H - Ich habe einen Oli

Wir lagen eine ganze Weile einfach nur auf der Couch und ich genoss die Ruhe, die Louis mit seiner bloßen Anwesenheit in mir auslöste. Ich wusste nicht, wie er das machte. Zusätzlich dazu fühlte ich mich besser, freier. Jeder hatte mir geraten, einen Abschluss zu finden, doch ich hatte nie auf sie gehört, hatte nie den Mut gehabt.
Ich konnte nicht leugnen, dass auch Louis ein Auslöser dafür war, dass ich mich nun wirklich verabschiedet hatte. Er war der erste Mann nach Tristan, den ich interessant fand. Mehr als interessant. Gedankenversunken sah ich hoch zu ihm und musterte sein Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen, seine Hände lagen ganz ruhig um meinen Körper und er atmete tief ein und aus. Seine langen Wimpern fielen wie ein Fächer über seine Haut und ich spürte ganz kurz den Drang, sie zu berühren.

„Wirst du mich eigentlich immer beobachten, wenn du denkst, dass ich schlafe?" fragte er plötzlich grinsend und ich wurde rot und schmunzelte.
„Weiß ich noch nicht. Wirst du immer so schön sein, wenn du schläfst?" antwortete ich leise.
Er öffnete die Augen überrascht und sah mich einen Moment sprachlos an. „Was für ein besonderes Kompliment. Das nehme ich gern an", antwortete er schließlich und küsste meine Stirn.
Ich lächelte und hob den Kopf ein wenig an. „Fühlt es sich für dich komisch an? Jemanden bei dir zu haben, dessen Herz auch für jemand anderen schlägt?"
„Wie bitte?" hakte er nach.

Unsicher sah ich ihn an und nickte leicht. „Beantworte bitte einfach die Frage", bat ich ihn und er nickte. „Tut es nicht, nein. Tristan wird immer einen Platz in deinem Herzen haben, du wirst ihn immer lieben. Damit konkurriere ich nicht. Ich wäre ziemlich bescheuert, wenn ich das nicht verstehen würde, oder?"
Augenblicklich setzte ich mich ein wenig auf und kam ihm näher. Er lächelte mich an und ich nickte. „Ich möchte gerne noch etwas sagen."
Louis lachte leise und nickte. „Du kannst so viel sagen, wie du willst, das weißt du, oder?" fragte er und strich mir durch die Haare, sah mir aufmerksam in die Augen.
„Du hast mir sehr gefehlt, nach Italien. Es tut mir leid, dass ich einfach verschwunden bin. Dass du in mich verliebt bist, hat mir Angst gemacht im ersten Moment. Ich bin nach Hause zu meiner Schwester gefahren, sie hat mich abgeholt vom Flughafen. Sie hat mir auch noch einmal gesagt, dass ich endlich einen Abschluss brauche und aufhören muss, mich zu quälen", erklärte ich ihm. Es war mir wichtig, dass er wusste, dass es mir leidtat. Er musste wissen, dass er mir wichtig war.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Jeder bekommt mal Angst. Ich auch. Gut, ich verlasse nicht gleich ein Land, zugegeben." Er lachte und ich stimmte ebenso ein, schüttelte den Kopf amüsiert. Dann legte er die Hand an meine Wange und blickte mir in die Augen.
„Macht es dir noch immer Angst?" flüsterte er ruhig. Sein Blick wurde ganz intensiv und ich konnte meinen nicht abwenden, war wie gefangen von seiner Wirkung. Langsam schüttelte ich den Kopf. „Nein, gar nicht", sagte ich leise zurück.
Wir beide fingen gleichermaßen an zu lächeln und in meinen Magen wurde es warm, während ich mich ihm immer mehr näherte und den Abstand zwischen uns so verkleinerte. Er kam mir entgegen und wir stoppten unsere Bewegungen, kurz bevor unsere Lippen sich berührten.
„Du hast mir auch gefehlt", wisperte er, ehe er die kaum noch vorhandene Lücke zwischen uns schloss und seine Lippen sanft auf meine legte.

Augenblicklich explodierte in mir ein Feuerwerk und eine Gänsehaut nahm jeden Zentimeter meines Körpers ein, während er über meine Wange strich und ich die Hand auf seine Brust, an die Stelle, wo sein Herz war, legte. Louis seufzte leise und zog mich mehr an sich, also lehnte ich mich halb auf ihn. Mein ganzer Körper füllte sich mit Wärme und ein Gefühl von längst vergessener Zufriedenheit schlich sich ein, während mein Herz immer schneller raste.

Das Klingeln meines Handys unterbrach die besondere Stimmung und ich seufzte leise, als Louis sich augenblicklich von mir löste. „Das ist bestimmt deine Schwester", sagte er amüsiert und ich lachte leise und nickte, fischte mein Handy aus der Tasche und sah auf das Display.
„Oh, nein ist sie nicht", sagte ich und nahm den Anruf an. „Hey, Zaynie!"
Ich löste mich etwas von Louis, da es mir seltsam vorkam, halb auf dem Schoß eines Mannes zu liegen, während ich mit meinem besten Freund telefonierte.
„Wo zur Hölle bist du? Ist alles okay?" rief er ganz aufgebracht und ich verzog leicht das Gesicht aufgrund der Lautstärke. Louis hob eine Augenbraue und sah irritiert zu mir.
„Zaynie, entschuldige. Der Tag ist etwas anders gelaufen als geplant. Ich wollte mich bei dir melden, ich war am Grab", erklärte ich ihm sofort reumütig und biss mir auf die Lippe.
„Du warst wirklich da?"

Ich nickte leicht.
„Nickst du gerade? Du weißt, das ist kein Videoanruf?" fragte er nach und ich musste leise lachen. „Ja, ich habe genickt. Ich war bei Tristan und habe mich verabschiedet", antwortete ich ihm.
„Wie ist es gelaufen?" Zayn's Stimme war ruhiger geworden und ich konnte die Besorgnis deutlich heraushören. Ich legte mich ein wenig mehr zurecht und bettete meinen Kopf auf Louis' Schulter ab, ehe ich ihm antwortete.
„Schwerer als gedacht, aber dann ist etwas Großartiges passiert", sagte ich leise.
Zayn wurde hellhörig. „Und was?"
Ich sah zu Louis, der mich sanft anlächelte. „Louis stand plötzlich da und hat mich aufgefangen."
Am anderen Ende der Leitung war es einen Moment lang still. „Äh, er stand einfach da? Am Grab? Harry, wo bist du gerade? Ist er ein Stalker, muss ich mir Sorgen machen? Bist du in Gefahr?" rief er so laut, dass ich das Handy ein Stück vom Ohr weghielt.

Louis riss erschrocken die Augen auf und ich konnte nicht anders als lauthals zu lachen.
„Lachst du gerade?!" fragte Zayn völlig entgeistert.
„Ja!" antwortete ich und atmete tief durch, während das Lachen langsam abklang. „Kein Stalker, mach dir keine Sorgen. Ich bin gerade bei ihm", fügte ich schnell hinzu.
„Okay, du weißt, ich muss mir ein Bild machen, oder?"
„Von Louis? Ich kann dir eins schicken", antwortete ich trocken.
„Harold!" mahnte Zayn und ich lachte leise. „Ihr werdet euch sicherlich kennenlernen, davon gehe ich aus. Mach dir keine Sorgen, ja?" Ich sah zu Louis, der mich amüsiert beobachtete. „Du bist kein Stalker, richtig?" fragte ich ihn.
„Nein, den Job habe ich an den Nagel gehangen, ich habe eine Allergie gegen Büsche!" antwortete er trocken und ich konnte nicht anders als zu lachen.
„Falls das ein Witz sein sollte, dann war er unglaublich beschissen", sagte Zayn missmutig.

Nun lachte ich noch mehr und es fühlte sich gut an, so befreit sein zu können. Es war lange her, dass ich so ausgelassen war und egal wie schlecht Louis' Witze waren, ich wollte, dass er niemals mehr damit aufhörte, sie zu reißen.
„Ich würde jetzt gerne auflegen, ist das okay?" fragte ich meinen besten Freund nach einer Weile.
„Nur, wenn du dich immer mal meldest, ein Ausrufezeichen in WhatsApp reicht mir!"
„Du willst Lebenszeichen gesendet bekommen? Zayn, er wird mich nicht umbringen!" meckerte ich amüsiert.
„Keine Widerrede!" entgegnete er. Zayn ließ nicht mit sich reden und so versprach ich ihm stündliche Meldungen, ehe ich schließlich auflegte und das Handy weglegte. Amüsiert sah ich zu Louis. „Ich habe einen Zayn."

„Du hast also einen Zayn?!" antwortete er lachend, ließ mich schmunzeln und ich nickte kräftig.
„Er ist mein bester Freund. Schon seit Kindertagen. Er passt auf mich auf."
Louis grinste und zog mich in seine Arme, drehte uns auf der Couch so geschickt, dass er nun halb auf mir lag und küsste meine Nasenspitze.
„Jeder braucht so einen Zayn", flüsterte er und hauchte einen Kuss auf meine Lippen.
„Hast du auch einen?" fragte ich leise, küsste ihn erneut, diesmal ein wenig länger, bis er den Kuss wieder unterbrach.
„Ich habe einen Oli", antwortete er schlicht und verband unsere Lippen wieder miteinander, wurde ein wenig fordernder und unser Gespräch war damit offiziell beendet. Er ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten und seine Hand fuhr in meine Haare, während wir uns immer fordernder küssten. Meine Arme schlangen sich um seinen Körper und er rutschte ein Stück höher, lag so nun vollständig auf mir und biss sanft in meine Unterlippe. Ich seufzte leise auf und wir öffneten gleichzeitig unsere Augen und sahen uns an.
„Ich muss heute noch arbeiten. Hast du Lust, dir meine Bar mal anzuschauen?" fragte er leise, die Stimme wieder so sanft-rauchig, wie Honig. Ich könnte diesem Mann niemals etwas abschlagen, wenn er so eine Stimme und so ein gewinnendes Lächeln hatte.
„Sehr, sehr gern. Ja."  

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