya in die Arme und halte sie fest umschlungen. Nie wieder will ich sie loslassen.
Ich spüre ihren warmen Atem in meinem Nacken. Wenn nicht jetzt, wann dann? Es ist zu perfekt um wahr zu sein.

„Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss", flüstere ich. „Ich... liebe dich."
„M-meinst du das ernst?", fragt Freya in einem Tonfall, den ich nicht deuten kann. Ich habe keine Ahnung, ob sie einfach nur überrascht ist, oder selber in jemand anderen verliebt und jetzt schockiert ist.

Was, wenn ich gerade unsere Freundschaft zerstört habe?
Die Eishalle verschwimmt vor meinen Augen. Ich bin plötzlich nicht mehr glücklich, sondern so verletzt, als würde mein Herz zerbersten.

Freya lässt mich los und drückt mich etwas von sich weg. Und ich dachte, sie würde vielleicht das gleiche für mich empfinden wie ich für sie! Wie konnte ich nur so dumm sein?
Ich kann meine Tränen kaum noch halten und spüre, wie die erste schon über meine Wange läuft. Ich kann Freyas Gesicht nicht erkennen, aber sie kann mich nicht lieben, immerhin hat sie mich gerade von sich weggestoßen! Meine Unterlippe fängt an zu flattern und nur mit Mühe schluchze ich nicht auf. Es war so klar, dass das passieren würde.
Ich will mich gerade umdrehen und einfach nur wegrennen, als etwas gänzlich unerwartetes passiert.

Freya zieht mich wieder zu sich heran, aber diesmal nicht in eine Umarmung, sondern zu einem Kuss. Sie hat ihre Hände an meinen Hinterkopf gelegt und drückt ihre Lippen sanft auf meine. Ich bin im ersten Moment verwirrt, dennoch erwidere ich den Kuss.
Es ist mir egal, was die anderen hier denken, ich liebe Freya und das ist unsere Sache. Ich schlinge meine Arme wieder um sie und schließe meine Augen. Mein Herz schlägt so wild wie noch nie und die Schmetterlinge in meinem Bauch sind nun mehr wie ein Feuerwerk.
Bis jetzt ist das bestimmt der beste Moment meines Lebens.

Als wir uns wieder voneinander lösen, fühle ich mich durcheinander und emotional erschöpft, aber auf eine schöne Art. Trotzdem habe ich noch so viele Fragen.
„Ich- ich liebe dich auch", sagt Freya vorsichtig. Ich muss aus meiner Überforderung heraus kichern und sie stimmt ein.
Dann werde ich wieder ernst.
„Warum hast du mich dann eben weggestoßen? Ich dachte für einen Moment, ich hätte alles kaputt gemacht und du würdest mich hassen..."
„Nein!", sagt Freya mit einem verzweifelten Unterton. „Ich war mir nicht sicher, ob du es ernst meinst, ich wollte dein Gesicht sehen. Und dazu musste ich mich aus deiner Umarmung lösen. Tut mir leid. Ich wollte dich nie verletzen!"
Diesmal ist es Freya, die mir in die Arme fällt und mich fest hält.

Meine Gefühle brennen komplett mit mir durch und ich weiß plötzlich nicht gar nicht mehr, was ich spüre. Es ist fast schon schlimmer als meine Stimmungsschwankungen während der Periode.
Wir stehen noch mindestens eine Minute da und halten uns in den Armen, nachdem wir uns schon größtenteils beruhigt haben. Ich genieße das Gefühl der Geborgenheit und Liebe. Die Luft um uns herum ist kalt, aber Freya ist so schön warm. In Hintergrund läuft Musik und man hört vereinzelt entfernte Gespräche, aber Freya ist so schön ruhig und friedlich.
Und so verständnisvoll, so nett, so wunderhübsch. Sie ist einfach liebenswert.

Schließlich bricht sie das Schweigen: „Wollen wir vielleicht noch ein paar Runden drehen?"
„Gerne", sage ich und löse mich sanft.

Hand in Hand laufen wir über das glatte Eis. Es fühlt sich immer noch alles so unwirklich an, als würde ich es nur träumen. Ich bin so glücklich, dass mich fühle, als wäre ich wirklich im siebten Himmel, wie es immer so schön heißt. Es ist, als würde mich ein Schleier aus Freude umgeben, der alles um uns beide herum abdämpft.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich so schnell jemanden finden würde, der meine Liebe erwidert. Und dann auch noch jemanden so perfektes wie dich", sage ich leise zu ihr, während wir uns gerade in die Kurve legen.

***

Als ich um 14 Uhr wieder Zuhause ankomme, gehe ich direkt in mein Zimmer und greife mein Tagebuch. Ich kann noch immer nicht fassen, was da vor ein paar Stunden passiert ist. Am liebsten würde ich zeichnen, um meine Gefühle herauszulassen, aber darin bin ich nicht sonderlich gut. Ich habe es schon häufig versucht und hatte meistens ein klares Bild vor Augen, aber letzten Endes bin ich von meinen Kritzelein dann doch nur enttäuscht. Zum Glück gibt es Wörter, damit lassen sich meine Empfindungen und Gedanken leichter ausdrücken.

Ich fange damit an, schlichtweg zu beschreiben, was ich empfunden habe. Meine Aufregung, dann wie verletzt ich war und zum Schluss die unendliche Erleichterung und Liebe. Ich schreibe darüber, wie alles um uns beide herum verblasst ist und plötzlich alle Sorgen der Welt unwichtig schienen und verpacke alles inMetaphern und schönen Reimen.
Freya gibt mir ein nie da gewesenes Gefühl von Schutz. Bei ihr fühle ich mich sicher. Und ich weiß, dass sie immer für mich da sein wird, genau wie ich für sie.

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