Kapitel 15

Niklas' PoV

Sieben mal schlug die lächerliche Kuckuksuhr im Wohnzimmer und brach damit die Stille in der Wohnung. Niklas' Mutter hatte die Uhr letztes Jahr gekauft, weil sie das Stück Kitsch angeblich wunderschön fand. Er hingegen war ausschließlich genervt von dem kleinen Holzvogel, welcher stündlich von dumpfem Läuten begleitet aus dem Haus schaute.

Seufzend zog er seinen Collegeblock aus dem Rucksack und schlug ihn auf, um sich an die Hausaufgaben zu machen.
Doch auf der ersten Seite lag lose die Zeichnung aus dem Chemieunterricht vor ihm und blickte ihn stumm an. Sofort musste er an die letzte Woche denken.

Er war sich selbst nicht vollständig sicher, weshalb er Louis während Ethik als schwul bezeichnet hatte, zumindest sagte er sich das - sicher war nur, dass es ein Fehler gewesen war.
Zwar wusste Niklas nun, dass Louis wirklich schwul war, doch was hatte dabei verloren? Louis gesamtes Vertrauen in ihn, sofern es denn vorher existiert hatte?

Welchen Grund hatte er gehabt, war es, um die Unsicherheit über seine eigenen Gefühle zu überspielen?
Gar nicht so unwahrscheinlich.
Es war einfach so über seine Lippen gekommen, aus Emotionen heraus die er selbst kaum benennen konnte.

Ohne es beabsichtigt zu haben, kreisten seine Gedanken immerzu um die gleichen Fragen. Er würde diese sicher nie laut aussprechen, doch... War er vielleicht wirklich schwul?

Nein, dass konnte nicht sein. Nur, weil er Schuldgefühle wegen Ethik hatte, bedeutete das noch lange nicht, er würde verliebt sein, bestimmt waren es rein platonische Gefühle, wenn überhaupt. Er wartete sowieso nur auf die Richtige. Und selbst wenn - falls - er, rein hypothetisch, Gefühle hätte, so hieße das doch auch nicht, dass er zwangsläufig schwul sei. Schließlich war doch jeder ein bisschen bi. Und jeder hatte doch so eine Phase, mit vierzehn oder fünfzehn Jahren.

Das sagte er sich, schon seit etlichen Monaten. Er konnte sich kaum auf etwas konzentrieren, abgesehen von den ewigen Zweifeln über seine Gefühle. Was war er?

Er schüttelte den Kopf, um die Gedanke zu vertreiben und wandte sich von der Zeichnung auf seinem Schreibtisch ab. Louis konnte ihm gestohlen bleiben.

Warum, warum würdest du Louis denn zeichnen, wenn er dir egal wäre, hm?, schoss es ihm durch den Kopf.
Aus Langeweile. Weil er halt ganz nett aussah. Um zeichnen zu üben. So viele mögliche Gründe, vielleicht auch, um es ihm zur Entschuldigung zu geben. Nein, das war albern. Im Prinzip wusste er ja die Wahrheit, nur hoffte ein Teil ihn ihm, es würde nicht so sein.

Ein Laut der Verzweiflung verließ seine Lippen und er ließ sich rücklings auf das Bett fallen. Es konnte so nicht weitergehen, es musste mit jemandem reden. Seine Vernunft sagte ihm klar und deutlich, dass er am besten Louis alles erklären sollte, denn es würde alles aufklären und zu verlieren hatte er nicht mehr wirklich etwas. Andererseits war er sich nicht sicher, ob er schon bereit dafür sei.
Warum musste all das passieren und dann auch noch ausgerechnet ihm?

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