H - Capri

Wir spielten eine Weile Volleyball und ich fing an, immer ausgiebiger zu lachen. Louis hatte es sich zur Aufgabe gemacht, der Spieler mit den dramatischsten Fällen zu werden, sodass er sich unter "angestrengtem" Stöhnen regelmäßig ins Wasser fallen ließ, nur um dann in der attraktivsten Weise daraus wieder herauszukommen, die ich jemals gesehen hatte. Das ein oder andere Mal versaute ich deshalb die Angabe deshalb.
Niall stieß mir bei der letzten in die Seite und warf mir einen wissenden Blick zu, während er grinsend aus dem Wasser ging. 
"Ich bin fertig für heute! Außerdem fahren wir doch auf diese Insel, oder?" fragte er. 
"Insel?" fragte Louis verwirrt. 
Ich lachte auf. "Hast du dir den Plan eigentlich durchgelesen?" zog ich ihn auf, woraufhin er lachend den Kopf schüttelte. "Ich weiß nicht einmal, was ich heute essen werde, als ob ich mir irgendeinen Zeitplan durchlesen würde!" 

Schmunzelnd sah ich auf meine Armbanduhr. In einer halben Stunde war Abfahrt, was ich mit Erschrecken feststellte. 
Mit einem Mal legte sich eine Hand um mein Handgelenk und Louis trat nah an mich heran, den Blick auf die Uhr an meinem Arm gerichtet. Die Berührung seiner Finger auf meiner Haut ließ mich für eine Sekunde erschaudern, überrascht sah ich ihn an. 
"Eine schöne Uhr", bemerkte er und war so nah an mir, dass ich mir sicher war, er könnte meinen Atem an seinem Nacken spüren. 
"Danke", sagte ich etwas atemlos. 
"Wofür steht das T?" fragte er und holte mich damit innerhalb einer Millisekunde zurück in die Realität. 

Blinzelnd ging ich einen Schritt zurück. 
"E-Es...das..." stammelte ich und atmete einen Moment durch. "Tristan", antwortete ich schließlich und Louis sah mich fragend an. "Und wer ist Tristan?" 
Ich blickte auf die teure Uhr an meinem Handgelenk, ein Geschenk zur Verlobung, denn ein Ring war ihm zu kitschig gewesen. Auf dem Ziffernblatt war H&T - Always eingraviert worden, auf der Rückseite unser Kennenlerndatum. 
Mein Puls schoss in die Höhe und ich schüttelte den Kopf, sah Louis flehend an.
"Bitte nicht", flüsterte ich. Sein Blick wurde verwirrt und er nickte leicht. 
"Ich gehe mal, ja? Wir sehen uns im Bus?" fragte er und lächelte mich an, also nickte ich sofort und schluckte. "Bis gleich", antwortete ich kaum hörbar.
Er strich mir noch einmal über den Arm, ehe er sich umdrehte und ging. Gerade wollte ich erleichtert ausatmen, da drehte Louis sich um und musterte mich einen Moment. 
"Wo hast du dich bloß versteckt?" fragte er, ehe er gleich darauf in Richtung Hotel verschwand. 

Ich atmete hörbar aus und sah auf das Wasser, schüttelte leicht den Kopf. 
"In der Dunkelheit", murmelte ich als Antwort, ehe ich mich ebenfalls auf den Weg zu meinem Hotelzimmer machte.

Zweieinhalb viel zu lange Stunden später befanden wir uns auf der Insel Capri, unser heutiger Tagesausflug. Über Capri hatte ich viel gelesen und ich freute mich bereits darauf, die Insel zu erkunden. 
Wir starteten den Ausflug am Hafen, dem Marina Grande. Giovanni erklärte uns viele Details über die Geschichte der Insel, ehe wir mit einer Seilbahn hoch in die Stadt fuhren. Allein das war für mich das erste, echte Highlight auf dieser Reise, denn die Aussicht während der Fahrt war wundervoll. Selbst die lauten Unterhaltungen der anderen störte mich nicht. Das muskulöse Geschwisterpaar hatte sich augenscheinlich damit abgefunden, dass in dieser Gruppe niemand für sie dabei war. Sie blieben unter sich und besprachen ihren Trainingsplan. Louis, Niall und Tommi unterhielten sich über Fußball, wie immer anscheinend, sodass ich abschaltete und die Fahrt einfach genoss. 

Als wir schließlich oben ankamen, erreichten wir einen nur wenige Quadratmetergroßen Platz, der den Namen La Piazzetta trug. Ich kannte ihn durch Recherchen, übersetzt hieß La Piazzetta "kleines Quadrat". Der Name war Programm. Der kleine Markt war überfüllt mit Bars und den entsprechenden Terrassen, sodass durch die vielen Sonnenschirme kaum mehr Licht auf das Pflaster traf. Ich mochte es hier dennoch sofort und nahm mir vor, einfach eine Zeit lang hier zu verweilen und einen Cappuccino zu trinken. 

"Gehst du mit uns Cocktails trinken?" 
Louis tauchte neben mir auf und ich sah zu ihm und musste lachen. "Was ist so witzig?" fragte er mich grinsend.
"Ich habe gerade gedacht, dass ich hier gleich ganz in Ruhe einen Cappuccino trinken werde. Und du schlägst Cocktails vor", antwortete ich, woraufhin er in mein Lachen einstieg. "Ist doch auch viel aufregender. Was willst du hier denn bitte alleine machen?" 
"Cappuccino trinken", antwortete ich trocken. 
Louis schüttelte den Kopf und sah mir in die Augen. Wenn er das tat, fiel es mir schwer, ihm etwas abzuschlagen und ich hoffte inständig, dass er das nicht bereits erkannt hatte. 
"Bitte?" fragte er mit einem erstklassigen Hundeblick. 
"Ich denke, Tommi wurde mich von der erstbesten Klippe schmeißen, wenn ich mit euch mitkomme", gab ich zu Bedenken. Louis lachte auf.
"Tommi ist doch scheißegal! Außerdem muss er ja nicht immer dabei sein. Wir schnappen uns Niall und schleichen uns davon, wenn du Tommi nicht dabei haben willst." 

Ich sah ihn überrascht an. "Du würdest Tommi für mich wegschicken?" fragte ich ihn ungläubig und Louis legte den Kopf schief und lächelte mich so niedlich an, dass mir flau im Magen wurde. "Ja würde ich." 
Seine schlichte Antwort ließ mich schlucken und ich schnappte leicht nach Luft, ehe ich ihm antwortete. "Das musst du nicht. Mir ist es egal, ob wir zu viert sind." 
"Ist es dir nicht!" antwortete Louis lachend und sah sich um. "Er ist gerade nicht da. Ein günstigerer Zeitpunkt existiert nicht!" 
Und mit diesen Worten griff er an mein Handgelenk und zog mich sanft mit sich mit zu Niall, der bereits ein Eis in der Hand hatte und genüsslich daran leckte. 
Als er uns auf sich zukommen sah, fing er an breit zu grinsen. 

"Horan, wir hauen ab. Los, komm mit, die Cocktails warten!" sagte Louis in einer Tonlage, die keinen Widerspruch zuließ. 
Niall jedoch sah uns ganz unbeeindruckt an. "Tommi ist auf Klo", antwortete er schlicht. 
"Richtig. Wir schleichen uns davon!" 
Der Ire zog die Augenbrauen weit nach oben und sah Louis nachdenklich an. Ein Blick zu mir ließ ihn grinsen und er schüttelte den Kopf. "Ich gehe heute auf Angriff bei der schwarzhaarigen Lady aus unserer Gruppe. Aber macht ihr mal! Ich wünsche euch viel Spaß!" 
Ich wollte gerade widersprechen, da lächelte Louis strahlend und sah mich an. "Irgendwo ist immer Happy Hour. Lass uns los! L'alcol ci aspetta!" 

"Was soll das heißen?" fragte ich ihn, während ich ihm durch die engen Gassen der Stadt folgte. Wir liefen einfach planlos herum und warteten wohl beide auf eine Bar, die optisch ansprechend genug aussah, damit wir uns dort niederlassen würden. 
"Dass der Alkohol auf uns wartet", antwortete er mit einem Zwinkern. 
Ich schmunzelte und plötzlich standen wir vor einem Haus, dass bestimmt schon hundert Jahre alt war und dessen Fasse über und über mit rankenden Pflanzen bedeckt war. Das Schild zwischen den Pflanzen wies darauf hin, dass es sich um eine Bar handelte.
Wir sahen uns beide zufrieden an, ehe wir durch einen Steingang zwischen zwei Häusern liefen, nur um in einem versteckten Garten zu landen, in dem offensichtlich die Bar ansässig war.
Zwischen zahlreicher Blumenpracht standen viele kleine Tische, Musik kam aus den Boxen, die an der Hauswand angebracht waren. 
Dieser Ort war perfekt. Genau was ich mir immer erträumt hatte. Es war romantisch, aufregend und einhundert Prozent italienisch. 
"Meine Güte, ist das schön hier", hauchte ich ein wenig überwältigt.

Wir setzten uns an einen der kleinen Tische und ich seufzte zufrieden. "Woher kannst du so gut italienisch?" fragte ich Louis. Es war etwas, dass mich schon die ganze Zeit brennend interessierte, wie ich jetzt feststellte. 
"Ich hatte mal einen Italiener als Freund. Allessandro! Zwei Jahre. In der Zeit hat er es mir beigebracht", erklärte Louis lächelnd. 
Ich nickte verstehend und bei der Kellnerin, die sofort  zu uns kam, bestellten wir eine Flasche Wein, die Louis mich aussuchen ließ. Ganz der Gentleman. 
"Wolltest du nicht Cocktails trinken?" fragte ich amüsiert. 
"Ich finde Wein hier mit dir trinken gerade einfach die viel schönere Aussicht", sagte er charmant und setzte dieses sanfte Lächeln auf, dass er mir immer häufiger zu schenken schien. Scheu erwiderte ich sein Lächeln. 

Wir unterhielten uns zwei Stunden lang über die verschiedensten Themen, waren zwischenzeitlich bei der dritten Flasche Wein, die bis zur Hälfte geleert war. Louis war bereits ganz rot, sein Blick war glasig und ich vermutete, dass ich nicht anders aussah. Der Alkohol zeigte seine Wirkung und ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so viel gelacht hatte, wie in dieser kurzen Zeit mit ihm. 
"Es ist schön, dich so locker zu sehen. Ich hatte Angst, dass du dich gar nicht entspannst!" sagte Louis irgendwann zu mir.
"Ich bin betrunken, die Bedingungen sind also unfair." 
"Sind sie nicht" konterte er lachend, dann rückte er seinen Stuhl nah an mich und stützte den Arm auf dem Tisch ab, drehte seinen gesamten Körper zu mir. "Dein Lächeln ist echt berauschend, Harry. Du musst öfter lächeln. Hast du gesehen, wie die anderen in der Gruppe dich ansehen? Sie sind besessen von dir, seit du das erste Mal diese Grübchen gezeigt hast", säuselte er und grinste mich verträumt an. "Sie hassen mich, weil ich dich in Beschlag nehme." 

"Du meinst Tommi und der ist besessen von dir, nicht von mir", bemerkte ich schlicht, da ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. 
Louis winkte ab. "Lass ihn doch. Ich will Zeit mit dir verbringen." 
Ich wurde rot und sah scheu nach unten. "Du bist betrunken, Louis", murmelte ich. 
Er hob mein Kinn an mit seinem Finger und sah mir tief in die Augen. "Das hat damit nichts zutun. Ich steh auch nüchtern auf dich, Harry", sagte er rau, ließ mein Herz schneller schlagen. 
"Wirklich?" fragte ich kaum hörbar und er nickte sofort, kam mir immer näher.
"Lass mich dich küssen, okay? Ich will diese Lippen auf meinen spüren." 

Ich sah ihn mit großen Augen an, konnte die Worte die er sprach, kaum glauben. Dennoch, seine blauen Augen und der Duft seines Parfüms lösten etwas in mir aus, ich konnte nicht mehr klar denken, wenn er so nah an mir war. Aus diesem Grund nickte ich und Louis ließ keine Zeit verstreichen, kam mir näher und küsste mich so intensiv, dass mir schwindelig wurde, während er die freie Hand in meinen Nacken gleiten ließ. 

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