H - Kann ich zu ihm?
Zayn warf mir einen strafenden Blick zu. "Niemandem ist etwas passiert, Harry. Ich wette mit dir, er wurde aufgehalten. Er kommt gleich, wart's nur ab!" sagte er sanft und ich nickte leicht, setzte mich auf die Treppenstufe vor Louis' Hauseingang und wippte nervös mit dem Bein auf und ab. Zayn ließ sich neben mich fallen und strich mir über den Oberschenkel.
"Bleib ruhig", mahnte er mich liebevoll.
Schnaubend sah ich ihn an. "Er ist abgehauen, Zayn." Ich blickte zu Boden. "Ich wusste, dass etwas schief geht. Ich habe mich mit Louis noch so viel besser gefühlt als mit Tristan", gab ich leise zu. "Das kann nicht gut ausgehen."
"Was meinst du damit, es kann nicht gut ausgehen? Ihr zwei seid verknallt ineinander! Natürlich geht das gut aus!" rief er aus und ich zuckte mit den Schultern und nahm erneut mein Handy, prüfte noch einmal, ob ich verpasste Nachrichten hatte, doch da war nichts.
"Soll ich ihn nochmal anrufen?" fragte ich leise und unsicher.
Zayn nickte. "Ja, ruf ihn an. Wenn er sich irgendwo verquatscht hat, dann machst du ihm die Hölle heiß. Wir sitzen hier schon eine gefühlte Ewigkeit, das geht gar nicht!" regte er sich auf und ich warf ihm einen Blick zu.
"So ist er nicht."
Mein bester Freund nickte, zeigte auf das Handy. "Ruf ihn an, Haz."
Ich nickte sofort, ehe ich leise seufzte und Louis erneut anrief, das Herz klopfte mir bis zum Hals. Das Freizeichen stoppte.
"Wright?"
Ich stockte und riss die Augen auf, sah zu Zayn, dessen Blick sofort fragend wurde.
"Äh, hallo, hier ist...Harry. Ist...ist Louis da?" fragte ich eingeschüchtert und leise, biss mir auf die Lippe. Ein fremder Mann am Telefon war nie ein gutes Zeichen, so viel war sicher.
"Scheiße, man! Gott sei Dank! Harry, ich bin's Oli!" rief der nun nicht mehr ganz so Unbekannte und ich setzte mich automatisch aufrechter hin.
"Oli? Wo ist Lou?"
Kurz war es still in der Leitung, dann ertönte ein Rascheln. "Wir sind im Doncaster Royal Infirmary, kannst du herkommen?" fragte er mich.
Alles Blut wich mir aus dem Gesicht und ich blinzelte einen Moment. "Das ist doch ein Krankenhaus", hauchte ich kaum hörbar.
"Komm einfach her, ich hole dich am Eingang ab, okay?" antwortete Oli kryptisch und legte auf, noch bevor ich etwas erwidern konnte.
Ich stand auf und steckte das Handy weg. "Wir müssen zum Krankenhaus, Louis ist im Krankenhaus. Wir müssen da hin! Zayn!" rief ich panisch aus, während mein bester Freund ebenso aufsprang und mich am Arm festhielt. Der Schwarzhaarige sah mir in die Augen, doch ich schob die Hand weg und sah mich hektisch nach einem Taxi um.
"Zayn, los!" rief ich ungeduldig und als ich ein Taxi fahren sah, sprang ich auf die Straße und wäre beinahe unter den Rädern gelandet. Zayn zog mich im letzten Moment zurück.
"Jetzt atme mal kurz durch!" fuhr er mich an, dann winkte er das Taxi heran und wir stiegen ein. Ich zitterte am ganzen Körper, während Zayn das Ruder übernahm und dem Taxifahrer unser Ziel nannte. Dann drehte er seinen Körper zu mir und nahm meine Hände in seine.
"Atmen, Haz. Wer war das am Telefon und was hat er gesagt?" wollte er wissen.
Ich atmete zittrig ein und aus. "Das war sein bester Freund, Oli. Er ist ans Telefon gegangen, er hat gesagt sie sind im Krankenhaus", antwortete ich kurz und knapp. Mehr Informationen hatte ich schließlich auch nicht, denn Oli schien nicht sonderlich gesprächig zu sein. Vermutlich stand es schlimm um Louis.
"Oh mein Gott, Zayn, es wiederholt sich!" rief ich mit einem Mal aus, Zayn drückte meine Hände sofort. "Nichts wiederholt sich, Haz. Er ist im Krankenhaus, ja, aber wir wissen absolut nicht, was passiert ist. Vielleicht hat er sich was gebrochen, sicherlich geht es ihm halbwegs gut!" versuchte er mich zu beruhigen, doch die Panik in mir stieg ins Unermessliche und ich war völlig neben der Spur. Ich hatte solche Angst davor gehabt, genau vor so etwas. Tristan war gestorben, was, wenn jetzt auch Louis sterben würde?
Meine Gedanken waren ein einziges Chaos und ich konnte überhaupt keine klaren Zusammenhänge treffen, stattdessen sank ich in Zayn's Arme und fing hemmungslos an zu schluchzen, während ich mich in seinen schwarzen Hoodie krallte, der stark nach seinem altbekannten Parfüm roch.
"Haz, komm schon", flüsterte er liebevoll. "Beruhige dich, du wirst ihn erschrecken, wenn du so aufgelöst da ankommst."
Ich schluchzte auf. "Wie lange noch?" hauchte ich.
Zayn fragte den Fahrer, welcher uns antwortete und uns sagte, dass die Fahrt noch circa fünf Minuten dauern würde. Und diese anschließenden fünf Minuten fühlten sich für mich an wie Stunden, die niemals vergehen wollten. Unser Taxi schlängelte sich geschickt durch den dichten Verkehr der Innenstadt, doch mir kam es so vor als wäre jede Ampel rot, als würden an jedem Zebrastreifen Passanten herübergehen, als wäre absichtlich Stau, nur damit ich nicht zu ihm kam. Zayn versuchte mich die ganze Zeit zu beruhigen, redete sanft auf mich ein, doch als das Taxi schließlich zum Stillstand kam, zahlte ich mit zittrigen Händen die Summe und sprang aus dem Wagen.
"Moment!" rief Zayn und hielt mich am Arm fest, ich sah zu ihm. "Was denn?" fragte ich ihn ungeduldig.
"Du musst schon auf mich warten", sagte er nur mit einem sanften Lächeln und wir eilten gemeinsam zum Eingang des Krankenhauses. Als wir näher kamen, sah ich bereits Oli an der Tür stehen, also ging ich geradewegs auf ihn zu.
"Oli!" rief ich und er erhob sich sofort, kam auf uns zu.
"Harry, hey. Gut, dass du da bist. Louis hat dich im Handy nicht als Harry eingespeichert und ich konnte ihn nicht fragen, sonst hätte ich dich angerufen!" sagte er und ich nickte leicht. In meinem Kopf blieb nur hängen, dass er Louis nicht fragen konnte. Das konnte nur bedeuten, dass er ohne Bewusstsein war. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken.
"Was ist mit ihm?" fragte ich zittrig.
"Louis hatte wohl einen Autounfall. Jemand ist von rechts auf die Kreuzung gebrettert und in Louis' Auto geknallt", antwortete er und wirkte ebenso besorgt wie ich. Seine Augen waren rot gerändert, die Haut gerötet von Stressflecken.
"Nein", hauchte ich leise und sah zum Eingang. "Kann ich zu ihm?"
Oli schüttelte den Kopf und schnaubte leise. "Sie lassen mich nicht zu ihm. Ich warte auf Lottie, die ist jeden Moment da. Sie musste Lucky noch vom Kindergarten abholen. Louis' Mom ist im Urlaub, doch sie ist auf dem Weg."
Ich nickte leicht und sah ihn flehend an. "Lebt er noch?"
Der Rothaarige sah mich betreten an. "Ich weiß es wirklich nicht, Harry."
Die Luft wich mir aus den Lungen und ich stützte mich an Zayn ab, legte die Hand vor meine Augen. Das war das Wichtigste, es war am wichtigsten, dass er noch lebte. Es war nicht wie bei Tristan, es war nicht der leblose Körper im Pool. Das musste ich mir einfach immer wieder sagen, sonst würde ich verrückt werden. Wenn ich Louis verlieren würde, dann wusste ich nicht, wie ich weitermachen sollte. Es war nicht auszudenken.
Zayn schloss die Arme um mich und lehnte die Stirn gegen meine Wange. "Es wird alles gut, Harry", flüsterte er und ich nickte leicht, kniff die Augen zusammen und blieb für einen Moment so stehen. Das hier war erneut ein Albtraum. Wieder stand ich vor dem Moment, dass ich einen geliebten Menschen verlieren würde. Könnte, berichtigte ich mich selbst. Ich könnte ihn verlieren. Noch war nichts sicher.
"Oli!" rief eine weibliche Stimme und ich richtete mich auf und sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Auf uns zu kam eine mir sehr wohl bekannte Blondine mit einem kleinen Jungen auf dem Arm, den ich auch kannte. Louis' Schwester Lottie eilte zu uns und sah Oli an.
"Wo ist er? Zu wem muss ich gehen?" fragte sie ihn ohne Umschweife.
"Ich bringe dich hin", antwortete er ganz schlicht und sie nickte, wollte los laufen, doch stoppte und sah zu mir. Als sie mich erkannte, riss sie die Augen auf.
"Harry, oder?" fragte sie und ich nickte. Sie legte die Hand auf meinen Arm und schenkte mir ein sanftes, besorgtes Lächeln. "Komm mit. Kommt alle mit!" forderte sie uns auf, nickte Zayn zu und wir gingen geschlossen in das Krankenhaus hinein.
Lottie sprach mit einem Arzt, während wir anderen wie gebannt warteten.
"Wer ist sie?" fragte Zayn und starrte Lottie neugierig an. Ich sah ihn an. "Louis' Schwester. Der Kleine ist sein Neffe, Lucky."
Er nickte. "Die Begegnung im Schwimmbad", erinnerte er sich, woraufhin ich wiederum nickte. "Genau, das war sie."
Zayn nickte und kurz darauf kam Lottie auf uns zu. "Ich weiß, wo er liegt. Kommt mit. Es ist in der zweiten Etage."
Ohne große Umschweife lief sie mit dem Jungen im Arm los und wir alle folgten ihr. Der Kleine sah zu mir und fing an zu lächeln, zeigte auf mich. "Harry!" rief er.
Überrascht blinzelte ich und Lottie sah zu mir. "Louis zeigt ziemlich viele Fotos von dir, er ist sehr stolz auf euer Kennenlernen."
Automatisch wurde mir warm ums Herz. Louis war stolz auf uns, er zeigte mich stolz seiner Familie. Eine Welle Liebe strömte durch meinen Körper und ich sah zu Zayn, der mich wissend anlächelte. Das musste doch etwas bedeuten.
Als wir ankamen, gab Lottie ohne zu fragen Lucky in die Arme von Oli, der sie fragend ansah. "Onkel Oli passt kurz auf dich auf, ja?" sagte sie lächelnd zu Lucky und küsste dessen Wange, ehe sie mich ansah.
"Ich geh da ohne dich nicht rein, okay? Na komm!" sagte sie sanft.
Überrascht nickte ich und folgte ihr sofort zum Zimmer. Ehe sie die Tür öffnete, sah sie mich an. "Schade, dass wir uns offiziell so kennenlernen und nicht, wie Lou es geplant hat", bemerkte sie und öffnete die Tür.
Ohne ihr zu antworten folgte ich ihr in das kleine Zimmer, stockte leicht, als der Blick auf das Krankenbett frei wurde und ich Louis darauf liegen sah. Ich versteifte mich sofort.
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